E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Reinmann / Tremp Lehrentwicklung anregen, Lehrqualität auszeichnen
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-8402-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-7534-8402-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die in diesem Themenheft versammelten zwölf Beiträge decken inhaltlich eine breite Palette von Möglichkeiten ab, die Entwicklung und Qualität von Lehre zu betrachten und zu bearbeiten. Jeder der Texte thematisiert mehrere Dimensionen von Lehrentwicklung und Lehrqualität, und zwar theoretisch, konzeptionell, über empirische Befunde oder konkrete Praxisbeispiele; insgesamt werden die fünf Akzente Lehrkompetenzentwicklung, Lehrauszeichnung, Qualitätsentwicklung, Hochschulentwicklung, Digitalisierung und Theorieentwicklung adressiert. Die Ausgabe enthält darüber hinaus drei freie Beiträge, die verschiedene Themen aus der Hochschulentwicklung allgemein aufgreifen.
Autoren/Hrsg.
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Annika GREINERT2 & Jan HENSE (Gießen)
Wie planen und steuern hochschuldidaktische Arbeitsstellen die Lehrkompetenzentwicklung?
Wissenschaftlicher Beitrag · DOI: 10.3217/zfhe-15-04/02 Zusammenfassung Die hochschuldidaktische Weiterbildung spielt eine zentrale Rolle bei der Lehrkompetenzentwicklung. Hochschuldidaktische Arbeitsstellen (HDAs) stehen vor der Herausforderung, die dafür verfügbaren Ressourcen möglichst zielgenau einzusetzen. Bisher ist aber wenig darüber bekannt, wie HDAs bei Planung und Steuerung ihrer Angebote vorgehen. Auf theoretischer Basis eines ganzheitlichen Steuerungsmodells wurden 37 HDAs zu ihren Steuerungsaktivitäten im Vorfeld, im Lernfeld und im Funktionsfeld der Weiterbildung befragt. Die Befunde zeigen Schwerpunkte und weniger ausgeprägte Bereiche der Steuerungsaktivität auf und können damit zur Reflexion der aktuellen Praxis anregen. Schlüsselwörter Hochschuldidaktische Weiterbildung, Weiterbildungssteuerung, Bildungscontrolling, Lehrkompetenzentwicklung, hochschuldidaktische Arbeitsstellen The status quo of planning and controlling in higher education teaching-skills development Abstract Teaching-skills development is an essential element in promoting quality in higher education. Accordingly, university centres that provide such training and consultation services (“Hochschuldidaktische Arbeitsstellen”, HDAs) need to use their available resources in the most targeted manner possible. However, little is known about how HDAs plan and control their services. Thus, building on a comprehensive theoretical framework of educational control, a study involving 37 HDAs was conducted to analyse planning and controlling activities before, during, and after service delivery. The findings reveal both focus areas and relatively neglected areas, and can therefore stimulate reflection on current practice. Keywords higher education, teacher training, educational control, teaching-skills development, university centres for teaching and learning 1 Weiterbildungssteuerung im Bereich der allgemeinen Weiterbildung
Mit der Weiterbildung von Mitarbeitenden werden im öffentlichen sowie im privatwirtschaftlichen Sektor unterschiedliche Erwartungen von Seiten der Mitarbeitenden, vor allem aber auch von Seiten ihrer arbeitgebenden Organisationen verknüpft (TIPPELT & VON HIPPEL, 2018). Diesen Nutzenerwartungen stehen erhebliche Kosten gegenüber, die zumindest für die betriebliche Weiterbildung quantifizierbar sind und sich in Deutschland im zweistelligen Milliardenbereich bewegen (SEYDA & PLACKE, 2017). Da der Nutzen von Weiterbildung weniger genau quantifizierbar ist, überrascht es nicht, dass schon seit Längerem gefordert wird, den Mitteleinsatz im Hinblick auf die Ziele der Weiterqualifikation möglichst bewusst und effizient zu gestalten. Beginnend mit der Weiterbildung in Unternehmen wurden daher verstärkt seit den 1990er Jahren Ansätze der Bildungssteuerung diskutiert, die den Mitteleinsatz möglichst zielgenau und effektiv gestalten sollten. Neben der Adaption verschiedener Ansätze aus den Bereichen Evaluation und Qualitätsmanagement (DEHNBOSTEL, 2014; SCHÖNI, 2009) wurden u. a. spezifische Ansätze für die systematische Steuerung von Weiterbildungsprozessen in Organisationen entwickelt. Dafür wurde der leicht missverständliche Neologismus „Bildungscontrolling“ eingeführt, bei dem Controlling nicht als „Kontrolle“ sondern als „Steuerung“ verstanden werden muss (KÄPPLINGER, 2009; SCHÖNI, 2009; SEEBER, 2000). Der Anspruch entsprechender Ansätze ist, die Steuerung von Weiterbildungsmaßnahmen ganzheitlich auszurichten und den gesamten institutionell bewusst gesteuerten Prozess von der Angebotsentwicklung bis zur Erfassung von direkten und indirekten Wirkungen abzudecken. Dabei sollen sowohl die ökonomische als auch die soziale und pädagogische Perspektive berücksichtigt werden und der Weiterbildungsprozess möglichst ganzheitlich erfasst werden. Es lassen sich ebenen- und prozessorientierte Ansätze unterscheiden (EHLERS & SCHENKEL, 2005). Ein Ansatz, der beide Perspektive integriert, stammt von SEEBER (2000). In dem von ihr vorgeschlagenen Modell wird der Steuerungsprozess in sieben Steuerungskomponenten gegliedert, die dem Vorfeld, dem Lernfeld und dem Funktionsfeld der Weiterbildung zuzuordnen sind: Bedarfs- und Ziel-Steuerung (Vorfeld), Input-, Prozess- und Output-Steuerung (Lernfeld) sowie Transfer- und Outcome-Steuerung (Funktionsfeld). Da die Forderung nach einem zielgenauen und wirksamen Mitteleinsatz im Bereich der öffentlich finanzierten Weiterbildung nicht weniger legitim ist als im privatwirtschaftlichen Bereich, stellt sich die Frage, wie die hochschuldidaktische Weiterbildung ihre Angebote zur akademischen Lehrkompetenzentwicklung plant und steuert. Der ganzheitliche Anspruch, die Orientierung am Weiterbildungszyklus und die klare Strukturierung der einzelnen Komponenten sprechen u. E. für eine gute Operationalisierbarkeit des Modells von SEEBER (2000). Im Folgenden wird es daher als theoretischer Rahmen genutzt, um Ansatzpunkte für die geplante und systematische Steuerung der hochschuldidaktischen Weiterbildung zu diskutieren, sowie für die darauf aufbauende Studie. Vorab anzumerken ist, dass diese Perspektive die institutionalisierten und zentral verantworteten Prozesse der akademischen Lehrkompetenzentwicklung fokussiert. Die für die Hochschullehre mindestens ebenso bedeutsame Rolle der selbstgesteuerten und informellen Lehrkompetenzentwicklung (EGGER & MERKT, 2012) bleibt bei dieser Herangehensweise unberücksichtigt und bedarf eigener Betrachtungen. 2 Ansatzpunkte zur Steuerung der hochschuldidaktischen Weiterbildung
In den Hochschulgesetzen der Länder ist die Weiterbildung der Mitarbeitenden als zentrale Aufgabe aller Hochschulen festgelegt (z. B. § 3 Abs. 3 S. 668 HHG). Lange Zeit basierte die Entwicklung von Lehrkompetenzen an deutschen Hochschulen auf dem Prinzip „Learning by Doing“ (HEINER & WILDT, 2009). Durch unmittelbares Anwenden und Praktizieren sollten besonders Berufseinsteiger*innen im Kontext der Hochschullehre relevante Kompetenzen erlernen. Im Bereich der Lehre kam es jedoch in den vergangenen Jahren zu einer substanziellen Ausweitung der professionalisierten hochschuldidaktischen Weiterbildung, wodurch vor allem die institutionellen Prozesse der Lehrkompetenzentwicklung stärker in den Vordergrund traten. Diese Veränderung steht besonders im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess (CROSIER & RUFFIO, 2009) sowie mit dem Bund-Länder-Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre („Qualitätspakt Lehre“) (BMBF, 2010). Hochschuldidaktische Weiterbildungsangebote haben dabei zum Ziel, die Lehrkompetenz weiterzuentwickeln und dabei an wandelnde Anforderungen anzupassen (FENDLER et al., 2013). Aufgrund der organisationalen Besonderheiten des Systems Hochschule sowie der Tatsache, dass Lehrende in den meisten Fällen über keine didaktische Grundausbildung verfügen und die Lehre für sie relativ wenig karriererelevant ist, ist die Lehrkompetenzentwicklung eine äußerst komplexe Aufgabe. Da die dafür verfügbaren Ressourcen überwiegend knapp bemessen sind, ist die zielgenaue Steuerung solcher Angebote eine wichtige Herausforderung für Hochschulen. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe obliegt an den meisten Hochschulen dezidierten Einrichtungen, wobei vielfach hochschulübergreifende Kooperationen und Verbünde bestehen. Entsprechende Einrichtungen werden im Folgenden als hochschuldidaktische Arbeitsstellen (HDAs) bezeichnet. Zu ihren Kernaufgaben gehören die Weiterbildung, Beratung und Unterstützung von Lehrenden in Bezug auf ihre Lehrtätigkeit. Nach WILDT (2013) verfügen knapp 85 % aller staatlichen Universitäten in Deutschland über eine eigene Einrichtung, welche hochschuldidaktische Weiterbildung und Beratung anbietet, oder haben sich in einem hochschuldidaktischen Verbund mit anderen Hochschulen zusammengeschlossen. Um die Möglichkeiten der Weiterbildungssteuerung, die den Hochschulen bzw. den HDAs zur Verfügung stünden, zu diskutieren, strukturieren wir die folgenden Abschnitte nach den Komponenten des integrativen Modells von SEEBER (2000). Hierzu wurde das Modell im Hinblick auf die Steuerungsmöglichkeiten von HDAs vor dem Hintergrund der organisatorischen und strukturellen Besonderheiten des Hochschulkontexts adaptiert (vgl. Abbildung 1). Vorausgeschickt sei, dass die folgenden Darstellungen nicht den Eindruck erwecken sollen, dass Hochschulen und HDAs sämtliche der angesprochenen Steuerungsoptionen und Datenquellen nutzen sollten. Vielmehr geht es zunächst darum, theoretisch denkbare Steuerungsoptionen aufzuzeigen, die in der folgenden empirischen Studie zur strukturierten Erfassung des Status quo dienen sollen. Abb. 1: Mögliche Ansatzpunkte zur Planung und Steuerung hochschuldidaktischer Weiterbildungsangebote in Anlehnung an SEEBER (2000) 2.1 Ansatzpunkte zur Steuerung im Vorfeld Im Vorfeld unterscheidet SEEBER (2000) zwischen Ziel- und der...