Reich / Reich-Ranicki / von | Der doppelte Boden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Reihe: Kampa Salon

Reich / Reich-Ranicki / von Der doppelte Boden

Ein Gespräch über Literatur und Kritik
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-311-70150-7
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Gespräch über Literatur und Kritik

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Reihe: Kampa Salon

ISBN: 978-3-311-70150-7
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Gute Literatur, hat Marcel Reich- Ranicki gesagt, ähnele einem Koffer für Schmuggelware. Auch sie hat einen doppelten Boden, in dem sich Dinge zunächst unsichtbar transportieren lassen. Und selbst wenn der Leser versteckte Bedeutungen nicht entdeckt, genießt er doch die Lektüre. Denn gute Literatur sei vor allem eines: nicht langweilig. In den Gesprächen, die der Literaturwissenschaftler Peter von Matt in den Jahren 1986 bis 1991 mit Marcel Reich-Ranicki geführt hat, geht es um Fragen wie diese: Welche Aufgaben, welche Bedeutung hat Literaturkritik? Wie ist es um das Verhältnis zwischen Literaturwissenschaft und Literaturkritik bestellt? Die Werke welcher Autorinnen und Autoren sollten wir alle lesen und warum? Der Germanist und Nachlassverwalter Marcel Reich-Ranickis, Thomas Anz, hat den Interviews vier spätere Essays von Matts über Reich-Ranicki hinzugefügt und sie mit einem Vorwort versehen.

Marcel Reich-Ranicki, geboren 1920 in der polnischen Kleinstadt W?oc?awek, gestorben 2013 in Frankfurt am Main, gilt als einflussreichster Literaturkritiker der Gegenwart. Von 1973 bis 1988 leitete er bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Ressort für Literatur und literarisches Leben, von 1988 bis 2001 moderierte er die Fernsehsendung Das Literarische Quartett. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen fand die 1999 erschienene Autobiographie Mein Leben weltweit große Beachtung.
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Thomas Anz Literaturkritik und Literaturwissenschaft im Gespräch


Vor 28 Jahren erschien : ein langes, spannendes, höchst anregendes, lehrreiches und zugleich gewitztes »Gespräch« über Literatur und Literaturkritik. Eigentlich waren es mehrere Gespräche in dichter Folge. Der an der Universität Zürich lehrende Literaturwissenschaftler Peter von Matt hatte sie 1986 mit dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki geführt, der die Literaturredaktion der leitete. Eine kürzere Fortsetzung der Gespräche folgte 1991 in einer historisch und persönlich veränderten Situation. Reich-Ranicki blieb in der Zeitung zwar Redakteur der von ihm begründeten , war aber im Alter von 68 Jahren als Redaktionsleiter des Literaturteils von Frank Schirrmacher abgelöst worden. Seine öffentliche Präsenz als Kritiker wurde dadurch allerdings nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Das seit 1988 gesendete machte ihn so populär wie nie zuvor. Noch deutlicher zeigt sich in den Gesprächen von 1991 jedoch, dass sie bald nach dem Ende der deutschen Teilung stattfanden. Der Streit um Christa Wolf im eben erst vereinten Deutschland, um ihre Erzählung und um ihre Rolle in der ehemaligen DDR war nur eines der Themen, die der veränderten Situation Rechnung trugen. Und ein Phänomen, das schon 1986 wiederholt aufgegriffen wurde, das Neben-, Gegen- und Miteinander von vier deutschsprachigen Literaturen – aus der BRD, der DDR, der Schweiz und Österreich –, bot nach dem Ende der DDR neue Anlässe zur Diskussion.

Die Initiative zu dem Gespräch kam aus der Schweiz. Der Ammann Verlag in Zürich hatte 1990 Reich-Ranickis gesammelte Essays über Thomas Bernhard veröffentlicht, 1991 folgten entsprechende Bände über Martin Walser und Max Frisch, 1992 über Günter Grass, später über Vladimir Nabokov und Wolfgang Koeppen. Von diesen Autoren und von vielen anderen ist in den Gesprächen die Rede. Ammann veröffentlichte die Aufzeichnungen 1992, zwei Jahre später der Fischer Taschenbuch Verlag. Das Buch war lange Zeit vergriffen und liegt nun in einer neuen Ausgabe vor. Der Gesprächstext und die damaligen Informationen über Marcel Reich-Ranicki wie über Peter von Matt wurden als historische Dokumente unverändert übernommen, aber im Anhang vor allem durch vier spätere Essays Peter von Matts über Reich-Ranicki ergänzt. Sie lassen sich als eine Art Fortsetzung der früheren Gespräche verstehen. In dem Essay zum 85. Geburtstag des Kritikers erinnert sich Peter von Matt: »In den achtziger Jahren habe ich mit ihm auf Aufforderung des Verlegers Egon Ammann einige lange Gespräche geführt. Das geschah in der Frankfurter Wohnung in der Gustav-Freytag-Straße. Ammann saß mit dem Tonband daneben; im Hintergrund, kettenrauchend, Frau Tosia. Sie hörte lautlos zu, und wenn ihrem Mann ein Name, ein Titel nicht gleich auf die Zunge kam, warf sie das Wort blitzschnell in den Raum. Aus den Gesprächen wurde dann das Buch.«

Die Gespräche sind heute ein bemerkens- und bewahrenswertes Dokument zur Erinnerung an das literarische Leben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, an einen Dialog auch zwischen Literaturkritik und Literaturwissenschaft, und sie haben mit zahlreichen Problemstellungen, die Autoren, Kritiker, Verleger, Wissenschaftler und andere Leser gleichermaßen bewegen, nichts von ihrer damaligen Aktualität verloren. Was im Klappentext der mit großer Sorgfalt und verlegerischem Engagement erstellten Erstausgabe stand, ist nach wie vor zutreffend: »Das Gespräch mit Peter von Matt betrifft ausschließlich die Literatur, die Arbeit des Kritikers, Bücher und Autoren, Strömungen und Positionen, wobei Peter von Matt sich nicht mit der Rolle des Stichwortgebers begnügt, sondern auch eigene Einsichten und Wertungen darlegt, die sich mit jenen Marcel Reich-Ranickis nicht immer decken. Dieses sehr persönliche Buch ist eine Tour d’horizon durch die Literatur unseres Jahrhunderts, ein Logbuch der Beschäftigung mit Literatur, anregend und verführend zugleich, herausfordernd in jedem Fall.«

»Gespräche« haben in der Geschichte der Literaturkritik eine lange Tradition. Als eine der ersten und maßgeblichen Zeitschriften, die Literaturkritik im heutigen Sinne veröffentlichten, gelten die von dem Frühaufklärer Christian Thomasius zwischen 1688 und 1690 publizierten . Hier wurden Neuerscheinungen im wörtlichen Sinn »besprochen«, und zwar nicht in der lateinischen Sprache der Gelehrten, sondern in allgemeinverständlichem Deutsch. Und besprochen wurden sie in Form von fiktiven Dialogen zwischen zwei und fünf Personen. Diese Form erfundener Gespräche wurde im 18. Jahrhundert zwar bald aufgegeben, aber den Charakter von Dialogen hat Literaturkritik behalten, wenn ihre Einschätzungen nicht als quasi richterliche und autoritative Urteile einer einzelnen Person, sondern als Anregungen und Beiträge zu einer offenen Diskussion verstanden werden wollten. Diesem undogmatischen Selbstverständnis der Literaturkritik sind ausdrücklich auch einige Literaturwissenschaftler gefolgt. Nicht zufällig einem Buch über , einem der ersten zu diesem die Literaturkritik unmittelbar tangierenden Problemfeld, stellte etwa Walter Müller-Seidel 1965 ein Motto voran, das den im selben Jahr gestorbenen jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber mit dem Satz zitiert: »Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.« Im 20. Jahrhundert haben der Rundfunk und das Fernsehen dem echten, dem mündlichen Gespräch über Literatur neue Möglichkeiten der Verbreitung eröffnet. Literaturkritik im Internet, deren Stil vielfach einer Verlagerung privater Gespräche in den öffentlichen Raum gleicht, setzt inzwischen die dialogischen Traditionen in unterschiedlichen Varianten und Qualitäten fort.

Nachdem Reich-Ranicki 1958 Polen verließ und in der Bundesrepublik Deutschland bald zum prominentesten Literaturkritiker des Landes wurde, hat er das kritische Gespräch über Literatur in vielfältiger Weise gesucht, gefunden und gefördert: zuerst in der Gruppe 47. An den späteren öffentlichen Diskussionen, die er beim Klagenfurter Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis und im leitete, war auch Peter von Matt beteiligt. Dass es lohnend sein könnte, mündliche Gespräche mit Reich-Ranicki zu verschriftlichen und im Buchformat zu veröffentlichen, war eine Idee des Verlegers Egon Ammann, die der Literaturwissenschaftler gerne und engagiert mit umzusetzen bereit war. Erst zehn Jahre nach der Veröffentlichung des in jeder Hinsicht geglückten Versuchs in zeigten sich weitere Verlage an der Publikation von Büchern mit Gesprächen Reich-Ranickis interessiert. 2002 erschienen in dem Band , herausgegeben von Peter Laemmle, dem damaligen Leiter des des Bayerischen Rundfunks, im Fischer Taschenbuch Verlag seine vorher im Hörfunk gesendeten Gespräche mit Eva Demski, Wilfried F. Schoeller und Joachim Kaiser. Im selben Jahr veröffentlichte der Propyläen Verlag unter dem Titel seine zuerst im Fernsehen gesendeten »Gespräche mit Peter Voß über Schriftsteller des 20. Jahrhunderts«, so der Untertitel. 2006 erschien eine Auswahl der in Zeitungen und Zeitschriften gedruckten Interviews und Gespräche Reich-Ranickis aus der Zeit seit 1999 unter dem Titel .

Das Gespräch mit Peter von Matt war und blieb, abgesehen vom Umfang, von den eigenständigen, gleichberechtigten Anteilen beider Gesprächspartner daran und von den so geordneten wie vielseitigen Reflexionen über wichtige, nicht auf einzelne Autoren oder Bücher fixierte Problembereiche, auch deshalb singulär, weil es zwischen einem Literaturkritiker und einem Literaturwissenschaftler geführt wurde. Neben der spannungsvollen Beziehung zwischen Literaturkritikern und Schriftstellern sowie der zwischen Literaturkritik und Buchhandel, die hier ein wiederkehrendes Thema sind, ist auch das Verhältnis zwischen Literaturwissenschaft und journalistischer Kritik schon immer problematisch gewesen. Der Literaturwissenschaft gilt die Literaturkritik gemeinhin als zu oberflächlich, flüchtig, subjektivistisch, kurz: als unwissenschaftlich; der Literaturkritik ist die Literaturwissenschaft zu akademisch, sprachlich zu abstrakt oder hermetisch, zu welt- und gegenwartsfern, zu sehr mit sich selbst beschäftigt, zu öffentlichkeitsfern und zu langsam. Die Beziehung zwischen beiden ist von vielen gegenseitigen Ressentiments, Rivalitäten und von Ignoranz geprägt – bis hin zur jüngsten Wiederbelebung alter Stereotype der Germanisten-Schelte, wie sie im Februar 2017 ein Redakteur des zu initiieren versuchte. Dass ein Literaturwissenschaftler sich derart intensiv und herausfordernd mit einem in der Gegenwart agierenden Literaturkritiker auseinandersetzt, wie Peter von Matt es getan hat, ist heute immer noch selten. Und dass ein Literaturkritiker sich darauf einlässt, ebenfalls. Da hat sich seit der Entstehung der Literaturkritik vor mehr als drei Jahrhunderten nicht viel...


Reich, Marcel
Marcel Reich-Ranicki, geboren 1920 in der polnischen Kleinstadt Wloclawek, gestorben 2013 in Frankfurt am Main, gilt als einflussreichster Literaturkritiker der Gegenwart. Von 1973 bis 1988 leitete er bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Ressort für Literatur und literarisches Leben, von 1988 bis 2001 moderierte er die Fernsehsendung Das Literarische Quartett. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen fand die 1999 erschienene Autobiographie Mein Leben weltweit große Beachtung.

Anz, Thomas
THOMAS ANZ, geboren 1948 in Göttingen, ist emeritierter Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Marburg, wo er 2010 die Arbeitsstelle Marcel Reich-Ranicki für Literaturkritik in Deutschland gründete. Er verwaltet den publizistischen Nachlass des Kritikers und ist Herausgeber der Onlinezeitschrift »literaturkritik.de«.

von, Peter
Peter von Matt, bis 2002 Professor für Germanistik an der Universität Zürich. 1980 war er Gastprofessor in Stanford. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen zählen Liebesverrat, Die Treulosen in der Literatur (1989), Verkommene Söhne, missratene Töchter, Familiendesaster in der Literatur (1995) und Sieben Küsse. Glück und Unglück in der Literatur (2017).



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