E-Book, Deutsch, Band 4, 199 Seiten
Reihe: Vicky Bliss
Peters Vicky Bliss und der versunkene Schatz - Der vierte Fall
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96148-281-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kriminalroman
E-Book, Deutsch, Band 4, 199 Seiten
Reihe: Vicky Bliss
ISBN: 978-3-96148-281-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Elizabeth Peters (1927 - 2013) ist das Pseudonym von Barbara G. Mertz, einer amerikanischen Autorin und Ägyptologin. Sie promovierte am berühmten Orient-Institut in Chicago und wurde für ihre Romane und Sachbücher mit vielen Preisen ausgezeichnet. Einer dieser Preise, der »Amelia Award«, wurde sogar nach ihrer beliebten Romanfigur benannt, der bahnbrechenden Amelia Peabody. Besonders ehrte sie jedoch, dass viele ÄgyptologInnen ihre Bücher als Inspirationsquelle anführen. Die »Amelia Peabody«-Reihe von Elizabeth Peters bei dotbooks umfasst: »Das Rätsel der Mumie« »Der Fluch des Pharaonengrabes« »Im Tal der Squinx« »Der Sarkophag« »Verloren in der Wüstenstadt« »Schatten über dem Nil« »Der Ring der Pharaonin« Die »Vicky Bliss«-Reihe von Elizabeth Peters bei dotbooks umfasst: »Vicky Bliss und der geheimnisvolle Schrein« »Vicky Bliss und die Straße der fünf Monde« »Vicky Bliss und der blutrote Schatten« »Vicky Bliss und der versunkene Schatz« »Vicky Bliss und die Hand des Pharaos« Auch bei dotbooks erscheint ihre Krimireihe um Jacqueline Kirby: »Der siebte Sünder - Der erste Fall für Jacqueline Kirby« »Der letzte Maskenball - Der zweite Fall für Jacqueline Kirby« »Ein preisgekrönter Mord - Der dritte Fall für Jacqueline Kirby« »Ein todsicherer Bestseller - Der vierte Fall für Jacqueline Kirby« Unter Barbara Michaels veröffentlichte bei dotbooks ihre Romantic-Suspense-Romane: »Der Mond über Georgetown« »Das Geheimnis von Marshall Manor« »Die Villa der Schatten« »Das Geheimnis der Juwelenvilla« »Die Frauen von Maidenwood« »Das dunkle Herz der Villa« »Das Haus des Schweigens« »Das Geheimnis von Tregella Castle« »Die Töchter von King's Island« Sowie ihre historischen Liebesromane: »Abbey Manor - Gefangene der Liebe« »Wilde Manor - Im Sturm der Zeit« »Villa Tarconti - Lied der Leidenschaft« »Grayhaven Manor - Das Leuchten der Sehnsucht«
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Kapitel 2
... so würde ich die Niederschrift beginnen, ich würde einen Thriller schreiben und nicht eine einfache Folge von Ereignissen aufzeichnen. Wie ihm sein Unterfangen gelang, werden wir nie erfahren. Daher muß ich darauf verzichten, den Anfang der Geschichte chronologisch zu beginnen und von dem Mann zu berichten, der der brennenden Metropole zu entkommen versuchte, und wie er es anstellte.
Sicher ist nur, daß es ihm gelang.
Soweit sie mich betrifft, beginnt die Geschichte viele Jahre später und ziemlich banal: Mit einem Streit mit der Sekretärin meines Chefs.
Meistens gehe ich ziemlich gutgelaunt an meine Arbeit. Doch an diesem Montagmorgen war es anders. Ich hatte – gegen meine Gewohnheit – in der Nacht zuvor zu viel getrunken. Mein Schädel brummte, ich kam später als üblich an meinen Arbeitsplatz. Normalerweise wäre ich schweigend darüber hinweggegangen, als ich sah, was Gerda angerichtet hatte. Doch nicht an diesem Montag. Ich reagierte gereizt.
Gerda ist, wie ich schon erwähnte, die Sekretärin meines Chefs. Dieser gewichtige Mann ist Dr. Joachim Z. Schmidt, Direktor der Gräfenstein-Sammlung. Die ›Gräfe‹, wie wir sie kurz zu nennen pflegen, ist nicht besonders groß, aber exquisit. Es gibt in München eine Menge größerer Galerien, aber kaum eine mit so erlesenen Ausstellungsstücken in relativ kleinem Rahmen. Sie befindet sich in einem Palais des 18. Jahrhunderts, das der spätere Besitzer, ein bayerischer Aristokrat, der Stadt vermacht hat. Wir verfügen über eine seltene Sammlung antiken Spielzeugs, über einen großen Saal mit mittelalterlichen Kunstwerken und einen kleineren mit Gemmen. Ein Baron von Gräfenstein hat zudem einer seltsamen Laune nachgegeben und Damenunterwäsche gesammelt, aber diese Kollektion ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich und nur für Studenten der Kostümkunde einzusehen.
Unser Personalbestand ist ziemlich bescheiden. Obwohl Gerda offiziell nur dem Direktor unterstellt ist, muß sie praktisch die gesamte Schreibarbeit erledigen. Das macht ihr nichts aus, sie ist unheimlich arbeitsam. Aber auch – wie viele tüchtige Frauen – eine Wichtigtuerin. Sie ist neugierig und kümmert sich um Angelegenheiten, die sie nichts angehen. In Bayern nennt man das ›gschaftlhuberisch‹.
Ich muß zugeben, daß mein Schreibtisch selten aufgeräumt ist und nie ordentlich aussieht. Doch meine Schlamperei hat eine gewisse Methode, und es gelingt mir immer, das, was ich suche, sofort zu finden. Das kann Gerda, auf deren Schreibtischplatte die gespitzten Bleistifte wie zur Parade ausgerichtet sind, nicht verstehen. Kein Wunder, daß sie mein Zuspätkommen ausgenützt hatte, um richtig Ordnung zu schaffen, obschon ich ihr das wiederholt verboten hatte. Meine Notizen waren zu einem sauberen Haufen gestapelt, mein altes Löschpapier, auf das ich unzählige Telefonnummern gekritzelt hatte, von einem neuen ersetzt, das in makellosem Weiß erstrahlte und keinerlei Informationen enthielt. Meine Post war sauber geordnet und in der geometrischen Mitte der Schreibtischplatte platziert. Ich hatte gute Laune, Gerda zu erwürgen, doch ich beschloß, zuerst einen Kaffee zu trinken, um nicht zornig die Treppe hinunterzulaufen und mir einen Fuß zu brechen, ehe ich die Finger um ihre Gurgel legen konnte. Also schaltete ich den elektrischen Kocher ein und sah die Post durch.
Nichts Besonderes. Einladungen, Prospekte von akademischen Verlagen, Briefe von Studenten, die in der ›Gräfe‹ fotografieren wollten und um entsprechende Erlaubnis baten. Als letztes unter dem Stapel lag ein größerer brauner Umschlag. Unbeschrieben. Weder der Name des Museums noch mein eigener war zu lesen. Ich entnahm ihm eine Fotografie, die auf ein Stück Pappe aufgeklebt war.
Sie war schwarzweiß und etwas unscharf, was eine Amateur-Aufnahme vermuten ließ. Ich starrte auf das Bild, und eine vage Erinnerung wurde in mir wach. Doch mein alkoholisiertes Gehirn registrierte nicht, wo ich diese Fotografie schon einmal gesehen hatte. Aber ich wußte, daß das der Fall war.
Das Bild stellte eine Frau dar. Eine Frau in reifen Jahren, weder schön noch häßlich. Es hätte eine beliebige alternde Hausfrau sein können, wenn nicht der Schmuck gewesen wäre. Ein eingefaßtes Diadem, mehrere Zoll breit, umrahmte ihre Stirn. Metallene Schnüre und Ketten hingen an ihm herab. Schwere Ohrringe baumelten an den Ohrläppchen. Und das Oberteil des schwarzen Kleides war von mehreren Reihen solider Halsbänder verhangen, die aus Gold oder Silber zu sein schienen.
Das Foto ließ sich unschwer von der Unterlage ablösen. Doch auch die Rückseite bot keine neuen Erkenntnisse. Sie war glatt und unbeschrieben und trug keinen Stempel oder sonstiges Merkmal des Fotografen. Die etwas verhärmten Züge der Frau ließen auf eine alternde Sängerin schließen, denn der übertriebene Behang mit wahrscheinlich falschem Schmuck deutete auf eine exotische Oper wie Lakmé oder Aida.
Warum aber sollte mir jemand das Bild einer abgetakelten Opernsängerin schicken?
Der Kaffee tat schließlich seine Wirkung. Ich fand genügend Kraft, mich von meinem Stuhl zu erheben. Es wartete zwar ziemlich viel Arbeit auf mich, aber es erschien mir vordringlich, Gerda zu erwürgen.
Mein Büro liegt ziemlich hoch, in einem der Türmchen, die unser Palais schmücken. Ich habe es hauptsächlich wegen der schönen Aussicht gewählt; durch das breite Fenster kann man die Zwiebeltürme der Frauenkirche sehen und bei klarem Wetter die hundert Kilometer entfernte Alpenkette. Ein anderer Grund ist die Abgeschiedenheit. Nur wer mich dringend sehen will, entschließt sich, die steile Treppe hochzusteigen. Was mich betrifft, rede ich mir ein, Treppensteigen sei gut für die Linie.
Das Büro des Direktors befindet sich im zweiten Stock, trotzdem mußte ich bis zur Halle hinuntergehen, denn die einzelnen Treppen sind untereinander nicht verbunden. Und dann nochmals zwei Stockwerke hoch. Ich war ziemlich geladen, als ich das Vorzimmer, Gerdas Herrschaftsbereich, erreichte.
Sie hatte mich erwartet. Sie hämmerte auf ihre Schreibmaschine ein und tat, als hätte sie mich nicht bemerkt, obwohl ich durch das Zimmer stampfte. Als ich ihre Bluse sah, war ich noch mehr verärgert, denn es war eine Kopie der Bluse, die ich vergangene Woche getragen hatte.
Eigentlich sollte es mir schmeicheln, daß Gerda aussehen wollte wie ich, aber das kann nicht klappen, denn wir beide sind zu verschieden. Sie ist klein und zierlich und dunkel und ich blond und einsfünfundsiebzig groß.
Welche Frau bei klaren Sinnen könnte es wünschen, so groß zu sein? Wie kann man mit koketter Schüchternheit zu einem Mann aufschauen, wenn er bestenfalls gleich groß ist, aber meistens kleiner. Mit einer Heugabel in der Hand würde ich aussehen wie eine Bäuerin, mit einem Speer wie eine unterernährte Walküre. Ich würde gerne niedlich sein wie sie, sie eine Bohnenstange wie ich.
Ich schlug mit der Fotografie auf die Kante ihres Schreibtisches. Es klang wie ein Schuß, und Gerda sprang auf.
»Warum hast du meine Post aufgemacht«, brüllte ich. »Wie oft hab' ich dir schon gesagt, du sollst das nicht tun.«
Die deutsche Sprache eignet sich besonders gut dazu, seinem Zorn freien Lauf zu lassen. Gerda, wenn sie sich verteidigte, spricht in ihrem Schulenglisch zu mir.
»Es ist meine Pflicht, als erstes die Post durchzusehen. Ich muß doch feststellen, welche Briefe an den Direktor gehen, welche an die Verwaltung oder an die einzelnen Abteilungen ...«
So schrien wir eine Weile aufeinander ein, in einem wunderlichen Sprachgemisch. Dabei war das Ganze ziemlich sinnlos. Alle Angestellten kannten Gerdas Gewohnheiten und ihre Beharrlichkeit, und keiner von uns ließ persönliche Post ins Museum kommen. Die Szene wurde durch den Direktor unterbrochen, der aus seinem Büro kam und unserem Gebell seinen Baß hinzufügte.
»Ist das hier ein Tierpark oder ein Kunstinstitut? Kann man sich denn konzentrieren, wenn zwei Furien aufeinander losgehen? Worum geht es überhaupt?«
»Das wissen Sie doch sehr gut, Herr Direktor«, sagte ich schnell. »Selbst wenn Sie nicht an der Tür gelauscht haben. Unsere Stimmen hätten auch eine Panzertür durchdrungen.«
Dr. Schmidt zwirbelte an seinem Schnurrbart. Er ließ ihn kräftig wachsen, wahrscheinlich um den Mangel an Haar auf seinem Kopf zu kompensieren. Vielleicht war Fu-Manchu sein Vorbild, denn er hatte eine Vorliebe für Sensationsliteratur. Er war nicht viel größer als Gerda, und mit seinem Bäuchlein und seinen rosigen Wangen glich er einem liebenswürdigen Gartenzwerg.
»Also die Post! Wieder einmal die verdammte Post!« Er wandte sich herausfordernd an mich. »Ein Brief von einem Ihrer Verehrer, Miß Bliss?«
Er versuchte einen Blick auf das Foto in meiner Hand zu erhaschen. Ich gab es ihm bereitwillig.
»Ich muß Sie leider enttäuschen, Schmidt.« Wenn es nicht um dienstliche Dinge geht, darf ich auf eine formelle Anrede verzichten. »Glühende Liebesbriefe erreichen mich an meiner Privatadresse. Ich habe keine Ahnung, von wem dieses Schreiben stammt, weil Gerda den äußeren Umschlag weggenommen hat. Und auch das Begleitschreiben, falls ein solches beigelegen hat.«
Schmidt betrachtete nachdenklich die Fotografie. »Wo habe ich dieses Gesicht schon gesehen?«
»Konzentrieren Sie sich lieber auf den Schmuck«, riet ich. »Sieht aus wie Theaterschmuck. Kaum für unsere Sammlung geeignet ...«
»Nein, nein, da haben Sie ganz recht. Aber trotzdem – irgend etwas kommt mir bekannt vor ...«
Gerda räusperte sich. »Ich habe es sofort erkannt«, begann sie in ihrer bescheidenen Art. »Als ich vor zwei Jahren den Universitätskurs bei Professor Dr. Eberhardt-Simonson belegt habe – Antike Kunst in Kleinasien...




