Pribitzer / Straßer / Gleichmar | Mystische Orte unter der Erde | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

Pribitzer / Straßer / Gleichmar Mystische Orte unter der Erde


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-98528-027-8
Verlag: Shadodex - Verlag der Schatten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

ISBN: 978-3-98528-027-8
Verlag: Shadodex - Verlag der Schatten
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Verlassen liegen sie da.
Niemand hat sie seit Jahren betreten.

Es gibt sie überall auf der Welt: verlassene, verschüttete, vergessene Orte unter der Erde. Doch was ist geschehen, weil die Tunnel, Bunker oder Keller nicht mehr genutzt werden, die Höhlen gesperrt wurden – ihre Lage verschleiert, in den Unterlagen ausradiert, damit sie niemand finden kann? Warum wurde der Deckmantel des Schweigens über diese Orte geworfen? Was ist dort vorgefallen? Und wieso werden manche dieser Orte sogar gemieden?

Neugierig geworden?

Dann folgt uns einfach und betretet die besagten Höhlen, Bunker, Bergwerke und Keller. Lasst euch überraschen, welche mystischen Geheimnisse die Geschichten aufdecken werden.

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Marcus Straßer: Unersättlich


Das Haus ist alt.

Mehr weiß ich nicht darüber.

Ich brauche einen Ort, um allein zu sein.

Daher stellte ich keine Fragen.

Der stille, dürre Mann, der mir die Wohnung übergab, wunderte mich daher auch nicht. Wundern braucht wohl Interesse. Wenn ich jetzt an ihn denke, dann sehe ich nur noch das bleiche Gesicht und die runde Brille aus schlecht gebogenem Metall.

Er führte mich kurz durch die Wohnung, die wenigen Zimmer. Er schien es nicht für notwendig zu halten, sich zu entschuldigen für die abgewetzten Holzmöbel, die vielen Lagen Tapete, die sich an einigen Stellen bereits wie die Seiten eines Buches von den Wänden schälten, die farblosen, abgetretenen Teppiche, die blassen Lampen an den grauen Decken oder das zerbrochene Fenster in der finsteren Abstellkammer.

Es ist still und sauber. Mehr brauche ich nicht. Daher keine Fragen.

Ich will allein sein.

In den drei Wochen, in denen ich nun bereits hier wohne, habe ich noch keinen Nachbarn gesehen, keine Zimmer außer den meinen. Ich bin nicht einmal neugierig die breite Treppe in die oberen Stockwerke gestiegen, die sicher auch zu den kantigen Eckbauten führt, die wie kleine Türme aus dem Hauptgebäude herausragen.

Kein Mensch. Kein Ton. Nichts.

Ich sehe das Licht in den Fenstern der Nachbarn, wenn ich abends nach Hause komme, manchmal sehe ich träge Silhouetten hin und her gehen, aber mehr nicht.

Gut.

Ich brauche Ruhe. Es spielt keine Rolle warum. Diese Schuld ist nicht Teil dieser Geschichte.

Und so liege ich oft in dem zu kleinen Bett, starre an die Decke und versuche in angenehm lähmender Langeweile in den Flecken und Schatten, die Zigarettenrauch und Zeit hinterlassen haben, Bilder zu erkennen.

Oder ich gehe zwischen Wohnzimmer und Küche auf und ab, von einem Fenster zum anderen. Lausche meinen Schritten auf den alten Holzdielen und werfe einen Blick aus den Fenstern. Vom Wohnzimmer hinaus in einen weiten Garten, der schon vor langer Zeit der Natur zurückgegeben worden war. Von der Küche hinaus auf die Straße. Der Garten ist immer gleich, die Straße immer anders. Die Straße lenkt mich ab. Also gehe ich hin und her. Vorbei an der dunklen Kommode aus alter Eiche, voll mit belanglosen Bildern und kleinen Figuren. Dem Tisch und den drei Stühlen, von denen keiner dem anderen gleicht, ohne Frage willkürlich auf einem billigen Antikmarkt erstanden. Vorbei an dem alten, grünen Sessel mit den abgewetzten Stofflehnen. Dem zu hohen Notenständer ohne Instrument. Ich frage mich, wer hier zuletzt musiziert hat. Oder ob es überhaupt jemals jemanden gab.

Dann zurück ins Bett.

Ich will heute noch einmal die Flecken an der Decke zählen.

Es kommt jedes Mal eine andere Zahl heraus. Ob jemand nachts heimlich neue Flecken hinzumalt?

Natürlich weiß ich, dass das Unsinn ist.

Und so liege ich auch heute hier.

Dreiundvierzig.

Ganz sicher.

In dem Moment höre ich das Knacken.

Es ist kein richtiges Knacken, eher ein Knistern.

Ich habe zuvor in meinem Bett noch nie etwas gehört. Die Straße ist weit weg und die Nachbarn geben keinen Laut von sich. Wenn ich hier liege und nach oben starre, dann ist es vollkommen still.

Daher weiß ich, dass das Knistern neu ist. Nicht von draußen, nicht von oben oder unten. Es muss hier aus der Wohnung kommen.

Aber woher?

Da!

Wieder.

Ich rolle mich aus dem Bett, versuche keinen Laut zu machen, damit ich das Geräusch nicht störe.

Wie ein Tier, das seine Beute aufspürt, schleiche ich durch die Zimmer.

Hinten.

Ganz sicher.

Aus der Kammer.

Ich war noch nie dort. Das Fenster ist zerbrochen und es ist immer kalt. Ich habe nicht genügend Dinge mit hierher genommen, also brauche ich das Zimmer nicht.

Ich öffne die schmale Tür, und das Knistern wird lauter.

Unten. Im Schrank.

Ohne Vorwarnung wird mir plötzlich bewusst, wo ich bin, ich sehe das Grinsen des Mannes mit der Brille, ich sehe die Schatten der Nachbarn in den Fenstern.

Sollte ich Angst haben? Vor einem Geräusch?

Unsinn.

Ich schüttle den Kopf und öffne den Schrank.

Dort liegen so viele Dinge, dass ich zunächst nicht begreife, welches davon das Geräusch von sich gibt.

Ich sehe alte Aschenbecher, Holzschalen, Gläser, Bücher, leere Bilderrahmen, ein verrostetes Fernglas, eine große Taschenlampe, kleine Schachfiguren und Fotos. Unzählige alte Fotos in Schwarz-Weiß, die in Schachteln und wild im Schrank verteilt liegen.

Da, wieder das Geräusch.

Es kommt aus einem schmalen Behälter, kaum größer als ein kleiner Rucksack. Ich überlege für einen erschrockenen Moment, ob es eine Bombe sein könne, aber das erscheint mir dann doch nur lächerlich und unwahrscheinlich.

Ich ziehe den Behälter vorsichtig aus dem Schrank.

Ich kann den oberen Teil umklappen und ihn öffnen.

Darin ist ein Telefon, ein uralter, riesiger Telefonhörer.

Bilder aus einem lange zurückliegenden Geschichtsunterricht blitzen kurz auf, aber ich kann sie nicht richtig zuordnen.

Da, wieder das Geräusch, jetzt lauter. Der Deckel ist geöffnet.

Das Telefon schellt.

So belanglos also ist die Lösung.

Soll ich abheben? Für einen Moment schaue ich mich um. Erlaubt sich hier jemand einen Scherz? Steht hinter einem der Fenster eine Gruppe kleiner Kinder, die in diesem Moment kichernd beobachten, was ich wohl als Nächstes tun werde?

So muss es sein.

Ich beschließe, das Spiel mitzuspielen. Vermutlich nur zunächst. Gerade jetzt erscheint es mir angenehmer als die Flecken an der Decke.

Ich hebe den Hörer ab und halte ihn mir vorsichtig an mein Ohr.

»Hallo?«

Aber da ist nur Rauschen.

»Hallo?«

Was sollte ich sonst auch sagen?

Dann plötzlich ein Stolpern, ein kurzes, knallendes Geräusch und schließlich lautes Atmen.

Ich halte den Hörer von mir weg, als hätte ich Sorge, dass gleich etwas aus ihm zu mir heraus fallen könnte.

»Ist … ist da jemand? Bitte … jemand?«

Die Stimme klingt kratzig und zu hoch und es fehlen Worte. Ich habe keine Ahnung, ob es eine Frau oder ein Mann ist. Wenn das ein Streich kleiner Kinder ist, dann bin ich beeindruckt.

Ich halte den Hörer wieder an mein Ohr.

»Ja, hier ist jemand, also ich habe dieses Telefon und ich kann Sie hören.«

Wieder ein Klappern.

»Dieses verdammte Kabel. Bitte gehen Sie nicht weg.«

»Warum sollte ich weggehen?«

Die Antwort ist nur ein Schluchzen.

Nichts sonst.

»Hören Sie, wo sind Sie? Was ist das hier? Dieses Telefon, es ist …«

»Ich bin hier unten … unten.«

»Unten?«

Wieder Tränen.

»Bitte, ist das ein Scherz? Ich finde es ziemlich übertrieben für einen …«

»Nein … kein Scherz. Nein, nein, nein, bitte gehen Sie nicht weg.«

»Ich gehe nicht weg.«

»Ich glaube, mein Bein ist gebrochen. Es schmerzt so sehr. Ich komme hier nicht raus. Ich sollte hier gar nicht sein, aber ich …«

Rauschen.

»Langsam, wo genau sind Sie?«

»… unten.«

Ich spüre Frust und überlege, ob ich nicht doch einfach auflegen solle.

»Wo ist unten?«

»Unter dem Haus.«

»Dem Haus? Diesem Haus? Dem Haus, in dem ich wohne?«

»Ja, bitte, Sie müssen mir helfen. … kann nicht …«

»Nein, nein, ich muss gar nichts.«

»Sie müssen hier herunterkommen. Bitte. Ich kann sonst niemanden erreichen. Ich habe nur dieses Telefon.«

»Das ist absurd. Ich denke, es ist jetzt genug. Ich bin hier, um Ruhe zu haben. Das war so nicht vereinbart. Niemand hat mir gesagt, dass in dieser Wohnung ein uraltes Telefon liegen würde. Also entweder ist das ein ausgesprochen schlechter Scherz oder etwas, das mich nichts angeht.«

Ich knalle den Telefonhörer heftiger zurück, als ich es beabsichtigt hatte.

Dann gehe ich.

Vorbei am Fenster zur Straße.

Der Boden knarzt.

Zum ersten Mal setze ich mich in den verschlissenen Sessel.

Er ist unerwartet bequem.

Meine Finger ertasten den verbrauchten Stoff der ruinierten Armlehnen, während ich versuche an nichts zu denken.

Nichts.

Knistern.

Wieder.

Warum bin ich nicht zurück zum Bett?

Ich spüre dünne Fasern und ich habe Angst, dass allein meine Berührung ausreicht, um sie herauszuziehen.

Knistern hinter der Tür.

Es fühlt sich an wie feinster Sand zwischen den Fäden. Uralter, ungestörter Staub.

Aber darum geht es natürlich nicht.

Ich reiße mich in die Höhe.

Zurück in die Kammer. Zurück zum Telefon. Zurück zum Hörer.

»Was erwarten Sie?«

»Danke.«

»Nein, kein Danke. Was soll ich tun? Wie kann ich … helfen?«

»Sie müssen mich finden.«

»Warum sind Sie überhaupt …«

»… holen. Hier unten.«

»Ja. Unten. Wo ist unten? Im Keller? Ist das alles? Sie liegen mit einem gebrochenen Bein im verdammten Keller?«

Ich sollte nicht fluchen.

Zum ersten Mal so etwas wie ein dünnes, bitteres Lachen aus dem Hörer.

»Nein. Nicht im Keller. Weiter. Viel weiter. Ich …«

Rauschen.

»Hallo?«

»Ich kann es nicht beschreiben. … spielt es auch keine Rolle. Bitte helfen Sie mir. Ich brauche nur jemanden, der … oben …«

Irgendetwas erscheint nicht richtig.

»Warum können...



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