E-Book, Deutsch, 156 Seiten
Pfeffer Die kleine IFR-Fibel
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-947487-24-0
Verlag: Peppair GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein kompakter Leitfaden für die Ausbildung und die ersten Alleinflüge
E-Book, Deutsch, 156 Seiten
ISBN: 978-3-947487-24-0
Verlag: Peppair GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Du bereitest dich gerade auf deine IR-Prüfung vor oder stehst am Anfang deiner Fliegerkarriere? Dann findest du hier in kompakter Form erprobte Anleitungen für deine IFR-Praxis. Die Basis hierfür ist mein Erfahrungsschatz als Berufspilot und IR-Fluglehrer. Von der Flugplanung bis zur Landung bekommst du erprobte Standardverfahren und viele nützliche Tipps an die Hand, inklusive spezieller IFR-Themen wie den Umgang mit Gewittern, Eis und Sauerstoff. Die Theorie beschränkt sich in diesem Buch auf Szenarien, in denen du wichtige Vorgaben einhalten musst und die man sich in ihren Details oft schwer merken kann. Zusätzlich findest du im Anhang ein umfangreiches Glossar, wichtige Zusatzinformationen und beispielhafte Checklisten. Mit den Einnahmen aus diesem Buch unterstützen wir die Stiftung Mayday, die in Not geratenen Luftfahrern und deren Angehörigen hilft (www.stiftung-mayday.de).
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Ankunft auf der Reiseflughöhe
Ab einer Höhe von 1.000ft unter deiner gewählten Höhe sollte deine Aufmerksamkeit auf dem Höhenmesser liegen, denn du hast die Verantwortung, korrekt auszuleveln, auch wenn der Autopilot fliegt. Wenn du einmal vergessen hast, beim Autopiloten den Baro-Wert mitzuziehen, hast du einen »Level-Bust« hingelegt, der unangenehme Konsequenzen hat, von der Rüge über die Strafe bis zum Crash. Üblich sind Callouts bei 1.000ft (»1.000 to go«) und bei 100ft (»approaching FL100«) vor der nächsten freigegebenen Flughöhe. Wenn dein Flugzeug eine gute Steigleistung hat, solltest du die Steiggeschwindigkeit auf den letzten 1.000ft auf 1.000ft/min begrenzen, sonst besteht die Gefahr, dass das Kollisionswarnsystem (TCAS) des darüber fliegenden Verkehrs auf deine schnelle Annäherung reagiert. Gut ist es, in diesen letzten 1.000ft auch die Anzeige auf dem Transponder zu prüfen. Da dieser immer auf die Standard-Druckfläche eingestellt ist und ATC den angezeigten Wert übermittelt bekommt, kannst du hier Fehler in deinen Einstellungen oder in deiner Avionik erkennen. Am Ende sollte der Transponder auf der korrekten Flugfläche stehen, auch wenn dein Höhenmesser etwas mehr oder weniger anzeigt. Das verhindert Rückfragen seitens ATC. Abweichungen von bis zu 150ft sind noch in der Toleranz; wenn es mehr ist, solltest du deinen Avioniker zu Rate ziehen. Ansonsten gibt es jetzt im Reiseflug nicht viel zu tun, außer die Motorparameter zu überwachen, den Kraftstoff zu managen und ab und zu einen neuen Wegpunkt anzusteuern oder im Funk auf den nächsten Sektor zu wechseln. Bei der Überwachung des Motors solltest du zum einen prüfen, ob alle Parameter in Limits sind, und zum anderen, ob alles plausibel ist, also ob Drehzahl, Ladedruck und Geschwindigkeit zusammenpassen. Tun sie das nicht, könnte das an technischen Problemen oder an Vereisung liegen. Der Aufwand für das Fuel-Management hängt von der Komplexität deines Flugzeugs ab: Die Zusammenhänge zwischen Tanks und ggf. Transferpumpen solltest du in- und auswendig kennen. Das Funken und Navigieren ist auf der Strecke sehr einfach, dabei wirst du überwiegend reaktiv unterwegs sein. Beim Einchecken in einen neuen Sektor reicht es, die aktuelle Höhe und die aktuelle Navigation, also den aktiven Wegpunkt oder das von ATC angeordnete Heading mitzugeben. Beispiele: Du: »Langen Radar, hallo, DEABC, FL110 inbound TAGIK.“ oder Du: »Langen Radar, hallo, DEABC, FL070, radar heading 320.« Ansonsten hast du jetzt Zeit für Catering oder den MP3-Player und kannst den Flug genießen. In den folgenden Kapiteln wende ich mich ein paar speziellen Themen zu, die deine Idylle über den Wolken beeinträchtigen könnten: Eis, Gewitter, Sauerstoff, Notfälle usw. Umgang mit Eis
Generell besteht die Gefahr von Vereisung immer, wenn sichtbare Feuchtigkeit vorhanden ist und die Temperatur im negativen Bereich liegt. Wenn es kälter als ca. -20 oder -25 Grad ist, wird die Wolke zum Großteil aus Eis bestehen und nicht mehr aus unterkühltem Wasser, hier ist das Risiko für Eisansatz deutlich kleiner. Die größte Vereisungsgefahr besteht also in einem Temperaturbereich zwischen +5 Grad und -25 Grad. Der Effekt des »Ram Rise«, also die Erhöhung der Temperatur des Flugzeugs durch die Geschwindigkeit in der umgebenden Luft, ist für Kolbenmotorflugzeuge noch nicht relevant. Was passiert bei Vereisung? Das unterkühlte Wasser gefriert an deinem Flugzeug und bringt dich in Schwierigkeiten. Das größte Problem ist die veränderte Aerodynamik deines Flugzeugs. Das Profil an Trag- und Steuerflächen verändert sich und der Widerstand erhöht sich. Bei aerodynamisch hochwertigen Flugzeugen kann schon ein geringer Eisansatz deine Geschwindigkeit um 20kt reduzieren. Die Intensität des Eises ist aus den Vorhersagen schwer abzuschätzen. Im schlechtesten Fall kann Vereisung innerhalb von wenigen Minuten dein Flugzeug fluguntauglich machen. Lass uns zunächst einmal über Flugzeuge ohne Enteisungssysteme reden. Ohne eine solche Ausrüstung sollte dir für eine sichere Flugdurchführung der Weg nach unten in positive Temperaturen immer möglich sein. Liegt die Nullgrad-Grenze am Boden oder niedriger, weil es Winter ist, oder die Strecke über hohe Berge führt, kannst du den Flug nur angehen, wenn du dir sicher bist, dass es keine Bewölkung geben wird. Auch ein Umdrehen nach Einflug in Wolken wird wenig Besserung bringen, denn du bist immer noch im negativen Temperaturbereich. Und auch wenn dein Flugzeug weiterfliegt, wird dir die Eisschicht auf der Scheibe die Landung erschweren oder unmöglich machen. Es kann jedoch unterwegs Situationen geben, die nicht wie eben beschrieben planbar sind. Wenn du an der Sonne in negativen Temperaturen unterwegs bist, kannst du für einzelne Wolken in deinem Weg ein Ausweich-Heading bei ATC erfragen (»request 20 degrees to the left to avoid«). Wenn die Wolke nicht umfliegbar ist, und dir der Weg nach unten ins Warme offensteht, kannst du es darauf ankommen lassen und ausprobieren, wie stark die Vereisung in der Wolke ist. Bedenke: Selbst wenn du kurz darauf wieder an der Sonne fliegst, sind die Temperaturen immer noch negativ und das Eis auf deinem Flugzeug sublimiert nur sehr langsam. Du musst also eine Zeit lang mit dem aufgeladenen Eispanzer leben. Ähnliches kann dir passieren, wenn du im Anflug aus der Sonne in die Wolken musst, und ATC dich kreuz und quer durch das Eis vectored. Wenn so etwas abzusehen ist, besprich deine Lage mit ATC, damit du möglichst lange über den Wolken bleiben kannst und einen möglichst steilen und direkten Anflug bekommst. Ein weiterer Faktor für die Vereisung ist die Temperatur deines Flugzeugs. Wenn du im Steigflug bist und mit einem warmen Flugzeug ins Eis fliegst, wird es zunächst nicht so schnell an deiner Maschine anhaften. Wenn du hingegen von oben mit einem sehr kalten Flugzeug kommst, kann auch im positiven Temperaturbereich Feuchtigkeit an deinem Flugzeug anfrieren. Was tun, wenn du plötzlich in Vereisungsbedingungen bist? Du musst ins Warme kommen und dazu benötigst du eine Freigabe von ATC. Das kann in verschiedenen Eskalationsstufen erfolgen. Wenn die Lage für dich so langsam unangenehm wird, kannst du einen Sinkflug in eine Höhe mit Plusgraden beantragen. Bedenke hierbei, dass du für die Zeit bis dorthin immer noch in Vereisungsbedingungen sein kannst, also nicht zu lange damit warten. Falls die Lage etwas dramatischer ist, kannst du mit dem Schlüsselwort »immediate« die Dringlichkeit deiner Anfrage betonen. In diesem Fall würde ich ATC auch anbieten, dass jede laterale Richtung für dich okay ist. Das gibt ATC mehr Flexibilität bei der Staffelung und die Freigabe kommt im Zweifelsfall etwas früher. Die letzte Eskalationsstufe ist, eine Notlage zu erklären und den Sinkflug ohne Freigabe einzuleiten. Das zieht dann Telefonate und eventuell auch Schriftverkehr nach sich, aber in diesem Moment geht es um dein/euer Überleben. Wenn du diese Karte ziehst und auf einem Airway bist, empfiehlt es sich, um 30 Grad nach links oder rechts vom Airway abzuweichen, um Abstand zum darunter fliegendem Verkehr zu bekommen. Du solltest demnach wirklich auswendig wissen, wie das Verfahren für einen Notsinkflug in deinem Flugzeug ist. In solchen Situationen hast du keine Zeit, um nachzulesen! Damit es für dich plastischer wird, hier beispielhaft die Funksprüche zu diesen drei Situationen: Du: „D-BC, request descend to FL80 due to ice.” Du: „D-BC, request immediate descent due to ice, accept any heading.” Du: „D-BC, mayday, mayday, mayday, emergency descend on heading 170.” Wenn du ohnehin im Anflug bist, musst du es bis zur Landung durchziehen. Sobald du ins Warme kommst, wird hoffentlich irgendwann die Scheibe wieder frei (hier solltest du mit der »Defrost«-Stellung deiner Heizung nachhelfen – das ist aber keine Garantie, dass es auch klappt) und das Eis verschwindet auch vom Rest des Flugzeugs. Sei dir aber bewusst: Restliches Eis auf dem Flugzeug ist unangenehm, restliches Eis auf der Scheibe kann hingegen eine Landung unmöglich machen. Konkret: Auch mit relativ viel Eis an den Tragflächen wird dir so ein Anflug gelingen, wenn du wegen der jetzt unbekannten Aerodynamik mit deutlich höheren Geschwindigkeiten anfliegst. Mit einem Eispanzer auf dem Flugzeug werden Konfigurationsänderungen zum Risiko. Auf das Fahrwerk kannst du nicht verzichten, aber wenn du eine lange Piste anfliegst, ist es eine Überlegung wert, mit entsprechender Marge in der Anfluggeschwindigkeit ohne Klappen zu landen. Wenn du dann an der Tankstelle stehst und die Eisbrocken vom Flieger fallen, ist Heldengefühl fehl am Platz, denn ein Durchstarten wäre in dieser Situation sehr schwierig geworden. Warum ich dieses Szenario dennoch so plastisch beschreibe, auch wenn es gefährlich ist? In der praktischen IFR-Fliegerei gilt es zwar, solche Anflüge durchs Eis zu vermeiden oder zu reduzieren (kurzer steiler Anflug), es kann jedoch Flüge geben, die entgegen aller Planung so enden. Nun gibt es auch Flugzeuge mit Enteisungssystemen,...