E-Book, Deutsch, Band 3, 348 Seiten
Reihe: Paris Love
Raisin Die kleine Parfümerie der Liebe
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8412-1700-4
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 3, 348 Seiten
Reihe: Paris Love
ISBN: 978-3-8412-1700-4
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Sommer in Paris mit dem Duft der Liebe.
Als die junge Amerikanerin Del die kleine Parfümerie an den Champs-Élysées betritt, weiß sie: Genau so soll auch ihr Laden einmal aussehen. Wenn sich der Duft der Liebe in Flakons abfüllen ließe - hier gäbe es ihn zu kaufen. Um ihren Traum von einer eigenen Parfümerie zu verwirklichen, will sie an einem Wettbewerb für junge Parfümeure teilnehmen. Wenn nur nicht dieser unnahbare Sébastien ihr das Leben schwermachte - und dessen Geruch sie nicht so merkwürdig durcheinanderbrächte. In Paris muss Del erst lernen, ihrem Herzen zu folgen, bis es ihr gelingt, dem Duft der Liebe auf die Spur zu kommen ...
Rebecca Raisin war schon immer verrückt nach Büchern, und aus der Freude am Lesen erwuchs schon bald der Drang, selbst zu schreiben. Ihre Figuren liegen ihr alle am Herzen, doch am liebsten sind ihr jene, die sie die eine, große Liebe erfahren lassen kann.
Im Aufbau Taschenbuch liegen die ersten beiden Bände ihrer Reihe romantischer Paris-Romane 'Mein zauberhafter Buchladen am Ufer der Seine' und 'Mein wundervoller Antikladen im Schatten des Eiffelturms' vor, der dritte Teil 'Die kleine Parfümerie der Liebe' bei Rütten & Loening.
Mehr Informationen zur Autorin unter www.rebeccaraisin.com.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Die Sonne glänzte auf den Scheiben und schickte prismabunte Lichtstreifen durch das Wageninnere, während ich versuchte, mich zu dehnen und damit den Jetlag zu vertreiben. Der Chauffeur hielt vor einem Wohnhaus in einer Nebenstraße der Champs-Élysées. Mit vor Übermüdung geröteten Augen betrachtete ich ehrfürchtig das eindrucksvolle Gebäude, in dem ich wohnen würde: Balkone mit schmiedeeisernen Gittern und kunstvoll ummauerte Fenster, deren Läden weit geöffnet waren, um die sommerliche Brise einzulassen. Aus den Blumenkästen reckten Pflanzen ihre üppigen roten Blüten der Sonne entgegen.
Und hier sollte ich tatsächlich wohnen? Das Haus unterschied sich so sehr von der Farm meiner Familie in Michigan, dass es auch auf einem anderen Planeten hätte liegen können. Das Schicksal meinte es wirklich gut mit mir.
»Mademoiselle«, sagte der Fahrer in wunderbar weichem Französisch, »Madame Leclère erwartet Sie am Eingang.«
»Vielen Dank, Monsieur.«
Er stieg aus, öffnete mir die Autotür, nahm meine Tasche und begleitete mich zum portalartigen Hauseingang.
»Brauchen Sie sonst noch etwas?«, fragte er mit deutlich französisch gefärbtem Englisch nach.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf. »Nein, ich habe alles. Vielen Dank für die Fahrt.« Ich winkte ihm nach, während er mit einem Hupen davonsauste und dabei ein paar überraschte Passanten erschreckte. Nach dem, was ich bisher gesehen hatte, fuhren alle Franzosen, als würden sie für das nächste 24-Stunden-Rennen in Le Mans üben.
Nach einem Blick auf die Uhr schaute ich nach oben. Ein Vorhang im ersten Stock bewegte sich, als würde dahinter jemand stehen. Madame Leclère? Ich griff nach meinem Koffer und wartete, während nun doch ein paar Zweifel in mir aufstiegen.
Was, wenn ich mich mit dieser Sache völlig übernommen hatte? Wenn die anderen Teilnehmer mit ihren offiziellen Ausbildungen und Chemiediplomen allesamt mehr wussten als ich? Was, wenn … Nein, Schluss damit!, wies ich mich selbst zurecht. Ich konnte genauso viel wie jeder andere auch, wenn nicht sogar mehr. Zugegeben, ohne Nan fiel es mir etwas schwerer, neue Duftformeln zu erstellen, aber ich war sicher, dass das nur eine Phase war und ich mit meiner Geheimwaffe – Nans verlässlicher Parfümbibel – bald wieder meine alte Form erreichen würde. Und zwar mit Leidenschaft, Begeisterung und dem Willen, es zu schaffen.
Vor allem war ich von Herzen froh, dem Tratsch und der Enge meines Heimatortes Whispering Lakes zu entkommen.
Das Auswahlverfahren für den Leclère-Parfümwettbewerb war sehr streng gewesen, mit Tests auf jedem Gebiet der Parfümerie. Ich hatte Videos aufgenommen, Duftproben eingeschickt, mich per Skype von der Jury über Parfümregionen und -herstellung, Mischverfahren, Extraktionstechniken, Reifung und Verkaufsstrategien ausfragen lassen. Als ich zu Anfang erklärte, ich würde Parfüms auch als Heilmittel gegen viele Arten von Beschwerden einsetzen, hatten sie etwas irritiert gewirkt, so dass ich lieber dazu übergegangen war, sie mit den geheimen Rezepturen zu umwerben, die ich zusammen mit Nan entwickelt hatte. So dankbar ich auch dafür war, dass Nan sie mir vererbt hatte, wusste ich doch, dass ich bald aus ihrem Schatten treten und meine eigenen Düfte kreieren musste. Aber ohne Nan fühlte sich das alles so falsch an. Als würde ein Teil von mir fehlen.
Das Bewerbungsverfahren hatte einige Monate gedauert, und unzählige Male hatte ich gedacht, dass ich diese oder jene Hürde nicht genommen und versagt hatte. Deshalb war ich unendlich stolz und glücklich, als ich schließlich den Anruf mit der Zusage für den Wettbewerb bekam. Das Timing hätte nicht besser sein können: Dies war meine große Chance, dem Kleinstadtleben zu entfliehen und aus meinem Gespür für Düfte etwas zu machen.
Der große Preis war eine beträchtliche Gewinnsumme und die einmalige Chance, eine Duftlinie zu kreieren, die mir viele Türen öffnen könnte.
Nun war ich also hier, in der romantischsten aller Städte. Die Parfumerie Leclère befand sich am Ende genau dieser Straße. Die betörenden Düfte von Jasmin, Zedernholz und Vanille wehten durch die laue Sommerluft verlockend zu mir herüber. Es war eine äußerst verführerische Mischung, die ich gern genauer erforscht hätte.
Während ich noch überlegte, ob ich schnell aus nächster Nähe schnuppern sollte, löste sich mein seidenes Halstuch in einer Windböe und wehte wirbelnd über die Straße. Als ich ihm hinterherlaufen wollte, wurde ich noch vor meinem ersten Schritt auf die Straße beinahe von einem Auto gestreift und fiel, als ich zurückzuckte, rücklings auf den Gehweg – was nicht nur meinem Hintern weh tat, sondern auch meinem Ego. Quel blamage!
Beschämt sah ich mich um und bemerkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen attraktiven Mann, der mich mit aufrichtig besorgtem Blick beobachtete. Mit hochrotem Gesicht stand ich auf und schnitt eine entschuldigende Grimasse. Unsere Blicke trafen sich für eine Sekunde, und die Zeit schien stillzustehen. Doch ich schämte mich zu sehr, als dass ich das prickelnde Gefühl, das sich in mir ausbreiten wollte, zulassen konnte. Als ich wieder aufsah, nickte mir der Mann kurz zu und ging – die Hände in den Jeanstaschen, das dunkle Haar windzerzaust – weiter Richtung Champs-Élysées.
Ich ermahnte mich, dass ich in Paris nicht mehr wie in Whispering Lakes einfach so über die Straße laufen konnte. Trotzdem freute ich mich, dass auch in dieser großen Stadt jemand besorgte Anteilnahme gezeigt hatte. Es war ein tröstliches Gefühl – unter das sich auch eine leise Sehnsucht mischte.
Ich strich meinen Rock glatt, und als ich wieder aufsah, kam Madame Leclère mir schon entgegen. Sofort nahm ich ihren angenehmen Duft nach indischer Rose wahr. Ihr Haar war perfekt frisiert, ihr Make-up tadellos, und trotz der eleganten hohen Absätze bewegte sie sich sicher, gleichzeitig aber auch leichtfüßig und tänzerisch. So stellte ich mir Französinnen vor. Vielleicht kamen sie schon mit diesem besonderen Hauch von Glamour zur Welt? Wie auch immer – ich beneidete sie darum. Selbst in meinen neu gekauften Sachen kam ich mir plötzlich altbacken und gewöhnlich vor.
»Hallo, Del! Herzlich willkommen. Ich bin Aurélie.« Sie strahlte mich an und führte mich in die luxuriöse Eingangshalle des Hauses, verkleidet mit dunklem Holz, dekoriert mit vergoldeten Ornamenten und samtenen Vorhängen. In der Luft hing der Geruch von Möbelpolitur und das Flüstern der Vergangenheit. Ich musste mich zusammenreißen, um vor Staunen nicht mit offenem Mund dazustehen.
Aurélie lächelte, als wüsste sie genau, was ich dachte. »Herzlich willkommen in Paris«, begrüßte sie mich erneut mit ihrem französischen Akzent. »Ich zeige Ihnen jetzt Ihr Zimmer, damit Sie sich ein wenig ausruhen können. Später kommt hoffentlich auch mein Sohn, um Sie ebenfalls zu begrüßen.«
Sébastien Leclère war nach dem Tod seines Vaters zum neuen Leiter der Parfumerie Leclère ernannt worden, und bislang hatte ich trotz meiner vielen Telefonate mit dem Management-Team keinen direkten Kontakt zu ihm gehabt. Inzwischen war ich mächtig gespannt auf diesen Mann, über den es nur sehr wenige Informationen gab. Meine Internetrecherchen hatten rein gar nichts ergeben.
»Ich freue mich schon sehr darauf, ihn kennenzulernen«, sagte ich – und musste gleichzeitig gähnen. Oje, das sah nach schlechten Manieren aus, was meine Nan mir sofort unter die Nase gerieben hätte.
»Sie sind bestimmt müde von der Reise«, sagte Aurélie lächelnd.
»Ich habe den ganzen Flug über Filme geguckt, obwohl ich vielleicht besser hätte schlafen sollen.« Ich hätte nie gedacht, dass Fliegen so viel Spaß machte. Von den kleinen Erdnusstütchen bis hin zum Sekt hatte ich alle Angebote probiert und es genossen. Im Moment war ich allerdings zu aufgedreht, um irgendetwas anderes zu fühlen als Aufregung und eine leise Panik.
»Ach, Sie müssen jeden Moment genießen«, sagte Aurélie. »Das Leben will gelebt werden.«
Sie wirkte sehr sympathisch und warmherzig und kein bisschen arrogant, wie ich im Vorfeld befürchtet hatte. Jahrelang hatten die Leclères Kontakt mit der Presse vermieden, weil sie der Meinung waren, ihre Parfüms würden für sich sprechen. Deshalb hatte ich wohl angenommen, sie wären allesamt sehr zurückhaltend, in sich gekehrt und unfreundlich.
Nach dem Tod des Familienoberhaupts Vincent Leclère hatte sich so einiges geändert. Es passte eigentlich nicht zur Familientradition, die Türen zu öffnen und Fremde einen Blick hinter die Kulissen werfen zu lassen. Wollte der Sohn und Erbe Sébastien in der Welt der Parfümerie eine eigene Duftmarke setzen? Wollten sie ihr Geschäft erweitern? Oder mit diesem Wettbewerb einen neuen Chef-Créateur für ihre Düfte finden? Fragen über Fragen …
Sébastien war offenbar Meister darin, den Paparazzi auszuweichen, und irgendwann hatten diese dann aufgegeben, so dass es keine Fotos gab und niemand wusste, wie der Mann eigentlich aussah. Ich stellte ihn mir wie das Klischee eines Duftmeisters vor: schmales Gesicht mit langer Nase, dünne Lippen und blasse Haut, die nie mit Sonne in Berührung kam. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass ich selbst auch einen kräftigen Schuss Sonne gebrauchen könnte.
»Kommen Sie, ich möchte Ihnen noch etwas zeigen«, sagte Aurélie und führte mich durch einen Hinterausgang wieder nach draußen, nachdem ich meinen Koffer beim...