E-Book, Deutsch, Band 2, 288 Seiten
Reihe: Modermoor Castle
Priestley Modermoor Castle 2 – Die Retter des vergessenen Schatzes
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7336-5118-3
Verlag: Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 288 Seiten
Reihe: Modermoor Castle
ISBN: 978-3-7336-5118-3
Verlag: Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Chris Priestley wurde geboren und alterte. Er hat an unterschiedlichen Orten über unterschiedlich lange Zeiträume gelebt. Er mag Toast und betrachtet gerne Dinge. Aller Versuche ihn zu stoppen zum Trotz hat er dieses Buch geschrieben und illustriert. Die entsprechenden Behörden wurden alarmiert.
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Mr Luckless wird zu Rate gezogen
A ls die Jungs zu Mr Luckless kamen, starrte er ins Nichts, wie so oft, seit er Miss Livia zurück in die Römerzeit gebracht hatte. Sie hatten mehrere Male an die Klassenzimmertür klopfen müssen, bis er offenbar aus seiner Trance erwacht war und »Herein!« gerufen hatte.
»Aha, Jungs«, sagte er und winkte sie zu sich. »Wie schön, euch zu sehen. Seid ihr gekommen, weil ihr eure Hausaufgaben schon vor dem angesetzten Termin abgeben wollt?«
Die Freunde schauten sich verdutzt an.
»Ähm … nein, Sir«, sagte Sponge. »Wir wollten Sie ein wenig ausfragen.«
»Nur zu, Jungs. Schießt los!«
»Wir sind gekommen, um mit Ihnen über Greenbeard den Piraten zu sprechen.«
Mr Luckless lächelte.
»Dann hat sich dein Vater also dazu durchgerungen, es dir doch zu erzählen, Mufford«, sagte er. »Das freut mich.«
»Mein Vater, Sir?«, fragte Mufford. »Warum sollte mein Vater etwas über diesen Seeräuber wissen? Er geht selten aus dem Haus, höchstens mal zum Ende des Gartens, um sich dort auszuseufzen.«
»Das verstehe ich nicht«, erwiderte Mr Luckless. »Wenn er dir nicht von euren familiären Beziehungen zu Greenbeard erzählt hat, warum seid ihr dann hier?«
»Was für familiäre Beziehungen, Sir?«, fragte Mufford.
»Greenbeard war ein Mufford, Mufford!«
Die beiden Jungs schnappten vor Überraschung nach Luft und blickten einander vielsagend an.
»Das Bild im Buch über die Seeräuberei!«, rief Sponge.
Mufford riss die Augen auf und nickte.
»Du liebes bisschen«, sagte Mr Luckless. »Das tut mir leid. Vielleicht hätte ich es nicht erwähnen sollen. Einen berüchtigten Freibeuter in der Familie zu haben muss ein schrecklicher Schock für dich sein, Mufford.«
»Nein, mitnichten.« Mufford lächelte. »Ganz im Gegenteil. Es ist etwas Besonderes. Man stelle es sich doch nur mal vor! Ein Mufford, der interessant ist.«
» ein Mufford, der interessant ist«, sagte der getreue Sponge.
Mufford lächelte und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter.
»Dank dir, Sponge. – Allerdings kamen die Muffords immer aus Berkshire. Wieso ist dieser Unglückliche hier oben gelandet?«
»Offenbar haben die Muffords schwere Zeiten durchlebt, und ein Zweig der Familie sah sich gezwungen, hier im Norden nach Arbeit zu suchen«, sagte Mr Luckless.
»Ich verstehe es trotzdem nicht«, sagte Sponge. »Wie ist denn dieser Mufford-Ahne ein derart ungepflegter Pirat geworden, und was hat das mit Modermoor Castle zu tun?«
Mr Luckless verhakte die Daumen in seiner Robe und schaute sie über seine Brille hinweg an.
»Ja, das ist eine lange Geschichte …« Er hob eine Braue.
»Sir?«, hakte Mufford nach, als mehrere Minuten verstrichen waren.
»Würdet ihr sie gern hören?«
»Wenn Sie nichts dagegen haben«, erwiderte Sponge.
»Nun denn. Vor zweihundert Jahren lebte hier im Modermoor Castle Lord Mandragora Modermoor. Nach mannigfachen Enttäuschungen meinte er, er müsse sein Glück auf dem Meer suchen. Er übergab die Leitung Modermoor Castles und der Anlagen seinen Dienern und steckte sein ganzes Bargeld in den Kauf eines Schiffs. Ich habe gesagt ›seinen Dienern‹, aber nicht allen. Einen jungen Dienstburschen nahm er nämlich mit. Und dieser junge Bursche war dein Vorfahre, Mufford. Er hieß Aubrey Mufford. Und sollte eines Tages auf den sieben Weltmeeren als Pirat Greenbeard berüchtigt werden.«
»Ich fass es nicht, dass man mir das nie erzählt hat«, sagte Mufford aufgeregt.
»Ja, aber ich habe es auch erst kürzlich in den Archiven von Modermoor Castle entdeckt. Ich habe für die zweite Auflage des Buches noch einmal recherchiert und dann ganz begeistert deinem Vater von meinem Fund geschrieben. Er allerdings bestand nachdrücklich darauf, dass ich weder dir noch jemand anderem davon erzähle. Da ihr jetzt zu mir gekommen seid, dachte ich, dass er sich eines anderen besonnen und dich informiert hat.«
Mufford runzelte die Stirn.
»Warum will mein Vater, dass ich nichts davon erfahre?«
»Ich glaube, er hat sich geschämt, Mufford«, meinte Mr Luckless. »Es war ihm peinlich. Ich habe ihm zwar gesagt, dazu bestehe keinerlei Grund, doch er ließ sich nicht überzeugen. Ich persönlich finde es sehr spannend und freue mich, dass du nun Bescheid weißt. Aber lass dir bitte nichts anmerken, sonst veranlasst er noch, dass ich meine Stelle verliere.«
Mufford nickte.
»Ich kann schweigen wie ein Grab.«
Mr Luckless lächelte.
»Ich weiß. Und wir haben ja auch schon einige Geheimnisse zusammen, stimmt’s?«
»Das will ich meinen«, erwiderte Mufford. »Wenn sich das auch in Zukunft wohl ändern wird.«
Mr Luckless schaute ihn fragend an. »Wie das?«
»Also, Sir«, schaltete Sponge sich ein. »Tatsache ist, dass der Direktor uns gesagt hat, er glaubt, die Schule steht vor dem Ende.«
»Dem Ende?« Mr Luckless schaute sich um. »Doch hoffentlich keinem schlimmen?«
»Anscheinend will der Schulbeirat die Schule schließen, Sir«, sagte Mufford. »Weil das Gebäude in höchstem Maße baufällig ist und der Beiratsvorsitzende seine eigenen Gründe hat. Hat Ihnen der Direktor das nicht gesagt?«
»Leider, leider sieht unser geschätzter Direktor es nicht immer als notwendig an, dem Lehrerkollegium und den übrigen Angestellten alles mitzuteilen. Ja, überhaupt etwas mitzuteilen.«
»Bestimmt, weil er sich schuldig fühlt, Sir«, sagte Sponge.
»Wieso das denn?«
»Er hatte das Geld für die Renovierungsarbeiten beisammen und hat es verloren, Sir«, sagte Mufford.
»Verloren?« Mr Luckless zog die Stirn in Falten. »Das klingt aber sehr unverantwortlich. Was ist passiert?«
»Er hat es Pastor Brimstone zur Aufbewahrung gegeben«, sagte Sponge. »Und der hat es in seinem Sessel versteckt.«
Mr Luckless zog eine Augenbraue hoch und wurde einen Hauch bleicher.
»In seinem Sessel? Dem Sessel, der …?«
»Ja«, sagte Sponge.
»Dem, der …?«
»So ist es«, sagte Mufford.
»Dann ist das Geld also jetzt …?«
»Ja, ist es«, sagte Mufford.
»In gewisser Weise ist es also …?«
»… Mr Particles Schuld!«, sagte Mufford entschieden. »Ja, wahrscheinlich. Obwohl es unfair ist, ihm das vorzuwerfen, weil er nicht mehr unter uns weilt und sich nicht mehr verteidigen kann, Sir.«
Kurze Zeit sprach niemand.
»Ich werde diese Schule vermissen, wenn ich woanders unterrichten muss«, sagte Mr Luckless. »Ich weiß, dass das seltsam klingt. Denn in so vieler Hinsicht ist sie grauenhaft.«
»Ach, Sir, das haben Mufford und ich auch schon gesagt.«
»Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir das überleben«, meinte Mr Luckless. »Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, mal mit ein paar Erinnerungen abzuschließen und sich in neue Abenteuer zu stürzen.«
Eine Weile lang saßen die beiden Jungs und ihr Lehrer still da und dachten über all das nach, was gewesen war, und über all das, was die Zukunft bringen mochte. Nachdem sie gleichzeitig aufgestöhnt hatten, brach Mufford als Erster das Schweigen.
»Ach, ich wünschte, ich hätte Greenbeards Schatz. Dann könnte alles beim Alten bleiben. Ich könnte die Schule retten und hätte noch ein bisschen Geld für Kekse und alles Mögliche andere übrig.«
» Kekse«, korrigierte Sponge ihn erbost.
Mufford überhörte es erfolgreich.
»Sponge hat sogar einen Hinweis auf den Verbleib des Schatzes gesehen. Auf dem Flaschenschiff im Büro des Direktors. Aber Sponge hat einen Schlag aufs Gehirnkästchen gekriegt und es glatt vergessen.«
»Der Schatz wurde aber an einem Ort vergraben, den keiner mehr kennt, nicht wahr?«, sagte Mr Luckless. »Auf der Insel Rodom Orme? Freilich ist diese Information vollkommen nutzlos, weil niemand weiß, wo die Insel ist oder war. Unter Umständen kostet es mehr, dorthin zu reisen, als der Schatz wert ist.«
Wieder erklang ein gemeinsamer Seufzer, und alle ließen die Köpfe hängen.
»Es ist aber trotzdem ein komischer Zufall, meinen Sie nicht auch, Sir?«, sagte Sponge nach einer Weile.
»Was ist ein komischer Zufall, Master Spongely-Partwork?«, fragte Mr Luckless.
»Dass der Name der Insel Rodom Orme ein Anagramm von Modermoor ist«, erwiderte Sponge.
Mufford und der Lehrer starrten ihn an. Dass Sponge plötzlich eine solche gedankliche Beweglichkeit bewies, war ja, als spielte eine Katze Cembalo.
Sponge bemerkte ihre Überraschung. »Ach, für Anagramme hab ich ein Händchen weg«, erklärte er seinen Geistesblitz. »In den Ferien helfe ich Tante Bernard oft bei ihren Zeitungsrätseln.«
Mufford schüttelte staunend den Kopf.
»Aber ist dir klar, was das bedeutet?«, sagte Mr Luckless. »Vielleicht hat Greenbeard seinen Schatz überhaupt nicht auf einer fernen Insel vergraben. Vielleicht hat er ihn mit zurück nach Modermoor Castle gebracht und hier verscharrt.«
»Aber wo, Sir?«, meinte Mufford. »Ohne dass wir den Hinweis kennen, den Sponge gesehen hat, hilft uns diese Vermutung nicht sonderlich weiter.«
Mr Luckless sank auf seinem Stuhl zusammen.
»Du hast natürlich recht. Wir könnten jahrelang suchen und ihn trotzdem nie finden. Eigentlich ist der Gedanke sogar schlimmer, dass er sich uns...