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E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Reihe: Green Valley
Reid Winston Brothers
18001. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95818-270-7
Verlag: Ullstein Forever
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wherever you go
E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Reihe: Green Valley
ISBN: 978-3-95818-270-7
Verlag: Ullstein Forever
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Penny Reid ist USA Today Bestseller-Autorin der Winston-Brothers-Serie und der Knitting-in-the-city-Serie. Früher hat sie als Biochemikerin hauptsächlich Anträge für Stipendien geschrieben, heute schreibt sie nur noch Bücher. Sie ist Vollzeitmutter von drei Fasterwachsenen, Ehefrau, Strickfan, Bastelqueen und Wortninja.
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Kapitel 1
Jessica
Ich bog auf den Parkplatz des Gemeindezentrums von Green Valley ein und erschreckte fünf Senioren fast zu Tode.
Zwar war es Halloween, trotzdem hatte ich nicht die Absicht, Teile der älteren Bevölkerung an den Rand des Herzinfarkts zu treiben. Dummerweise gab mein Truck – zum Leidwesen jeder sich in Hörweite befindenden Person – genau in diesem Moment ein schauderhaftes, schrilles Jaulen von sich. Das passierte andauernd, wenn der Motor im Leerlauf war.
Die fünf älteren Herrschaften zuckten zusammen und warfen mir bitterböse Blicke zu – die allerdings, sobald sie meiner Aufmachung gewahr wurden, in unverhohlene Verwirrung umschlugen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie mich erkannt hatten.
Eigentlich kannte mich jeder hier in Green Valley, Tennessee. Trotzdem hatten die fünf vermutlich nicht damit gerechnet, die zweiundzwanzigjährige Tochter des örtlichen Sheriffs Jeffrey James sowie Schwester des Deputy Sheriffs Jackson James hinter dem Steuer eines uralten Ford Super Duty F-250 XL zu sehen – noch dazu mit einem langen weißen Bart im Gesicht.
Zu meiner Verteidigung muss ich vorbringen, dass es nicht mein Truck war, sondern der meiner Mutter. Ich besaß gerade keinen eigenen fahrbaren Untersatz, und sie hatte sich vor Kurzem ein neueres, noch größeres und noch furchteinflößenderes Modell zugelegt. Eins, dessen Stoßstange sie mit Stickern zupflastern konnte, auf denen Sprüche prangten wie:
oder
Als Frau des Sheriffs, Mutter eines Polizisten (mein Bruder) sowie einer Mathelehrerin (meine Wenigkeit) und Tochter eines Rinderfarmers empfand sie es wohl als ihre Pflicht, die beachtliche Oberfläche ihres Trucks als mobile Pro-Polizei-, Pro-Mathematik- und Pro-Rindfleisch-Werbetafel zu verwenden.
Angestarrt zu werden störte mich nicht besonders. Ich wartete geduldig, bis die fünf Senioren sich sattgesehen hatten, und schenkte ihnen ein kleines Lächeln, das sie unter all dem Bart vermutlich gar nicht erkennen konnten. Sie standen noch eine Zeit lang da, ehe sie sich, einer Herde Schildkröten gleich, in Bewegung setzten und auf den Eingang des Gemeindezentrums zuschlurften, wobei sie mir noch hin und wieder zaghaft verwirrte Blicke über die Schulter zuwarfen.
So geschmeidig es die Lenkung zuließ, manövrierte ich mein Monstrum in eine freie Lücke ganz am Ende des Parkplatzes. Seit ich den Truck geerbt hatte, versuchte ich grundsätzlich am Rand zu parken, weil ich nicht einer dieser Egoisten sein wollte, die ein Riesenauto fahren und immer zwei Stellplätze besetzen.
Ich rückte meinen Rauschebart zurecht, warf mir das weiße, knapp einen Meter lange Ding über die Schulter und schnappte mir Umhang und Zauberhut. Dann versuchte ich, auf dem langen Weg vom Fahrersitz hinunter zum Erdboden nicht abzustürzen oder irgendjemandem meine nackten Körperteile zu präsentieren. Zum Glück gehörte zu dem Kostüm auch ein langer Stab, den ich als Abstiegshilfe benutzen konnte. Der Rest des Kostüms war eigentlich vernachlässigbar – es bestand lediglich aus einem gerade geschnittenen Minikleid mit tiefem Ausschnitt, das optimale Bewegungsfreiheit bot.
Ich hatte den Parkplatz ungefähr zur Hälfte überquert, da hörte ich hinter mir jemanden meinen Namen rufen.
»Jessica, warte!« Ich drehte mich um und winkte, als ich meine Kollegin und gute Freundin Claire im Laufschritt auf mich zukommen sah.
»Dachte ich’s mir doch, dass du es bist. Ich habe den Stab und den Umhang erkannt.« Im Näherkommen verlangsamte sie ihre Schritte, und ihr Blick glitt über den spärlichen Rest meines Kostüms. »Du hast aber … einiges verändert.«
»Ja.« Ich nickte stolz und schmunzelte über ihre halb kritische, halb belustigte Miene. Claire hatte sich nach der Schule nicht umgezogen; sie trug immer noch ihr niedliches Raggedy-Ann-Outfit. Sie hatte von Natur aus kupferrotes Haar und jede Menge Sommersprossen im Gesicht, deshalb hatte sie sich die langen Locken nur zu zwei Rattenschwänzen binden, eine Latzhose anziehen und eine weiße Haube aufsetzen müssen – fertig war das Kostüm.
»Gefällt’s dir?« Ich drehte mich erst zur einen, dann zur anderen Seite, um ihr mein modifiziertes Kostüm nebst hochhackigen Riemchensandalen zu präsentieren.
»Bist du immer noch Gandalf? Oder was soll das jetzt darstellen?«
»Klar bin ich noch Gandalf. Nur eben Gandalf.« Ich wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.
Claire schlug sich eine weiß behandschuhte Hand vor den Mund und prustete. »O Mann. Du bist so was von durchgeknallt.«
Ein teuflisches Kichern kam mir über die Lippen. Ich kicherte eigentlich nie, es sei denn, ich hatte etwas Teuflisches im Sinn. »In der Schule konnte ich es ja wohl kaum anziehen. Aber ich liebe es – als ironischen Kommentar, verstehst du? Überall sieht man für Frauen diese dämlichen Halloween-Kostüme – und und … Nein, ganz im Ernst, ich habe wirklich schon mal ein sexy Bienenkostüm gesehen. Typisch Männer: Finden alles toll, was mit Bestäubung zu tun hat.«
»Du hast recht. In der Schule kannst du so einen Fummel definitiv nicht tragen. Erstens verstößt es gegen die Kleidervorschriften, und zweitens bist du als heiße Mathelehrerin sowieso schon der feuchte Traum all deiner männlichen Schüler. Wenn du dann noch als erotische Gandalf-Version gegangen wärst, hättest du die Armen in eine tiefe sexuelle Identitätskrise gestürzt.«
Ich schüttelte lachend den Kopf und musste daran denken, wie seltsam die letzten drei Monate gewesen waren.
Genau wie ich stammte auch Claire aus Green Valley; und genau wie ich war sie nach dem Studium in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Aber während mein Aufenthalt lediglich vorübergehender Natur war – ich wollte nur so lange bleiben, bis mein Studiendarlehen abbezahlt war –, hatte Claire sich für immer hier niedergelassen. Als ich in der Zwölften gewesen war, hatte sie an der Highschool als Lehrerin für Theater und Orchester angefangen, und jetzt waren wir Kolleginnen. Mit ihrer tollen roten Mähne, den hellblauen Augen und dem wunderschönen Gesicht war sie schon während meiner Schulzeit der Schwarm zahlreicher Schüler gewesen, und daran hatte sich bis zum heutigen Tag nichts geändert.
Ich bibberte, als ein kalter Herbstwind meine nackte Haut streifte.
»Na, komm.« Claire hakte sich bei mir unter. »Lass uns reingehen, bevor du dir noch den Bart abfrierst.«
Ich folgte ihr zum ehemaligen Schulgebäude. Im Näherkommen hörten wir die vertrauten Klänge von Folkmusik, die durch die geöffneten Flügeltüren zu uns drangen.
Es war Freitagabend, und das bedeutete, dass fast jede Person im Umkreis von dreißig Meilen, die nicht bettlägerig war, für die allwöchentliche Jam Session ins Gemeindezentrum von Green Valley kam. Da es Halloween war, hatte man die Aula mit Papierskeletten, ausgehöhlten Kürbissen und orange-schwarzen Girlanden dekoriert. Die alte Schule war sieben Jahre zuvor umgebaut worden, und kurz danach hatten die Jam Sessions angefangen.
Jeder in Green Valley begann seinen Freitagabend hier. Und ob Halloween oder nicht, die verheirateten Paare mit Kindern gingen immer zuerst, gefolgt von den älteren Semestern. Als Nächstes verabschiedeten sich die Teenies, die im Anschluss noch zu Cooper’s Field rausfuhren, um dort am Lagerfeuer zu sitzen und heimlich Alkohol zu trinken. Die Erwachsenen, Unverheirateten und Kinderlosen gingen meistens zuletzt.
Ich war noch dabei, mich damit anzufreunden, dass ich nun auch zu dieser letzten Gruppe gehörte. Bevor ich Green Valley verlassen hatte, um aufs College zu gehen, war ich noch Teil der Teenager-Clique gewesen und hatte meine Freitagabende auf Cooper’s Field verbracht, auch wenn ich meistens nicht allzu lange geblieben war und mich nie betrunken hatte. Aber es war mir immer gelungen, einen Jungen zum Knutschen zu finden, ehe der Abend um war und ich nach Hause musste.
Wo die Erwachsenen (zu denen ich mich nun auch zählen durfte) ihren Abend beschlossen, hing stark von der Zielsetzung jedes Einzelnen ab. Wer einfach nur ein bisschen Spaß haben wollte, fuhr für gewöhnlich in Genie’s Country Western Bar, um zu tanzen und Darts zu spielen. War man auf Sex aus, zog es einen eher ins Wooden Plank, eine Biker-Kneipe am Ortsrand. Wollte man Sex Ärger und danach vielleicht noch einmal Sex … dann entschied man sich für die Dragon Biker Bar, die einige Meilen außerhalb der Stadt lag und zugleich die Heimat des Iron Wraiths Motorradclubs war.
Und wenn man so tickte wie ich und kein von Existenzängsten geplagter, rebellischer Teenager mehr war, der um jeden Preis einen Jungen zum Küssen abschleppen musste, sondern sich einfach nur entspannen und die Mathehausaufgaben der letzten Woche korrigieren wollte, dann fuhr man nach Hause, zog sich einen Flanell-Pyjama an und schaltete...