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E-Book, Deutsch, Band 1, 480 Seiten

Reihe: Chroniken der Seelenfänger

Pehov Schwarzer Dolch

Chroniken der Seelenfänger 1
16001. Auflage 2016
ISBN: 978-3-492-97355-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Chroniken der Seelenfänger 1

E-Book, Deutsch, Band 1, 480 Seiten

Reihe: Chroniken der Seelenfänger

ISBN: 978-3-492-97355-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ludwig van Normayenn wird geachtet und doch gefürchtet. Als Seelenfänger verfügt er über die Gabe, dunkle Seelen zu erkennen, die noch nicht bereit sind, das Reich der Sterblichen zu verlassen. Oft ist er die letzte Hoffnung der Menschen, die von den Ausgeburten des Dunkels heimgesucht werden. Auf der Jagd nach den ruhelosen Seelen zieht er von Fürstentum zu Fürstentum - doch auf seiner Reise erwarten ihn Feinde, die noch schrecklicher und gefährlicher sind, als er sich vorzustellen vermag ... Mit dem großartigen Auftakt seiner neuen Serie »Die Chroniken der Seelenfänger« beweist Alexey Pehov einmal mehr, dass er zu den besten Fantasy-Autoren unserer Zeit gehört.

Alexey Pehov, geboren 1978 in Moskau, studierte Medizin. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Schreiben von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen. Er ist neben Sergej Lukianenko der erfolgreichste phantastische Schriftsteller Russlands. »Die Chroniken von Siala« wurden zu millionenfach verkauften, mit mehreren Preisen ausgezeichneten Bestsellern. Zuletzt erschien seine epische Fantasyreihe »Die Beschwörer«. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, lebt Pehov in Moskau.
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2


Der Schlüssel zum Paradies


Das Haus aus der Zeit von Clemens dem Allgewaltigen befand sich in einer schmalen Gasse der Altstadt, deren Gebäude samt und sonders von wildem Wein überrankt wurden. Das kleine Schild über der Tür mit der Aufschrift Fabien Clement & Söhne wirkte zwar völlig unscheinbar, verriet Eingeweihten jedoch alles, was sie wissen mussten. Ich nahm die Tasche in die andere Hand und stieß die Tür auf. Eine kleine Glocke bimmelte mit leisem kristallklaren Ton. Noch im selben Augenblick stand vor mir ein Gehilfe in einer dunkelroten Livree, die von seinen Schultern fast gesprengt wurde. Das flache Gesicht, die gebrochene Nase und die Aufschürfungen an den gewaltigen Fäusten ließen keinen Zweifel daran, dass dieser Mann sein Geld mit Prügeleien verdiente. An seinem Gürtel hing eine kostbare Scheide, in der eine Klinge steckte, hinter dem Ladentisch lag sicherlich noch ein Morgenstern oder eine Keule bereit. Für einen ausgemachten Knochenbrecher hatte der Mann im Übrigen höchst gepflegte Manieren, was mich jedoch nicht verwunderte. Nicht bei dem Geschäft, mit dem er sein täglich Brot verdiente.

»Ihr beehrt uns das erste Mal, werter Herr?«, erkundigte er sich, während mich sein Blick auf der Suche nach einer versteckten Waffe von Kopf bis Fuß abtastete.

»Nein«, antwortete ich und knöpfte meine Jacke auf, um ihm den schwarzen Dolch zu zeigen und damit jedes Missverständnis von vornherein auszuschließen.

Daraufhin winkte der Bursche mich zu sich an den Ladentisch. Ich krempelte den rechten Ärmel hoch und streckte ihm mein Handgelenk hin. Als der Mann einen Weidenast in der Luft darüber hinwegbewegte, schlug der Zweig aus. Mit einem zufriedenen Grinsen langte der Mann nach einer Feder, tauchte sie in die Tinte und kritzelte auf ein Blatt Papier allerlei Haken und Häkchen, die allein ihm etwas sagten.

»Wenn Ihr so freundlich wäret, mir zu folgen«, bat er und führte mich in einen geschmackvoll eingerichteten Raum.

»Wir haben einen erstklassigen Weinbrand aus Narara, direkt aus den herzöglichen Kellereien. Oder darf es etwas anderes sein?«

»Im Moment bin ich wunschlos glücklich, danke.«

Daraufhin verbeugte er sich und zog sich zurück. Sobald ich allein war, sah ich mich neugierig um. In dieser Zweigstelle von Fabien Clement & Söhne war ich zum ersten Mal, da mich meine Wege bisher noch nie nach Triens geführt hatten, bot mir die Stadt doch nur wenig Möglichkeiten, in ihr mein täglich Brot zu verdienen, einer ruhelosen Seele begegnete man hier nämlich nur selten, und wenn doch, dann fügte sie den Menschen keinen Schaden zu, gab es im Ort doch zu viele heilige Stätten. Für dunkle Kreaturen stellte Triens damit nicht gerade ein lauschiges Plätzchen dar. Allein in dieser Stadt nicht umzukommen verlangte ihnen schon einiges ab, sich irgendwelche üblen Scherze mit den Einheimischen zu erlauben kam also schon gar nicht infrage.

Nach einer Weile betrat ein Mann den Raum, der nur als das reine Gegenstück zu dem Burschen, der mich in Empfang genommen hatte, zu bezeichnen war. Ohnehin nicht sehr hochgewachsen, hielt er sich auch noch gekrümmt. Weder sein Gesicht noch seine Kleidung zeigten irgendein einprägsames Detail. Gesten setzte er mit äußerster Sparsamkeit ein. Menschen wie ihn vergaß man rasch wieder. Selbst sie zu beschreiben bedeutete eine gewisse Schwierigkeit. Im Übrigen glichen sämtliche Mitarbeiter dieses Unternehmens einander, wie man das sonst nur erlebt, wenn man eine Schar Verwandter vor sich hat. Das Rätsel, woher Monsieur Clement all diese unscheinbaren Typen nahm, war bislang indes noch nicht gelöst worden.

»Herr van Normayenn?«, begrüßte mich der Mann. »Darf ich Euch wohl in den Nebenraum bitten?«

Dort fiel mir auf dem Ladentisch ein Käfig mit einem mechanischen Star auf. Der Vogel legte den Kopf auf die Seite und bedachte mich mit einem durchdringenden Blick aus den schwarzen Perlen, die ihm als Augen dienten. Vor mir hatte ich einen Animatus.

»Wir haben eine Lizenz für ihn«, versicherte der Mann, dem nicht entging, wie aufmerksam ich den Vogel betrachtete. »Wollt Ihr sie sehen?«

»Nein, das ist nicht nötig. Kommen wir doch gleich zum Geschäftlichen.«

»Das soll mir nur recht sein«, erwiderte der Mann und verzog seine blassen Lippen zu einem Lächeln. »Ihr wollt Geld bei uns hinterlegen?«

Ich entnahm meiner Reisetasche einen prallen Beutel.

»Wenn Ihr den Betrag bitte meinem Konto gutschreiben würdet. Abzüglich der zwanzig Prozent, die an die Bruderschaft gehen, versteht sich.«

Das war das übliche Prozedere. Die Bruderschaft entdeckte und schulte uns, im Gegenzug erhielt sie nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung stets einen Teil unseres Verdienstes. Auf dass sie wachse und gedeihe …

Der Mann schüttete die Goldmünzen auf den Ladentisch und türmte sie im Nu zu drei gleichmäßigen Säulen auf.

»Das sind zwanzig litavische Florins oder vierzig Dukaten oder zweiunddreißig tschergische Groschen.«

Ich nickte, um die Richtigkeit seiner Angaben zu bestätigen. Mit einer Geste forderte er mich auf, ihm mein Handgelenk entgegenzustrecken. Als er es mit einem Weidenzweig berührte, hinterließ er neue, für mich nicht erkennbare Zahlen.

»Auf Euch wartet noch ein Brief. Wenn Ihr Euch kurz gedulden wollt, hole ich ihn.«

Ich runzelte die Stirn. Wie konnte jemand von meinem Abstecher nach Triens wissen? Eigentlich war ich auf dem Weg nach Gotthausen, um in der Hauptstadt des Fürstentums Vierwalden Gertrude zu treffen, die dort bis zum Ende des Sommers bleiben wollte. Irgendjemand musste mich also im Auge behalten und dann ein Schreiben für mich bei Fabien Clement & Söhne hinterlegt haben.

Dieses Unternehmen unterhielt in allen zivilisierten Ländern Zweigstellen. Wer sein Geld hier deponierte, brauchte nicht darum zu bangen, denn bei aller äußeren Unscheinbarkeit zeichnete Fabien Clement & Söhne etwas aus, das nur wenige Einrichtungen für sich beanspruchen konnten: Unabhängigkeit.

Weder die Handelsgilde noch einzelne Stadtherren, Söldnerbrigaden, die Bruderschaft oder Fürsten hatten ihnen etwas zu sagen. Ja, nicht einmal die Kirche brachte Fabien Clement & Söhne dazu, nach ihrer Pfeife zu tanzen. Bisher hatte noch nie eine Zweigstelle vertrauliche Informationen über das Vermögen derjenigen, die ihre Dienste in Anspruch nahmen, herausgerückt – und sei es nur deshalb nicht, weil Handelsvereinigungen, Bürgermeister und Landgrafen, Herzöge und Fürsten, Söldner und Magier, Kardinäle und Bischöfe ebenfalls zu ihren Kunden zählten. Fabien Clement & Söhne verlangte ein hübsches Sümmchen für sich, doch dafür waren Geld und Geheimnisse bei ihnen in sicheren Händen.

Als der Mann zurückkam, händigte er mir einen schmalen Umschlag aus. Das perlmuttfarbene Siegel der Bruderschaft leuchtete noch frisch.

»Wann ist dieser Brief denn abgegeben worden?«, fragte ich deshalb.

»Vor einer Stunde.«

»Darf ich erfahren, von wem?«

»Euch das zu sagen ist mir leider nicht gestattet.«

Ich nickte bloß. Etwas anderes hatte ich im Grunde nicht erwartet. Nachdem ich das magische Siegel erbrochen hatte, legte ich den Finger darauf. Schon im nächsten Augenblick ging es in Rauch auf, der nach verbrannten Kräutern roch. Auf einem dicken Blatt Papier erblickte ich eine wirre Ansammlung von Buchstaben und Zahlen. Ich musste sie zweimal für mich wiederholen, um sie mir einzuprägen.

»Dürfte ich um eine Kerze bitten?«, wandte ich mich schließlich an den Mann von Fabien Clement & Söhne.

Sobald er sie mir reichte, verbrannte ich den Umschlag und das Schreiben. Gedankenversunken verfolgte ich, wie beides zu Asche zerfiel. Meine Stimmung war im Keller. Anscheinend musste ich auf ein Wiedersehen mit Gertrude verzichten. Zumindest in nächster Zukunft.

Neben der Kirche der Schneeheiligen Jungfrau Maria, einem prachtvollen und noch recht jungen Bau, der unter dem Großvater des heutigen Fürsten errichtet worden war, baten fünf Bettler um Almosen. Mit mäßigem Erfolg. An einem gewöhnlichen Dienstag, noch dazu um die Mittagsstunde, kamen hier nur wenig Menschen vorbei. Und wen sein Weg doch in diese Richtung führte, der erwies sich als außerordentlich knickrig. Die wenigen abgegriffenen Kupferlinge am Boden ihrer Tonschale würde nur eine äußerst spitze Zunge als Verdienst bezeichnen.

Allerdings handelte es sich bei diesen Armen auch nicht gerade um edle Seelen, eher im Gegenteil. Immer wieder gingen sie einander wie räudige Köter an die Kehle, obendrein war ihr Gezeter über den ganzen Platz zu hören. Es achtete jedoch niemand auf sie. Als ein einzelner Wachhabender aus der Krummstraße auf den Platz trottete, hatte er für das Gezänk nur einen müden Blick übrig. Er lehnte die Arkebuse gegen die Fassade eines Gebäudes, machte sich daran, sein langes Messer zu schärfen, und linste lediglich hin und wieder zu den Bettlern hinüber. Diese gaben ihr Gezeter schon bald auf, um sich auf nachdrücklichere Weise zu beharken, nämlich mit Stöcken und Krücken. Doch auch das entlockte dem städtischen Ordnungshüter nur ein müdes Grinsen. Im Übrigen zeigte sich nun, dass es sich bei den Herren Bettlern keineswegs um Krüppel handelte, sondern um kräftige, gesunde Burschen, bei deren Anblick jedem Heeresanwerber das Herz aufgegangen wäre.

Zur unsagbaren Enttäuschung Apostels, der diesen handfesten Streit aus sicherem Abstand mit Kennermiene verfolgte, beendete ich...


Pehov, Alexey
Alexey Pehov, geboren 1978 in Moskau, studierte Medizin. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Schreiben von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen. Er ist neben Sergej Lukianenko der erfolgreichste phantastische Schriftsteller Russlands. »Die Chroniken von Siala« wurden zu millionenfach verkauften, mit mehreren Preisen ausgezeichneten Bestsellern. Zuletzt erschien sein Roman »Das Siegel von Rapgar«. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, lebt Pehov in Moskau.



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