E-Book, Deutsch, 194 Seiten
Rauchfleisch Panik im Altersheim
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7583-3703-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 194 Seiten
ISBN: 978-3-7583-3703-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kommissar Jürgen Schneider, der mit seinem Mann und dem 12-.jährigen Sohn in Basel in einer Regenbogenfamilie lebt, hat in einem Altersheim den Mord einer lesbischen Bewohnerin aufzuklären. Auffällig ist eine merkwürdige Inszenierung, die der Mörder am Opfer vorgenommen hat: er hat der Frau nach dem Ersticken die Hände am Bett gefesselt, ihr einen Mulllappen auf das Gesicht gelegt und ihr einen Vogel auf den Handrücken gedruckt. Als Täter oder Täterin kommen die im Heim Angestellten oder eine Person, die sich in der Nacht von aussen eingeschlichen hat, infrage. Löst schon dieser skurrile Mord Angst und Schrecken im Heim aus, so erfasst die Bewohnerinnen und Bewohner Panik, als noch ein zweiter Mord an einem schwulen Bewohner mit der gleichen Inszenierung verübt wird. Sind das Taten eines Homohassers, eines perversen Serienkillers? Der Kommissar geht verschiedenen Spuren nach, die jedoch alle im Sand verlaufen. Die Lösung bringt eine Veranstaltung des Vereins queerAltern Basel, an der er von einer Teilnehmerin zufällig einen Hinweis erhält, der ihn auf die richtige Spur führt. Thematisch geht es in diesem Krimi, neben den Mordfällen, um das Leben älterer queerer Menschen, ihre Situation in Altersinstitutionen und um Selbsthilfeorganisationen, in denen sie sich für ihre Rechte einsetzen, sowie um eine gendersensible Sprache.
Udo Rauchfleisch (Jahrgang 1942) ist em. Professor für Klinische Psychologie an der Universität Basel und Psychotherapeut in privater Praxis. Publikationen u. a. zu Homosexualität und Transidentität. Er hat bisher 9 Krimis veröffentlicht, die in Basel spielen und queere Themen behandeln. www.udorauchfleisch.ch
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
ZWEI
Jürgen Schneiders Tag begann immer mit einem halbstündigen Gymnastikprogramm, das er nach dem Aufstehen absolvierte. Danach ging er in die Dusche. In der Regel schlief sein Mann, Mario Rossi, dann noch, bis Jürgen Schneider ihn weckte, wenn er den Frühstückstisch gedeckt und Kaffee und Tee gekocht hatte. Für ihren 12jährigen Sohn Antonio bereitete er einen Becher Ovomaltine vor, im Winter mit warmer, jetzt im Frühsommer mit kalter Milch. Gerade als er seinen Mann mit einem Kuss weckte, läutete das Telefon. Am Apparat war Bernhard Mall, ein langjähriger Mitarbeiter im Mordkommissariat. »Es tut mir leid, Jürgen, dass ich dich schon jetzt früh morgens störe. Aber ich habe eben die Mitteilung bekommen, dass in einem Altersheim eine Frau tot aufgefunden worden ist und alles auf eine Gewalttat hindeutet«. »Welches Heim ist es denn?«, fragte Jürgen Schneider und erstarrte, als sein Mitarbeiter ihm antwortete, es sei das Altersheim »Abendsonne«. »Das ist das Heim, in das meine Tante vor ein paar Wochen eingetreten ist. Ich habe dir ja davon erzählt. Kennst du den Namen des Opfers? Doch wohl nicht am Ende meine Tante?!« Bernhard Mall beruhigte seinen Kollegen. Es sei nicht seine Tante, sondern eine Frau Blumer. Die Spurensicherung und der Gerichtsarzt seien schon vor Ort. »Dann esse ich noch schnell etwas und bespreche mit Mario und Antonio, wie wir den Tag heute organisieren. Denn ich vermute, ich werde wohl den ganzen Tag mit den Ermittlungen beschäftigt sein. In zirka einer halben Stunde bin ich dort«. Das Läuten des Telefons hatte Mario Rossi mit einem Seufzen quittiert. Er kannte Situationen wie diese bestens. Immer wieder passierte es, dass sein Mann morgens früh oder abends spät einen Anruf von seinem Mitarbeiter erhielt. Der typische Gesprächsablauf war: kurzes Hinhören, was der Kollege sagte, dann die Frage »Wo?« und der Hinweis »Ich komme«. Das war nun einmal der Alltag eines Kommissars bei der Mordkommission. Heute sah er jedoch, dass Jürgen Schneider tief beunruhigt war. »Du hast eben am Telefon gesagt, dass es das Heim ist, in dem Angela jetzt wohnt? Das ist ja schrecklich! Aber wenigstens ist sie nicht das Opfer«, versuchte er seinen Mann zu trösten. »Das schon. Aber sie hat mir bei meinem Besuch gestern gesagt, dass sie den Eindruck hat, es braue sich dort irgendetwas Bedrohliches zusammen. Ich muss zugeben: Ich habe gedacht, das sei ihre Reaktion auf all das Neue, das sie dort erlebt. Und nun tatsächlich ein Mord! Dann hat sie offensichtlich etwas Richtiges gespürt«. Jürgen Schneider seufzte. »Das wird Angela einen Riesenschock versetzen. Ich werde natürlich auch mit ihr reden. Gestern hat sie zwar gemeint, sie könne nicht genauer sagen, was sie als bedrohlich erlebe. Vielleicht kann sie mir jetzt aber doch etwas genauer erklären, was zu diesem Gefühl geführt hat«. Während Mario Rossi sich zum Frühstück bereit machte, weckte Jürgen Schneider den Sohn. Wenig später saßen die drei am Frühstückstisch und besprachen den Ablauf des Tages. Da heute ein Tag war, an dem Antonio nach der Schule zu seinen Müttern ging und dort über Nacht bleiben würde, mussten sie nichts für das Mittagessen organisieren. Antonio lebte jeweils eine halbe Woche bei seinen Vätern und die andere Hälfte der Woche bei seinen Müttern Anita Leupin, seiner leiblichen Mutter, und Sandra Frey, ihrer Partnerin. Als Jürgen Schneider vor 13 Jahren seinem Mann eröffnet hatte, dass er gerne ein Kind möchte, war Mario Rossi zunächst völlig perplex gewesen. Er hatte sich nicht vorstellen können, Vater eines Kindes zu sein. Zudem verstand er Jürgen Schneiders Wunsch auch deshalb nicht, weil sein Mann doch aus einer früheren Ehe schon eine Tochter hatte. Sie war zwar inzwischen erwachsen und lebte mit Jürgens ehemaliger Frau und deren neuem Partner in Griechenland. Aber warum noch ein Kind? Jürgen Schneider hatte seinen Mann jedoch schließlich überzeugt, dass es ihm wichtig sei, in der Partnerschaft mit ihm ein Kind zu haben. Zusammen mit Anita Leupin und Sandra Frey waren sie übereingekommen, dass Jürgen Schneider der leibliche Vater und Anita Leupin die leibliche Mutter sein würde. Jetzt war Mario Rossi begeistert, einen Sohn zu haben, und konnte sich nicht mehr vorstellen, was ursprünglich seine Bedenken gewesen waren. »Dann werde ich dich wahrscheinlich heute erst spät am Abend wiedersehen, Caro«, meinte Mario Rossi und gab seinem Mann einen Kuss zum Abschied. »Das fürchte ich auch. Sicher muss ich mich nach den Gesprächen mit dem Personal und den Heimbewohner:innen ja auch noch um Angela kümmern. Ich hoffe, sie kommt einigermaßen mit der Situation zurecht. Ciao, Antonio. Grüße an Mama und Sandra«. Als Jürgen Schneider eine Viertelstunde später am Altersheim »Abendsonne« ankam, empfing ihn sein Kollege Bernhard Mall vor dem Eingangsprotal. »Schon ein komischer Name für ein Altersheim, es ›Abendsonne‹ zu nennen«, meinte er, als er Jürgen Schneider begrüßte. »Dass denen nichts Besseres eingefallen ist! Möchtest du in ein Altersheim mit einem solchen Namen eintreten, wo dir der Name schon sagt, dass sich der Tag zum Abend neigt? Ich finde das direkt makaber!« »Mich hat der Name auch gestört, als meine Tante mir gesagt hat, dass sie in dieses Heim gehen möchte. Und auch sie fand den anfangs komisch. Jetzt haben wir uns daran gewöhnt. Und nun erzähl mir mal, was hier passiert ist«. Bernhard Mall berichtete seinem Vorgesetzten in knappen Worten, dass eine Mitarbeiterin, als sie morgens in das Zimmer von Frau Blumer geschaut habe, die Pensionärin tot im Bett gefunden habe. »Die Tatumstände sind allerdings skurril. Die beiden Hände der Frau waren am Lattenrost des Bettes festgebunden und auf ihrem Gesicht hat ein Mulllappen gelegen. Der Gerichtsarzt Ralph Elmer ist dabei, die Leiche zu untersuchen. Er meint, die Hände seien erst nach dem Tod der Frau festgebunden worden. Das sieht doch nach einem perversen Täter aus. Oder was meinst du?« Jürgen Schneider zuckte mit den Schultern. »Das ist wirklich skurril. Schauen wir mal, was die Spurensicherung sagt und was uns Ralph Elmer noch berichten kann. Ich hoffe nur, er macht nicht wieder so blöde Sprüche wie sonst. Ich kann die einfach nicht mehr ertragen. Ein Mensch ist Opfer einer Gewalttat geworden und er macht sich lustig darüber«. Als die beiden Kommissare das Zimmer von Frau Blumer im 2. Stock des Altersheims betraten, hatte der Gerichtsarzt seine Untersuchung gerade abgeschlossen. »Heute habt ihr mir mal wieder etwas ganz besonders Spannendes geliefert«, begann er grinsend und schaute Jürgen Schneider provokativ an. Er wusste, dass der Kommissar seine ironischen Kommentare nicht ausstehen konnte und sich sogar schon beim Chef der Gerichtsmedizin, Professor Martin Hofer, über ihn beschwert hatte. Das hielt ihn aber in keiner Weise von seinen Kommentaren ab. »Wenn die beiden Herren so freundlich sein wollen, ein bisschen näherzutreten. Dann kann ich ihnen etwas sehr Amüsantes zeigen«. Jürgen Schneider hatte es aufgegeben, Ralph Elmer zurechtzuweisen, und hatte sich entschlossen, sich nicht mehr durch seine Kommentare provozieren zu lassen. Es kostete ihn aber immer noch enorme Mühe, sich zu beherrschen. Das spürte er gerade heute beim Anblick der alten Frau, als er sie tot in ihrem Bett liegen sah, und ihm bewusst wurde, dass seine Tante genau unter diesem Zimmer im 1. Stock wohnte. »Natürlich wollt ihr wissen, wie und wann die Frau umgebracht worden ist«, fuhr Ralph Elmer beschwingt fort. »Das werde ich euch gerne verraten. Der Tod ist durch Ersticken eingetreten, höchst wahrscheinlich durch das Kopfkissen. Todeszeitpunkt: irgendwann zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens. Das Spezielle dabei ist, dass die Hände der Frau am Lattenrost festgebunden worden sind – aber nicht, wie ihr jetzt sicher denkt, vor ihrem Tod, sondern erst nachher! Dann haben wir noch einen Mulllappen gefunden, der auf ihrem Gesicht gelegen hat. Auch der ist erst nach ihrem Tod dort platziert worden. Und das Pikanteste bei der ganzen Geschichte ist dies hier«. Dabei wies der Gerichtsarzt auf eine kleine Figur auf dem Handrücken der Toten. Es war eine kleine blaue Figur, die Jürgen Schneider erst jetzt wahrnahm. Er beugte sich über die Hand der Frau und sah, dass es offenbar ein Vogel war. »Da staunt ihr, nicht wahr?«, setzte Ralph Elmer seinen Bericht fort und grinste Jürgen Schneider wieder provokativ an. »Auch dieses niedliche Vögelchen ist erst nach dem Tod der Frau auf ihren Handrücken gedruckt worden. Ein offenbar sehr phantasievoller Täter! Den zu finden überlasse ich aber gerne euch. Meine Arbeit hier ist beendet. Mehr Informationen morgen von meinem hoch verehrten Chef Professor Hofer«. Mit diesen Worten verließ der Gerichtsarzt munteren Schrittes das Zimmer. Jürgen Schneider seufzte: »Ralph ist und bleibt ein Ekel! Wie kann man eine Frau wie sie, die gewaltsam zu Tode gekommen ist,...