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Buch, Tschechisch, Englisch, Deutsch, 417 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 205 mm
Reihe: Monastica Historia
Schicksale der Klostergüter seit der 2. Hälfte des 18. bis zur 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
Buch, Tschechisch, Englisch, Deutsch, 417 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 205 mm
Reihe: Monastica Historia
ISBN: 978-3-901863-73-8
Verlag: Diözesanarchiv St. Pölten
Bereits im Frühmittelalter wurde das Leben in Ordensgemeinschaften zu einem grundlegenden Ausdruck von christlicher Spiritualität, und Klöster wurden zu einem untrennbaren Teil der Kirche. Sie fungierten als eigenständige Zentren des geistlichen Lebens und der Ausbildung sowie als selbständige Wirtschaftseinheiten. Die Reformation brachte einschneidende Änderungen in dieses Modell, da sie ein völlig anderes Verständnis von religiösem Leben hatte. Die mit der Säkularisierung der Klöster verbundenen großen Transfers von Eigentum, Kulturgütern und Kunstgegenständen gingen jedoch nicht an der katholischen Kirche vorbei. Die Idee der Konfiskation, Enteignung und Beschlagnahme von Klostergütern, also von mobilem und immobilem Vermögen, ist in vielen „katholischen“ Ländern ab Mitte des 18.
Jahrhunderts im Zusammenhang mit den Bemühungen um eine Modernisierung der Gesellschaft anzutreffen, wonach die Orden neben
pastoralen Diensten auch praktische Aufgaben im Bereich der Bildung und Sozialfürsorge erfüllen sollten. Es war vorgesehen, den Besitz von
„nutzlosen“ Klöstern entweder der Kirchenverwaltung oder dem Staat selbst zukommen zu lassen. Politische und Reformkräfte wandten sich zunächst gegen den Jesuitenorden, der in Portugal, Frankreich und im Königreich Neapel verboten wurde, dessen Mitglieder aus den spanischen Kolonien vertrieben wurden, und der 1773 vom Heiligen Stuhl aufgehoben wurde. Weitere Säkularisierungswellen um 1800 wurden von Landesherren initiiert und führten daher nicht zur Zerstörung der Orden an sich, sondern nur zu mehr oder weniger starken Einschränkungen ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet des jeweiligen Staates.
So lässt sich das Vorgehen von Joseph II. in der Habsburger Monarchie charakterisieren. Jahrhunderte dauernde Kontakte zu Ordenszentren außerhalb der Monarchie wurden unterbrochen, Reformen veränderten die Zahl der Ordensleute und ihre Ausbildung. Im Januar 1782 wurde das erste Patent über die Auflassung von Klöstern kontemplativer Orden erlassen. Die zweite Welle der Säkularisierung begann nach 1784, als weitere, vor allem sehr vermögende Klöster aufgelassen wurden.
Die josephinischen Reformen zielten nicht darauf ab, das geistliche Leben zu lähmen, sondern im Gegenteil, die weltliche geistliche Verwaltung zu stärken. Um das zu realisieren, brauchte man jedoch finanzielle Mittel und Personal. Beides sollte durch die Auflassung von Klöstern, die Überführung ihrer Geistlichen in die Pfarrverwaltung und die Versteigerung von Klostergütern erreicht werden. Im Heiligen Römischen Reich wurde die Säkularisierung der Klöster auf der Grundlage des Hauptbeschlusses der außerordentlichen Reichsdeputation durchgeführt. Das Motiv für diesen Beschluss war die Abfindung der weltlichen Reichsfürsten nach dem Abschluss eines für sie ungünstigen Friedens mit dem napoleonischen Frankreich. Auch in diesem Fall wurden Mittel auf Kosten der geistlichen Fürsten oder Klöster gesucht.
Zu einer weiteren Welle der Säkularisierung im Rahmen des sog. Kulturkampfes kam es nahezu 70 Jahre später im neu gegründeten Deutschen Kaiserreich. Otto von Bismarck schwächte unter anderem den
Einfluss der katholischen Kirche auf das Schulwesen durch die Einführung einer staatlichen Schulinspektion und bewirkte die Auflassung
von Klöstern. Zu dieser Zeit kam es in Österreich zu einer ähnlichen Denkweise, als sich die Los-von-Rom-Bewegung formierte. Erneut wurden Klöster aufgelassen und deren Gründe verkauft. Auch das
nationalsozialistische deutsche Regime bot den Ordensgemeinschaften keine Unterstützung, und in der totalitär kommunistisch regierten Tschechoslowakei wurden ab 1950 flächendeckend alle Ordenshäuser aufgelassen und die Mitglieder der Gemeinschaften intensiv verfolgt. Dem Prozess der Klosterauflösungen, insbesondere dem Umgang mit
enteigneten Gütern und der Suche nach neuen Nutzungszwecken für diese, widmete sich die internationale Konferenz Monasteria abolita, die von 5. bis 7. Oktober im tschechischen Kloster Želiv (Seelau) unter Teilnahme von Forscherinnen und Forschern aus Tschechien, Österreich, Deutschland, der Slowakei und Rumänien stattfand. Der vorliegende Sammelband mit ausgewählten Texten widmet sich der Entwicklungen auf dem Gebiet der ehemaligen Habsburgermonarchie und Bayerns vom ausgehenden 18. bis ins späte 20. Jahrhundert.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen verständlicherweise die Folgen der josephinischen Reformen. Der Kartäuserorden war am stärksten von den Dekreten betroffen. Die Auflassung von Kartausen setzte der jahrhundertelangen spirituellen Mission des Ordens und seinen weiteren gesellschaftspolitischen und sozialen Funktionen ein Ende. Patrick Fiska konstatiert in seinem Beitrag außerdem, dass durch die Entwicklung von Methoden und Werkzeugen der Digital Humanities eine Vielzahl neuer Erkenntnisse über den Transformationsprozess von Klostergemeinschaften aus den Quellen gewonnen werden können, beispielsweise indem die Lebensschicksale von Mönchen und Nonnen aus den aufgelösten Klöstern verfolgt werden. Die Kapuziner waren von der Säkularisation weit weniger betroffen und versuchten darüber hinaus, meist erfolglos, die Auflösung ihrer Klöster zu verhindern, indem sie sich stärker in der Seelsorge engagierten. Marek Brcák zeigt am Beispiel der geschlossenen Ordenshäuser in Ceské Budejovice und Mnichovo Hradište, wie sich dieser Prozess in fünf weiteren Klostergemeinschaften und drei Hospizen vollzog. Viele weitere Städte der Monarchie verloren innerhalb kurzer Zeit die meisten ihrer Ordenshäuser. Andreea Mârza veranschaulicht dies am Beispiel der Stadt Karlsburg (Alba Iulia) in Siebenbürgen, wenn sie über das Schicksal des Trinitarierordens berichtet, dessen Kirche zum Sitz der neuen bischöflichen Bibliothek wurde.
Die Umstände der Auflassung von Klöstern im ehemaligen Kurfürstentum Bayern zu Beginn des 19. Jahrhunderts demonstrieren zwei weitere Beispiele. Im heutigen bayerischenTeil Schwabens gab es, wie Gerhard Immler dokumentiert, eine große Zahl von Klöstern, die bis 1802 auch Obrigkeitsrechte ausübten. Diese staatsrechtliche Besonderheit
erforderte ein spezielles Vorgehen bei der Auflassung und stellte hohe Anforderungen an die bayerische Verwaltung. Eines der aufgelassenen Klöster in Bayern war das Augustiner-Chorherrenstift in Rottenbuch. Johann Pörnbacher präsentiert die Aktivitäten des Klosters, das sich in einer Zeit wachsender Kirchenfeindlichkeit auf jede erdenkliche Weise zu bewähren suchte, auf Basis der Aufzeichnungen des Chronisten Anselm Greinwald.