Potter | Das Geheimnis der Lady von Campden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 243 Seiten

Reihe: Thronraub, Morde & Intrigen

Potter Das Geheimnis der Lady von Campden

Historischer Kriminalroman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8412-1767-7
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 2, 243 Seiten

Reihe: Thronraub, Morde & Intrigen

ISBN: 978-3-8412-1767-7
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



1645. In England tobt der Bürgerkrieg zwischen den Anhängern der Stuartmonarchie und denen des Parlaments. Nachdem das prachtvolle Herrenhaus von Chipping Campden zerstört wurde, zieht es Lady Juliana vor, auf dem Landsitz ihres Gatten zu wohnen. Doch seltsame Dinge geschehen bei den Ruinen des Schlosses. Zuerst verschwindet William Harrison, der Verwalter des Besitzes, ohne jede Spur, dann entdeckt Friedensrichter Sir Thomas Overbury eine Leiche in den unterirdischen Gewölben. Wurde Harrison ermordet? Dessen Adoptivsohn gesteht den Mord und wird gehenkt. Doch nach zwei Jahren taucht der Verwalter plötzlich wieder auf. Weiß Lady Juliana etwa, wo er sich aufgehalten hat?

Ein fesselnder Krimi vor opulenter Kulisse, basierend auf wahren Begebenheiten und realen historischen Persönlichkeiten.



Jeremy Potter (1922-1997) war Autor zahlreicher Bücher zu verschiedenen Themen der englischen Geschichte sowie Kriminalromanen mit historischem Hintergrund. Zudem war er 18 Jahre lang Vorsitzender der Richard III Society. Privat war er mit der Schriftstellerin Anne Melville verheiratet.

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Kapitel 2


In dieser Nacht trugen vier seiner Männer den Kommandanten ins Bett, wo er bis zum Weckruf herzhaft schnarchte. Als ein Trompeter zum Morgenappell blies, vergrub er seine Ohren im Kissen und lag mit geschlossenen Augen wach, vom großen Bett der Königskammer verwöhnt und von der Vorstellung der Lobpreisungen, mit denen man ihn überschütten würde, sobald seine Depesche in Oxford ankäme. Mit sich und der Welt im reinen, benötigte er Zeit zum Nachdenken, bevor es ans Aufstehen ging. In seiner Abwesenheit konnte Major Hawkins die Inspektion der Truppe vornehmen und später einen Verweis dafür bekommen, diese nicht nach seinen eigenen, strengen Maßstäben durchgeführt zu haben.

Sir Henry war der jüngste Sohn eines Rektors aus Staines: eine Pfarrstelle mit kümmerlichem Einkommen. Obwohl mit den Reichen im nahen Eton zur Schule gegangen, hatte er in der Welt seinen eigenen Weg finden müssen, wo eine Verbindung von Mut, scharfem Verstand und Skrupellosigkeit es ihm ermöglicht hatte, als Söldner den Lebensstil zu pflegen, zu dem er sich berechtigt fühlte.

Sein Stern hatte zwei Jahre zuvor zu strahlen begonnen, als er König Charles in dessen Kriegshauptquartier vorgestellt worden war. Prinz Rupert, Neffe des Königs und Sohn des pfälzischen Kurfürsten, hatte die Begegnung eingefädelt und ihm, mit Blick auf seine Verdienste um den Kurfürsten, das Kommando über eine Brigade gesichert, mit Aussicht auf Erhebung in den Ritterstand, sollte er sich auf dem Schlachtfeld bewähren.

Das Kriegsglück hatte ihm nun das Erforderliche für ein wohlversorgtes Alter in den Schoß fallen lassen. Es war, sagte er sich, der Ausgleich für den verlorenen Arm und nicht mehr, als ein Mann sich verdient hatte für die langjährige Loyalität im Dienste welcher Angelegenheit auch immer. Er würde sich nehmen, was ihm als Pension zustand.

Wie bedauerlich, dass so viele zugegen gewesen waren, als man den Schatz fand: Eine unangenehm große Zahl von Mäulern musste mit Schmiergeld oder anderen Mitteln gestopft werden. Sir Henrys Verstand funktionierte frühmorgens am besten (bevor er zur Frühstückszeit durch großzügigen Umgang mit starken geistigen Getränken benebelt wurde), und bald fand sich eine Lösung des Problems. Das Risiko musste durch einen Kompromiss verringert werden. Beide Fässer waren nach Oxford zu senden, aber nur eines würde ankommen. Dieses, zusammen mit dem eigentlichen Sieg aus dem Hinterhalt, müsste ausreichen, die Dankbarkeit des Königs zu gewinnen und – wer weiß? – die langersehnte Peerswürde.

Wen könnte man mit einem so delikaten Auftrag betrauen? Wieder kam ihm die Antwort schnell in den Sinn. Sergeant Coneybeare war so ein Mann, der seine eigene Großmutter für Geld skalpieren würde. Sein Schweigen könnte man mit einem geringfügigen Anteil an der Beute erkaufen. Mit ihm zusammen müsste man eine Wachmannschaft aussenden, aber Sir Henry würde schon einen Grund finden, um die meisten davon zurückzurufen, bevor sie ihr Ziel erreichten. Angenommen, nur einer bliebe übrig, einer von den Posten im Keller: der Kleine. Der Sergeant könnte ihm phantastische Versprechungen machen, wenn sie eines der Fässer verbergen würden, und ihn dann auf dem Rückweg beseitigen.

Als er den Plan in Gedanken noch einmal überflog, um ihn auf Fehler zu untersuchen, wurde sein Sinnen durch ein Klopfen an der Tür und die Ankündigung eines Boten aus Oxford unterbrochen. Fluchend erhob er sich und stieß noch einige weitere Flüche aus, als er die Depesche las. Sie trug ihm auf, Campden House, dieses Paradies auf Erden, zu räumen, dieses kleine Reich zurückzulassen, das er so zufriedenstellend regiert hatte. Der König war im Anmarsch, um die Rebellenstreitmacht in den Midlands zu fordern und die Belagerung von Chester aufzuheben. Er brauchte jeden Mann, dessen er habhaft werden konnte. Chipping Campden musste aufgegeben werden: die Besatzungstruppe würde man nicht ersetzen. Sir Henrys Regiment sollte am folgenden Tag zur Armee des Königs stoßen und sich mit ihr vereinen.

War sein Plan somit totgeboren? Es schien so. Doch er fuhr fort mit der Überlegung, wieviel leichter sich das Verschwinden eines Teils des Goldes im Durcheinander einer Evakuierung bewerkstelligen ließe. Würde er seine unabhängige Befehlsgewalt einbüßen? Ja; aber dafür gab es die verführerische Aussicht auf Plünderung und Schlachtgemetzel, auf das Tor zur Beförderung. Er rief nach seiner Ordonanz, um sich ankleiden zu lassen, und sang freudig vor sich hin, als die nächste Störung eintrat. Diesmal war es sein Stellvertreter.

Sir Henry teilte ihm die Neuigkeiten aus Oxford mit. »Ist der Appell abgeschlossen?« fragte er. Auf die Entgegnung, dass dem so sei, verlangte er zu erfahren, wie es der Major wagen könne, Derartiges ohne Rücksprache mit seinem befehlshabenden Offizier zu veranlassen. Dann ordnete er an, alle Dienstgrade umgehend wieder antreten zu lassen.

Major Hawkins schien eher zerstreut denn zerknirscht und seltsam träge im Ausführen seines Befehls. »Ich kam, um noch etwas anderes zu melden, Sir«, sagte er zögernd.

»Das kann warten«, gab ihm Sir Henry brüsk zu verstehen. Er war mit der Pflege von Bart und Schnauzer beschäftigt, um beim Appell möglichst grimmig und borstig zu erscheinen. »Habt Ihr verstanden?« grollte er, als der andere sich nicht vom Fleck rührte.

Doch selbst jetzt hielt der Major die Stellung. »Es handelt sich um eine ernste Angelegenheit«, beharrte er.

»Nicht so ernst, wie es um Euch bestellt sein wird, sollten die Männer nicht in den nächsten fünf Minuten zum Appell angetreten sein.« Die Ordonanz hatte Sir Henry in seinen weißen Ausgehrock mit goldenem Spitzenbesatz gezwängt und zupfte gerade an einer scharlachroten Schärpe um seine Taille. Nur der breitkrempige Hut mit seinem weißen Federbüschel fehlte noch auf seinem Haupt, und er würde in voller Pracht und bereit für den Appell sein.

»Das ...« setzte der Major an.

»Schweigt!« brüllte Sir Henry. »Noch ein Wort von Euch, Hawkins, und ich bringe Euch vors Kriegsgericht. In all meinen Dienstjahren ist mir keine derart dreiste Insubordination untergekommen.«

Sir Henry war außer sich, fürwahr ein erschreckender Anblick. Doch auch der Major war ein alter Soldat. Er schluckte, rückte seinen Kiefer zurecht und sprach: »Wie dem auch sei, Sir, ist es meine Pflicht, Euch davon in Kenntnis zu setzen, dass das Gold verschwunden ist.«

Sir Henrys Gesichtsfarbe wechselte von dunkelrot zu purpur. Keines Wortes mehr fähig, griff er nach seinem Schwert und schritt voran, als wollte er die Klinge in seinen Stellvertreter versenken, der sich angstvoll zur Tür zurückzog.

»Hiergeblieben!« bellte er, als sich seine Zunge wieder löste. »Verschwunden, habt Ihr gesagt? Wie, in Teufels Namen, kann das sein? Wurde es nicht bewacht, wie ich befohlen hatte?«

»Es wurde bewacht, wie Ihr befahlt. Alle Posten sind verhaftet worden, aber Captain Hill ließ mich wissen, dass in den Stunden vor dem Morgengrauen nur einer im Dienst war. Seine Ablösung hat ihn bewusstlos am Boden liegend entdeckt.«

»Sterbend?«

»Sturzbetrunken, Sir.« Der Major wappnete sich gegen einen weiteren Sturm, der nicht lange auf sich warten ließ. Die Explosion prasselte nieder wie eine Mörserkannonade. Die folgenden Worte klangen geschmeidig glatt wie das Sirren von Stahl. In dieser Stimmung war Sir Henry am gefährlichsten.

»Hört mir gut zu, Major – solange Ihr diesen Rang noch bekleidet. Diese Fässer sind zu schwer, als dass sie ein Mann heben könnte. Selbst zwei Männer könnten sie nicht weit tragen oder rollen. Es gibt zwei Eingänge zum Keller. Beide sind abgeschlossen. Ergo ist der Schatz noch immer dort. Er kann rasch wiedergefunden werden. Er muss rasch wiedergefunden werden. Captain Hill und Sergeant Coneybeare sollen mir sein Wiederauftauchen binnen einer Stunde melden. Andernfalls werde ich sie beide wegen grober Pflichtvernachlässigung ins Glied zurückstufen und anschließend hängen lassen wegen räuberischer Verschwörung gegen Seine Majestät, der die Kriegsbeute gehört. Denn sie konnte nur mit beider Duldung entfernt werden – oder womöglich mit der Euren.«

Der Major deutete den flüchtigsten Salut an und verließ den Raum im Eilschritt. Beim neuerlich zusammengetrommelten Appell wurde der Marschbefehl ausgegeben. Die für das Wiederauffinden des Schatzes eingeräumte Stunde kam und ging. Alles lief durcheinander. Die Suche im Labyrinth der Kellergewölbe wurde bei Fackellicht fortgesetzt, gleichzeitig wurden Lager geräumt und Ausrüstung für den Abmarsch gepackt. Man untersuchte einen unterirdischen Gang, der mit dem Keller verbunden war. Er verlief unter einer Terrasse und war mit Fässern vollgestapelt, teils leer, teils mit Wein gefüllt. Die Suchmannschaft wurde vom Captain und dem Sergeant angeführt, die persönlich jedes Fass inspizierten. Schließlich meldeten sie ihren Fehlschlag und wurden wie die Pikenträger, die Wache gehabt und die man bei der Suche mitgeschleift hatte, in strenge Haft genommen.

Verzweifelt sandte Sir Henry als letztes Mittel nach Vicomte Campdens Verwalter. »Findet Master Harrison und bringt ihn zu mir«, befahl er. »Mit Gewalt, wenn nötig.«

Der Verwalter war unterwegs im Nachbardorf Paxton, um Pacht einzutreiben, was ihm nicht leichtfiel. Dank Sir Henrys Verwüstungen hatten die Bauern kein Geld, um zu bezahlen. William Harrison war streng, aber menschlich, und fand ihre Schilderungen von Elend und Hungersnot kaum zu ertragen. Mit Erleichterung hatte er vom morgigen Abmarsch der Besatzer...



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