E-Book, Deutsch
Popp Sweeter Than Pumpkin Spice
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-8475-7
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Romance | Small Town Romance mit Spice und viel Gefühl #GrumpyMeetsSunshine #HeFallsFirst
E-Book, Deutsch
ISBN: 978-3-7517-8475-7
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sadie Fox würde alles tun, um den Respekt ihres mürrischen Vaters zu gewinnen. Ihr Plan: ihn bis zur Kürbisernte auf der Familienfarm vertreten, einen gigantischen Kürbis züchten und damit den Indiana State Fair-Wettbewerb gewinnen. Dafür reist die überzeugte Großstädterin sogar von ihrer Wahlheimat L.A. zurück in die Provinz. Doch gleich nach ihrer Ankunft zerstören Wildschweine das Feld. Ein Albtraum! Dass ausgerechnet ihr chronisch gut gelaunter Nachbar - Tech-Millionär und Neu-Kürbisfarmer Josh - helfen möchte, kommt bei Sadie gar nicht gut an. Irgendetwas führt er doch im Schilde. Aber dann verwüstet ein Tornado die Fox Farm, und Josh bietet ihr an, bei ihm unterzukommen ...
Isabelle Popp schreibt für ihr Leben gern: von astrophysikalischen Forschungsarbeiten bis hin zu Gedichten. Inzwischen konzentriert sich ihr Schaffen jedoch ganz auf Liebesromane. Wenn sie nicht gerade an einer neuen Geschichte feilt, strickt sie, löst Kreuzworträtsel oder durchstöbert Antiquariate nach alten Gothic Romances. Zu ihrer eigenen Überraschung lebt die gebürtige New Yorkerin heute im US-Bundesstaat Indiana.
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Kapitel 1
Das verblasste Polaroid vermittelte die Stimmung eines viktorianischen Trauerfotos, auf dem Angehörige mit stoischem Gesichtsausdruck neben einem aufgebahrten Leichnam stehen. Das Bild, das Sadie Fox an den Spiegel der Schminkkommode in ihrem Kinderzimmer gesteckt hatte, zeigte sie und ihren Vater Stu. Steif und ausdruckslos geradeaus starrend, standen sie rechts und links neben einem überdimensionalen Kürbis beim Wiegen auf der Indiana State Fair. Streng genommen war der Kürbis ein Leichnam, also hinkte der Vergleich gar nicht so sehr.
Beim Anblick des Fotos musste Sadie unwillkürlich lachen. Sie wusste nicht so recht, was sie in diesem Haus erwartete, von dem sie sich so lange ferngehalten hatte. Manche Eltern rühren die Zimmer ihrer erwachsenen Kinder nicht an. Andere walzen jegliche Nostalgie platt, um sich einen Fitnessraum oder eine Hobbywerkstatt einzurichten. Stu fehlten für das eine die Sentimentalität und für das andere die Ambitionen. Sadies Kinderzimmer war weitgehend unverändert, mit Ausnahme einer beträchtlichen Fläche, die nun Industrieregale und Pflanzenlampen zierten. Nicht zu illegalen Zwecken, sondern für Kürbisse.
Die Kürbissetzlinge waren schon lange nach draußen gepflanzt worden, wo Sadie sich den Rest des Sommers um sie kümmern würde. Sie stellte ihre Reisetasche an das Fußende des Bettes. Zum Glück waren die Regale mit Rollen ausgestattet. So konnte sie diese leicht aus ihrem in Stus Zimmer schieben. In Los Angeles hatte sie ihr Schlafzimmer mit einem Webstuhl geteilt, und dasselbe hatte sie hier in Pea Blossom, Indiana vor.
Auf dem College war Sadie als Textilkünstlerin aufgeblüht, doch bereits in ihrem Kinderzimmer fanden sich verräterische Zeichen eines angehenden Talents, das danach strebte, eine gequälte Künstlerseele zu werden. Ein unbeholfenes, aber gut beobachtetes Stillleben aus einer Flasche Mountain Dew-Limo und einer Tüte Skittles hing nach wie vor über ihrem Bett. Und ein weiteres an den Spiegelrand gestecktes Foto, ein düsteres Selbstporträt, blickte ihr mürrisch entgegen, ihr junges, rundliches Gesicht von einer bewusst arrangierten Jalousie beschattet. So originell wie melancholisch. Sadie pflückte das Foto vom Spiegel und steckte es in die mit abgelaufenen schwarzen Eyelinern und Lippenstiften in Vampfarben gefüllte Schublade. Mittlerweile benutzte sie hochwertigere Marken, aber der Farbpalette war sie treu geblieben.
Sie zog das Polaroid mit dem Kürbis ab und betrachtete es ein paar Sekunden lang aufmerksam, ehe sie es wieder an seinen Platz steckte. Dieses Jahr würde Stu beim Kürbiswiegen nicht dabei sein, und Sadie würde zum ersten Mal seit ungefähr zwei Jahrzehnten wieder daran teilnehmen. Bevor Stu Sadie angerufen und sie gebeten hatte, nach Pea Blossom zurückzukommen, hätte sie angenommen, dass nur eine tödliche Diagnose – die Sense von Gevatter Tod nur Zentimeter von Stus Hals entfernt – ihn von der Teilnahme am Kürbiswiegen abhalten konnte. Aber offenbar reichte schon der Unfall ihres Onkels Fred mit dem Golfwagen, um Stu vom Kürbisfeld in einen Flieger nach Boca Raton zu locken.
»Bist du sicher?«, hatte sie ihn gefragt, eine vage Formulierung, die eigentlich zwei Fragen enthielt: Bist du sicher, dass du fliegen willst? und: Bist du sicher, dass ich kommen soll?
»Natürlich bin ich sicher, Sadface. Fred ist allein da unten und braucht Hilfe. Wir sind doch eine Familie.«
Bei dieser Binsenweisheit – wir sind doch eine Familie – stellten sich ihr die Nackenhaare auf. Stu bat sie, sich in seiner Abwesenheit um die Kürbisse zu kümmern, und er gehört zur Familie. Fertig, aus, oder? Wenn es bloß so einfach wäre.
Sie hatte um eine Woche Bedenkzeit gebeten, er handelte sie auf drei Tage herunter. Weder Fred noch die Kürbisse hatten Zeit zu verplempern, wie Stu es audrückte, und drei Tage zogen alles unnötig in die Länge. Dass sie nicht sofort Nein sagte, stimmte sie nachdenklich. Sie fragte sich, welche möglichen Vorteile sie sich unbewusst erhoffte. Vielleicht, dass sie kitten konnte, was zwischen ihr und ihrem Vater kaputtgegangen war, mit dem sie kaum mehr ein Wort wechselte. Und vielleicht, dass der Kürbisanbau, mit dem sie sich auskannte, ihr das Gespür für sich selbst zurückgeben würde, welches ihr beim letzten Textilprojekt verloren gegangen war. Mal aus Kalifornien rauszukommen könnte ihren Geist für neue Ideen freimachen. Schließlich sagte sie nach weniger als einem Tag zu.
Kehrte sie zurück, um ihrem Vater zu helfen und somit auch Fred? Möglicherweise. Aber auch wegen dieses grimmigen Mädchens auf dem Foto. So gut wie niemand bekundete Interesse an ihrem alten Leben in Indiana, und sie hatte selbst nicht viel Zeit damit verschwendet, darüber nachzudenken. Als der Flughafentransfer vom Indianapolis Airport kilometerlange Maisfelder passierte und mehr als eine Plakatwand mit der Aufschrift HELL IS REAL hinter sich ließ, begann sie sich zu fragen, ob es die Hölle tatsächlich gab und sie sich hatte übertölpeln lassen, dorthin zurückzukehren. Die Hauptgeschäftsstraße von Pea Blossom war so bedrückend eng, wie sie sie in Erinnerung hatte. Das Haus ihres Vaters eine Bruchbude wie eh und je. Kein Schlüssel wartete auf sie unter einer Fußmatte, zum einen, weil es keine Fußmatte gab, und zum anderen, weil die Tür immer unverschlossen blieb. Doch dieses alte Foto war das erste gute Omen der Reise und gab ihr das Gefühl, dass es vielleicht doch zu irgendetwas gut sein könnte, den Sommer bei den Kürbissen zu verbringen. Sie ging wieder nach draußen, um nach ihnen zu sehen.
Sadie stutzte, als sie sah, dass nur wenige Schritte von der Hintertür entfernt im hohen Gras ein zerquetschtes Stück Kürbis lag. Die Kürbisse sollten sich da befinden, wo Stu sie zurückgelassen hatte, munter vor sich hin wuchernd auf dem weitläufigen Stück Land hinter dem Haus, in dem sie aufgewachsen war. Scheiß Rehe, dachte sie. Wenn man am Rande des Waldes Landwirtschaft betrieb, war die Gefahr durch Rotwild immer gegegeben. Sie ging zum Kürbisfeld, um nachzusehen, ob es sich bei dem Unfallopfer um einen der Kürbisse handelte, in die Stu besonders große Hoffnungen gesetzt hatte.
Sie trat auf ein weiteres, schleimiges Stück Kürbis. Konnte es ein ganzes Rudel gewesen sein? Bei dem Gedanken, dass die Fox Family Farm dieses Jahr auf der Indiana State Fair das Kürbiswiegen nicht gewinnen könnte, begann ihr Puls zu rasen. Ihre Teilnahme war sowieso noch ungewiss, da Sadie während Stus Aufenthalt in Florida die Rolle der Kürbiszüchterin übernahm. Das Thema musste sie noch bei der Züchtervereinigiung ansprechen.
Aber das war doch albern. Rehe konnten wohl kaum eine ganze Kürbisernte vernichten. Trotzdem rannte sie los, und ihre schwarzen Sneaker fühlten sich wie Beton an ihren Füßen an.
In diesem Sommer war sie zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren wieder in Indiana, trotzdem sollte sich hier nichts verändert haben. Das Kürbisfeld sollte ihr so vertraut sein wie ihre Westentasche. Aber statt des Duftes satter, wohlgehegter Erde, roch es merkwürdig nach einer Mischung aus frisch gemähtem Gras, Dung und etwas Moschusartigem. Das waren keine Rehe, die hier gewütet hatten, sondern – keine Ahnung – Elefanten? Nashörner?
Das komplette Kürbisfeld ihres Vaters, voll üppiger, großblättriger Pflanzen mit verschnörkelten, ihrem Verkauf entgegenstrebenden Ranken, war dem Erdboden gleichgemacht. Die Früchte, die von kompakten Kugeln zu unverschämt großen orangefarbenen Gebilden herangewachsen waren, die aussahen wie in der Sonne geschmolzen – alle dahingemetzelt.
Völlig außer Atem rannte Sadie kreuz und quer durch das Feld in der Hoffnung, dass wenigstens eine einzige Pflanze verschont geblieben war. Doch sie fand nichts als abgebrochene Ranken und ausgerissene Wurzeln. Was immer die Fox Family Farm verwüstet hatte, war nicht akribisch gewesen, hatte aber ganze Arbeit geleistet. Ähnlich wie sie als Teenagerin, als sie in einem pubertären Gefühlsausbruch im Beet gewütet hatte. Dieses Desaster spiegelte das von damals auf verstörende Weise wider.
Sie runzelte die Stirn, als ihr klar wurde, dass sich der Grund ihrer Rückkehr nach Pea Blossom, Indiana, durch diese Katastrophe in Luft aufgelöst hatte. Sie wünschte, sie könnte sich wieder zurück nach L.A. teleportieren und ihren Flirt mit der Kürbiszucht, die sie früher so geliebt
hatte, einfach vergessen. Dieser Sommer sollte dazu dienen, ihre Vergangenheit wettzumachen, nicht, sie zu wiederholen.
Sie hatte ihrem Vater versprochen, sich in seiner Abwesenheit um die Kürbisse zu kümmern, nachdem er ihr erklärt hatte, dass er niemandem sonst vertrauen konnte. Sie hätte sich nicht träumen lassen, sein Vertrauen nach jenem Tobsuchtsanfall je wieder zurückzugewinnen, umso sprachloser war sie über seine Frage gewesen. Sie hatten nie wirklich über ihren Streit geredet, aber er war sowieso eher ein Mann der Tat als vieler Worte. Weiter seinen strikten Gießplan einzuhalten und erbarmungslos Schädlinge zu zerquetschen, hatte viel mehr Gewicht als jede Entschuldigung. Etwas Bedrohliches hatte jedoch den Ölzweig, den er ihr angeboten hatte, zerbrochen.
Zu sehen, dass Stu bereit war, seine größte Leidenschaft für seinen verletzten Bruder stehen und liegen zu lassen, rührte Sadie. Wer würde für sie solch ein Opfer bringen? Konnte sie mit ihrem Vater etwas Neues aufbauen? Sie hatte sich oft gefragt, wie es sich anfühlen würde, nicht nur einen Vater, sondern auch einen Dad zu haben. Auch wenn sie ihn nach wie vor so nannte wie schon...




