E-Book, Deutsch, 331 Seiten
Plötner / Prolibris Verlag Teufels Tod
Originalausgabe 2021
ISBN: 978-3-95475-233-1
Verlag: Prolibris
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Hellweg-Krimi
E-Book, Deutsch, 331 Seiten
ISBN: 978-3-95475-233-1
Verlag: Prolibris
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein 90-Jähriger wird erschlagen am Rand der Massener Heide in Unna aufgefunden. Wer ermordet einen netten betagten Großvater? Niemand! Liebenswürdig war der Patriarch Friedrich Teufel nicht. Dem Team um die Kriminalkommissare Maike Graf und Max Teubner scheint es fast, als habe er den Namen völlig zu Recht getragen. Nicht nur seine Familie hat der Alte tyrannisiert. Verdächtige und Motive gibt es daher mehr als genug. Der Pächter, dem er sein Land entgegen der Absprache doch nicht verkaufen wollte. Sein Sohn, dem er immer noch seine Entscheidungen aufzwingt. Die Enkelin, die ihm nicht verzeihen kann, dass er ihre geliebte Oma in ein Heim abgeschoben hat. Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen. Die Ermittler ersticken in Arbeit. Dann stoßen sie auf eine Spur, die in die Vergangenheit des Opfers führt und ihnen wird klar, dass Teufel schon als junger Mann skrupellos seine eigenen Interessen verfolgt hat ...
Astrid Plötner wuchs am Rande des Ruhrpotts im westfälischen Unna auf, wo sie heute mit ihrer Familie lebt. Sie arbeitet seit einigen Jahren als freie Autorin, hat zahlreiche Kurzkrimis in Anthologien und einige Romane veröffentlicht. Zwei Mal, in den Jahren 2013 und 2014, wurde sie für den Agatha-Christie-Preis nominiert. Teufels Tod ist der vierte Kriminalroman der Autorin mit dem Kommissaren-Team Maike Graf und Max Teubner, die im westfälischen Unna ermitteln. Astrid Plötner ist Mitglied der Autorenvereinigung Syndikat e.V.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 2 Donnerstag, 11. November, 12:23 Uhr Kriminalhauptkommissarin Maike Graf saß in ihrem Büro und legte verträumt lächelnd ihr Smartphone auf den Schreibtisch. Jochen hatte sie gerade zu einer Veranstaltung mit Mario Barth in die Westfalenhalle Dortmund eingeladen. Die Karten hatte er einem Kollegen abgekauft, dem plötzlich etwas dazwischengekommen war. Natürlich hatte Maike begeistert zugesagt. Sie war zwar eigentlich kein Mario-Barth-Fan, aber wann war sie das letzte Mal ausgegangen? Sie freute sich auf den morgigen Abend und ging in Gedanken bereits ihren Kleiderschrank durch. Seit einiger Zeit trafen sich Jochen und Maike wieder regelmäßig, falls sie gemeinsam frei hatten. Sie war schon einmal mit Jochen liiert gewesen, als sie unter ihm als Chef im Kriminalkommissariat 11 in Dortmund gearbeitet hatte. Als er ihr einen Heiratsantrag machte, hatte sie in einer Kurzschlusshandlung die Beziehung beendet. Familie, Kinder, Haushalt, hektische Szenen waren wie ein Albtraum an ihr vorbeigezogen. Sie konnte sich ein Leben ohne ihren Beruf nicht vorstellen. Um Jochen nicht weiterhin jeden Tag über den Weg zu laufen, hatte sie sich nach Unna versetzen lassen, wo sie jetzt bereits seit vier Jahren tätig war. Maike seufzte versonnen. Inzwischen war sie 41, da hatte sich das Thema Kinder aus ihrer Sicht sowieso erledigt. Das Klingeln des Diensttelefons riss Maike aus ihren Gedanken. Sie erkannte Jochens Dienstnummer. Hatte er noch etwas vergessen? »Ja?«
»Ich bin’s noch mal!«, erklärte er. »Diesmal leider beruflich. Im Süden von Unna ist ein Mann tot aufgefunden worden. Wir brauchen eine Weile, bis wir vor Ort sind. Kannst du dir den Tatort mit einem deiner Kollegen ansehen?«
Maike nickte. Sie würde Max Teubner, mit dem sie sich das Büro teilte, nur eben aus dem Frühstücksraum holen müssen. »Klar! Gibst du mir die Adresse?« Sie notierte sich die Anschrift eines Bauernhofs mit dem Namen Hof Gänseheim. Sie kannte das Restaurant dort, das besonders für Geflügelgerichte bekannt war. Die Schlachttiere stammten aus eigener Zucht. Teubner kam ihr bereits auf dem Flur entgegen. Er war vier Jahre älter und mit einem Meter achtzig nur fünf Zentimeter größer als sie selbst. Seine dunkelblonden Haare lagen wie immer wirr, aber er machte jetzt, nach dem Frühstück, einen wachen Eindruck. »Einsatz?«
Maike nickte. »Ein Toter in einem Waldstück Richtung Billmerich.« Das lag am Rande der Massener Heide, einem ländlichen Gebiet im Süden des Stadtteils Massen, das mit seinen Land- und Einfamilienhäusern zu den bevorzugten Wohnlagen Unnas gehörte. Maike war gespannt, mit wem sie es zu tun bekommen würden. Zwanzig Minuten später parkten sie den Dienstwagen im Innenhof des Bauernhofs, der etwas zurückgebaut von der Hauptstraße lag. Vor Kopf ein Haupthaus mit schwarzem Gebälk und weiß verputztem Mauerwerk. Das darin befindliche Restaurant nutzte beide Etagen, wie Maike wusste, und war rustikal eingerichtet. Über der Eingangstür prangte der Schriftzug Hof Gänseheim. Rechts davor befand sich ein Fachwerkhaus mit ebenfalls dunklen Balken, die Mauerteile rot verputzt, links eine Scheune, die vermutlich das Federvieh beheimatete. Im Innenhof dieser U-förmig angeordneten Gebäude waren Pflastersteine verlegt, in seiner Mitte stand ein gemauerter Brunnen mit Holzaufbau und Spitzdach, darunter eine Stange mit Spule und Kette, an der vielleicht heute noch Grundwasser nach oben befördert werden konnte. »Ah, die Kollegen von der Kripo!«, hörte Maike Polizeioberkommissar Gerold Schmidtke sagen, der von einem Feldweg seitlich des Haupthauses auf sie zutrat. Seine kurzen graubraunen Haare wurden vom Wind zerzaust, die Dienstmütze hielt er in der Hand, während er den Weg zum Tatort erklärte. Dort sei sein Partner Jan Bliefert mit dem Absperren beschäftigt. »Hoffentlich habt ihr festes Schuhwerk an. Ist matschig da draußen und du fliegst fast weg«, rief er ihnen nach. »Muss wohl gehen«, antwortete Teubner und schaute misstrauisch auf seine hellen Sportschuhe, bevor er vorauslief. Maike folgte ihm. Der scharfe Wind fegte ihr zum wiederholten Male die Kapuze vom Kopf und wirbelte ihr die langen braunen Haare ins Gesicht. Sie schob ihre Mähne hinter die Ohren, zog die Kapuze erneut über und hielt sie fest. Auf Zehenspitzen tänzelte ihr Kollege über die halbwegs trockenen Stellen des Weges, mehrfach fluchte er. Maike war froh, am Morgen ihre Boots angezogen zu haben. Nach einem Fünfminutenmarsch durch den Matsch erreichten sie ein kleines Waldstück, wo der Wind etwas von seiner Kraft einbüßte. Gleich an der Wegbiegung trafen sie auf zwei Männer, die sich gegenseitig beschimpften. Beide waren größer als Teubner. Einer trug Sneakers, schwarze Jeans und eine anthrazitfarbene Jacke von Wellensteyn, der andere Gummistiefel, einen Arbeitsoverall und eine dicke olivgrüne Öljacke. Teubner wies sich als Kriminalhauptkommissar aus und stellte auch Maike vor. »Da hinten liegt mein Vater«, rief der Mann im Freizeitdress gegen den Wind an. »Und der Bauer da hat ihn auf dem Gewissen!«
»Sie sind der Sohn des Opfers? Was ist passiert?«, fragte Maike und rieb sich fröstelnd die Arme. »Mein Name ist Andreas Teufel. Mir gehört das Restaurant auf dem Hof. Gesehen habe ich nichts, aber als der mich eben angerufen hat, wusste ich sofort, dass er jetzt völlig ausgerastet ist.« Er fuhr sich mit den Fingerspitzen durch die dunklen kurzen Haare, danach schob er die Hände in die Jackentaschen. »Gedroht hat er uns oft genug. Dass er allerdings so weit gehen würde …«
»Sachma, hast du sie noch alle?«, blaffte der Bauer und trat auf Teufel zu. »Wenn einer deinen Alten um die Ecke gebracht hat, dann warst ja wohl du das! Wie lange isses her, dass du drauf gewartet hass, dass der dir endlich den Hof überschreiben tut. Hä? Doch von euch hat niemand gewagt, die Schnauze gegen ihn aufzureißen. Außer vielleicht deine Kleine, die Melissa.«
»Halt den Mund!«, brüllte Andreas Teufel. »Mein Vater war schwierig. Ja. Das ist ja wohl kein Grund für einen Mord! Du hast ihn mehrfach bedroht. Dafür kann ich zig Zeugen benennen! Und ist doch seltsam, dass ausgerechnet du ihn gefunden haben willst.«
Der Bauer trat näher auf seinen Kontrahenten zu. Seine Augen blickten böse, sein Gesicht lief rot an. »Was willst du damit sagen? Hä?«, schrie er. »Der lag da. Ohne, dass ich ihn angerührt hab. Und da war er schon mausetot! Wo warst du denn, als es passiert is?«
Andreas Teufel packte den Landwirt am Kragen seiner Jacke. »Pass auf, was du sagst, Gerhard! Du hast meinen Vater gehasst!«
Borck befreite sich von dem Griff. »Ich hab nie gesagt, dass ich deinen Alten leiden kann. Das war ein intrigantes Arschloch! Schon immer! Ich werd dem keine Träne nachweinen. Aber ich wette, du tust dich selber freuen, dass er endlich weg is. Gezz kannze schalten und walten wiede willst.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. Ehe Andreas Teufel sich erneut auf den Bauern stürzen konnte, packte Teubner ihn am Arm. »Jetzt halten Sie mal beide den Ball flach! Da hinten liegt ein Toter! Und Sie haben nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig zu beschuldigen?«
Maike trat auf den Landwirt zu. »Würden Sie uns bitte schildern, was passiert ist, Herr …«
»Borck. Gerhard Borck. Ich bin hier Pächter. Aber das tut nix zur Sache.«
»Sie haben das Opfer gefunden? Wie kam es dazu? Was haben Sie hier draußen gemacht?«
»Genau!«, blaffte Andreas Teufel dazwischen. »Was hattest du im Wald zu suchen? Den hast du nicht gepachtet, Gerhard! Du hast meinen Vater gesehen, wolltest mit ihm reden und es ist wie so oft zum Streit gekommen! Nur, dass du diesmal die Kontrolle verloren hast.«
»Du kannst mich ma kreuzweise, du Arschloch! Kehr doch ersma vor deine eigene Tür. Ich sach gezz gar nix mehr.« Der Bauer drehte sich um und wollte gehen. »Nun seien Sie vernünftig, Herr Borck!«, mahnte Maike und wies Teubner mit einem Kopfnicken an, sich um Andreas Teufel zu kümmern. »Begleiten Sie mich bitte zum Fundort der Leiche? Dabei können Sie mir erklären, was Sie beobachtet haben.«
Borck grummelte etwas Unverständliches, setzte sich aber sogleich in Bewegung. Mit großen Schritten stiefelte er durch den Matsch, sodass Maike Schwierigkeiten hatte, ihm zu folgen. Seine massige Gestalt strahlte sture Verschlossenheit aus. Ob er mit dem Mord zu tun hatte? So konnte sie sich jedenfalls nicht mit ihm unterhalten. Vielleicht brauchte er etwas Zeit, um sich von dem Disput mit Andreas Teufel zu erholen. Endlich erreichten sie das rotweiße Absperrband, das im Wind flatterte und quer über den Weg zwischen zwei Bäumen befestigt war. Borck blieb stehen. Maike blickte hinter die Absperrung. Vom Kollegen Bliefert keine Spur. Aber auch ohne seine Hilfe erkannte sie die Leiche nur wenige Meter entfernt am Wegrand. Ein weißhaariger Mann lag...