Rebhandl In der Hölle ist für alle Platz
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-7076-0459-7
Verlag: Czernin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Krimi
E-Book, Deutsch, Band 3, 240 Seiten
Reihe: Rock Rockenschaub
ISBN: 978-3-7076-0459-7
Verlag: Czernin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Superschnüffler Rock Rockenschaubs dritter Fall, diesmal inmitten richtiger Männer in verschwitzten Fußballertrikots und Mönchskutten. Was hat ein ermordeter Bischof mit dem Versagen eines Fußballvereins zu tun? Und hängt sogar ein privatisierungswütiger Finanzminister mit drin? Rocks Lieblingsfußballverein verliert in letzter Zeit alle Heimspiele. Zufall? Manipulation? Vielleicht sogar Voodoo? Hinter dem Stadion steht ein Kloster, in dem alte knorrige Mönche Armensuppe verteilen und im Winter auch mal Flüchtlinge aufnehmen. Ihr Boss, der karrieregeile Bischof, hat keine Freude mit den Gutmönchen, die seine Diözese ins Gerede bringen. Er will das Kloster lieber auflösen und die Kuttenträger ins betreute Wohnen schicken, damit sein Freund, der Finanzminister, dort gegen eine kleine Spende für den Vatikan Luxuswohnungen »entwickeln« kann, mit dem Segen Gottes. Freilich endet der Bischof entmannt im Weinberg des Messweinlieferanten der Diözese, und die Spur führt ins Kloster, wo die Mönche einem doppelköpfigen Monster Zuflucht gewähren, das ihnen nicht nur schmackhafte Klostersuppe kocht, sondern auch mit dem Hackebeil gut umzugehen versteht ...
Manfred Rebhandl, geboren 1966, lebt als Autor in Wien. Er schreibt Krimis, Drehbücher, Theaterstücke und Reportagen für Zeitungen.
Autoren/Hrsg.
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*** Auch nüchtern fiel Guttmann dann nicht ein, was wir mit der Leiche machen sollten. Ein paar Stunden würde der Kerl in meinem Kofferraum noch nach Fichte riechen, wenn ich ordentlich Holz nachlegte, aber spätestens am Nachmittag würde mein Datsun nach vermoderndem Bischof riechen. Ich fuhr mit Guttmann zu Manni, diesmal versuchte er mir einzureden, dass gerade Birke groß in Mode war, aber ich blieb zunächst bei Fichte und nahm Birke nur zur Sicherheit. Falls ich doch noch ein paar Tage länger mit dem Gottesmann herumfahren musste! Wir legten ein paar Bäumchen hinten hinein, da fragte Manni: „Was hast du denn eigentlich da hinten in deinem Kofferraum?“ Ich sagte: „Das wirst du jetzt vielleicht nicht glauben, Manni, aber es handelt sich um meine Hilti einerseits und den abgängigen Bischof Wimmer andererseits.“ Manni applaudierte müde, wie nach einem halbwegs gelungenen Fick, der nicht ganz prächtig war, aber auch nicht ganz schlecht, und sagte: „Bravo. Bravo. Brauchst du auch Sonnencreme?“ Ein harter Winter lag hinter uns, die Beinchen waren noch ganz weiß, und ab und zu traten wir sogar noch in Reste von Schnee, wenn wir durch die Straßen hüpften. Aber jetzt strebte und drängte alles zur Sonne, und jeder glaubte, das Leben wäre leicht und vergnüglich, aber das war natürlich nicht so. Denn es waren die Tage, wo man sich besser gut einschmierte, sonst kriegte man schnell einen Sonnenbrand, ich sagte: „Hast du denn einen Tipp für mich?“ Er sagte: „Piz Buin.“ Ich kaufte zwei Flaschen, und als wir dann gemütlich dahinfuhren, sagte ich zu Guttmann: „Hör zu, wir haben jetzt die Scheiß-Leiche, aber keinen Fall, richtig?“ „Richtig.“ „Ich habe da einen Kumpel beim Schmetterling, Fink mit Namen, du kennst ihn aus dem Pornhouse.“ Er sagte: „Möglich, dass ich ihn kenne.“ „Der ist Spezialist für Schweinereien in der Politik und kennt sich sehr gut mit Firmen aus, die ihren Sitz in Vaduz haben, das wäre doch immerhin ein Ansatz, was meinst du?“ Der Schmetterling war die etwas brustschwache, aber seriöse Stadtzeitung für Gutmenschen und politisch Korrekte, für Widerstandskämpfer aller Art und solche, die es noch werden wollten, für Biofreaks und Sacktittenträgerinnen. Aber immer weniger verlauste Studenten und Wickelrockträgerinnen lasen solchen Scheiß wie über die Besetzung des Klosters der Brüder Jesu durch Asylanten im Winter, über die Fink schreiben musste. Im Pornhouse hatte er mir dann mal unter uns Pastorentöchtern erzählt, dass es „nichts Schlimmeres gibt als diese friedensbewegten Omas mit ihren vertrockneten Mösen und ihrer nassen Sprache, weil die Zähne so schlecht sitzen, und die dann dort neben den Holzfällern aus Nigeria oder eben Ruanda sitzen und dabei „etwas spüren“, wie sie behaupten, meistens „die Nähe Gottes“, aber in Wahrheit werden sie einfach noch mal feucht, weil sie sich vorstellen, wie sie von einem Flüchtling genagelt werden, verstehst du?“ Es ist schwer, so etwas zu verstehen, aber man versucht es halt. Obendrein kauft Fink sein Dope immer bei Lemmy und verteilt es unter den Griffelschwingern, jedenfalls einen kleineren Teil davon. Den größeren Teil rauchte er selbst, denn ohne Lemmys Zeug konnte er nicht mehr geradeaus schauen. Er war nicht wirklich top auf meiner Liste der besten Freunde, aber er war unter den Top Ten von den Fünfen, die ich hatte. In Dirty Willis Swedish Pornhouse saß er immer in Reihe 9 Platz 1 und schaute sich Filme mit politischem Hintergrund an wie Secrets Service Sluts usw. an, die berühmten 3-S-Filme, getreu dem Motto: Einmal paranoid, auch im Pornhouse paranoid. Ich wählte seine Nummer und sagte: „Wir treffen uns in Jolandas Hard & Heavy, gleich vis-à-vis von Lemmys Quattro Stazzione.“ Er fragte: „Wann?“ Ich sagte: „In einer Stunde.“ Bei Jolanda im Hard & Heavy war um diese Zeit immer Happy Gulasch angesagt, dazu gab es viel Bier und reichlich Slibo. Ein beschaulicher Ort, an dem der Mensch noch Trinker und Versager sein konnte. Pünktlich um sieben Uhr morgens dockten hier die ersten Experten für sinnlos versoffene Tage an, bestellten Bier zum Frühstück und Schnaps zur Jause, zwischendurch legten sie die paar Schritte zum Sozialamt hin, um sich cashmäßig aufzumunitionieren. Irgendwann vor Mittag stießen dann die Müllmänner dazu, die draußen den Dreck wegkehren sollten, sich aber lieber ansoffen, und nach Mittag kam der Briefträger und verteilte die Leckerlis, denn manche Obdachlose hatten das Hard & Heavy als ihre Postadresse angegeben, und wenn hier das Arbeitslosengeld ausbezahlt wurde, dann gab’s ein großes Hurra. Es kamen Einsame, es kamen Verlierer, und es kamen alle, die nicht draußen sein wollten, wenn die Sonne schien, weil ihnen diese verdammte Sonne einfach nur auf die Nerven ging mit ihrer Fröhlichkeit, kurz: Hier lebte der Mann in der Krise, und entsprechend aufgekratzt war die Stimmung. Dass der Staat ausgerechnet in solchen Löchern nach Steuergeld graben ließ, weil er keine Kohle mehr hatte, war nicht leicht zu verstehen. Dabei konnte Jolanda noch von Glück reden, dass man ihr keinen von diesen jungen Eifrigen mit zackigem Bürstenhaarschnitt und rosaroter Krawatte zu rosarotem Hemd geschickt hatte, die im Schnelldurchlauf Jus studiert haben und nun für ihren Finanzminister über einen an irgendwelche seiner Freunde ausgelagerten Private Tax Service die Kohle heranschaffen sollten, egal wie, damit er das Geld dann am anderen Ende über den Umweg Briefkastenfirma mit Sitz in Vaduz wieder aus dem Land schaffen konnte. Der, der zu Jolanda gekommen war, war eine Art korrekter Old-School-Typ am Rande zur Pensionierung, und als wir eintraten, stand er bei ihr hinter der Schank und griff ihr vorschriftsmäßig nicht an den Arsch, obwohl es ihn sichtlich reizte. Er trug seine Ärmelschoner und hatte Probleme mit seiner Lesebrille, die er immer wieder auf- und absetzen musste, wenn er ihre Bestände an Alkohol in vorgefertigte Listen eintrug. Sicher hat er sich mal was dabei gedacht, als er Beamter wurde, er ging vermutlich früh mit Zahlentabellen zu Bett und nahm sich den Taschenrechner mit aufs Klo, so einer war das. Aber er sah dabei nicht glücklicher aus als die ganzen anderen traurigen Gestalten, die hier herumsaßen und an die ich nun ein paar Säckchen Vaja Con Dios zur Probe verteilte, damit ihr Tag vielleicht doch noch einen Sinn bekam und Lemmy ein bisschen mehr Feedback. Der Steuerfuzzi war nur ein Verlierer mehr hier herinnen, mit dem Unterschied, dass er was zu tun hatte und dafür bezahlt wurde. Guttmann und ich setzten uns und bestellten jeder ein Großes und ein Kleines, ein großes Bier gegen den Durst, und ein kleines zum Trinken. Die Stimmung wurde dann nicht viel besser, als Fink dazukam. Er hatte als junger, hoffnungsvoller Mann beim Schmetterling angefangen und war heute noch dort, obwohl er längst zur Gosse oder zur Posse hätte wechseln können, wo er einen üppig gefüllten Lohnsack einstecken und im Gegenzug für Inserate der Bundesregierung Lobeshymnen genau auf dieses Dreckspack hätte schreiben müssen. Oder er hätte Fotos vom Finanzminister mit seiner Gattin, die sie auf irgendwelchen upgegradeten Reisen zeigten, mit schönen Bildunterschriften gestalten können. Dafür gab es bei diesen Zeitungen schweinemäßig viel Kohle, mit dem er sich ein schönes Leben hätte machen können. Aber Fink war vom Virus der Gerechtigkeit infiziert, er hat in Moskau schon den Boden geküsst und seinen Marx auswendig gelernt, er hielt es einfach nicht aus, wenn die Welt so durch und durch privatisiert war wie in unserer schönen Heimat. Den Dreck unter den Teppichen hervorzuholen und den Lurch aus den Ecken zu kehren, das war seine große Leidenschaft. Wenn am Ersten Mai einer bis zum Rathaus marschierte und alle Lieder auswendig kannte, dann war es Fink. Als er sich setzte, waren plötzlich unglaublich viele Fliegen um uns herum, und ich wusste nicht recht, ob Fink sie von draußen mitgebracht hatte – als Fans? –, oder ob die von herinnen sich sofort auf ihn stürzten. Das war das Problem mit Fink: Eine gute Story gelang ihm so selten wie der Griff zum Waschlappen. Er war knapp über 50, trug aber immer noch seinen schwarzen Konfirmandenanzug, was man mittlerweile auch riechen konnte. Und weil er so arm war, musste er die Erdäpfel, die er sich im Ganzen nicht leisten konnte, trinken. Kaum saß er, schrie er schon: „Wodka!“ Dann öffnete er ein paar Knöpfe seines Hemdes und wischte sich den Schweiß unter der Krempe seines Hutes weg, der ihm schlapp ins hängebackige Gesicht hing. Endlich schlug er sein schlaues Buch auf, das Laptop hieß, und sagte: „Also was gibt’s, Freunde?“ „Sam A. Terry, sagt dir das irgendwas?“, fragte Guttmann. „Cemetery ist englisch und heißt Friedhof“, wusste Fink etwas voreilig. „Die Literatur ist voll von Friedhöfen … einer der berühmtesten ist der Cimetière du Père-Lachaise in Paris, auf dem Jim Morrison begraben liegt, wollt ihr hinfahren?“ Ich hätte Guttman natürlich warnen müssen, dass Fink gerne und viel redete, das war auch einer der Gründe, warum er auf meiner Top-Ten-Liste nie unter die Top-Fünf kam, sein Geruch war ein anderer. Ich hielt ihm nun den Brief vor die Nase, den Seffa Berger bekommen hatte, und sagte: „Gutti meinte Sam A. Terry International Luxury Developing Land mit Sitz in Vaduz!“ „Oh mein Gott“, sagte Fink gelangweilt. „Es geht also wieder um den Finanzminister?“ „Wie kommst du denn da drauf?“, fragte...