E-Book, Deutsch, Band 17, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
Rauenstein Lore-Roman 17 - Liebesroman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-5816-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Jetzt weiß ich erst, was Liebe ist
E-Book, Deutsch, Band 17, 64 Seiten
Reihe: Lore-Roman
ISBN: 978-3-7325-5816-2
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Als die junge Heidelore von Reinhagen dem um viele Jahre älteren Einar Fürst von Trustfels das Jawort gab, schien das Glück der beiden Menschen vollkommen. Der Fürst legte seiner Frau die Welt zu Füßen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.
Doch sein plötzlicher Tod macht der Idylle ein jähes Ende, und nun muss Heidelore erkennen, wie ihr angeblich so reicher Mann wirklich gewesen ist: Trustfels steht vor dem Ruin, die Schulden des Fürsten sind ins Unermessliche gestiegen. Verschwenderisch hat er das ganze Hab und Gut durchgebracht.
Die junge Witwe steht vor den Trümmern ihres Lebens. Aber als Heidelore schon zu verzweifeln droht, streckt sich ihr unerwartet die helfende Hand des Schicksals entgegen ...
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Heidelore Fürstin von und zu Trustfels zügelte ihre schneeweiße Stute dicht vor der großen Marmortreppe, die hinauf zum Schlossportal führte. Lässig warf sie dem herbeieilenden Stallburschen die Zügel hin, während sie ohne jede Hilfe elegant aus dem Sattel glitt.
„Tüchtig abreiben“, bat sie freundlich. Sie klopfte den schönen schlanken Hals des Tieres, das leise schnaubte und seine geblähten Nüstern an ihrer Schulter rieb. „Wir haben einen tüchtigen Ritt hinter uns, nicht wahr, altes Mädchen?“ Und zu dem Burschen gewandt: „Schneewolke war heute besonders unruhig. Ich habe das Gefühl, sie ist rossig.“
Ehe der Bursche etwas antworten konnte, tauchte der Oberstallmeister auf und trat neben die Stute. Er hatte die letzten Worte der jungen Fürstin noch verstanden und nickte zustimmend.
„Durchlaucht sind heute schon sehr zeitig ausgeritten, dass ich keine Möglichkeit fand, Ihre Durchlaucht darauf aufmerksam zu machen. Aber ich hoffe, Schneewolke hat Ihrer Durchlaucht keine allzu großen Schwierigkeiten gemacht“, meinte er besorgt.
Die junge Fürstin lachte leise auf und schüttelte den Kopf. Sie war mit Pferden groß geworden, und als Gutstochter waren ihr solche Vorgänge seit ihrer Kinderzeit vertraut.
„Nein, Sie wissen ja, Reindel, ich werde schon damit fertig.“ Ein nachdenklicher Ausdruck trat in ihre blauen Augen, während sie die Stute betrachtete. „Ich habe gehört, Graf Ohlsen soll einen prachtvollen Hengst besitzen. Vielleicht sollte man einmal mit ihm sprechen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Nachwuchs besonders gut sein wird.“
Zustimmend nickte der Oberstallmeister.
„Das wäre wirklich eine wundervolle Verbindung, Durchlaucht. Ich kenne den Hengst, den Graf Ohlsen von einem Rennstallbesitzer für einen beträchtlichen Preis erstanden hat, nachdem er durch einen bösen Sturz für kein Rennen mehr zu gebrauchen war. Die Verletzung ist gut verheilt, und heute gibt es außer Schneewolke weit und breit kein Pferd, das es mit dem Hengst aufnehmen könnte.“ Er fuhr der Stute zärtlich über die weichen Nüstern. „Das wäre gewiss ein Liebhaber nach deinem Herzen, nicht wahr, Schneewolke?“
Die Stute warf wiehernd den edlen Kopf zurück und begann, ungeduldig mit den Hufen zu scharren.
Die junge Fürstin lachte auf.
„Mir scheint, Sie haben Schneewolkes Einverständnis, Reindel. Dann sollten wir sehen, dass die Sache so schnell wie möglich über die Bühne geht.“
Der Stallmeister grinste breit.
„Wollen Ihre Durchlaucht selbst mit dem Grafen Rücksprache nehmen, oder soll ich mich bei ihm melden lassen?“, wollte er wissen.
„Ich mache das schon, Reindel. Ich werde mich gleich nach dem Frühstück mit ihm in Verbindung setzen. Nun muss ich mich aber beeilen. Vater hasst es, wenn man unpünktlich ist. Sie kennen das ja“, sagte sie und zwinkerte ihm vergnügt zu.
Ja, das kannte er. Die preußische Pünktlichkeit saß dem früheren Oberst noch in den Gliedern, war ihm förmlich zur zweiten Natur geworden. Nichts konnte den sonst so gutmütigen Mann so in Harnisch bringen wie Unpünktlichkeit, da konnte er sogar seiner sonst so geliebten Tochter gegenüber sehr grantig werden.
Mit einem Lächeln sah der Oberstallmeister hinter der zierlichen Frau her, die leichtfüßig die Treppe hinaufeilte und im Haus verschwand.
***
Unterdessen war die junge Fürstin in ihr Zimmer geeilt, das sie schon als Kind bewohnt hatte und nach dem plötzlichen Tod ihres Gatten wieder bewohnte. Hierher war sie geflohen, in die Geborgenheit ihres Elternhauses, als hätte sie nach langer Irrfahrt endlich wieder heimgefunden.
Ja, eine Irrfahrt schien ihr heute ihre kurze Ehe an der Seite des Fürsten, der es in seiner charmanten, weltmännischen Art verstanden hatte, ihr junges unberührtes Herz zu wecken. Obwohl er fünfzehn Jahre älter gewesen war als sie, hatte sie die feste Überzeugung gehabt, dass er der einzige Mann war und auch bleiben würde, der jemals ihrem Herzen nahestehen konnte.
Und Fürst Einar verliebte sich auch auf den ersten Blick in das blutjunge, reizende Geschöpf, und er, der eingefleischte Junggeselle, der immer geschworen hatte, nie zu heiraten, er warb um ihre Hand und schien selbst überrascht, als Heidelore einwilligte.
Die ersten Monate vergingen der jungen Frau an der Seite des welterfahrenen Mannes wie ein einziger Rausch. Sie, die das Gut ihres Vaters nie verlassen hatte, lernte plötzlich alle Schönheiten der großen Welt kennen. Es bereitete dem Fürsten sichtliches Vergnügen, mit ihr herumzureisen und ihr alles zu zeigen.
Und dann kam das böse Erwachen. Bei einer Jagd verunglückte der Fürst tödlich. Zuerst nahm man einen Unfall an, aber dann, als alles über der jungen Frau zusammenbrach, wurde das Gerücht eines Selbstmordes immer lauter. Fassungslos stand die junge Fürstin, mit harter Faust aus ihrer Märchenwelt herausgerissen, der grausamen Wirklichkeit gegenüber. Sie musste erkennen, dass ihr Gatte weit über seine Verhältnisse hinaus gelebt hatte. Sie stand vor dem Nichts und einem Berg von Schulden gegenüber, von dem sie nicht wusste, wie sie ihn jemals abtragen konnte.
So schien es ihr wie eine Fügung des Himmels, als sich plötzlich eine entfernte Verwandte ihres Mannes meldete, eine Tante, und sich bereit erklärte, das Schloss zu erwerben und dafür die Schulden des Toten zu übernehmen.
So blieb Trustfels wenigstens im Besitz der Familie und ging nicht in wildfremde Hände über. Damit glaubte die junge Frau, ihre Pflicht dem Toten gegenüber nach bestem Wissen erfüllt zu haben. Sie kehrte der großen Welt den Rücken und kehrte zurück zu ihren Eltern auf Gut Reinhagen.
Aber aus dem fröhlichen unbekümmerten Mädchen war eine ernste reife Frau geworden, die sich aber trotz allem noch ihre herzenswarme, freundliche Heiterkeit erhalten hatte. Ohne noch einen Blick in den Spiegel zu werfen, verließ sie jetzt ihr Zimmer und eilte die Treppe hinunter.
In der Halle traf sie mit ihrem Vater zusammen.
„Morgen, Paps“, begrüßte sie ihn fröhlich und gab ihm einen Kuss auf die bärtige Wange. „Ich hatte schon befürchtet, mich zu verspäten.“
Nichts in ihren Zügen verriet noch etwas von den trüben Gedanken, die sie eben noch gequält hatten. Die junge Fürstin zeigte sich ihren Eltern gegenüber meist sehr ausgeglichen und zufrieden. Sie wusste doch, wie sie sich um sie sorgten, und sie wollte ihnen keinen Kummer machen. Sie taten alles, was in ihrer Macht stand, um sie vergessen zu lassen. Aber das, wonach sie sich am meisten sehnte, nach einem Menschen, der ihr all die Liebe und Zärtlichkeit gab, nach der ihr junges Herz hungerte, das konnten sie ihr nicht geben.
„Ich fürchte, auch ich bin heute etwas spät dran“, entgegnete der Graf schmunzelnd. „Mutter wird schon warten.“
Gräfin Donata saß bereits am Frühstückstisch, als die beiden eintraten. Heidelore begrüßte sie mit einem Kuss auf die Wange und setzte sich dann auf ihren Platz.
Lautlos trat der Diener ein und servierte das zweite Frühstück, das die Familie zusammen einzunehmen pflegte, da die Gräfin es nicht liebte, so früh aufzustehen.
Die Gräfin wartete, bis der Diener das Zimmer verlassen hatte, dann wandte sie sich an ihre Tochter.
„Du siehst blass aus, Kind“, sagte sie mit einem besorgten Blick. „Du solltest dich etwas mehr schonen. Ist es denn unbedingt nötig, dass du schon beim ersten Hahnenschrei aufstehst und ausreitest?“
„Aber Mutter, ich bin doch schon als Mädchen jeden Morgen um diese Zeit ausgeritten, und du hast nichts dagegen einzuwenden gehabt. Warum sollte es mir denn heute auf einmal schaden?“
Die Gräfin zog es vor, nur schweigend die Schultern zu zucken.
Graf Dietrich beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Er war damit beschäftigt, die Post durchzusehen. Nun hielt er ein Kuvert in der Hand, drehte es verwundert nach allen Seiten, schüttelte dann den Kopf und schob es der jungen Fürstin zu.
„Für dich, Heide. Hoffentlich nichts Unangenehmes, davon hast du in der letzten Zeit gerade genug abbekommen. Aber etwas Erfreuliches wird es kaum sein“, schloss er daraufhin grimmig.
Verwundert nahm die junge Frau den Brief entgegen. Halblaut las sie den Absender:
„Notar Dr. Dr. Engelhardt.“
Jähe Blässe breitete sich über ihre Züge aus. Der Vermögensverwalter und Rechtsbeistand ihres Gatten. Was konnte er denn jetzt noch von ihr wollen? Sie hatte doch schon alles hergegeben, um den Namen des Toten reinzuhalten? Aber nun war sie am Ende. Sie besaß nichts mehr, denn selbst ihre Mitgift war bis auf den letzten Heller in dem gierigen Schlund der Gläubiger gelandet.
Angst war in ihr, grauenvolle Angst. Sie hatte einfach nicht den Mut, den Brief zu öffnen, schob ihn mit zitternden Händen dem Vater zu, der sie nicht aus den Augen gelassen hatte und genau zu wissen schien, was nun in ihr vorging.
„Öffne ihn, Heidelore“, befahl er hart. „Es hat keinen Sinn, krampfhaft die Augen zu verschließen. Du kannst damit nicht deinem Geschick entkommen.“
Beschämt öffnete die junge Frau den Brief und las den Text halblaut vor. In knappen Worten teilte ihr der Anwalt mit, dass Frau Brown, geborene von Trustfels, verstorben sei, und ihr Vermögen, das aus Wertpapieren und einem großen Schlosshotel bestünde, zu gleichen Teilen an die Witwe ihres Großneffen, Heidelore Fürstin von und zu Trustfels, geb. von Reinhagen, und an ihren Pflegesohn Falk Norden vermacht hätte. Da aber einige Bedingungen, die im Testament eingetragen wären, einer persönlichen...