E-Book, Deutsch, 1445 Seiten
Peters Miss Kirby und das Lächeln des Todes
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-96655-680-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Vier Krimis in einem eBook: "Der siebte Sünder", "Der letzte Maskenball", "Ein preisgekrönter Mord" und "Ein todsicherer Bestseller"
E-Book, Deutsch, 1445 Seiten
ISBN: 978-3-96655-680-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Elizabeth Peters (1927 - 2013) ist das Pseudonym von Barbara G. Mertz, einer amerikanischen Autorin und Ägyptologin. Sie promovierte am berühmten Orient-Institut in Chicago und wurde für ihre Romane und Sachbücher mit vielen Preisen ausgezeichnet. Einer dieser Preise, der »Amelia Award«, wurde sogar nach ihrer beliebten Romanfigur benannt, der bahnbrechenden Amelia Peabody. Besonders ehrte sie jedoch, dass viele ÄgyptologInnen ihre Bücher als Inspirationsquelle anführen. Die »Amelia Peabody«-Reihe von Elizabeth Peters bei dotbooks umfasst: »Das Rätsel der Mumie« »Der Fluch des Pharaonengrabes« »Im Tal der Squinx« »Der Sarkophag« »Verloren in der Wüstenstadt« »Schatten über dem Nil« »Der Ring der Pharaonin« Die »Vicky Bliss«-Reihe von Elizabeth Peters bei dotbooks umfasst: »Vicky Bliss und der geheimnisvolle Schrein« »Vicky Bliss und die Straße der fünf Monde« »Vicky Bliss und der blutrote Schatten« »Vicky Bliss und der versunkene Schatz« »Vicky Bliss und die Hand des Pharaos« Auch bei dotbooks erscheint ihre Krimireihe um Jacqueline Kirby: »Der siebte Sünder - Der erste Fall für Jacqueline Kirby« »Der letzte Maskenball - Der zweite Fall für Jacqueline Kirby« »Ein preisgekrönter Mord - Der dritte Fall für Jacqueline Kirby« »Ein todsicherer Bestseller - Der vierte Fall für Jacqueline Kirby« Unter Barbara Michaels veröffentlichte bei dotbooks ihre Romantic-Suspense-Romane: »Der Mond über Georgetown« »Das Geheimnis von Marshall Manor« »Die Villa der Schatten« »Das Geheimnis der Juwelenvilla« »Die Frauen von Maidenwood« »Das dunkle Herz der Villa« »Das Haus des Schweigens« »Das Geheimnis von Tregella Castle« »Die Töchter von King's Island« Sowie ihre historischen Liebesromane: »Abbey Manor - Gefangene der Liebe« »Wilde Manor - Im Sturm der Zeit« »Villa Tarconti - Lied der Leidenschaft« »Grayhaven Manor - Das Leuchten der Sehnsucht«
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Kapitel 2
Am folgenden Tag sah sich Jean einem der überaus seltenen Anfälle von Arbeitseifer ausgesetzt. Sie recherchierte mit grimmiger Entschlossenheit und widerstand allen Versuchungen durch ihre Freunde. Da die Institutsbibliothek zu den wenigen Orten in Rom zählte, die amerikanische Öffnungszeiten einhielten, konnte sie vom frühen Morgen bis abends um acht arbeiten. Etwa um diese Uhrzeit passierte eine Woche später das Unvermeidliche. Als sie vor einem Blatt Papier saß und erschöpft den Text studierte, kamen ihr die Worte plötzlich so unverständlich wie Hieroglyphen vor. Ihr Magen knurrte entsetzlich, und ihr Kopf schien losgelöst von ihrem Körper im freien Raum zu schweben.
Jean schob ihre Unterlagen zu einem unordentlichen Stapel zusammen und verließ ihr Büro. Sie war ausgehungert, sehnte sich jedoch nicht nur nach etwas Eßbarem, sondern wollte Geselligkeit, lachen und sich unterhalten, ein Glas Wein, einen riesigen Teller Spaghetti Bolognese, zwölf Stunden Schlaf und ein Bad nehmen – und das nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Keiner dieser verständlichen Wünsche schien spontan realisierbar. Die nächste Trattoria war etwa einen Kilometer entfernt, und ihre sämtlichen Freunde schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.
Als sie sich der Treppe näherte, sprang eine der Bürotüren auf. Jean blieb stehen. Der Flur war nur schwach beleuchtet, doch sie erkannte die bronzefarbene Haarpracht und die voluminöse Handtasche. Seit sie die Tasche das letztemal gesehen hatte, schien sie noch schwerer und ausladender geworden zu sein, und sie überlegte, welche widersinnigen Gegenstände mittlerweile hinzugekommen waren.
»Guten Abend«, sagte Jacqueline Kirby. »Sie wirken wie ein Häufchen Elend. Wie geht es Ihnen?«
»Hervorragend.« Das hatte wie ein wenig überzeugendes Krächzen geklungen, und Jean räusperte sich. »Ich bin schlicht und einfach hungrig. Ich arbeite seit ... Welcher Tag ist eigentlich heute?«
»Freitag. Ich weiß, daß Sie gearbeitet haben; ich habe Sie beobachtet.« In Jacquelines Stimme schwang eher Neid als Mitgefühl mit. »In Ihrem Alter konnte ich das auch noch. Das und eine ganze Menge anderer Dinge, zu denen ich heute nicht mehr in der Lage bin ... Soll ich Sie nach Hause fahren? Oder sind Sie auf dem Weg zu Andy?«
»Mir geht es hervorragend«, wiederholte Jean vage. Sie dachte an den letzten von ihr verfaßten Absatz. Dann wurde die allgegenwärtige Aura der Wissenschaft schlagartig von einer Tatsache verdrängt.
»Andy? Andys Party! Für seinen Vater ... Ist er schon gegangen?«
»Wer? Wohin?«
»Andy. Er war den ganzen Nachmittag in seinem Büro.«
»Er ging um fünf, um sich auf die Party vorzubereiten.«
»Ja, die Party.« Jean schüttelte sich. »Gütiger Himmel, bin ich erledigt! Ich muß mich beeilen. Verflucht. Ich sehe aus wie ... Wie spät ist es?«
»Beruhigen Sie sich. Die Party beginnt um neun, folglich wird es erst gegen zehn Uhr interessant. Ihnen bleibt noch genug Zeit, um die Spuren Ihrer Arbeitskonzentration zu beseitigen.«
»Wie steht's mit Ihnen?« Jean schüttelte den Kopf. »Heute abend erzähle ich wirklich einen Haufen Unsinn. Ich meine, Sie sehen großartig aus. Sie brauchen sich nicht –«
»In meinem Alter kann ich ohnehin nicht mehr viel für mich tun«, bemerkte Jacqueline betrübt. »Trotzdem sollte ich vermutlich einen Versuch wagen ... Wollen Sie nun mitfahren oder nicht?«
Als Jean das Zwinkern in ihren Augenwinkeln bemerkte, entspannte sie. »Vielen Dank. Wenn es für Sie kein Umweg ist, gern. Ich wußte gar nicht, daß Sie ein Auto haben.«
»In den letzten Tagen ist Ihnen einiges entgangen. Während Ihres Arbeitsrauschs ist meine Freundin Frau Hilman in Urlaub gefahren und hat mir ihr Auto und ihre Wohnung überlassen.«
»Angenehm, solche Freunde zu haben.«
»Sie hat mir auch ihre Perserkatze, ihren rosafarbenen Pudel und ihr Meerwasseraquarium anvertraut. Die Katze mußte ich bereits mehrfach vom Aquarium verscheuchen, dem Pudel bereite ich tagtäglich sein Gourmetmenü zu, und langsam frage ich mich, ob ich wirklich einen guten Handel eingegangen bin.«
Sie traten aus dem Gebäude in die laue, diesige römische Abendluft, und Jean nahm einen tiefen, befreienden Atemzug.
»Das Auto steht da hinten«, erklärte Jacqueline. Sie zögerte und fuhr dann beinahe widerwillig fort: »Haben Sie nicht Lust, mit zu mir zu kommen, und ich mache uns Rührei oder irgendeine Kleinigkeit? Es gibt auch eine Dusche. Ich möchte nicht wie eine Fernsehwerbung klingen, aber ich habe selbst lange genug in Studentenunterkünften gehaust und kenne die winzigen Waschecken in diesen Zimmern, die in den meisten Fällen nur über zwei Kaltwasserhähne verfügen.«
»Das ist sehr nett von Ihnen«, erwiderte Jean.
»Oh, nett ist in meinem Fall genau das zutreffende Wort«, bekräftigte Jacqueline sarkastisch. Sie ließ die Zündung an und wurde mit einem schnarrenden Motorengeräusch belohnt. Verunsichert trat sie auf das Gaspedal; das Geräusch verwandelte sich in ein lautes Aufheulen. »Ich hasse diesen Wagen«, knurrte sie. »Ich hasse es, in Rom Auto zu fahren.«
»Warum tun Sie es dann?«
»Reiner Masochismus. In Neuengland bezeichnen wir das als Selbstdisziplin, aber es läuft auf das gleiche hinaus.« Sie fädelte den Wagen in den dichten Verkehr ein und entspannte zusehends. »Glücklicherweise befinden sich das Institut und das Apartment auf dieser Seite des Flusses. Wenn ich mich auch noch durch das Straßengewirr der Altstadt manövrieren müßte, würde ich ausrasten.«
»Sind Sie sicher, daß ich mitkommen soll?« vergewisserte sich Jean.
»Warum nicht?«
Keine unbedingt aufschlußreiche Antwort, dennoch wirkte Jacquelines Tonfall beruhigend auf Jean.
»Können wir kurz bei mir anhalten, damit ich mir saubere Sachen hole? Ich wohne in der Nähe der Via di San Pancrazio.«
»Selbstverständlich.«
Innerhalb von drei Minuten kehrte Jean zurück. Ihre Fahrerin warf ihr einen anerkennenden Blick zu.
»Das ging aber schnell.«
»Ich hatte ohnehin nur noch ein sauberes Kleid.«
Auf ihrer weiteren Wegstrecke verfuhren sie sich lediglich ein einziges Mal, was Jacqueline zu undamenhaften Flüchen verleitete und wodurch sie sich im Gegenzug einen anerkennenden Blick von Jean einhandelte.
»Sie klingen überhaupt nicht wie eine Bibliothekarin«, stellte sie fest.
»Ich bin im Urlaub.« Jacqueline lachte. »Nun, vermutlich bringt man damit eine ganz bestimmte Vorstellung in Verbindung, nicht wahr? Doch Stereotypen sind hochgradig irreführend. Es gibt typische Bibliothekare, aber nicht alle Bibliothekare sind typisch für ihren Berufsstand. Nicht mehr und nicht weniger als in allen anderen Berufen.«
»Wie beispielsweise der Archäologie«, bekräftigte Jean. »Wie ich gehört habe, soll Dr. Scoville eher untypisch sein.«
»Ach ja? Der umtriebige Anthropologe gehört zu einer Unterordnung des allgemeingültigen Klischees. Das Elfenbeinturm-Image stört einige Wissenschaftler; sie müssen beweisen, daß sie
mitten im Leben stehen und sich in aktuellen Fragen ebenso auskennen wie in ihrem Fachgebiet.«
»Ich denke nicht, daß Dr. Scoville irgend etwas zu beweisen versucht.«
»Ach, meine Liebe. Ich greife einen Ihrer Helden an«, meinte Jacqueline honigsüß. »Oberflächlich betrachtet scheint er alles zu besitzen – eine erotische Ausstrahlung, Attraktivität, berufliche Reputation, gesellschaftliche Akzeptanz. Aber im Grunde genommen ist er auch nur ein Mensch, der nach dem Genuß von Zwiebeln vermutlich mit Blähungen zu kämpfen hat und seinen Bauch einziehen muß, wenn er sich im Spiegel betrachtet. Das würde auch sein Draufgängertum erklären, das für mich zugegebenermaßen gelegentlich an Exhibitionismus grenzt.«
Verblüfft beobachtete Jean das Profil ihrer Begleiterin, die ganz gelassen wirkte.
»Ich glaube nicht, daß ich schon jemals etwas so Zynisches gehört habe.«
»Sie sind noch jung.«
Jacqueline lenkte den Wagen in eine dunkle, enge Seitenstraße, die zu beiden Seiten von hohen Mauern eingefriedet wurde. Sie schaltete das Abblendlicht ein; auf den breiten, hell erleuchteten Straßen war sie lediglich mit dem in Rom vorgeschriebenen Standlicht gefahren. »Ich glaube, hier war ich noch nie«, bemerkte Jean.
»Das ist die alte Via Aurelia«, erklärte Jacqueline. Als ihnen ein Auto mit hoher Geschwindigkeit entgegenbrauste, kreischten beide, doch zu ihrem beiderseitigen Erstaunen passierte sie das Fahrzeug ohne jeglichen Blechschaden. »Sie ist schwer befahrbar; ich würde am liebsten die Mauer hochklettern, wenn mir ein Wagen entgegenkommt., Aber allein der Name fasziniert mich.«
»Ich bin ja schon froh, daß Sie nicht zu den hartgesottenen Zynikern gehören.«
»Nur im Umgang mit Menschen lege ich einen gewissen Zynismus an den Tag. Plätze und Gegebenheiten erfüllen mich immer noch mit schwärmerischer Romantik. Ein Anzeichen auf das reifere Alter, wenn Sie so wollen.«
Die Mauern wichen neuen Apartmentanlagen; die Straße wurde breiter, und die Romantik nahm ein Ende. Jacqueline bog noch mehrmals ab, steuerte den Wagen durch ein Gewirr von Seitenstraßen und schließlich in einen schmalen Eingang mit dem Hinweis »Privat«. Dort befand sich eine kleine Pförtnerloge; ein portiere trat ins Freie, erkannte das Fahrzeug und wandte sich erneut seinem Abendessen zu.
»Wahnsinn«, entfuhr es Jean. »Ich wußte gar nicht, daß Bibliothekare so gut bezahlt werden.«
Die Durchfahrt führte zu einem der Apartmentkomplexe, wie sie in den römischen Vororten mittlerweile üblich waren. Die einzige Zufahrt, die auch sie genommen hatten, wurde...




