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Quinn | Der Westen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 688 Seiten

Quinn Der Westen

Eine Erfindung der globalen Welt. 4000 Jahre Geschichte
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-608-12475-0
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Erfindung der globalen Welt. 4000 Jahre Geschichte

E-Book, Deutsch, 688 Seiten

ISBN: 978-3-608-12475-0
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Hervorragend, erfrischend und voller Freuden, dies ist Weltgeschichte vom Feinsten.« Simon Sebag Montefiore Griechenland und Rom gelten als die Begründer der westlichen Zivilisation. Doch die antike Welt war viel stärker miteinander verbunden, als wir es uns vorstellen - ein Ort ständigen Austauschs, Handels und Diebstahls, von Sex, Krieg und Versklavung. Auf einer Reise von der Levante des Jahres 2500 v. Chr. bis zum Beginn des Zeitalters der Entdeckungen erfahren wir, wo die Wurzeln des Westens zu finden sind. Mit tiefgründigen Einblicken und einer fesselnden Erzählweise bietet Josephine Quinn eine neue globale Perspektive auf unsere gemeinsame Vergangenheit. Unsere Sicht auf die Geschichte besagt, dass der Westen auf den Errungenschaften und Werten des antiken Griechenlands und Roms aufgebaut ist, die während des Mittelalters aus Europa verschwanden und dann in der Renaissance wiederentdeckt wurden. Aber was, wenn das nicht stimmt? Von der Bronzezeit bis zum Zeitalter der Entdeckungen enthüllt die Autorin eine neue Erzählung: eine, die die Jahrtausende globaler Begegnungen und Austauschs nachzeichnet, die das formten, was heute als der Westen bezeichnet wird, während sich Gesellschaften trafen, verstrickten und auseinanderwuchsen. Von der Schaffung des Alphabets durch levantinische Arbeiter in Ägypten bis zur Ankunft indischer Zahlen in Europa über die arabische Welt, zeigt Quinn, dass das Verständnis von Gesellschaften in Isolation falsch ist. Es sind Kontakte und Verbindungen, die den historischen Wandel vorantreiben. Menschen, nicht Völker machen die Geschichte.  »Quinn hat viel mehr getan, als das Rad neu zu erfinden. Was wir hier haben, ist ein wahrhaft enzyklopädisches und monumentales Werk über die antike Welt« - The Times  »Eines der faszinierendsten und wichtigsten Werke der Weltgeschichte seit vielen Jahren« - William Dalrymple  »Ein Werk von großer Zuversicht, Empathie, Gelehrsamkeit und Fantasie« - Rory Stewart   »Kühn, wunderschön geschrieben und voller Einsichten ... Außergewöhnlich.« Peter Frankopan »Hervorragend, erfrischend und voller Freuden, dies ist Weltgeschichte vom Feinsten.«  Simon Sebag-Montefiore  »Dies ist in jeder Hinsicht ein großes Buch.« TLS »Ein faszinierender Blick auf die Weltgeschichte aus der breitesten möglichen Perspektive.« - Kirkus Review

 Josephine Quinn ist Professorin für Alte Geschichte an der Universität Cambridge und die erste Frau, die diesen Lehrstuhl innehat. Nach einem Studium in Oxford und an der University of California, Berkeley, lehrte sie in den USA, Italien und Oxford und nahm teil an tunesisch-britischen Ausgrabungen in Utica. Sie schreibt regelmäßig für die London Review of Books.
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Einleitung


Jeden November sitze ich auf dem Sofa in meinem Arbeitszimmer am College, um den Stapel der diesjährigen Aufnahmeanträge durchzusehen, und lese in fast exakt gleichen Worten immer wieder dasselbe: »Ich möchte die Antike studieren, weil Griechenland und Rom die Wurzeln der westlichen Zivilisation sind.«

Mir ist durchaus klar, weshalb einige meiner künftigen Studierenden die Weltgeschichte so sehen. Seriöse Quellen von der Encyclopedia Britannica bis hin zu Wikipedia beschreiben die Herausbildung einer spezifischen, abgegrenzten westlichen Kultur, gestützt auf die Ideen und Werte Griechenlands und Roms, die Europa im finsteren Mittelalter zwar abhandenkamen, aber durch die Renaissance wiederentdeckt wurden. Bisweilen bezieht die Darstellung auch die Länder und Schriften der Bibel mit ein, aber sofern andere antike »Zivilisationen« überhaupt erwähnt werden, dann nur, um von der klassischen Antike in einem unaufhaltsamen Marsch von Geschichte und Kultur in Richtung Westen überholt zu werden.

Die Vorläufer der Griechen und Römer mögen interessant – oder sogar beeindruckend – sein, aber sie gehören nicht zu »uns«. Jeder Beitrag, den sie leisteten, wird von dem Griechenlands und Roms übertroffen, die für alle möglichen positiven Dinge verantwortlich gemacht werden, von der Philosophie und Demokratie bis hin zum Theater und Beton. Die Nachbarn der Griechen und Römer werden ebenso völlig ignoriert wie spätere Begegnungen zwischen Westeuropäern und Völkern, die nördlich, südlich und östlich von ihnen lebten.

Man könnte meinen, dass ich als Professorin der Alten Geschichte dieser Sichtweise zustimmen müsste. Ich habe selbst entdeckt, wie reich und lohnend das Studium des alten Griechenlands und Roms ist; und der Raum, der im Kern der Ideen über den »Westen« den Griechen und Römern vorbehalten ist, zählt auch zu den Gründen, warum es mein Forschungsgebiet überhaupt noch gibt. Aber eine drei Jahrzehnte lange Tätigkeit als Dozentin und Forscherin haben mich überzeugt, dass ein Narrativ, das sich allein auf Griechenland und Rom konzentriert, unsere Sichtweise der Vergangenheit und unser Verständnis der eigenen Welt verarmt. Die wahre Geschichte hinter dem, was heute der Westen genannt wird, ist viel größer und faszinierender.

Zunächst hatten Griechen und Römer bereits eigene Geschichten, die in anderen Orten und älteren Völkern verwurzelt waren. Und sie übernahmen den größten Teil ihrer Ideen und Technologien aus anderen Regionen und passten sie an: niedergeschriebenes Recht und Literatur aus Mesopotamien, Bildhauerei aus Ägypten, Bewässerungssysteme aus Assyrien und das Alphabet aus der Levante. Das war ihnen bewusst, und sie würdigten es.

Den Griechen war auch völlig klar, dass sie das Mittelmeer mit anderen – Karthagern und Etruriern, Iberern und Israeliten – teilten und dass sie am Rand mächtigerer Reiche im Osten lebten. Ihre Legenden verbinden griechische Helden mit den Königinnen, Königen und Gottheiten fremder Länder, realer ebenso wie imaginärer: Phönizier, Phryger, Amazonen. Der Gründungsmythos Roms hingegen machte die Stadt zu einem Zufluchtsort für Geflüchtete, und der römische Dichter Catull kann sich durchaus vorstellen, mit Freunden nach Indien, Arabien, ins Partherreich, nach Ägypten und sogar bis zu »den Briten am Rande der Welt« zu reisen.[1]

Außerdem teilen Griechen und Römer in den seltensten Fällen das, was wir heute westliche Werte nennen. Tatsächlich würde ein großer Teil von dem, was diese Menschen der Antike für selbstverständlich hielten, heute seltsam oder sogar inakzeptabel erscheinen. Die Athener praktizierten eine Demokratie für Männer, welche die Verführung von Knaben begrüßten, während ihre Frauen nichts zu sagen und sich zu verschleiern hatten. Die Römer billigten Sklavenhaltung im großen Stil, und zum Zeitvertreib sahen sie sich öffentliche Hinrichtungen an.

Zu guter Letzt gibt es keinen privilegierten Zusammenhang zwischen den alten Griechen und Römern und dem modernen »Westen«: den Nationalstaaten Westeuropas und deren Siedlerkolonien in Übersee. Die Hauptstadt des Römischen Reiches wurde Mitte des 1. Jahrtausends n. Chr. nach Konstantinopel verlegt und blieb mehr als tausend Jahre dort. Unterdessen kombinierten Muslime die Erkenntnisse der Griechen mit der Wissenschaft aus Persien, Indien und Zentralasien, während neue Technologien um Afrika, Arabien und den Indischen Ozean kursierten und Seefahrer auf nördlichen Meeren und Reiter in der Steppe Waren und Ideen aus China bis nach Irland beförderten.

Das ist die riesige Welt vom Pazifik bis zum Atlantik, welche die aufstrebenden Nationen Westeuropas im 15. Jahrhundert n. Chr. erbten, als sie in eine neue Welt aufbrachen. Diese Jahrtausende der Interaktion sind jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten, übertönt von Ideen aus der Viktorianischen Ära, welche die Welt in – separate und häufig einander feindliche – »Zivilisationen« oder »Kulturen« unterteilten.

Ich möchte eine andere Geschichte erzählen: eine, die nicht im griechisch-römischen Mittelmeerraum beginnt und dann im Italien der Renaissance wieder auftaucht, sondern die Beziehungen zurückverfolgt, durch die sich das, was heute der Westen genannt wird, aus der Bronzezeit bis zum Zeitalter der Entdeckungen entwickelt hat, gerade weil Gesellschaften miteinander in Berührung kamen, sich vermischten und bisweilen wieder auseinanderentwickelten. Allgemeiner ausgedrückt möchte ich dafür plädieren, dass Beziehungen und nicht Kulturkreise den historischen Wandel vorantreiben.

Heutzutage ist die Betrachtung der Welt nach Kulturkreisen so vertraut, dass man sie für eine natürliche Gegebenheit, für ein universales Modell zur Organisation der menschlichen Gesellschaft halten könnte. Dabei sind sie in Wirklichkeit eine relativ junge, europäische Erfindung, Teil eines Phänomens, das ich »kulturalistisches Denken« oder »Denken in Kulturen« nenne.

Bis weit ins 18. Jahrhundert förderte die biblische Überlieferung, dass die ganze Erde von den Söhnen Noahs bevölkert worden sei, nachdem sie die Sintflut überlebt hatten, eine inklusive Herangehensweise an die Vergangenheit: Alle Menschen hatten demnach einen gemeinsamen Ursprung, und sie waren alle Mitglieder der gleichen Familie.[2] Mit der »Entdeckung« der Neuen Welt und der Ausbreitung christlicher Missionare über den ganzen Erdball gelangten faszinierende Erzählungen von neuen Völkern zurück nach Europa, die sorgsam in dieses biblische Schema eingegliedert wurden.[3]

Der Begriff Zivilisation bildete sich in zwei Phasen heraus: als Singular und Plural. Als das Hauptwort im Frankreich der 1750er Jahre zum ersten Mal benutzt wurde, bezeichnete es ein abstraktes Konzept einer fortschrittlichen Gesellschaft.[4] Seit den 1760er Jahren wurde der Begriff von schottischen Philosophen propagiert, die präzise einen Standard der Entwicklungsschritte festlegten, die zu dieser vollen Verwirklichung des menschlichen Potenzials führten, von Jägern zu Schafhirten über Bauern zu Händlern und Fabrikanten.[5] Wie der britische Liberale John Stuart Mill später erklärt, wurde der Fortschritt in Richtung Zivilisation in diesem Sinn gemessen am Vorkommen von Ackerbau, Städten, Industrie, Technologie und Handel:

Was auch immer die charakteristischen Kennzeichen des sogenannten wilden Lebens sein mögen, das Gegenteil derselben oder diejenigen Eigenschaften, welche eine Gesellschaft annimmt, wenn sie jene ablegt, werden wir mit dem Wort Zivilisation bezeichnen. So besteht beispielsweise ein wilder Stamm aus einer Handvoll Individuen, die umherwandern oder auf einem großen Gebiet dünn verstreut leben. Demnach bezeichnen wir eine dichte Bevölkerung, die in festen Wohnsitzen lebt und in großen Massen gesammelt Städte und Dörfer bewohnt, als zivilisiert. Im wilden Leben muss ein jeder für seine eigenen Bedürfnisse sorgen. Wir finden hier keine Kooperation, außer im Krieg und auch dann nur in einem sehr beschränkten Maßstab. Auch finden Wilde im Allgemeinen keinen großen Gefallen am gegenseitigen geselligen Verkehr. Wo also menschliche Wesen in großen Massen vereinigt für gemeinsame Zwecke tätig sind und die Freuden des geselligen Lebens genießen, nennen wir sie zivilisiert.[6]

In diesem singulären Sinn war Zivilisation in der Theorie ein Zustand, den jede menschliche Gesellschaft mit genügend Anstrengung und Bildung anstreben konnte, und alle Gesellschaften ließen sich nach ihrem diesbezüglichen Erfolg einstufen.2 In der Praxis gab Westeuropa...


Quinn, Josephine
Josephine Quinn ist Professorin für Alte Geschichte an der Universität Cambridge und die erste Frau, die diesen Lehrstuhl innehat. Nach einem Studium in Oxford und an der University of California, Berkeley, lehrte sie in den USA, Italien und Oxford und nahm teil an tunesisch-britischen Ausgrabungen in Utica. Sie schreibt regelmäßig für die London Review of Books.

Josephine Quinn ist Professorin für Alte Geschichte an der Universität Cambridge und die erste Frau, die diesen Lehrstuhl innehat. Nach einem Studium in Oxford und an der University of California, Berkeley, lehrte sie in den USA, Italien und Oxford und nahm teil an tunesisch-britischen Ausgrabungen in Utica. Sie schreibt regelmäßig für die London Review of Books.

Josephine Quinn ist Professorin für Alte Geschichte an der Universität Cambridge und die erste Frau, die diesen Lehrstuhl innehat. Nach einem Studium in Oxford und an der University of California, Berkeley, lehrte sie in den USA, Italien und Oxford und nahm teil an tunesisch-britischen Ausgrabungen in Utica. Sie schreibt regelmäßig für die London Review of Books.



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