Pratchett | Die Krone des Schäfers | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Pratchett Die Krone des Schäfers

Ein Märchen von der Scheibenwelt
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-641-18311-0
Verlag: Manhattan
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Märchen von der Scheibenwelt

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-18311-0
Verlag: Manhattan
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Noch einmal tut sich Großes auf der Scheibenwelt …

Tiffany Weh, die junge Hexe aus dem Kreideland, musste einige beeindruckende Gegner bezwingen und viele Prüfungen bestehen, bevor die anderen, erwachsenen Hexen der Scheibe sie als eine der Ihren akzeptierten. Nun ist die sie die offizielle Hexe ihrer Heimat, stolz und glücklich – und steht doch vor ihrer bisher größten Herausforderung. Denn tief im Kreideland rührt sich etwas: Ein alter Feind sammelt neue Kraft. Und nicht nur hier, auf der ganzen Scheibenwelt hat eine Zeit der Umbrüche begonnen. Grenzen verschwimmen, Allianzen verschieben sich, neue Mächte entstehen. Tiffany muss wählen zwischen Licht und Dunkelheit, zwischen Gut und Böse. Als sich eine gewaltige Invasion ankündigt, ruft Tiffany die Hexengemeinde auf, ihr beizustehen. Denn der Tag der Abrechnung rückt näher ...

Terry Pratchett, geboren 1948, schrieb 1983 seinen ersten Scheibenwelt-Roman – ein großer Schritt auf seinem Weg, einer der erfolgreichsten Autoren Großbritanniens und einer der populärsten Fantasy-Autoren der Welt zu werden. Von Pratchetts Romanen wurden weltweit 85 Millionen Exemplare verkauft, seine Werke sind in 40 Sprachen übersetzt. Für seine Verdienste um die englische Literatur verlieh ihm Queen Elizabeth sogar die Ritterwürde. Terry Pratchett starb am 12.3.2015 im Alter von 66 Jahren.
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2
Eine Stimme in der Dunkelheit

Ein Tag, wie er schöner wirklich nicht hätte sein können. Oma Wetterwachs war die ganze Nacht auf gewesen und hatte Diele und Küche geputzt, bis alles blitzte, was überhaupt nur blitzen konnte. Jetzt waren der Herd gescheuert, der Fleckenteppich ausgeschüttelt, der Fußboden geschrubbt.

Sie stieg die kleine gewendelte Treppe hinauf und nahm sich als Nächstes das Schlafzimmer vor. In diesem Jahr war ihr die Seife8 besonders gut gelungen, und es dauerte nicht lange, bis der Krug und die Waschschüssel neben dem Bett vor Sauberkeit glänzten. Die Spinnen, die ihre Zimmerecken bis zum Jüngsten Tag gepachtet zu haben glaubten, wurden samt ihren Netzen vorsichtig zum Fenster hinauskomplimentiert. Sogar die Matratze sah einladend aus. Hin und wieder schaute die Katze Du herein, um zu sehen, was hier oben vor sich ging, und rollte sich auf der bunten Steppdecke zusammen, die aussah, als wäre jemand auf eine riesige Schildkröte getreten.

Anschließend putzte Oma Wetterwachs sicherheitshalber noch einmal die Toilette, keine schöne Aufgabe für so einen herrlichen Tag. Aber Esmeralda Wetterwachs war in solchen Dingen äußerst gewissenhaft, und schon zeitigten ihre Bemühungen strahlende, ja geradezu blendende Erfolge.

Die Katze verfolgte ihr Tun mit höchster Aufmerksamkeit. Du spürte, dass heute ein besonderer Tag war. Ein Tag, wie sie ihn noch nie erspürt hatte. Ein Tag, der so ausgefüllt war, als wäre er der Letzte.

Nachdem Oma Wetterwachs alle anderen Zimmer auf Vordermann gebracht hatte, folgte Du ihr in die Spülküche. Einen Eimer Wasser aus der Pumpe, mehr brauchte es hier nicht. Die alte Hexe lächelte. Sie mochte diesen Raum ganz besonders. Er roch nach harter, ehrlicher Arbeit. Die Spinnen, die hier hausten, meist hinter den Flaschen und Gläsern auf den Regalen versteckt, störten Oma Wetterwachs nicht weiter. Leben und leben lassen.

Alsdann sah sie nach den Ziegen, die auf der von einer Mauer umgebenen Koppel hinter dem Häuschen weideten. Auch dort vermeldete ihr innerer Fahrplan, dass alles in bester Ordnung war.

Zufrieden – das heißt, so zufrieden, wie eine Hexe überhaupt sein konnte – ging Oma Wetterwachs zu den Bienenkörben.

»Ihr seid meine Bienen«, sagte sie, »ich danke euch. Ihr habt mich jahrelang mit Honig versorgt. Nehmt es euch nicht so zu Herzen, aber ihr müsst euch jetzt an ein anderes Gesicht gewöhnen. Bitte gebt ihr genauso viel Honig wie mir. Und jetzt werde ich ein letztes Mal mit euch tanzen.« Doch die Bienen summten leise und tanzten stattdessen für sie. Sachte schoben sie den Geist der alten Hexe aus ihrem Korb. Und sie sagte: »Bei unserem letzten Tanz war ich noch jünger. Jetzt bin ich alt. Ich werde nie mehr tanzen.«

Die weiße Katze Du, die den Bienen lieber nicht zu nahe kam, stakste durch den Kräutergarten hinter Oma Wetterwachs her, die im Vorbeigehen hier einen Farnwedel und da ein Blatt berührte. Der ganze Garten schien ihr zu antworten, und es war, als verneigten sich die Pflanzen vor ihr.

Du kniff missbilligend die Augen zusammen und sah das Grünzeug schief von der Seite an. Da sich die Kräuter oft auch dann bewegten, wenn kein Wind ging, hätte ein unbeteiligter Betrachter geschworen, dass es sich bei ihnen um intelligente Wesen handelte. Zum abgrundtiefen Entsetzen der Katze hatten sich Omas Pflanzen mindestens einmal tatsächlich nach ihr umgedreht, als sie auf einem Jagdausflug an ihnen vorbeigepirscht war. Sie bevorzugte Pflanzen, die taten, was man ihnen sagte. Pflanzen, die nicht herumhampelten, damit sie in Ruhe weiterdösen konnte. Hinter den Kräutern wuchs der Apfelbaum, den Oma Wetterwachs im vergangenen Jahr von der alten Frau Parsons geschenkt bekommen hatte, und zwar dort, wo bei jedem anderen Menschen ein Zaun gestanden hätte. Der Garten eines Hexenhäuschens brauchte weder Zaun noch Mauer. Wer hätte schon gewagt, es sich mit einer Hexe zu verderben? Mit der bösen alten Hexe aus dem Wald? Für eine Hexe ohne das Talent zum Zaunbau konnten Märchen sehr nützlich sein. Oma Wetterwachs besah sich die Fruchtansätze an den Ästen – die winzigen Äpfelchen bildeten sich gerade erst heraus, und … Nun, es war an der Zeit. Sie kehrte zum Haus zurück und grüßte unterwegs jede Wurzel, jeden Stängel, jede Frucht.

Sie fütterte die Ziegen, deren schlitzäugige Blicke ihr bis zu den Hühnern folgten. Das Federvieh, das sich sonst immer um die Körner kabbelte, pickte heute friedlich vor sich hin und sah die alte Hexe an, als wäre sie gar nicht da.

Nachdem die Tiere versorgt waren, holte Oma Wetterwachs ein Bündel Weidenruten aus der Spülküche und machte sich ans Werk. Sie flocht die biegsamen Zweige zusammen, bis das Gebilde die gewünschte zweckmäßige Form hatte, und stellte es am Fuß der Treppe auf, damit man es gleich sah. So man denn Augen im Kopf hatte.

Sie brachte die Reste ihrer Bastelarbeit in die Spülküche und kam mit einem kleinen Beutel wieder heraus. Er war weiß. In der anderen Hand hielt sie ein zusammengerolltes rotes Stoffband. Sie sah zum Himmel. Die Zeit lief ab. Zügigen Schrittes stapfte sie in den Wald; Du heftete sich an ihre Fersen, so neugierig, wie es eine Katze nur sein kann – zumindest, solange sie ihre ersten acht Leben noch nicht aufgebraucht hat. Als Oma Wetterwachs erledigt hatte, was noch zu erledigen war, ging sie ein Stück weit zurück durch den Wald, bis sie zu einem gluckernden, plätschernden Bach kam.

Sie kannte die Wälder. Jeden Stamm. Jeden Ast. Jedes Tier. So gut, wie nur eine Hexe sie kennen konnte. Als sie sich mithilfe ihrer Nase vergewissert hatte, dass Du das einzige Lebewesen weit und breit war, band sie den Beutel auf, entnahm ihm ein Stück Seife und zog sich aus.

Sie watete ins Wasser und wusch sich gründlich vom Kopf bis zu den Füßen. Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, legte sie lediglich ihren Umhang wieder um und begab sich nach Hause. Dort gab sie Du eine Extraportion Futter, kraulte ihr den Kopf und stieg, eine alte Totenklage summend, die knarrende Treppe hinauf.

Im Schlafzimmer bürstete Esmeralda Wetterwachs ihr langes graues Haar, steckte es mit einer Unzahl Klemmen zum üblichen Knoten fest und zog saubere Sachen an – ihr bestes Hexenkleid und den am wenigsten geflickten Schlüpfer. Sie öffnete das kleine Fenster, um die laue Abendluft hereinzulassen, und legte mit Bedacht zwei Pennymünzen auf das Nachttischchen, neben ihren spitzen Hexenhut, der mit Hutnadeln gespickt war.

Ganz zuletzt, bevor sie sich hinlegte, griff sie nach ihrem altgedienten Pappschild, auf das sie am Nachmittag noch etwas dazugeschrieben hatte.

Als wenig später Du aufs Bett sprang, kam es ihr so vor, als ob etwas Seltsames vor sich ginge. Eine Eule rief, und irgendwo im Dunkeln heulte ein Fuchs.

Nur die Katze war noch da. Allein.

Aber wenn Katzen lächeln könnten, dann lächelte Du.

Es war eine sonderbare Nacht, die Eulen riefen fast ohne Unterlass, und der Wind, der um das Haus pfiff, ließ die Kerzendochte wackeln, bis die Flammen erloschen. Aber Oma Wetterwachs in ihrem Sonntagsstaat war für alles bereit.

Und im warmen, tiefsten Dunkel der Nacht, als bereits auf leisen Sohlen die Dämmerung herankroch, bekam ihre Seele Besuch, eine Gestalt mit einer Sense, deren Blatt so schattendünn war, dass sie eine Seele vom Körper trennen konnte.

Und das Dunkel sprach.

ESMERALDA WETTERWACHS, DU WEISST, WER HIER KOMMT, UND ICH MÖCHTE SAGEN, ES IST MIR EINE EHRE, DICH ABZUHOLEN.

»Ich weiß, dass Ihr es seid, Herr Tod. Schließlich wissen wir Hexen immer, was kommt.« Oma Wetterwachs blickte auf ihren im Bett liegenden Körper hinunter.

Der Besucher war kein Fremder für sie; im Laufe der Jahre hatte sie vielen Menschen den Weg in das Land geebnet, in das nun auch sie gehen würde. Denn eine Hexe steht am Rand, zwischen Licht und Dunkel, Leben und Tod. Sie beschließt, sie entscheidet, damit andere sich vormachen können, eine Entscheidung wäre gar nicht nötig gewesen. Manchmal muss eine Hexe eine arme Seele in den letzten Stunden bei der Hand nehmen, ihr helfen, die Tür zu finden und sich im Dunkeln nicht zu verirren.

Und Oma Wetterwachs war sehr, sehr lange Hexe gewesen.

WIE OFT SIND WIR UNS SCHON BEGEGNET, ESMERALDA WETTERWACHS.

»Unzählige Male, Herr Sensenmann. Und jetzt habt Ihr mich schließlich doch noch erwischt, alter Halunke. Ich habe mein Leben gelebt, keine Frage. Ich hab mich nie vorgedrängt, hab mich nie beklagt.«

ICH HABE DEINE ENTWICKLUNG MIT INTERESSE VERFOLGT, ESMERALDA WETTERWACHS, sagte die Stimme, ernst, jedoch überaus höflich. Aber nun nahm sie einen fragenden Ton an. VERRATE MIR DOCH, WARUM DU DICH DAMIT BESCHIEDEN HAST, IN DIESEM DOCH SEHR ÜBERSCHAUBAREN LÄNDCHEN ZU LEBEN, OBWOHL DU, WIE DU WOHL WEISST, IN DER WELT ALLES HÄTTEST ERREICHEN, ALLES HÄTTEST WERDEN KÖNNEN.

»Was kümmert mich die Welt? Nicht viel. Aber hier, in meinem Revier, konnte ich für die einfachen Leute manch kleines Wunder bewirken«, erwiderte Oma scharf. »Ich habe die Welt nie gewollt – nur einen Teil davon. Einen kleinen Teil, den ich beschützen und vor Stürmen bewahren konnte. Und damit meine ich natürlich nicht die Stürme, die uns der Himmel beschert: Es gibt noch andere.«

WÜRDEST DU SAGEN, DASS DEIN LEBEN DEN BEWOHNERN VON LANCRE UND DEN ANGRENZENDEN GEFILDEN VON NUTZEN WAR?

Nach einer Weile sagte die...


Pratchett, Terry
Terry Pratchett, geboren 1948, schrieb 1983 seinen ersten Scheibenwelt-Roman – ein großer Schritt auf seinem Weg, einer der erfolgreichsten Autoren Großbritanniens und einer der populärsten Fantasy-Autoren der Welt zu werden. Von Pratchetts Romanen wurden weltweit 85 Millionen Exemplare verkauft, seine Werke sind in 40 Sprachen übersetzt. Für seine Verdienste um die englische Literatur verlieh ihm Queen Elizabeth sogar die Ritterwürde. Terry Pratchett starb am 12.3.2015 im Alter von 66 Jahren.



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