Phillip | Weiche Knie und heiße Küsse | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 123 Seiten

Reihe: Digital Edition

Phillip Weiche Knie und heiße Küsse

Digital Edition
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7337-8813-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Digital Edition

E-Book, Deutsch, 123 Seiten

Reihe: Digital Edition

ISBN: 978-3-7337-8813-1
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine Kreuzfahrt vor den Kanaren - und das auch noch kostenlos? Da kann Lilo wohl kaum Nein sagen. Dumm nur, dass sie ausgerechnet an Bord Christian wiedersieht, in den sie vor Jahren heftig verliebt war. Ob sie es diesmal schafft, ihn von ihren Vorzügen zu überzeugen?

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1. KAPITEL

Lilo konnte sich kaum bewegen. Auf ihrem Schoß balancierte sie einen monströsen Reisekoffer, der ihr bei jeder Kurve unsanft einen Kinnhaken verpasste. Ihre Füße fühlten sich nach der ganzen Rennerei am Flughafen an, als hätte sie den Himalaya auf High Heels durchwandert, zudem blies ihr die Klimaanlage so tornadoartig in die Augen, dass sie tränten.

„Mach dich mal nicht so breit hier, Prinzessin“, knurrte Nils schläfrig, der dabei war, seinen Lockenkopf an Lilos Schulter zu parken.

„Mein Koffer braucht grade mal halb so viel Platz wie dein Ego, außerdem wird jetzt nicht geschlafen, wir sind gleich da!“

Lilo betrachtete die karge Landschaft durchs Busfenster. Die Sonne brannte auf die paar vereinzelten Kakteen, die am Straßenrand standen. Überhaupt wuchsen hier die Pflanzen völlig wild in der Gegend herum, die bei ihren Eltern daheim in Makramee-Blumenampeln gepflegt und gehätschelt wurden. In München hatte Schnee gelegen, als sie mit Nils gerade noch rechtzeitig am Flughafen angekommen war. Lilo hatte im Münchener Winter einfach immer wieder das Gefühl, langsam von innen Moos anzusetzen. Sie verbrachte entweder Stunden in der Badewanne, bis ihre Haut ganz runzlig war, oder kehrte täglich in Nils’ plüschiger Bar ein, um bei heißer Schokolade und Portwein ordentlich den Winterblues zu zelebrieren. Zwischendurch mal zu arbeiten wäre auch nicht das Schlechteste gewesen, aber Lilo bekam gerade nichts auf die Reihe.

„Komme ich eigentlich in die Hölle, wenn ich mich drüber freue, dass deine Mutter sich das Bein gebrochen hat?“

„Dann treffen wir uns da und haben einen Haufen Spaß! Du glaubst gar nicht, wie großartig ich das finde, mit dir eine Kreuzfahrt zu machen, Prinzessin!“

Nils braune Knopfaugen blitzten vergnügt, und sein Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen.

„Wir wären doch das perfekte Paar, mein Hase“, meinte Lilo seufzend, „was ist denn bloß an Jungs so aufregend?“

„Sie sehen gut aus, denken nicht so kompliziert und haben selten Bindegewebsschwäche – war es das, was du hören wolltest?“

Lilo zog eine Grimasse, klemmte seine Nase zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte sie um. Nils war einfach der beste Freund, den man haben konnte. Vor ein paar Jahren war sie an einem trüben Winterabend in seiner Bar gelandet, hatte sich fürchterlich mit ihm verquatscht, und als es draußen wieder hell wurde, hatte sie einen neuen Freund. Nils war nie um einen dummen Spruch verlegen, hatte ein Herz groß wie die Taiga und beherrschte die Disziplinen Problemlösungsstrategien, Shoppingberatung und gemeinsames Tatort-Gucken wie kein Zweiter. Zudem war er ein williger Begleiter, wenn bei Lilo mal wieder ein kleiner Schaulauf mit einem attraktiven Mann anstand. Nils hingegen interessierte sich für Frauen ungefähr so, wie ein Verhaltensforscher für seine Laborratten – neugierig, leicht befremdet und mit der entspannten Gelassenheit, auf der anderen Seite des Käfigs zu sein.

Dass Nils eindeutig schwul war, hatte Lilo die ersten paar Wochen zwar sehr bedauert, aber dann schnell festgestellt, dass er mit seinen Allüren und seinem Hang zu wilden Affären doch eindeutig besser als Freund geeignet war.

„Wenn ich mit dir verheiratet wäre, würde ich dir Gift in den Kaffee schütten, Prinzessin!“, hauchte er Lilo mit lasziver Stimme ins Ohr.

„Und wenn ich mit dir verheiratet wäre, würde ich ihn trinken, mein Hase“, entgegnete Lilo sanft und lächelte.

Der Bus war inzwischen am Hafen von Santa Cruz de La Palma angekommen. Er hielt auf einem riesigen, betonierten Parkplatz auf einer kleinen Anhöhe, von dem aus es nur noch ein paar Minuten bis zum Schiffsanleger zu gehen war, wie der Busfahrer in gebrochenem Deutsch über Mikrofon versicherte. Lilo wuchtete den schweren Koffer von ihren Beinen, drückte ihn Nils in die Hand, und gäbe es für möglichst elegantes Verlassen eines Verkehrsmittels einen Preis – Lilo hätte ihn sicher gewonnen. Sie strich ihr knallrotes Sommerkleid glatt, warf ihre langen, blonden Haare schwungvoll in den Nacken, und während sie die Stufen des Ausstiegs mit der Grandezza einer Liz Taylor herunterschritt, schob sie ihre riesige schwarze Sonnenbrille über die Augen. Das Kleid und die passenden leuchtendroten Sandalen hatte sie schon in München angezogen und während des Fluges grausam gefroren.

„Jetzt kurz frieren, nachher weniger transpirieren“, hatte sie Nils knapp entgegnet, als der die Augen verdrehte, „eine Kreuzfahrt ist ja schließlich keine Bustour in den Harz, und wenn ich schon zuhause grade nichts hinkriege, will ich mich wenigstens im Urlaub so fühlen, als hätte die Gala eben erst ein Sonderheft über mich gemacht.“

Wenn Lilo sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, halfen weder Vernunft noch gute Worte, das wusste Nils inzwischen und hatte sich jeden Kommentar verkniffen. Jetzt schleppte er zwei tiefgaragengroße Koffer ächzend hinter Lilo her.

„La Palma – 30 Grad – die Frisur sitzt“, kommentierte er Lilos großen Auftritt.

Die Sonne strahlte Anfang Februar so unverschämt warm vom Himmel, und die beiden standen plötzlich mitten in einer Postkarte: Vor ihnen breitete sich eine Bucht mit einem kleinen Hafen aus, das Wasser an der Mole schimmerte türkis, unzählige weiße Häuser schmiegten sich an einen grün bewachsenen Hügel, der sanft ins Meer auslief, das weiter hinten tiefblau im Horizont endete. Lilo musste unwillkürlich an eine Modelleisenbahn-Landschaft denken, so perfekt sah das alles aus. Sie atmete die laue Luft so gierig ein, dass Nils befürchtete, sie könnte gleich in Ohnmacht fallen. Auf einem Stein neben ihnen lag eine dicke Katze und döste vor sich hin.

Und wie mit einem Bildbearbeitungsprogramm in die Idylle hineinkopiert, lag mitten im Hafen ein majestätisch großes, blitzweißes Schiff. „MS Fortuna II“ war in dunkelblauen Lettern seitlich auf den Rumpf gemalt. Lilo zählte insgesamt fünf Decks, auf denen blau-weiß gestreifte Sonnenschirme und passende Liegen standen.

„Glaubst du, das ist unser Schiff? Wow, da kann ja eine ganze mittelhessische Kleinstadt mitfahren!“

„Und alle können auch noch ihre Kühe und Schafe mitnehmen“, ergänzte Nils. „Apropos Kühe, hast du die gesehen?“

Er zeigte auf ein Paar, das direkt hinter ihnen mit ihren Koffern hantierte. Die Frau bestand zum größten Teil aus Bauch und war unübersehbar schwanger, was so weit noch in Ordnung war. Allerdings trug sie einen bierzeltgroßen Jogginganzug, der über und über mit Häschen, Bärchen und anderem Getier bedruckt war. Auf ihrem Kopf saß ein pinkfarbenes Basecap, auf dem das Wort „Mutterschiff“ prangte. Ihre Haare waren zu Zöpfen geflochten, die unter der Mütze hervorlugten. Sie lachte schrill und kiekste, dass sie das alles hier „voll süß“ fände. Der dazu gehörige Mann war das, was man landläufig als „halbes Hemd“ bezeichnen würde. In seinem Lehrlingsgesicht wuchs ein zarter Oberlippenflaum, seine Augen waren von einer blau getönten Pilotenbrille bedeckt. Er trug ein Paar fleischfarbene Bermuda-Shorts, dazu ein staubgraues Poloshirt, und um seinen Hals baumelte ein zartes Silberkettchen mit Sternzeichenanhänger. Der Mann filmte den Begeisterungsausbruch mit dem Camcorder und tätschelte dabei den tierchenübersäten Bauch.

„Eigentlich wollte ich auch mal Kinder, aber wenn ich das sehe, dann überleg ich’s mir noch mal – glaubst du, es wächst einem quasi genetisch bedingt so ein Bärchen-Strampelanzug?“

„Dir bestimmt nicht, Prinzessin! Nur wenn ich so drüber nachdenke, könntest du auch zu den Muttis gehören, die ihren Kinderwagen so kampfbereit vor sich herschieben, als wäre es ein Panzer.“

„Was willst du denn damit sagen?“

„Dass ich gerne noch etwas länger was von dir hätte, so wie du bist, ohne Fläschchen und Lätzchen und ’nem Kerl an deiner Seite, der deinen Bauch filmt.“

Lilo lachte. Sie blickte in Nils’ verschmitztes Gesicht und war jetzt gerade einfach nur glücklich, hier zu sein, gleich das Schiff zu betreten und unter diesem knallblauen Himmel übers Meer zu schippern. Die Luft war weich und leicht wie ein seidener Morgenmantel und schmeckte nach Salz. Über allem lag ein Duft von warmem Asphalt und Hibiskusblüten.

Im Grunde war Lilo mit ihrem jetzigen Leben ganz zufrieden. Sie hatte den besten Freund an ihrer Seite, den man nur haben konnte, einen prima Job als Illustratorin für Kinderbücher und ein eigenes kleines Büro, in dem sie tun und lassen konnte, was sie wollte. Alles in allem also gar nicht so schlecht – aber irgendwie lief es nicht richtig rund. Lilo hatte sich in den letzten Monaten immer wieder einmal ein bisschen einsam gefühlt. Meistens am Abend, wenn sie nach Hause kam. Dann war sie oft noch mal in Nils’ Bar gegangen, obwohl sie müde war, hatte ein bisschen geplaudert, ihren heiß geliebten spanischen Kakao getrunken und andere Paare beobachtet. So hatten sie und Robert wohl auch in der Endphase ausgesehen – muffig, voneinander gelangweilt und völlig lustlos.

Robert – mein Gott, war sie froh, diesen Typen endlich los zu sein! Dann lieber allein, als einen, der von heute auf morgen verschwand, weil er noch mal ganz dringend durch Indien trampen musste, bevor er vierzig war. Der sich wochenlang nicht meldete, dann plötzlich wieder auf der Matte stand, ohne Entschuldigung, in einer albernen Batikhose und einer Armee exotischer Krabbeltierchen im Rucksack. Den Kammerjäger hatte natürlich Lilo bezahlt. Robert war der letzte in einer Reihe totaler Vollidioten gewesen, in die Lilo sich – anscheinend in...



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