E-Book, Deutsch, 250 Seiten
Rehbaum / Eichner Deckname Topas
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-360-51014-3
Verlag: Das Neue Berlin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Spion Rainer Rupp in Selbstzeugnissen
E-Book, Deutsch, 250 Seiten
ISBN: 978-3-360-51014-3
Verlag: Das Neue Berlin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Rainer Rupp, geboren 1945, war seit 1969 für die HV A in Brüssel tätig. Er lieferte zwölf Jahre lang Informationen mit der höchsten Geheimhaltungsstufe. Klaus Eichner, Oberst a. D., geboren 1939, leitete bis 1989 den Bereich Auswertung und Analyse der Abteilung IX (Gegenspionage). Zuletzt erschien im Verlag edition ost 'Militärspionage' (2011). Karl Rehbaum, Oberst, war 1. Stellvertreter des Leiters der Abt. A XII, zuständig für die Aufklärung von NATO und EG und Rupps Führungsoffizier.
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Die Jagd auf »Topas«
Am 15. Januar 1990 beging Dr. Heinz Busch Fahnenflucht. Der Oberst des MfS war stellvertretender Leiter der Abteilung VII der HV A (»Politische Auswertung«). Den Verantwortlichen in der Aufklärung war bewusst, dass er sein Wissen über Quellenpositionen des Dienstes dem Gegner offenbaren würde.
Busch war verantwortlich für alle militärpolitischen Analysen der HV A und erhielt zu diesem Zweck alle relevanten Informationen.
Nach den Quellenschutz-Regeln der HV A kannte er weder die Klarpersonalien der Quellen noch ihre konkreten Positionen in den Zielobjekten. Die Auswerter wussten nur die Decknamen und Registriernummern des Vorganges. Sie erhielten die Informationen aus dem Objekt in entsprechender Neutralisierung. Jedoch ließ es sich nicht vermeiden, dass bei einem langjährigen, dichten Informationsfluss ein erfahrener Auswerter mit guten Kenntnissen über das Zielobjekt ungefähre Vorstellungen über die Zugangsmöglichkeiten der Quelle und damit über deren mögliche Position im Objekt gewann.
Darum war Busch in der Lage, bundesdeutschen Behörden mitzuteilen, dass die Abteilung XII der HV A eine Quelle im Herzen der NATO führte, die den Decknamen »Topas« trug. Diese Tatsache war folglich seit Mitte Januar 1990 den Sicherheitsbehörden der BRD und der USA bekannt.
In dieser Zeit wurde eine Sonder-Arbeitsgruppe unter Leitung von Regierungsdirektor Stüben, Abteilung IV (»Spionageabwehr«) des Bundesamtes für Verfassungsschutz, aktiv, um »Topas« zu identifizieren. Ihr gehörten Mitarbeiter des MAD und des BND an, es gab entsprechende Arbeitsverbindungen zu den Sicherheitsinstitutionen der NATO. Besonders enge Beziehungen unterhielt die Sonder-Arbeitsgruppe zu den Geheimdiensten der USA, ihren Vertretern in der BRD und in der NATO.
Die Bundesanwaltschaft unter Leitung des nachmaligen Bundesanwalts von Langsdorff leitete ein Ermittlungsverfahren ein und beauftragte das Bundeskriminalamt mit intensiven Recherchen, die vor und auch nach der Enttarnung von »Topas« mit hohem Aufwand betrieben wurden.
Erst im ersten Halbjahr 1992 tauchten darüber Informationen in Medien der BRD auf. Die Journalisten beriefen sich auf eine »regelmäßig geheim tagende Expertengruppe aus allen deutschen Sicherheitsbehörden einschließlich der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe«. (Die Welt vom 13. Mai 1992)
Gleichzeitig kamen spezielle Legenden auf. Sehr schnell wurde ein ganzes Agentennetz der HV A in der NATO ausgemacht, bestehend aus Informanten unterschiedlicher Nationalität auf mittlerer und hoher Ebene des Bündnisses.
Die Schwierigkeiten bei der Enttarnung von »Topas« führte man darauf zurück, dass dieser angeblich zu einem nachrichtendienstlichen Doppelspiel der amerikanischen Geheimdienste gehörte, in das die westlichen Verbündeten und die Führungskräfte der NATO keinen Einblick hätten.
Nicht zuletzt wurde die Behauptung kolportiert, die HV A habe die Quelle rechtzeitig an den sowjetischen Geheimdienst übergeben und die bisherigen Führungsoffiziere von »Topas« unterlägen damit einer besonderen Schweigepflicht.
Diese und weitere Spekulationen beherrschten bis Mitte 1993 die Medien in dieser Sache, bis schließlich die Quelle der HV A enttarnt und diese bei einem Besuch der Eltern in Saarburg festgenommen worden war.
Jedoch war, wie sich bald zeigte, der Fahndungserfolg nicht den hochbezahlten deutschen Spürnasen zuzuschreiben – die Identität der Quelle »Topas« lieferte ihnen die CIA mit Hilfe jener Akten, die in der Öffentlichkeit unter der Bezeichnung »Rosenholz« bekannt wurden. Dazu hieß es im Spiegel 32/1993 (»Auf den Knien zur CIA«): »Um die US-Connection zu verheimlichen, haben Verfassungsschützer und das Bonner Kanzleramt seit Wochen falsche Spuren gelegt. Sie ließen den Spekulationen, die sommerliche Agentenjagd sei auf große Aktenlieferungen vom Moskauer KGB zurückzuführen, freien Lauf – und heizten die Gerüchteküche durch doppeldeutige Interpretationen weiter an. Dabei, so zeigt sich jetzt, hat es eine Aktenübergabe in großem Stil von Moskau an Bonn nicht gegeben.«
Zum Komplex »Rosenholz« eine kurze Erinnerung: Die CIA erhielt auf bisher unbekannten Wegen eine Kopie von Registrierungsunterlagen der HV A – das waren mikroverfilmte Karteikarten und Statistikunterlagen, keine Akten von Quellen.
Die Karteikarten widerspiegelten den Stand der Personenerfassungen der HVA bis Ende 1988. Das betraf alle Personenhinweise, die für die HVA relevant waren – und auch die Klarpersonalien von Quellen, Kontaktpersonen und anderen in den registrierten Vorgängen bedeutsamen Personen.
Zur Ergänzung existierte eine sogenannte Vorgangskartei. Durch Vergleich beider Karteikomplexe war die Identifizierung der Quellen möglich.
Die CIA informierte erst nach Abschluss ihrer Untersuchungen die BRD und andere NATO-Partner über den Besitz der HV A-Unterlagen. Das war etwa Anfang 1993. Eine Gruppe von Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde nach Washington entsandt, um dort Kopien der Karteikarten einzusehen und Angaben über HV A-Kontakte mit Bundesbürgern abschreiben. Diese Aktion erhielt im Verfassungsschutz intern die Deckbezeichnung »Rosenholz«.
Erst nach langwierigen Verhandlungen erhielt die Bundesregierung Jahre später von der CIA einen Satz elektronischer Datenträger mit Abschriften der Unterlagen. Über die Vollzähligkeit der Angaben kann man nur spekulieren.
Nachdem Rainer Rupp als »Topas« identifiziert worden war, mussten sich die Sicherheitsbehörden der BRD gedulden. Rupp lebte damals mit seiner Familie in Belgien und konnte dort nicht von deutschen Beamten festgenommen werden. Erst als Rainer Rupp zu einer Familienfeier nach Saarburg kam, konnten sie zuschlagen.
In seinem Beitrag »Mittendrin in der NATO« im Band 6 der Geschichte der HV A (»Militärspionage. Die DDR-Aufklärung in NATO und Bundeswehr«) beschrieb Rainer Rupp, wie er und seine Ehefrau die Fahndung nach der Quelle »Topas« erlebten. Darin nahm er auch Bezug auf den Verräter Heinz Busch: »Am 15. Januar 1990 war der Leiter der militärpolitischen Auswertung der Abteilung VII in der HV A, Oberst Dr. Heinz Busch, zum Bundesnachrichtendienst übergelaufen und hatte als Morgengabe sein Wissen über ›Topas‹ mitgebracht. Zuerst glaubt man im BND-Hauptquartier in München, es handelte sich bei Busch um einen Angeber, als er seinen Verhörspezialisten versicherte, dass ›die NATO so durchlässig‹ sei ›wie ein Sieb‹. Überläufer übertreiben gerne, um sich wichtig zu machen und so ihre Verhandlungsbasis zu stärken bzw. ihren Preis in die Höhe zu treiben. Zudem hatte Busch aus Angst vor seiner Entdeckung beim Grenzübertritt kein einziges von ›Topas‹ an die HV A geliefertes Dokument mit in den Westen gebracht, sondern lediglich die Vorgangsnummer und den besagten Decknamen.
Als Oberst Dr. Busch dann jedoch zu erzählen begann und seine auf Grundlage der ›Topas‹-Dokumente über viele Jahre erworbenen, intimen und umfangreichen Kenntnisse über die militärische Planung der NATO und ihrer Mitgliedsstaaten zum Besten gab, gingen den BND-Zuhörern die Augen über. Schleunigst wurde Anfang 1990 eine hochrangige Arbeitsgruppe zusammen gestellt, die sich aus Vertretern des BND, der Staatsschutzabteilung des BKA, des Bundesverfassungsschutzes, des Militärischen Abschirmdienstes und der Bundesanwaltschaft zusammensetzte und die die Suche nach ›Topas‹ mit einer ebenfalls zu diesem Zweck neu gegründeten Gruppe im NATO-Hauptquartier in Brüssel koordinierte. Im April/ Mai 1990 lief die Operation nach dem meistgesuchten Mann der BRD, die – so die Bundesanwaltschaft später – ›zur größten Suchaktion‹ der Geheimdienste der BRD werden sollte, bereits auf Hochtouren. Aber die Dienste wussten nicht genau, wo sie mit der Suche beginnen sollten.
Die Informationen von Bush entsprachen nicht unbedingt den aus den Vernehmungen von Übersetzern, Sekretärinnen, Technikern und anderem Personal der HV A gewonnen Erkenntnissen über ›Topas‹. Zugleich wurde für die westdeutschen Spürhunde langsam klar, dass das NATO-Material, das Oberst Busch zur Analyse bekommen hatte, nur die Spitze eines Eisberges war. Nach über einem Jahr akribischer Untersuchungen und Verhöre ehemaliger HV A-Mitarbeiter und anderer DDR-Bürger war klar, dass neben den militärischen und militärpolitischen Dokumenten aus der NATO-Abteilung für ›Verteidigungsplanung und -politik‹ (Defence Planning und Policy Division), mit denen sich Oberst Dr. Busch hauptsächlich beschäftigt hatte, ganz offensichtlich auch andere Auswerter der HVA Material von ›Topas‹ bekommen hatten, das aus den anderen vier Hauptabteilungen des NATO-Hauptquartiers stammte.
Auf Grund der Fülle des von ›Topas‹ aus allen NATO-Abteilungen gelieferten Materials schlossen die Verfolger schließlich, dass sich hinter dem Decknamen nur ein ›Spionagering‹ verbergen konnte. Aber auch diese Annahme half nicht weiter, und die Suche nach den Mitgliedern des ›Rings‹ blieb ohne Erfolg.
Dank in früheren, aktiven Zeiten getroffener, sorgfältiger Vorbereitung und glücklicher Umstände, deren Hintergründe das Thema dieses Beitrages sprengen würde, konnte ich die Suche nach ›Topas‹ in der NATO von Anbeginn im Detail mitverfolgen. Hinzu kam, dass ich seit vielen Jahren ständigen und freundschaftlichen Umgang mit den führenden Mitarbeitern der NATO-Sicherheitsabteilung hatte, der Leiter der Gruppe, die ›Topas‹ fassen sollte, mit eingeschlossen.
Während der dreieinhalb Jahre dauernden Suche stand ich bis zuletzt nicht in Verdacht. Erst nachdem es der CIA nach jahrelangen...




