Pecorelli | Glück ist Leben | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten, GB, Gewicht: 350 g

Pecorelli Glück ist Leben

Wie man sein Leben bestimmt - bemerkenswerte Menschen erzählen
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-9524640-4-5
Verlag: Riverfield Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

Wie man sein Leben bestimmt - bemerkenswerte Menschen erzählen

E-Book, Deutsch, 240 Seiten, GB, Gewicht: 350 g

ISBN: 978-3-9524640-4-5
Verlag: Riverfield Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ein Buch über das »Glück des Lebens«, wie Sie es noch nie gelesen haben. Menschen jeglichen Alters, die entweder von Geburt an oder durch ein späteres Ereignis vor wirkliche Herausforderungen gestellt waren, erzählen aus Ihrem Leben und wie sie ihr Schicksal nicht nur gemeistert haben, sondern heute ein zufriedenes und glückliches Leben führen.
Kein esoterisches oder »ratgeberisches« Buch und schon gar kein theoretisches Glücksbuch eines selbst ernannten Experten erwartet Sie: In diesem Buch sind die wahren Lebensgeschichten von normalen, aber eben doch sehr besonderen Menschen gesammelt. Menschen wie du und ich, die ihr Leben trotz allen Unbill nicht nur in die Hand genommen und das Beste daraus gemacht haben, sondern zudem auch noch glücklich sind.

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Nur wer vorausgeht, bahnt sich einen Weg

Meine früheste Kindheitserinnerung ist sehr bildhaft, und es ist keine dieser Situationen, die man hinterher erzählt bekommt. Ich war etwa fünf Jahre alt und mit Großmama Marie-Adèle unterwegs, der Mutter von Papa. Wir waren im Wald von Ermitage bei Charmey, und Großmutter hielt meine Schwester Françoise an der einen und mich an der anderen Hand. Wir badeten gleichsam in einem stillen, leuchtenden Grün, einem Frühlingsgrün, und wir waren unterwegs zum Blumenpflücken – Frauenschühlein, um genau zu sein. Grand-maman liebte die Blumen sehr; sie unterhielt voller Stolz einen der schönsten Felsengärten von Charmey.
Papa war im Herzen ein Zigeuner und ging mit uns durch dick und dünn – auf seine Weise.
Mama war eine bemerkenswerte Frau. Immer zuversichtlich, ohne jede Klage, weder über ein körperliches noch ein moralisches Leiden. Sie war ganz einfach würdevoll.
Von meiner Kindheit blieben mir lauter glückliche Erinnerungen. Oder hat mein Gedächtnis nur diese Episoden bewahrt? Hatte ich bereits zu dieser Zeit jene Fähigkeit, die mich mein ganzes Leben lang begleitet hat: die schlechten Erfahrungen zu begraben, in der Gegenwart zu leben und nach vorn zu schauen?
Ich zählte 19 Jahre – genau das Alter, in dem man aus dem Fenster des Elternhauses klettert, um seinen Herzbuben zu treffen. In meinem Fall war das damals ein Bursche namens Toll, und er besaß ein Motorrad.
Es war etwa elf Uhr nachts und wir fuhren los. Wir fuhren nicht sehr schnell, aber wir waren berauscht von der Freiheit und vom Gefühl des Abends, der für uns eben erst begonnen hatte. Und dann, im winzigen Bruchteil einer Sekunde, passierte der Unfall. Ein blödsinniger Unfall, so wie immer: In einer Kurve fand sich das Motorrad plötzlich einem Auto gegenüber, das auf die linke Seite getragen worden war. Im Augenblick selbst habe ich nichts gesehen, nichts verstanden. Ich erinnere mich nur, dass auf einen Schlag alles dunkel wurde, und dann ging alles ganz schnell …
Die Ambulanz kam und ich wurde ins Kantonsspital gebracht. Die Leute vom Notfalldienst umringten mich; die Helfer schnitten meine Hose auf, übergaben sie später an Papa und Mama. Für sie war das der große Schock: Hosenbeine voller Blut, Schmutz und Fleischfetzen. Für mich war es der Anblick meines baumelnden Beins, das nur noch an einem Muskelstrang zu hängen schien. Ich begriff plötzlich, woher der Schmerz kam – ein stechender, gemeiner, klaffender Schmerz. Es galt noch eine ganze Reihe von Röntgenaufnahmen zu ertragen, über den ganzen Körper hinweg: Gab es noch weitere schwere Wunden oder Verletzungen? Alles erschien mir endlos, der Schmerz beinahe nicht zu ertragen. Ich verfluchte – ich muss es gestehen – diesen Trunkenbold von Fahrer, der uns von der Straße gefegt hatte!
Die Chirurgen versuchten, aus den Trümmern einen Knöchel zu basteln. Sie zogen die Haut gerade, sie flickten die Knochen zusammen, sie legten Platten ein … Da kleine Kiesel in die Wunde gelangt waren, entwickelte sich eine Infektion. Als wäre es heute, erinnere ich mich, wie der Arzt sagte: »Hören Sie, Nicole: Wenn wir bis morgen warten, breitet sich die Entzündung vielleicht aus und wir können dann die Beweglichkeit des Knies nicht mehr retten. Wenn wir heute amputieren, können wir Ihnen versprechen, dass das Knie beweglich bleibt.«
Es kam zu einem regelrechten Familienrat mit den Eltern, beinahe so etwas wie einem Kriegsrat. Amputieren? Nicht amputieren? Schließlich entschieden wir uns abzuwarten. Nichts zu überhasten. Die ganze Nacht lang litt ich, aber am Morgen hatte sich auf dem Knöchel eine faustgroße Geschwulst gebildet. Die Ärzte schnitten sie auf, und so war mein Bein gerettet …
Was dann folgte, war eine unendliche Reihe von Besuchen im Operationssaal, die zuerst der rekonstruktiven und dann der revitalisierenden Chirurgie galten.
Ich verließ das Spital einige Monate später mit der düsteren Prognose der Ärzte: »Die Schäden sind irreparabel. Nicole wird lange Zeit nur an Krücken gehen können und zeit ihres Lebens einen Stützapparat brauchen.«
Daran wollte und konnte ich nicht glauben, und da ich einerseits ganz einfach austesten wollte, wozu ich noch fähig wäre, und andererseits mit meinem linken Bein noch eine Rechnung offen hatte, begann ich mit dem Klettern.
Dann, eines Tages, habe ich beschlossen, in den Bergen und von den Bergen zu leben.
So kam es, dass ich mich als Bergführer-Aspirantin einschrieb. Ich reichte das obligatorische Leumundszeugnis ein, mein Tourenbuch, einen Auszug aus dem Strafregister und ein ärztliches Zeugnis. Kein Leichtes, dieses ärztliche Zeugnis! Es war schwierig, einen Mediziner zu finden, der mir eines ausstellte, natürlich wegen des Zustands des linken Beins. Schließlich war es ein befreundeter Höhenmediziner, dem ich erklärte, ich bräuchte dieses Zeugnis unbedingt; meine kleine Lähmung stelle für das Leben meiner zukünftigen Kunden nicht das geringste Risiko dar. Er stellte das Zertifikat aus und blendete darin alles aus, was mit den unteren Gliedmaßen zu tun hatte. Also meldete ich mich für die Bergführerprüfung an und hütete mich davor, mit irgendjemandem auf gesundheitliche Details einzugehen.
Als ich mich im Jahre 1984 beim Aspirantenkurs einschrieb, wusste ich noch nicht, dass ich die erste Frau in der Schweiz sein würde, die das wagte. Es waren 85 Kandidaten – 84 Männer und ich! Man traf sich in St. Moritz in der Lobby eines Hotels; ich war ziemlich angespannt. Sogenannte »Kollegen« wollten wissen, wer der Freund sei, den ich begleitete, oder ob sich mein Bruder eingeschrieben habe … Ich muss anfügen, dass ich mit meinem einen Meter sechzig und einem Gewicht von 45 Kilo kaum dem Standardmaß eines Bergführers entsprach. Kam hinzu, dass ich als »Herr Niquille« eingetragen wurde, als ich mit den verlangten Papieren vortrat.
Als ich erfuhr, ich sei die erste Frau, die das Diplom anstrebte, war mir sogleich bewusst, dass ich auf keinen Fall mittelmäßig sein durfte. Ich habe also wochenlang wie verrückt trainiert, ein Gewicht von 20 Kilo auf dem Rücken zu tragen, was der gängigen Last entsprach, und dies über größere Distanzen. Ich wusste, man würde mir nicht den kleinsten Ausrutscher, nicht die kleinste Schwäche verzeihen, aber ich war unglaublich motiviert und voller Begeisterung.
Frauen haben weniger physische Kraft als Männer, aber das, was wahrscheinlich vor allem als Bergführerin zählt, sind die menschlichen Qualitäten, die den Mangel an physischer Kraft kompensieren: die Konzentration, das eingehende Studieren der gewählten Route, präzise Kenntnisse des Berges, des Wetters – kurz, eine solide psychologische Grundlage, zu der Ausgeglichenheit und gute Laune gehören, dazu ein starkes Durchhaltevermögen (eine typisch weibliche Eigenschaft, wie ich meine) und ein eiserner Wille. Alles Dinge, die eigentlich jeder Mensch lernen kann.
Beim Schlussexamen des Aspirantenkurses musste ich einen Kollegen aus Zermatt, der über hundert Kilo wog, aus einer Spalte ziehen. Er simulierte einen Ausrutscher und einen Sturz in ebendiese Spalte, und meine Aufgabe war es, das Seil zu sichern und ihn her­auszuholen. Wir beide bildeten auf dem Schnee eine schöne italienische Flagge: Er war grün und ich purpurrot. Er steckte da unten und ich klammerte mich an meinen Eispickel, fünf Meter vom Rand der Spalte entfernt – und dann zog ich mit aller Kraft.
Nachdem ich den Kurs im September 1986 bestanden hatte, begann ich sofort damit, Kunden auf die Berge zu führen, Themenwanderungen zu organisieren, Trekkings im Himalaja zu leiten.
8. Mai 1994. Sonntag, Muttertag.
Wir hatten Besuch von einem Freund aus Mazedonien und zusammen beschlossen wir, Morcheln suchen zu gehen.
Es war nichts als ein Steinchen, so groß wie eine Nuss, aber nach dem Fall aus einer Höhe von hundert Metern – er muss direkt von der Krete heruntergefallen sein, wo ihn wahrscheinlich eine Gämse losgetreten hat – wog er so schwer wie das Äquivalent einer Tonne. Und dieses Steinchen, das nach seinem Flug fast so schwer wie ein Automobil war, landete direkt auf meinem Schädel!
Als ich die Augen aufschlug, stand niemand an meinem Bett. Aber ich erinnere mich sehr genau, dass ich mir sagte: ›Oh, là, là! Nicole, das ist viel schlimmer als das letzte Mal!‹
Was ich noch nicht wusste: Ich hatte drei Tage in einem künstlichen Koma verbracht.
Als man mich aufweckte, konnte ich nicht mehr sprechen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mich auch nicht bewegen konnte. Ich hatte eine Infusion, die mich ernährte, eine Sonde zum Urinieren, einen Luftröhrenschnitt, um atmen zu können, kurz: Ich war überall festgepikt. Einzig den Kopf konnte ich etwas nach links drehen, ganz langsam und mit unsäglicher Mühe.
Am 13. Mai, meinem Geburtstag, brachte ich voller Stolz und nach harter Arbeit mein erstes Wort hervor: »Salut!«
Noch schaffte ich es nicht, ganze Sätze zu formulieren, aber das »Salut« war doch ein Anfang, und dieser kleine Fortschritt genügte, mir den unbändigen Willen zu kämpfen...



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