E-Book, Deutsch, 204 Seiten
Pöllnitz Nepal - im Land meines Bruders
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-9261-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 204 Seiten
ISBN: 978-3-7526-9261-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Plötzlich verabschieden sich die Gedanken aus dem Jetzt und Hier und begeben sich wie von selbst auf eine Reise. Ein Film läuft im Kopf ab, als wäre man am Sterben: die Geburt Buddhas, ein sensationelles Wettrennen mit den Rikschas durch die Straßen von Lumbini, eine wunderbare Stille am Phewa See auf der zauberhaften Tempelinsel, eine spektakuläre Aussicht auf die Achttausender der Annapurna Range, eine sensationelle Entspannung der Seele am Begnas See, ein dramatischer Flug nach Kathmandu, eine heilige Begegnung mit den Sadhus an den Ghats von Pashupatinath, eine feierliche Umrundung des Bodnath Stupa, glückstrahlende Augen von Waisenkindern. In wenigen Stunden huschen diese Abenteuer vorbei und zaubern ein Lächeln ins Gesicht des Lesenden. Freuen Sie sich auf diese Abenteuer.
Roland Pöllnitz ist ein Kind des 20. Jahrhunderts, ein Dichter, Philosoph, Fotograf, Reisender und Wirt. Eine Reise in die Berge des Tian Shan veränderte sein Leben radikal. Eine wohlige, menschliche Wärme strömte ihm entgegen. Götter offenbarten ihm ihre Weisheiten und die schneebedeckten Gipfel raunten ihm mythische Legenden ins Ohr. Ein zweite, prägende Reise unternahm er mit der Transsibirischen Eisenbahn durch die Weiten Sibiriens, über die Mongolei bis nach China. Einer seiner größten landschaftlichen und menschlichen Träume erfüllte er sich nun mit dem Himalaja-Land Nepal.
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- 2 - Wohin die Reise gehen sollte, war somit geklärt. Wann die Reise stattfinden sollte, stand auch fest. Es gab nur ein Zeitfenster im Januar. Folglich hatten wir knapp zwei Jahre für die Vorbereitung. Im ersten Jahr recherchierten wir die Flugpreise, lasen Reiseführer, sahen uns Reiseberichte an und feuerten so unsere Begeisterung für die Reise an. Daraufhin meldeten unsere Freundin Sabrina und ihre Freundin Undine ein Mitreiseinteresse an. Wir fanden die Idee einer Kleingruppenreise ideal, denn gemeinsam ein Land wie Nepal zu erkunden, die Erlebnisse zu teilen und unserem Freund Dina die Gelegenheit zu bieten, nicht nur die Reise zu organisieren, sondern auch ein wenig davon zu profitieren, würde die gemeinsame Freude und das Glück potenzieren. Wir waren davon überzeugt, dass es sich lohnt, die lokalen Insider-Informationen und Tipps während der Reise durch den erfahrenen einheimischen Reiseführer zu nutzen, um mehr über das Leben in Nepal zu erfahren und in Gegenden zu kommen, die nicht allen Touristen gezeigt wird. Maximales Erlebnis in minimaler Zeit: Wir könnten in kürzester Zeit die schönsten Orte unseres Reiseziels auf einer abenteuerlichen Route erkunden. Das Jahr verging wie im Fluge. Nach einem zauberhaften Frühling mit Kurzreisen nach Tangermünde und Wilhelmshaven folgte ein wunderbarer Sommer, der in meinen sechzigsten Geburtstag gipfelte. Ende September wurden wir von unseren Freunden Jutta und Gregor nach Wremen an die Nordsee eingeladen. Lydia und Jutta waren zusammen zu Schule gegangen und hatten sich später aus den Augen verloren. Irgendwann standen Jutta und ihr Mann Gregor bei uns vor dem Café. Instinktiv spürten wir – da ist etwas. Unsere Frauen erkannten und erinnerten sich. Wir Männer waren uns zwar fremd, aber da war etwas, das uns unheimlich gut gefiel. Wir kamen miteinander ins Gespräch, und schon nach wenigen Worten fühlten wir eine freundschaftliche Verbindung. Eine vertraute Nähe, wie wenn man sich schon jahrelang kennt. Wir strahlten uns an und wussten, dass das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft würde – einer Freundschaft auf den ersten Blick. An der Nordseeküste gibt es eine Perle der Natur: das Nordseebad Wremen. Hier verbindet sich das Wattenmeer mit der grünen Landschaft der Deiche und malt eine maritime Idylle zum Wohlfühlen. Direkt am Grünstrand, mitten auf dem Deich, präsentierte sich unser Hotel wie ein weißer Dampfer auf grüner See mit einzigartiger Aussicht auf das Meer. Wir parkten hinter dem Deich und kletterten aus dem Auto, reckten unsere Glieder, obwohl wir nur gut eineinhalb Stunden unterwegs waren. Jutta und Gregor empfingen uns mit ihrer gewohnten Herzlichkeit. Ihre Wärme ließ uns sofort spüren, dass wir angekommen waren. »Schön, dass Ihr da seid. Wie war Euer Tag?«, fragte Jutta, während sie uns beide umarmte. Gregor wartete nicht, bis einer von uns beiden antworten konnte und schnappte sich die nächste frei stehende Person für eine Umarmung. »Ihr wisst doch, wie es im Café am Ende der Welt an einem Sonntag zugeht. Der Tag begann mit einem wunderbaren Brunch mit vielen netten Gästen. Das Wetter war gut, die Sonne schien, die Stimmung war toll. Die Sonne lockte ein paar Gäste nach draußen. Doch den meisten war es zu kühl. Wir hatten viel Spaß und nun haben wir einen Mordshunger!«, antwortete ich. »Was haltet Ihr davon, wenn Ihr erst einmal Eure Zimmer aufsucht, Euch kurz frisch macht und wir in einer halben Stunde etwas essen? Ist das ein Plänchen?«, erkundigte sich Gregor. Der Himmel war bereits schwarz, als wir den roten Fachwerkbau des Restaurants »Zur Börse« betraten. Wir wurden mit anheimelndem Licht, leisen Gesprächen und appetitlichen Düften begrüßt. Eine Bedienung eilte sofort herbei, um uns an den Tisch zu führen. Sie entzündete eine Kerze, drückte uns die Speisekarte in die Hand und versprach gleich wieder zu kommen. Wir fühlten uns vom ersten Augenblick an in diesem gemütlichen Ambiente wie Zuhause. »Aperölchen?«, fragte Jutta Lydia. Aperol Spritz – dieser beliebte Aperitif aus Aperol und Prosecco stammt aus der italienischen Region Venezien, weshalb man ihn auch Veneziano nennt. Der bittersüße Aperitif lockerte noch mehr die Stimmung. Gut aufgelegt und lebenslustig diskutierten wir die Karte. »Wählt, was Ihr gern möchtet. Ihr seid eingeladen!«, forderte uns Jutta auf. »Was haltet Ihr denn von diesem leckeren Menü mit dem knackigen Salat, dem Rumpsteak und dem Dessert aus Überraschungen?« Lydia schaute fragend in die Runde. Alle waren begeistert. »Dazu einen kräftigen Rotwein, Roland?« »Keine Frage, mein Lieber, der gehört dazu!« Die freundliche Bedienung mit dem süßen Lächeln nahm ihren kleinen Bestellblock aus der Tasche und notierte unseren Auftrag. Wenig später stellte sie vier Gläser Aperol Spritz, ein Brotkörbchen mit kleinen, warmen Brötchen und ein Schälchen mit Kräuterbutter auf den Tisch. »Ich wünsche Ihnen einen vergnüglichen Abend bei uns in der Börse.« »Zum Wohl! Auf ein paar schöne Tage!« Gregor erhob das Glas zum Anstoßen. »Schön, dass wir einmal in Ruhe die Gelegenheit haben, miteinander zu reden. In den letzten Tagen habe ich das Buch von Kankyo Tannier über die Stille gelesen. Stille und Gelassenheit sind Dinge, die mir Frieden schenken. Ich stelle fest, dass ich schon viel gelassener geworden bin, doch es gibt Gelegenheiten, die bringen mich noch derartig auf die Palme. Es ist dann, als ob jemand einen Schalter umlegt, um fast zu explodieren«, sagte ich, lachte und nahm ein Schlückchen. »Ich bemerke das besonders auf der Arbeit«, entgegnete Gregor, während die beiden Frauen sich über ganz andere Themen austauschten, »Erreichen wir morgens die Baustelle, frage ich meine Kollegen, wer was machen will. Wenn dann niemand die Decke streichen möchte, mache ich das, frei nach dem Motto des Konfuzius: Wenn du liebst, was du tust, wirst du nie wieder in deinem Leben arbeiten. Es liegt auf der Hand: Wer mit großer Freude an sein tägliches Werk geht und sich gut gelaunt in seine Aufgaben stürzt, bewegt mehr und erbringt bessere Leistungen als diese bemitleidenswerten Kreaturen, die schon um zehn Uhr morgens auf die Uhr sehen und überlegen, wie sie die Zeit bis zum Wochenende noch mit Kaffee holen, Zigarettenpausen und unnützen Geschwätz abkürzen könnten. Ich bin davon überzeugt: Wer seine Freude in den Vordergrund stellt und seiner Leidenschaft konsequent folgt, ist am Ende der zufriedenere Mensch.« In diesem Augenblick brachte die Kellnerin die Vorspeise: gemischter Salat aus Lollo Bionda, Rucola, Feldsalat, Möhren, Weintrauben, Pilzen, Tomaten, einem Wachtelspiegelei, Shrimps und dazu noch drei kleine Steaks von der Heidschnucke. Schon beim Anblick des Tellers lief uns das Wasser im Munde zusammen. »Wie sagte der Kollege meines Bruders immer so schön: Im Walde schlagen Wachteln, nun lasst uns tüchtig spachteln. Guten Appetit, liebe Freunde. Auf einen wunderschönen Abend!«, nahm ich die Worte in den Mund, als wäre ich der Gastgeber, erhob das Glas und prostete den anderen zu. »Einfach mal den Kopf frei zu bekommen, den Alltag hinter sich zu lassen und mal wieder die eigene Mitte zu finden, das ist das Schöne hier mitten im Nirgendwo. Und dennoch können wir überall schnell einmal hinfahren. Das macht den Reiz aus, wie ich finde. Einfach mal einen Spaziergang auf der Düne unternehmen oder am Strand entlang zu laufen, mit Ebbe und Flut unseren Atem fließen zu lassen, alles in aller Ruhe zu machen. Das ist einfach herrlich, Ihr beiden. Und nun können wir zwei solcher Tage zu viert genießen«, offenbarte sich Jutta. »Heute hatte ich ein uriges Erlebnis. An unserem Tisch direkt hinter der Kaffeemaschine saß ein älteres Pärchen jenseits der Achtzig, tranken Tee und genossen ein Stück Torte. Die Frau saß so, dass sie durch die Stube blicken konnte. An dem Tisch direkt vor dem Fenster wiederum saß ein junges Pärchen, das, wie es mir schien, frisch verliebt war. Die beiden schauten sich fortwährend in die Augen, während der Latte Macchiato langsam kalt wurde, die Finger berührten sich zärtlich, ab und an berührten sich ihre Lippen zu einem Kuss. Das sah wohl auch die ältere Dame. Plötzlich sagte sie zu ihrem Mann und nickte in Richtung des jungen Pärchens: Hermann, das könntest du auch mal machen! Er drehte sich bedächtig um, grinste und sagte ganz ruhig: Aber Louise, ich kenne die Dame doch gar nicht.« beendete Roland seine Geschichte, und der gesamte Tisch brach in ein schallendes Gelächter aus. Auf einmal bemerkten wir, dass unsere Heiterkeit und unsere Lebenslust auch andere Gäste ansteckte, denn nicht nur an unserem Tisch wurde aus vollen Herzen gelacht. Die Bedienung setzte den Teller mit dem medium gebratenen Rumpsteak mit Waldpilzen und Ofenkartoffeln vor uns ab. Allein der Duft machte mich bereits wahnsinnig. »Die komplexen Aromen...