Buch, Deutsch, Band 25, 370 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 213 mm, Gewicht: 522 g
Reihe: Arbeit und Alltag
Zur subjektiven Verarbeitung von Prekarität
Buch, Deutsch, Band 25, 370 Seiten, Format (B × H): 140 mm x 213 mm, Gewicht: 522 g
Reihe: Arbeit und Alltag
ISBN: 978-3-593-51751-3
Verlag: Campus Verlag GmbH
Altersarmut betrifft in erster Linie Frauen. Sie ist das Ergebnis geschlechtsspezifischer Arbeits- und Lebensverläufe, politischer Versäumnisse und sozialstaatlicher Rückzüge und nicht zuletzt Produkt eines sozialen Sicherungssystems, das einseitig auf Lohnarbeit zentriert ist. Doch was bedeutet es, Armut im Alter zu erleben? Alexandra Rau wirft einen schonungslosen Blick auf die affektive Dimension weiblicher Altersarmut. Ausgehend von ethnografischen Porträts zeigt sie, dass Gefühle wie Scham, Einsamkeit, Angst, Melancholie oder Kränkung keine individuellen Phänomene sind, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Ungleichheiten. Gleichzeitig prägen sie die Handlungsmöglichkeiten jener Frauen, deren Leben von prekären Beschäftigungsverhältnissen und Fürsorgeverantwortung bestimmt waren.
Die empirische Studie liefert intime Einblicke in die alltäglichen Verstrickungen einer Generation, für die das Versprechen eines finanziell abgesicherten ›wohlverdienten Ruhestands‹ obsolet geworden ist – und macht deutlich: Altersarmut ist auch eine tief emotionale Erfahrung. Eine, die Vereinzelung fördert, politische Mobilisierung erschwert und affektive Zumutungen produziert. In kulturwissenschaftlicher Schärfe entwickelt Rau das Konzept der Affektarbeit weiter und eröffnet damit eine neue Perspektive auf ein drängendes gesellschaftliches Problem.
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Soziale Ungleichheit, Armut, Rassismus
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Wirtschaftssoziologie, Arbeitssoziologie, Organisationssoziologie
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Soziale Gruppen/Soziale Themen Gender Studies, Geschlechtersoziologie
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Soziologie Allgemein Demographie, Demoskopie
- Sozialwissenschaften Ethnologie | Volkskunde Ethnologie Kultur- und Sozialethnologie: Allgemeines
Weitere Infos & Material
1. Altersarmut – Ein weibliches Phänomen?!. 11
1.1 Ein Feld stellt sich vor. 11
1.2 Empirische Befunde. 13
1.3 Der prekäre Ruhestand. 15
1.4 Ziel der Forschung. 17
2. Hintergründe, Verortungen, Heuristik. 21
2.1 Die Institutionalisierung geschlechtsspezifischer Armutsrisiken
– Ein historischer Abriss. 21
2.1.1 Von der Geburt des Alters in der Moderne und seiner
sozialen Absicherung. 21
2.1.2 Die 'Polarisierung der Geschlechtscharaktere' und das
System abhängiger Alterssicherung. 24
2.1.3 Gegenwärtige Verschränkungen von Alter(n) und
Geschlecht aus prekarisierungstheoretischer Perspektive 26
2.2 Weibliche Altersarmut: Wissenschaftstheoretische Verortungen
und Forschungsstand. 29
2.2.1 Arbeit als Ursache und Folge weiblicher Altersarmut – Zu
den Implikationen eines weiten Arbeitsbegriffs. 29
2.2.2 Von relativer Armut zur Prekarität im
Lebenszusammenhang: Eine begriffspolitische
Entscheidung. 35
2.2.3 Altersarmut von Frauen: 'Ein lange vernachlässigtes
Problem'. 44
2.3 Das Affektregime und die subjektive Verarbeitung von
Prekarität. 50
2.3.1 Marginalisierte Forschungsfelder, Subjektperspektive
und Praxisbezug, oder: Eine imaginäre Begegnung
zwischen Pierre Bourdieu und Simone de Beauvoir. 50
2.3.2 Die 'Logik der Praxis' und das Unterschätzen von
Affekten – Analysen im Spannungsfeld von Struktur –
Subjekt – Handlung. 58
2.3.3 Affekte zwischen Machtverhältnissen und
Handlungsmacht – Zur politischen Dimension
alltäglicher Gefühle. 64
2.3.4 Praxistheorie und Affektregime: Bourdieu meets Affect
Studies meets weibliche Altersarmut. 74
3. Forschungsprozess. 79
3.1 Methodologie und Forschungsdesign. 79
3.1.1 'Das Elend der Welt' als methodologische Anleitung für
eine verstehende und engagierte Wissenschaft –
Forschungsethische Standpunkte. 79
3.1.2 Wider die biografische Illusion: Zur Biografie als
Forschungsperspektive. 87
3.1.3 Weibliche Altersarmut erforschen: Die methodische
Herangehensweise. 94
3.2 Sprechen über Unsagbares – Methodische Überlegungen zum
Erforschen schwieriger Themenfelder. 98
3.2.1 Armut und Alter – Zur Verquickung zweier
gesellschaftlicher Tabus. 98
3.2.2 Vertrauen als Voraussetzung sich anzuvertrauen. 103
3.2.3 Die Tandem-Interviewführung als Balancetechnik
zwischen Nähe und Distanz. 105
3.2.4 Verstehensansatz und Lernprozess als nachhaltiger
Feldzugang. 107
3.2.5 Leerstellen – Über Unsagbares und zurückbleibende
Unsichtbarkeiten. 111
3.2.6 Wenn die Stimme versagt: Ethnografisches Schreiben als
Lösungsansatz im Umgang mit Unaussprechlichem. 115
3.3 Material und Verschriftlichung. 120
3.3.1 Der Datenkorpus als 'selbstbewusste soziale Fiktion' –
Zur Datenaufbereitung. 120
3.3.2 Kodieren und Auswerten – Zwischen rekonstruktiver
Fallanalyse und fallübergreifenden Thesen. 123
3.3.3 Das ethnografische Porträt: Eine analysegeleitete
Schreibpraxis in dramaturgischem Format. 126
4. Differenzen. 131
4.1 Minderwertigkeitsgefühl und Einsamkeit. 131
4.1.1 'Und somit ist der Traum geplatzt. Und das heißt,
mindestens lebenslänglich verkaufen' – Ethnografisches
Porträt. 131
4.1.2 Weibliche Selbstverhandlungen an der Grenze der
Anerkennung. 138
4.1.3 Subjektive Arbeitsmoral und soziale Missachtung: Das
entwertete Subjekt. 142
4.1.4 Abgrenzung und Distinktion: Ressentiments und 'die
Anderen'. 149
4.1.5 Praktiken des Selbstschutzes: Einsamkeit und
Selbstisolation. 156
4.2 Kränkung, Zufriedenheit und Zuversicht. 163
4.2.1 Prekär? 'Ich bin rundum zufrieden' – Ethnografisches
Porträt. 163
4.2.2 Weibliche Selbstverhandlungen vor dem Hintergrund
abwertender Armutszuschreibungen. 170
4.2.3 Selbst- versus Fremdbild – Das gekränkte Subjekt und
seine Abwehrstrategien. 172
4.2.4 Sozialkapital als Quelle der Anerkennung. 178
4.2.5 Vertrauen in bedingungslose Freundschaftsdienste – Zur
affektiven Dimension sozialer Netzwerke. 183
4.3 Prekärer Ruhestand, Differenzierungen und gesellschaftliche
Spaltungstendenzen. 186
5. Schweigsamkeiten. 191
5.1 Sorgen, Mutterliebe und Melancholie. 191
5.1.1 'Und das ist mein Horror: Wenn meine Kinder für mich
bezahlen' – Ethnografisches Porträt. 191
5.1.2 Mütterlichkeit im Spannungsfeld gesellschaftlicher
Sorgefigurationen. 197
5.1.3 Selbstaufgabe, Fürsorge und Liebesdienst. 200
5.1.4 Zur Umdeutung der mütterlichen Gabe – Familiäre
Tauschlogiken unter prekären Bedingungen. 205
5.1.5 Handlungs(ohn)macht zwischen Melancholie,
Zukunftsnegation und Kindeswohl. 212
5.1.6 Das Schweigen der Mütter. 220
5.2 Scham und Schuldgefühle. 222
5.2.1 'Ich habe lange gedacht: Ich sage es keinem Menschen,
wie wenig ich kriege' – Ethnografisches Porträt. 222
5.2.2 Weibliche Altersarmut zwischen öffentlichem Diskurs
und privater Tabuisierung – Auf den Spuren eines
widersprüchlichen Zusammenhangs. 228
5.2.3 Von kollektiven Kämpfen zum individualisierten
Scheitern: Die affektiven Folgen der 'List der
Geschichte'. 230
5.2.4 Ambivalenzen der Handlungsmacht – Schweigen als
unterwerfende und ermächtigende Praxis. 237
5.2.5 Zur alltäglichen und gesellschaftlichen Dramatik der
Scham. 244
5.3 'Warum das Prekariat schweigt' – Neuauflage einer alten
Fragestellung. 245
6. Verkörperungen. 251
6.1 Existenzielle Ängste und Hoffnung. 251
6.1.1 'Gott, was kommt jetzt daher? Was passiert mir alles?' –
Ethnografisches Porträt. 251
6.1.2 Zur Feldspezifik von Körperlichkeit. 258
6.1.3 Körperliche Verunsicherung als verstetigter Affekt. 261
6.1.4 Der 'ramponierte' Arbeitskörper als begrenzte Ressource
– Erfahrungen von Altersdiskriminierung und
Endlichkeit. 269
6.1.5 Vorsorgestrategien und Körperimaginationen – Zur
ökonomischen In-Wert-Setzung des altersarmen
Körpers. 273
6.2 Verlusterfahrung und Resilienz. 277
6.2.1 'Das hier ist eine große Änderung für mich. Aber jetzt
muss ich zufrieden sein' – Ethnografisches Porträt. 277
6.2.2 Der Ruhestand als verlorene Zukunftserwartung. 285
6.2.3 Zwischen Ohnmachtsgefühl, Enttäuschung und Nostalgie
– Erinnerungsarbeit als Verlustbewältigungsstrategie. 290
6.2.4 Kleidung und Identität – der 'getragene' Körper als
Medium der Erinnerung. 299
6.2.5 Ästhetische Ambivalenzen und die Verkörperung sozialer
Ungleichheit. 308
6.3 'Körper von Gewicht' – Zur verunmöglichten Verdrängung des
existenziellen Prekärseins. 310
7. Fazit. 317
7.1 Das Affektregime weiblicher Altersarmut – Zentrale
Erkenntnisse im Spiegel der Prekarisierungsdebatte. 317
7.2 Selbstreferenzielle Affektarbeit – Eine konzeptionelle
Begriffsschärfung. 328
7.3 Hin zu einer Affektregimeforschung – Epistemologische und
methodologische Reflexionen. 338
7.4 Ein Feld schafft sich ab? – Nachdenken über die
identitätspolitische Kategorie der 'altersarmen Frau' und die
Veränderung sozialer Ungleichheitsverhältnisse. 344
Literatur. 349
Dank. 373