Pratchett | Die dunkle Seite der Sonne | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Scheibenwelt

Pratchett Die dunkle Seite der Sonne

Roman
12001. Auflage 2012
ISBN: 978-3-492-95979-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Scheibenwelt

ISBN: 978-3-492-95979-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der reiche Erbe Dom Sabalos hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann: einen vorlauten Roboterdiener, einen verqueren Sicherheitschef und einen eigenen Planeten. Doch die Zukunft hält, vorhergesagt durch Wahrscheinlichkeitsrechnung, noch etwas viel Absurderes für Dom bereit - er wird ermordet werden und sich danach auf eine Reise zur »dunklen Seite der Sonne« begeben. Doch alles geht schief, und das Schicksal hat sich überdies verrechnet ... - Ein herrlich chaotischer Roman des berühmten »Scheibenwelt«-Schöpfers!

Terry Pratchett, geboren 1948 in Beaconsfield, England, erfand in den Achtzigerjahren eine ungemein flache Welt, die auf dem Rücken von vier Elefanten und einer Riesenschildkröte ruht, und hatte damit einen schier unglaublichen Erfolg: Ein Prozent aller in Großbritannien verkauften Bücher sind Scheibenweltromane. Jeder achte Deutsche besitzt ein Pratchett-Buch. Bei Piper liegen der erste Scheibenweltroman »Die Farben der Magie« sowie die frühen Bände um Rincewind, Gevatter Tod, die Hexen und die Wachen vor - Meisterwerke, die unter den Fans einhellig als nach wie vor unerreicht gelten. Terry Pratchett erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den »World Fantasy Lifetime Achievement Award« 2010. Zuletzt lebte der Autor in einem Anwesen in Broad Chalke in der Grafschaft Wiltshire, wo er am 12. März 2015 verstarb.
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KAPITEL 1

»Schlicht und einfach voraussagen.«

Charles Sub-Lunar.

Aus: Die Lichter am Himmel

sind kleine Scheinwerfer.

IM ZODIAKALLICHT WEHTE ein warmer Wind aus dem Osten, ließ trockenes Schilf erzittern.

Der Sumpfnebel zerfaserte in fransige Streifen, löste sich allmählich auf. Kleine, nachtaktive Geschöpfe krochen hastig in den Schlamm. In der Ferne, verborgen im verschnörkelt wirkenden Dunst, hallte der Schrei eines Vogels über die schwimmenden Riedfelder.

Auf einem der großen Seen in der Nähe des offenen Meeres hißten drei kleine weiße Windschalen ihre zarten Segel, nahmen Kurs auf die heranrollenden Brandungswellen.

Dom wartete dicht hinter den Brechern, zwei Meter unter der wogenden Oberfläche. Dünne Luftblasen lösten sich aus seinem Kiemenbündel. Er hörte die Schalen, bevor er sie sah: Das von ihnen verursachte Geräusch klang so, als kratzten Schlittschuhe über fernes Eis.

Er lächelte schief und wußte, daß er nur eine Chance hatte. Einige der dünnen Schweifranken konnten innerhalb weniger Sekunden töten, und wenn er nicht achtgab, gab es keine zweite Gelegenheit. Er spannte die Muskeln, stieß sich ab.

Und sauste nach oben.

Die Schale erbebte heftig, als Dom den stumpfen Bug packte, die Beine herumschwang, um den grünen, blattähnlichen Strukturen auszuweichen. Die Welt reduzierte sich plötzlich auf kalten, nach Salz schmeckenden Schaum, der ihn mit einer weißen Blase umhüllte. Winzige, silbrige Fische glitten pfeilschnell an Dom vorbei, und einen Atemzug später lag er quer auf der Hülle.

Die Windschale tobte, holte immer wieder mit dem knöchernen Mast aus und schlug zu. Dom beobachtete die zuckenden Bewegungen eine Zeitlang, schnappte nach Luft und schob sich langsam zu dem großen, kalkfarbenen Buckel am Mastfuß.

Ein Schatten raste über ihn hinweg, Dom rollte sich zur Seite und sah, wie der Mast eine Delle im Rumpf hinterließ. Als der Holm wieder zurückschwang, griff er danach, fand den Nervenknoten und richtete sich auf.

Seine Finger ertasteten die richtige Stelle, übten Druck aus.

Die Windschale beendete ihren wilden Tanz über den Wellenkronen, prallte mit solcher Wucht aufs Wasser, daß Doms Zähne klapperten. Das Segel vibrierte unsicher.

Dom strich zärtlich über das Nervenkonglomerat, um die Schale zu beruhigen. Nach einer Weile stand er auf.

Das gehörte zum Ritual: Man mußte sich erheben, um den Sieg zu demonstrieren. Die besten Dagon-Fischer steuerten Windschalen allein mit den Zehenspitzen. Dom beneidete sie, er erinnerte sich daran, daß er sie an Feiertagen von der Familienbarkasse aus beobachtet hatte: zwei- oder gar dreihundert Fischer, die Seite an Seite auf ihren halbzahmen Windschalen zurückkehrten, während die purpurne Sonne Achguckmal im Meer versank. Manche der jüngeren Männer tanzten auf den Rümpfen, sprangen und drehten sich um die eigene Achse, warfen Fackeln – und hielten ihre lebenden Gefährte die ganze Zeit über wie problemlos unter Kontrolle.

Dom kniete vor dem Nervenknoten, lenkte die große Semipflanze durch die schmalen und kurvenreichen Kanäle des Sumpfes, vorbei an Seerosenkolonien und dahintreibenden Schilfinseln. Auf einigen davon sah er blaue Flamingos, die bei seinem Anblick zischten und stolz davonstakten.

Ab und zu hob Dom den Kopf, blickte gen Norden und hielt nach verräterischen Punkten am Himmel Ausschau. Korodore würde ihn schließlich finden, aber Dom vertraute darauf, daß er ihn nicht gleich abholte. Vermutlich beschränkte er sich darauf, Dom einige Stunden lang zu beobachten – immerhin war auch Korodore einmal jung gewesen. Ja, selbst er. Im Gegensatz zu Doms Großmutter, die den Eindruck erweckte, als sei sie schon als Achtzigjährige zur Welt gekommen.

Außerdem dachte Korodore bestimmt daran, daß Dom am nächsten Tag die Ernennung zum Vorsitzenden erwartete, womit er in rechtlicher Hinsicht zu seinem Chef wurde. Was jedoch wahrscheinlich überhaupt nichts an seinem Verhalten änderte. Für den alten Korodore kam die Pflicht immer an erster Stelle; Schwierigkeiten und Probleme waren das Salz in der Suppe seines Lebens.

Dom lächelte zufrieden, während die Windschale mit anmutiger Eleganz durchs ruhige Wasser glitt. Wenigstens hatten die Fischer keinen Grund, ihn Schwanzhand zu schimpfen – obgleich ihm nach wie vor der Status als anerkannte Grünhand fehlte. Die letzte und entscheidende Prüfungszeremonie der Dagon-Fischer fand auf dem Meer statt, während einer vom Mondschein erhellten Nacht … wenn die Dagone mit weit aufgerissenen, rasiermesserscharfen Muschelmäulern aus der Tiefe emporstiegen.

Mit einem sanften Ruck stieß die Windschale an eine Schilfinsel. Dom sprang leichtfüßig an Land, ließ sein Gefährt in der Lagune treiben.

Der Joker-Turm, auffallendstes Merkmal des westlichen Horizonts, ragte direkt vor ihm in die Höhe. Dom lief darauf zu.

Achguckmal ging auf und tauchte die schlanke Pyramide in einen rosafarbenen Schein. Der Nebel verzog sich, gab die Basis des gewaltigen Bauwerks frei, doch die Spitze verlor sich in den ewigen Wolken, fast acht Kilometer über dem Meer. Dom bahnte sich einen Weg durch das trockene, spröde Riedgras, stoppte erst einen Meter vor der glatten, milchweißen Wand.

Vorsichtig streckte er die Hand aus.

Ein Erinnerungsbild formte sich in seinem Inneren: Hrsh-Hgn, der schließlich begriff, daß endlose Vorträge über Planetenökonomie bei dem Jungen irgendwann auf leicht nachvollziehbaren Unmut stießen. Daraufhin schaltete er die Fakstafel ab, holte eine Ausgabe der von Sub-Lunar verfaßten Galaktischen Chroniken hervor und erzählte Dom von den Jokern.

»Nenn mir die Völker, die nach dem Menschheitsgesetz alss menschlich gelten«, begann er.

»Phnoben, Menschen, Drosken und die Erste Sirianische Bank«, antwortete Dom sofort. »Darüber hinaus gibt der Unterabsatz Eins Robotern der Klasse Fünf das Recht, menschlichen Status zu beantragen.«

»In Ordnung. Und die anderen?«

Dom zählte sie an den Fingern ab. »Creapii sind supermenschlich, Roboter der Klasse Vier submenschlich. Für Sonnenhunde fehlt eine Klassifizierung.«

»Und weiter?«

»Bei den anderen Spezies bin ich mir nicht ganz sicher«, gestand Dom ein. »Ich meine die Jovianer und so. Über sie hast du mir nichts gesagt.«

»Spielt keine Rolle. Weißt du, ssie sind viel zu fremdartig. Es gibt einfach keine gemeinsame Basis. Wass der Mensch bei intelligenten Rassen als selbstverständlich erachtet – zum Beispiel das Gefühl der eigenen Identität –, ist das Ergebnis einer ruhigen und gemächlichen Zweibeiner-Evolution. Wie dem auch ssei: Wichtig ist, daß sich alle bisher bekannten zweiundfünfzig Völker während der letzten fünf Millionen Jahre entwickelten.«

»Davon hast du mir schon gestern berichtet«, warf Dom ein. »Du meinst Sub-Lunars Theorie der Galaktischen Weisheit.«

Der Phnobe nickte und sprach über die Joker. Die Creapii fanden den ersten Joker-Turm, und als sie ihn nicht öffnen konnten, warfen sie eine Annihilierungsmatrix darüber ab. Später fand sich nicht einmal ein einziger Kratzer an dem riesigen Bauwerk, doch einige benachbarte Sonnensysteme waren zerstört worden.

Die Phnoben brauchten erst gar nicht nach einem Joker-Turm zu suchen: Einer erhob sich auf ihrer Heimatwelt Phnobis, ragte aus dem Meer bis zu den Immerwährenden Wolken empor und bildete die Grundlage der planetenweiten Frss-Gnhs-Religion. Mit anderen Worten: Die Phnoben hielten den Turm für die Säule des Universums.

Von der Erde stammende Kolonisten entdeckten insgesamt sieben, einen im Asteroidengürtel des Systems Alt-Sol. Zu jener Zeit wurde das Joker-Institut gegründet.

Die jungen Völker der Menschen, Creapii, Phnoben und Drosken sahen sich staunend einer Galaxis gegenüber, in der es von den Mementos einer uralten, verschwundenen Spezies wimmelte. Aus ihrer Ehrfurcht erwuchs die Legende von der Heimatwelt der Joker. Sie kam einer lockenden Verheißung gleich, die über viele Lichtjahre hinweg nicht nur Abenteurer in Versuchung führte, sondern auch Narren und Glücksritter …

Doms Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, er berührte den Turm und verspürte ein sanftes Prickeln, dann einen kurzen stechenden Schmerz. Mit einem Satz sprang er zurück, rieb sich die tauben, fast gefrorenen Finger. Um die Mittagszeit sank die Temperatur des Bauwerks auf einen Tiefststand: Es nahm die Hitze in sich auf und verwandelte sie in Frost.

Dom setzte sich wieder in Bewegung, wanderte um den Turm herum, spürte die ihm entgegenwogende Kühle. Als er den Kopf in den Nacken legte und in die Höhe sah, beobachtete er fasziniert, wie sich das Licht dicht an den Flanken des riesigen Gebäudes trübte – als sei es ebenfalls ein Gas, verschlungen von der Säule. Dieser Vorstellung mangelte es natürlich an Logik, aber sie hatte einen gewissen künstlerischen Reiz.

Der junge Mann bemerkte ein kurzes Aufblitzen am Himmel: ein nach Süden fliegender Gleiter der Sicherheitsabteilung. Dom trat zur Seite, duckte sich in ein. Schilfgeflecht und fragte sich, was ihn überhaupt in den Sumpf führte. Die Hoffnung, Freiheit zu finden? Ja, vielleicht. Der letzte Tag, den er ohne die schwere Last der Verantwortung verbringen konnte. Die letzte Gelegenheit, sich auf seiner Heimatwelt Verkehrtherum zu bewegen, ohne von Leibwächtern und einer Vielzahl mehr oder weniger subtiler Schutzmechanismen umgeben zu sein. Er hatte diesen Ausflug sorgfältig geplant und vorbereitet, sogar Korodores allgegenwärtige Roboterinsekten zerquetscht, die ihm bis ins...


Pratchett, Terry
Terry Pratchett, geboren 1948 in Beaconsfield, England, erfand in den Achtzigerjahren eine ungemein flache Welt, die auf dem Rücken von vier Elefanten und einer Riesenschildkröte ruht, und hatte damit einen schier unglaublichen Erfolg: Ein Prozent aller in Großbritannien verkauften Bücher sind Scheibenweltromane. Jeder achte Deutsche besitzt ein Pratchett-Buch. Bei Piper liegen der erste Scheibenweltroman »Die Farben der Magie«sowie die frühen Bände um Rincewind, Gevatter Tod, die Hexen und die Wachen vor – Meisterwerke, die unter den Fans einhellig als nach wie vor unerreicht gelten. Terry Pratchett erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den »World Fantasy Lifetime Achievement Award« 2010. Zuletzt lebte der Autor in einem Anwesen in Broad Chalke in der Grafschaft Wiltshire, wo er am 12. März 2015 verstarb.

Brandhorst, Andreas
Andreas Brandhorst, geboren 1956 im norddeutschen Sielhorst, schrieb mit seinen futuristischen Thrillern und Science-Fiction-Romanen wie »Das Schiff« und »Omni« zahlreiche Bestseller. Spektakuläre Zukunftsvisionen sind sein Markenzeichen. Der SPIEGEL-Bestseller »Das Erwachen« widmet sich dem Thema Künstliche Intelligenz. Sein aktueller Wissenschaftsthriller »Ewiges Leben« zeigt Chancen und Gefahren der Gentechnik auf.



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