E-Book, Deutsch, 264 Seiten, Format (B × H): 160 mm x 260 mm, Gewicht: 792 g
Reihe: FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK
Poth / Winkler Leistungsstarke Lacke formulieren
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7486-0359-7
Verlag: Vincentz Network
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 264 Seiten, Format (B × H): 160 mm x 260 mm, Gewicht: 792 g
Reihe: FARBE UND LACK // BIBLIOTHEK
ISBN: 978-3-7486-0359-7
Verlag: Vincentz Network
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Heutige Lacksysteme müssen eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen: vom stabilen Farbeffekt bis hin zum Korrosionsschutz. Ein umfassendes Verständnis, sowohl über die in einer Formulierung verwendeten Komponenten als auch über die Wechselwirkungen dieser untereinander, ist dazu unabdingbar. Auch der Produktionsprozess, das Beschichtungsverfahren und die Bedingungen bei der Filmbildung bestimmen das Eigenschaftsprofil der Beschichtung. In diesem Buch werden Lackchemikern oder Formulierungsspezialisten Prinzipien an die Hand gegeben, wie die Eigenschaften einer Beschichtung gezielt beeinflusst werden können. Ebenso soll dieses Wissen dazu dienen, Fehler zu vermeiden oder diese schnell zu korrigieren.
Zielgruppe
Studenten und Fachpuplikum, wissenschaftler
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1Einführung und Definitionen
Beschäftigt man sich mit Beschichtungstechnologie und insbesondere Lacktechnologie trifft man auf einige zentrale Begriffe, die in diesem Kapitel zum Einstieg kurz definiert werden sollen. Der zu definierende Begriff ist dabei in fett gedruckt. Der Begriff „Lack“ stammt vermutlich von dem altindischen Begriff „lak?á“(1). Der Begriff Lack bezog sich ursprünglich nur auf glänzende Klarlacke, wird jetzt aber verallgemeinernd angewandt. Lackiert wird schon seit langer Zeit. Lackschichten hatten dabei zwei Funktionen zu erfüllen: Dies war und ist zum einen „Schutz“ z.B. vor Korrosion und zum anderen „Dekoration“, insbesondere die Farbgebung von zu beschichtenden Objekten. Erst in neuester Zeit wurde dieses Eigenschaftsspektrum um die sogenannten „funktionalen Lacke“ erweitert. Darunter versteht man Lacke, die andere Funktionen als Schutz und Dekoration erfüllen müssen. Dies können z.B. Gleiteigenschaften sein, Easy-to-clean- oder auch Antibeschlagbeschichtungen. Vor allem im Bereich der Bautenlacke wird für einige der Materialien der Begriff „Farbe“ anstatt von Lack verwendet. Hier kommt der Aspekt der Dekoration auch sprachlich zum Ausdruck. Trotzdem ist „Farbe“ im physikalischen Sinn etwas anderes, er beschreibt den subjektiven Sinneseindruck, den das menschliche Auge durch die Remission von unterschiedlichen Wellenlängenbereichen des sichtbaren Lichts von Objekten erhält. Unter Remission wird die Rückstreuung oder Reflexion von eingestrahltem Licht an einer Oberfläche verstanden, nachdem diese mit dem eingestrahlten Licht gewechselwirkt hat [2]. Lacke gehören zu den Beschichtungsstoffen. Der englische Begriff dafür ist „Coating“ (= Überzug, von „coat“ = Mantel). All diesen Stoffen ist gemeinsam, dass sie im Gegensatz zu anderen Oberflächentechnologien wie z.B. dem Materialein- oder Abtrag oder der Strukturierung aufgetragen werden. Sie bilden dabei eine in zwei Dimensionen ausgedehnte „Schicht“. Der Untergrund, auf den beschichtet wird, wird „Substrat“ genannt. Ein Beschichtungsstoff kann unterschiedlich aufgetragen werden. Bei Lacken dominiert die Auftragung aus der flüssigen Phase. Selbst bei den als Pulver abgeschiedenen Pulverlacken geschieht die Fixierung des Lackes über einen flüssigen Zustand, der Schmelze. Im Gegensatz zu anderen Beschichtungsstoffen, werden bei Lacken im Wesentlichen organische Polymere aufgetragen. Diese bilden nach der Trocknung des Lackes einen Film. Der Begriff „Film“ leitet sich aus dem Englischen von dem Begriff für „dünne Haut“ ab und ist verwandt mit dem Begriff „Fell“ [3]. Den Prozess der Ausbildung der Lackschicht nennt man „Filmbildung“. Der Film kann durch physikalische Trocknung, chemische Reaktionen von Polymermolekülen untereinander, der sogenannten „Vernetzung“, oder auch durch den Aufbau von vernetzten Makromolekülen aus kleinen Molekülbausteinen ausgebildet werden. Beschichtungen können auch aus mehreren Filmschichten aufgebaut sein. In der Regel liegen die Filmdicken im Bereich von wenigen Mikrometern (z.B. bei Sol-Gel-Schichten) über wenige zig Mikrometer bei Flüssiglackschichten bis hin zu einigen hundert Mikrometern im Fall von Pulverlacken. 1.1Bestandteile von Lacken
Lacke bestehen aus unterschiedlichen Komponenten in wechselnden Anteilen: aus „Bindemitteln“, ggf. Pigmenten, Füllstoffen, und Effektstoffen, aus Lösemitteln, Dispersionsmitteln und aus Additiven. Die „Bindemittel“ (heute eher „Filmbildner“ genannt) bilden dabei nicht nur – wie der Name ursprünglich aussagt – das Verteilungsmedium für die Pigmente, Füllstoffe und ggf. noch für die Effektstoffe, sondern sind mit ihren unterschiedlichen Zusammensetzungen und Strukturen die Basis für die Eigenschaften des Films: So beeinflusst das Bindemittel z.B. die Haftung, die Flexibilität, die Härte, den Glanz, die Beständigkeiten gegen Lösemittel oder Chemikalien, Wasser und Bewitterung. Es bildet den eigentlichen Träger der Filme. Die Bindemittel in den Filmen bestehen aus „Polymeren“. Polymere sind Großmoleküle, die aus mindestens einigen oder vielen kleineren Bausteinen, den „Monomeren“, aufgebaut werden. Dabei sind die Polymere so groß, dass eine weitere Hinzufügung eines Monomers zum Polymer keine wesentliche Änderung der Eigenschaften mehr hervorruft. Nach Auftragung des Beschichtungsstoffes muss dieser getrocknet werden. Dazu unterscheidet man zwei grundsätzliche Arten der Trocknung: Bei der physikalischen Trocknung werden die Lösemittel oder die Dispersionsmittel abgegeben (siehe Kapitel 6.1). Die chemisch nicht veränderten Bindemittel (Polymere) bilden die Filmmatrix, in der nichtflüchtige Additive, dabei auch Weichmacher, ggf. Pigmente und Füllstoffe eingebettet sind. Bei der chemischen Trocknung gibt es auch Bindemittel, die erst nach der Applikation durch chemische Reaktionen Großmoleküle (Polymere) bilden. Dabei ist es das Ziel, die einzelnen Moleküle in alle Raumrichtungen untereinander zu verbinden. Dieser Vorgang wird als „Vernetzung“ (chemische Filmbildung) bezeichnet (siehe Kapitel 6.2). Lacksysteme, die auf Bindemitteln aufbauen, welche durch Vernetzung Filme bilden, werden hier als „Reaktionslacke“ bezeichnet. Die Bindemittel für Reaktionslacke können durchaus aus vergleichsweise kleinen Molekülen bestehen. Dies können Monomere, Oligomere oder Präpolymere sein. Als „Monomer“ bezeichnet man den kleinsten Baustein eines Polymers. Finden sich mehrere Monomere zu einem größeren Molekül zusammen, spricht man von einem „Oligomer“. Wachsen die Oligomere weiter und werden die Kettenlängen so groß, dass die weitere Anlagerung eines Monomers oder Oligomers keinen Unterschied in den physikalischen Eigenschaften des resultierenden Moleküls mehr ausmacht, spricht man von einem „Polymer“. Ein Polymer, dessen Molekülgröße (Molmasse) noch relativ klein ist und das in einem weiteren Vernetzungsschritt zu einem dreidimensional vernetzten Polymer aufgebaut werden kann, bezeichnet man auch als „Präpolymer“. Die Begriffe werden allerdings in der Literatur nicht scharf gegeneinander abgetrennt. „Pigmente“ sind im Gegensatz zu „Farbstoffen“ Feststoffe, die weder in den üblichen Lösemitteln noch in wässrigen Medien oder Polymeren löslich sind. Als Feststoffe besitzen sie, vor allem bei anorganischen Pigmenten, in der Regel von der Matrix verschiedene Brechungsindizes. Deshalb werden Teile des eingestrahlten Lichts (bestimmte Wellenlängenbereiche zwischen 400 und 750 nm) im Partikel absorbiert, andere dagegen am Partikel gestreut, was zur Deckkraft und zum Farbeffekt beiträgt. Farbstoffe dagegen sind löslich und absorbieren bestimmte Farben des sichtbaren Lichts, während die anderen vom Untergrund reflektiert werden und damit den Eindruck von Farbe ergeben (siehe Kapitel 7.1 bis 7.2). „Füllstoffe“ sind pigmentähnliche Produkte, die aber sichtbares Licht weder absorbieren noch streuen, weil sie Brechungsindizes besitzen, die denen der Bindemittel der Filmmatrix ähnlich sind. Sie ergeben „Fülle“ (Tiefenwirkung) oder erfüllen bestimmte andere Funktionen, die zu den geforderten Eigenschaften der Lackfilme beitragen. „Effektstoffe“ (Effektpigmente) sind pigmentähnliche Stoffe, die das einfallende Licht in Abhängigkeit des Betrachtungswinkels (und der Wellenlänge des Lichts) unterschiedlich reflektieren (Kapitel 7.6). „Lösemittel“ sind organische Flüssigkeiten, die mit den Bindemittelmolekülen in Wechselwirkung treten können und sich so zwischen diese schieben können, das Polymer quasi „lösen“ und in einen flüssigen Zustand bringen, aus dem die Applikation erfolgen kann. Bei der Ausbildung von Filmen sollen diese Lösemittel effektiv verdampfen (siehe physikalische Trocknung, Kapitel 6.1). „Dispergiermittel“ sind Moleküle, die helfen, die Bindemittelteilchen in einer anderen Phase(2), dem Dispersionsmittel wie z.B. Wasser, effektiv und stabil zu verteilen. Sie helfen damit, die Polymere im anderen Medium zu dispergieren. In einer Dispersion liegt das Bindemittel nicht gelöst, sondern als Feststoff (Suspension) oder als Flüssigkeit (Emulsion) im Dispersionsmittel vor. Das wichtigste Dispersionsmittel ist Wasser. Es gibt auch nicht wässrige Dispersionen (NADs, non-aqueous dispersions). Natürlich sollen auch die Dispersionsmittel bei der physikalischen Trocknung effektiv verdampfen. Zur Verbesserung des Eigenschaftsprofils einer Lackformulierung werden dieser „Additive“ zugesetzt, die in meistens kleineren Anteilen positiv auf die Eigenschaften der Lacke und die Bildung oder die Eigenschaften von Lackfilmen wirken. Neben den erwähnten Dispergiermitteln zählen auch Netzmittel, Verlaufsmittel, Entlüftungsmittel, Rheologiemittel, Vernetzungskatalysatoren und Initiatoren, Antiabsetzmittel...