E-Book, Deutsch, Band 2, 560 Seiten
Reihe: Die verfluchten Lande
Quinn To Shatter the Night (Die verfluchten Lande, Band 2)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7320-2405-6
Verlag: Loewe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wenn die Dunkelheit weicht - Episches Finale der düsteren Romantasy-Dilogie
E-Book, Deutsch, Band 2, 560 Seiten
Reihe: Die verfluchten Lande
ISBN: 978-3-7320-2405-6
Verlag: Loewe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Katherine Quinn ist Romantasy-Autorin mit einem Abschluss in Psychologie von der University of Central Florida. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Houston, Texas. Schon von klein auf wollte sie in Fantasywelten eintauchen ... und ihre eigenen erschaffen. Autor*innen waren ihre Rockstars und Katherine bewunderte ihre Macht, das Leben von Menschen zu verändern. Es ist ihr größter Traum, dass sich Leser*innen nun in ihre Welten hineindenken und vielleicht der Realität entfliehen können. Weitere Informationen zur Autorin auf Instagram unter @katherinequinnwrites und auf www.katherinequinnauthor.com
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JUDE
Weshalb sich die Gottheiten nach dem Verschwinden der Sonnengöttin verbargen, ist ein Geheimnis. Manche sagen, sie seien verflucht, genau wie unser Land, andere glauben, sie würden sich fürchten. Wovor, ist jedoch unklar.
Auszug aus Asidianische Legenden: Eine Geschichte der Götter
In der Schlauen Füchsin ging es so laut zu wie eh und je.
Auf der Bühne spielten Musikanten ein fröhliches Lied und Betrunkene schwankten mit vollen Bierkrügen in der Hand umher. Es roch nach Schweiß, Alkohol und schlechten Entscheidungen.
»O nein, du schon wieder!«, stöhnte Finn, als er mich sah.
Seit meiner Ankunft in Fortuna kam ich jeden Tag hierher und wurde immer wieder weggeschickt. Leider war diese Frau im Moment meine einzige Lösung. Sie besaß Wissen, aber sie weigerte sich, ein weiteres Mal mit mir zu sprechen.
In einer derart vollen Schenke aufzutauchen, war riskant. Immerhin war ganz Fortuna mit Fahndungsplakaten zugepflastert, die mein Gesicht zeigten. Als König Cirians Auftragsmörder hatten nicht allzu viele gewusst, wie ich aussah, jetzt aber hing mein Bild überall. Das gefiel mir nicht.
Wie der König überhaupt erfahren hatte, dass ich am Leben und nicht im Nebel gestorben war, war mir schleierhaft.
Der riesige Leibwächter stand vor der roten Tür, die zum Arbeitszimmer der Füchsin führte, wo sie sich zweifellos vor mir versteckte. Seit ich sie um Hilfe gebeten hatte, hatte sie sich kein einziges Mal mehr in ihrer eigenen Schenke gezeigt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass sie Angst vor mir hatte.
»Wie ich dir schon die letzten fünf Mal gesagt habe: Meine Herrin will dich nicht sehen und sie besitzt auch sicherlich nicht das, was du von ihr willst.« Finn verschränkte seine Arme, die dick wie Baumstämme waren. »Als ehrliche Bürgerin von Fortuna ist sie –«
Ich hob eine Hand, um ihm weitere Peinlichkeiten zu ersparen. Dieselbe Rede hatte er mir bereits gehalten, aber jeder wusste, wie ehrlich die berüchtigte Diebin wirklich war.
»Uns ist beiden klar, was sie alles verborgen hält. Wenn jemand hat, was ich brauche, dann sie.«
Die Füchsin war bereits in allen Städten Asidias auf Raubzug gegangen und verkaufte Geheimnisse, alte Schriften und vertrauliche Informationen so mühelos wie Edelsteine. An den Tatorten hinterließ sie stets das Symbol einer Klaue, was nicht sonderlich unauffällig war. Aber ich brauchte Informationen … und außerdem mussten wir noch das Gespräch führen, das seit neunzehn Jahren überfällig war.
Ich sah Finn, den über zwei Meter großen 150Kilo schweren Leibwächter, finster an. Er grinste, als wäre er der König aller Diebe und Halsabschneider.
»Egal, was du glaubst«, sagte Finn mit kehliger, rauer Stimme und beugte sich näher heran, »sie wird dir nicht helfen. Sie hat schon genug durchgemacht und du bist eine Komplikation, die sie nicht gebrauchen kann. Ich werde nicht zulassen, dass du ihr noch mehr Schmerzen zufügst.«
Ich würde ihr Schmerzen zufügen?
Wir standen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Sein heißer Atem traf meine Wangen, seine Lippen waren zu einem Knurren verzogen. Ich erkannte diesen Ausdruck in seinem Gesicht nur zu gut wieder, den Beschützerinstinkt. Wie schnell seine Maske gefallen war.
Er mochte sich um die Füchsin sorgen, aber ich würde nicht nachgeben. Ich hatte ebenfalls jemanden, der mir wichtig war.
»Sag der Füchsin, dass ich Fortuna nicht verlassen werde«, warnte ich leise, aber nachdrücklich. Wenn man jemandem drohen wollte, musste man dafür nicht unbedingt die Stimme heben. Das hatte Isiah mir beigebracht. »Entweder sie empfängt mich oder …« Ich trat näher, damit Finn die inzwischen berüchtigten Narben in meinem Gesicht betrachten konnte. »… ich sehe mich gezwungen, ein paar Dinge an die Öffentlichkeit zu bringen, die sie wahrscheinlich lieber geheim halten würde.«
Mich.
Finns Blick zuckte zu der Klinge an meinem Gürtel, als ich zurücktrat.
Es war nicht der Gottestöter. So unvorsichtig, ihn ständig bei mir zu tragen, war ich nicht und als der gute Kommandant, zu dem ich ausgebildet worden war, hatte ich natürlich auch einen Plan B … obwohl er wenig aussichtsreich war. Dennoch trat etwas Schweiß auf die dunkelbraune Stirn des Leibwächters. Vielleicht war er von mir doch nicht so unbeeindruckt, wie ich gedacht hatte.
Seine Nasenflügel blähten sich. »Ich überbringe ihr die Nachricht erneut, aber wenn du versuchst, meiner Herrin in irgendeiner Weise zu schaden, dann bekommst du es mit mir zu tun.« Er war äußerst loyal – eine Seltenheit an diesem Ort. Wie die Füchsin sich eine solche Treue wohl verdient hatte?
Ich starrte ihn noch einen Moment lang an und sah zu, wie ihm ein Schweißtropfen über die Schläfe und die tätowierte Klaue auf seiner rechten Gesichtshälfte hinunterlief.
Das Zeichen der Füchsin. Meiner Mutter.
Ich nickte knapp, obwohl wir beide wussten, dass die Sache längst nicht vorbei war. Dann machte ich auf dem Absatz kehrt und verzog mich ans andere Ende des Schanktisches. Als Finn von einem Mann in einem hässlichen orangefarbenen Mantel abgelenkt wurde, holte ich meine Klinge heraus. Die Theke war mit Kerben und Flecken übersät. Deshalb war ich mir ziemlich sicher, dass niemandem meine Initialen auffallen würden, die ich nun zusammen mit einer schiefen Mondsichel ins Holz ritzte.
Kiara würde sie jedoch erkennen. Sollte ich festgenommen werden, würde sie wissen, dass ich hier gewesen war, und vielleicht würde ich bis dahin ja die Füchsin davon überzeugt haben zu helfen.
Ich steckte meinen Dolch wieder ein und stand auf, bevor der Barmann in meine Richtung schlurfen konnte. Als ich schließlich die Tür nach draußen aufstieß, wappnete ich mich für die Kälte, die meine Wangen nach der Wärme in der Schenke sofort brennen ließ.
Ich verzog das Gesicht und schlug mir meine Kapuze über den Kopf. So schlenderte ich durch die korrupte Unterwelt von Fortuna. Ich hasste diese Stadt, die nach allem stank, was ich an der Menschheit abstoßend fand.
Nicht dass ich überhaupt viele Menschen gemocht hätte.
Die lauten Rufe von Händlern, die ihre Waren anpriesen, hallten aus allen Richtungen über den Hauptplatz. Manche verkauften wirkungslose Arznei für unheilbare Krankheiten, andere verbotene Rauschmittel oder Getränke, die einen in eine Welt fernab der Wirklichkeit versetzten.
Kurz war das tatsächlich sehr verlockend, aber ich musste wachsam bleiben.
Zum Glück schenkten die Kunden mit den finsteren Mienen mir keine Beachtung. Sie hasteten nur in ihren dicken Wollumhängen und mit schweren, gemusterten Tüchern um den Hals vorbei, ihre Gesichter halb verborgen.
Im Gegensatz zu anderen Städten in Asidia steckten hier unter den Mänteln farbenfrohe Kleider und maßgeschneiderte Anzüge aus feinem Brokat und Samt. Die Männer trugen Satinzylinder, die Frauen tiefe Ausschnitte und kurze Röcke. Man zeigte jede Menge Haut und schwelgte in sinnlichen Vergnügungen. Die mit Kohle umrandeten Augen und bemalten Lippen waren schamlos und aufreizend.
Zwar hatte ich nicht vor, an diesem Ort zu bleiben, konnte jedoch nicht leugnen, dass er ein aufregendes Gefühl von Freiheit verströmte, das man in den anderen Regionen des Reiches vermisste. Vermutlich weil Cirian hier noch nicht den Ton angab.
Der Stall, in dem ich eine Box für Sternenlicht gemietet hatte, kam linker Hand in Sicht, und ehe ich mich versah, trugen meine Füße mich dorthin.
Orion, der junge Stallknecht am Eingang, tippte sich bei meiner Ankunft an die rot karierte Mütze. Ich hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, denn ich vertraute dem Burschen nicht. Womöglich würde er mich verraten, um die Belohnung auf meinen Kopf einzuheimsen.
»Sie war heute den ganzen Tag schlecht gelaunt«, beklagte er sich und wischte sich mit einer schmutzigen Hand übers Gesicht, wobei er noch mehr Dreck auf seiner Haut hinterließ. »Keiner der Jungs konnte sie beruhigen.«
Wahrscheinlich vermisste sie Kiara.
Genau wie du, du Narr. Bei dem bloßen Gedanken an sie hämmerte mein Herz heftiger. Aber jetzt blieb keine Zeit für Selbstmitleid.
Orion führte mich hinein und schloss das Tor zum größten Gebäudetrakt des Stalls auf.
Er deutete ungeduldig in Richtung der letzten Box. Zum Dank warf ich ihm eine gestohlene Münze zu. Eigentlich hatte ich niemanden bestehlen wollen, aber ich war verzweifelt gewesen und manche der Mistkerle hatten es verdient gehabt. Ich konnte es wirklich nicht leiden, wenn Leute sich für etwas Besseres hielten und andere schlecht behandelten.
Ein aufgebrachtes Wiehern ertönte aus der Box. Ich spähte nach drinnen und sah, wie Sternenlicht sich aufbäumte. Die enge Unterbringung schien ihr nicht zu gefallen.
»Schhhh, mein Mädchen«, gurrte ich und hob beruhigend die Hände, als ich zu ihr hineintrat. »Ich bin’s doch nur, alte Dame.« Als Sternenlicht den Spitznamen hörte, den Kiara ihr gegeben hatte, stellte sie alle vier Hufe auf dem Boden ab. Dabei verengten sich ihre Augen, als würde sie mich böse anfunkeln.
Sternenlicht war keine gewöhnliche Stute. Diesen Verdacht hatte ich schon, seit sie mich im Nebel gefunden hatte. An ihrem Bauch, wo die maskierten Untoten sie mit einem Pfeil getroffen hatten, war keine Wunde mehr zu sehen gewesen. Eigentlich hätte sie tot sein müssen.
Ich hielt meine Hand an ihre Nüstern und ließ sie daran schnüffeln. Dann strich ich ihr übers Fell. »Es wird nicht mehr lange dauern«, sagte ich. »Sobald...