Medienkombination, Arabisch, Chinesisch, Englisch, Esperanto, Französisch, 468 Seiten, Format (B × H): 210 mm x 297 mm, Gewicht: 2500 g
MIA NOMO ESTAS PARZIVAL’
Medienkombination, Arabisch, Chinesisch, Englisch, Esperanto, Französisch, 468 Seiten, Format (B × H): 210 mm x 297 mm, Gewicht: 2500 g
ISBN: 978-3-9524192-7-4
Verlag: Edition Haus am Gern
Es gibt Künstlerinnen und Künstler, deren Leben und Werk zu einer untrennbaren Einheit verschmelzen. Jede ihrer Äusserungen, jede Regung, jede Begegnung steht im Dienst eines grösseren Ganzen, einer Mission – das so genannt «normale» Leben findet nicht oder nur noch am Rande statt. Manchmal steckt man diese Künstler in die Art-Brut-Schublade, uns gefällt aber die Bezeichnung «Outsider-Künstler» besser, da sie ja ausserhalb des Kunstsystems arbeiten, unabhängig von Institutionen und frei von gesellschaftlichen Konventionen. Solche Künstlerinnen und Künstler sind selten, doch wir hatten das Glück, in Biel/Bienne einem Outsider-Künstler und Friedensaktivisten zu begegnen, der uns so nachhaltig beeindruckt hat, dass wir sein Wirken und Werk unbedingt einem breiten Publikum zugänglich machen wollen: Parzival’. Seit er vor vielen Jahren seine bürgerliche Existenz abgelegt hat, nennt er sich in Anlehnung an die mythische Figur auf der Suche nach dem heiligen Gral «Parzival’». Das Apostroph als Zeichen seiner Unvollständigkeit darf erst mit der Erfüllung seiner Weltaufgaben durch ein «o» ersetzt und sein Name damit zu Esperanto werden. Parzival’ wohnt in Sonceboz der Nähe von Biel/Bienne in einem kleinen, zum Gesamtkunstwerk umfunktionierten Bahnwärterhäuschen, das er zum «Sitz der Weltregierung» erklärt hat. «Der selbst ernannte ‹Grünschuhpharao› und ‹Ambassadeur du Soleil› agiert als ‹Weltregierung› und unterwirft sein ganzes Sein und Handeln der Idee des Weltfriedens sowie des ökologischen Bewusstseins. Politisch motiviert, sind seine Agitationen jedoch derart künstlerisch gestaltet, dass sie zur nicht endenden Lebens-Performance geraten», schreibt Dr. Monika Jagfeld, Leiterin Museum Lagerhaus, Stiftung für schweizerische Naive Kunst und Art Brut, St. Gallen. Parzival’s «Lebens-Performance» hat nur ein Ziel: die Etablierung der Plansprache Esperanto zur Sprache der UNO, was wiederum zur Völkerverständigung beitragen und letztlich zum Weltfrieden in einem atom- und CO2-freien Klima führen würde.
Die Figur Parzival’ ist als «Stadtoriginal» zwar vielen Leuten bekannt, sein Werk hingegen ist zu unserem Erstaunen bisher nur von einem kleinen Kreis anerkannt und ernsthaft rezipiert worden. Obwohl Parzival’ seine oft ephemeren Kunstwerke vor allem im Stadtraum, in der Natur, in der Bahn oder in Briefkästen deponiert, sind wir im Zuge unserer Recherchen auf Dachböden und Kellern fündig geworden: hunderte von Zeichnungen, Malereien, Briefen, Collagen, Esperanto-Kursen, Fotografien, selbst gemachten Ausweisen, Banknoten, UFO’s, Antriebsmechanismen, Erfindungen, Taschen, Koffern, Büchern, Heften, Schuhen, Kleidern - kurz, ein überbordender Schatz an Kreativität, den wir mit Hilfe dieser Publikation gerne teilen möchten.
Weltfrieden, Kunst und Esperanto
Parzival’s Werk soll mit dieser Publikation nicht nur seinen verdienten Platz in der Kunstgeschichte erhalten, es geht vielmehr darum, seine hochaktuelle Anliegen einem breiten Publikum bekannt zu machen. Denn die Fragen, welche Parzival’ mit seinen Auftritten, Bildern und Schriften stellt, gehen in Zeiten von Monsterstürmen, Gletscherschmelze, Permafrost, Syrien, Lybien, Trump, Kim Jong-un und Putin uns alle etwas an. Seine Antworten sind nie verzweifelt, sondern von unfassbarer Leichtigkeit und Einfachheit – doch nie naiv. Dass sein Wirken uns trifft, liegt in der Dringlichkeit der Probleme, die er anspricht. Sein Humor und seine konsequent pazifistische und ökologische Haltung machen seine Erscheinung und sein Handeln zu einer aussergewöhnlichen Setzung, die mit dem Alltag verquickt direkten Zugang zu den Menschen findet.
Monographie und Künstlerbuch in einem
Die geplante Publikation ist zweiteilig: Der monografische Teil beinhaltet eine kunsthistorische Verortung (Frau Dr. Monika Jagfeld), eine philosophische Annäherung (Dr. Armin Wildermuth), ein Interview (Tom Kummer – ja, DER Tom Kummer!), und eine umfassend bebilderte Werkschau auf über 400 Seiten. Der zweite Teil ist ein Künstlerbuch in Form eines Esperanto-Lehrmittels, denn Parzival’ lehrt und kommuniziert in der Plansprache Esperanto, die 1887 vom polnischen Augenarzt Ludwik Zamenhof zur Völkerverständigung und Friedensförderung kreiert wurde. Seine Esperanto-Kurse bestehen aus frechen, überraschenden Collagen und Texten, die mit viel Schalk und Nonchalance die aktuelle Weltlage kommentieren. Das Lehrbuch wird in alle UNO-Sprachen und unsere Landessprachen übersetzt, der monografische Teil erscheint auf Deutsch, Englisch und Esperanto. Gestaltet wird die Publikation von Barbara Ehrbar vom renommierten Bieler Superbüro, fotografiert hat neben Delphine Schacher, Rolf Neeser, Heini Stucki, Enrique Garcia Munoz, Rudolf Steiner und Barbara Meyer Cesta auch Parzival’ selbst.
Zielgruppe
Alle, Kunstwissenschafter, Künstler, Sammler, Kunstinteressierte, Esperanto
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort
Der in Biel/Bienne stadtbekannte Aktionist Parzival’, der für sich die Welt-regierung beansprucht und für den Weltfrieden eintritt, lebt und agiert von seiner «Ambassade du soleil» von Sonceboz und Biel/Bienne aus in der ganzen Schweiz. Sein Aktionsradius wird über die Erreichbarkeit mit dem kraftstofffreien ÖV definiert, denn seine pazifistische Botschaft schliesst eine radikale Ablehnung jeglicher umweltschädlicher Energien ein, also auch die Benutzung von CO2-ausstossenden Autos oder Flugzeugen. Obwohl Parzival’ explizit ein politisches Ziel verfolgt, ist er doch mehr als ein politischer Aktivist. Kreativ verpackt er jede Äusserung, jede Agitation in eine künstlerische Form. Parzival’ ist Künstler und als solcher der Outsider Art zuzuordnen. Er ist ein Outsider-Aktions-Künstler.
Wie nähert man sich diesem Künstler, wie seinem Werk? Parzival’ legt seine ganzen Aktivitäten in die Verbreitung pazifistischer und ökologischer Manifeste in Form von öffentlichen Interventionen – ein dickes Pressedossier dokumentiert diesen Weg über die Jahrzehnte. Wir stehen einem gigantischen Gesamtkunstwerk gegenüber, das Zeichnungen, Collagen, Schriftstücke und Flugblätter umfasst – Originalblätter sowie deren Vervielfältigungen – des Weiteren Objekte, Installationen, Szenografien und Performances. Schon Parzival’s Erscheinung ist eine Inszenierung seiner selbst: Er trägt ausschliesslich Grün, die Farbe der Fotosynthese und der Hoffnung. Er nennt sich auch «Grünschuhpharao». Hinzu kommt ein weltweiter Briefverkehr mit führenden PolitikerInnen und Institutionen, insbesondere mit der UNO. Er kreiert individuelle Weltbürgerpässe und eine Weltwährung. Parzival’ nutzt jedes Medium der Kommunikation, ausser elektronische und damit digitale Kanäle. Gleichwohl hat er «Verbündete», die sein Wirken schätzen und ihn unterstützen, indem sie seine verschiedenen Einsätze dokumentieren und auf Instagram posten (siehe kafodialogo) oder eine Website unterhalten: www.monsieurlevert.ch.
Auch die vorliegende Publikation ist letztlich Mittel der Verbreitung seiner Mission. Wer das Buch in die Hand nimmt, muss Parzival’ und seiner Lehre folgen. Die HerausgeberInnen haben Parzival’ in verschiedenen Situationen begleitet und zum Teil sein Wirken über Jahre verfolgt. Die Bedeutung seines künstlerischen Einsatzes für die grossen Fragen der Zeit soll mit dieser Monografie ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden. Sie dient sowohl
zur Visualisierung als auch der Dokumentation und bietet den Versuch einer Annäherung und Verortung dieses einzigartigen Schaffens.
So kommen VertreterInnen unterschiedlicher Professionen zu Wort, um sich mit heterogenen Denkansätzen dem Phänomen Parzival’ zu nähern: der Philosoph Armin Wildermuth, der Autor Tom Kummer, der ein Interview mit Parzival’ festhält, und die Kunsthistorikerin Monika Jagfeld. Ein umfangreicher Bildteil ergänzt diese Ausführungen. Gleichwohl weicht die Monografie von üblichen Kunstpublikationen ab. Zwar ist eine Aufstellung der Veröffentlichungen und Ausstellungsbeteiligungen Parzival’s integ-riert, aber es finden sich keine Bildlegenden mit Titeln und Datierungen oder einem Nachweis der einzelnen Arbeiten in diesem Buch. Mit dem Moment, in dem Parzival’ seine bürgerliche Identität abstreift und sich zum «Parzival» erklärt, verlässt er nicht nur seine Herkunft, sondern legt auch seinen bürgerlichen Namen ab. Fern von Geburt und Entwicklung oder Alter begibt er sich mit der neuen Identität seiner Mission in einen Raum der Zeitlosigkeit – ähnlich wie der mythische Parzival des Wolfram von Eschenbach. In diesem Raum sind Kategorien eines Beginns und Endes, Vorhers und Nachhers, eines Früh-, Haupt- oder Spätwerkes aufgehoben und inexistent. Ebenso ist auch die Bezeichnung einzelner künstlerischer Techniken irrelevant. Hier existiert die einzelne Arbeit nicht als Werk, sondern ist immer ein pars pro toto, und erst die Summe aller kreativen Äusserungen Parzival’s, inklusive seiner Person und seines Lebensraumes, definiert sein Werk. Diese spezifische Auflösung zwischen Künstler und Werk, zwischen Subjekt und Objekt, Zeit und Raum, enthebt Parzival’s Kunstschaffen einer gewohnten akademischen Katalogisierung. Stattdessen sind die Sammlungen, in denen sich einzelne Arbeiten von Parzival’ befinden, im Anschluss genannt.
Im Schuber ist ein zweiter Band beigefügt: tatsächlich ein Lehrbuch, das mit Parzival’s originalen Esperanto-Kursen gestaltet wurde. Denn zentrales Ziel Parzival’s bzw. der Weltregierung ist die Wahl einer Welthauptstadt durch die UNO, und das Instrument dazu ist die weltverbindende Sprache des Esperanto. Parzival’ selbst gibt regelmässig Esperanto-Kurse – jeden Donnerstag ab 16.30 Uhr an seinem Stammtisch im Restaurant des Einkaufzentrums
MIGROS-Kreuzplatz in Biel/Bienne – und alle seine Texte sind in Esperanto geschrieben oder zweisprachig. Daher sind auch alle Texte dieser Publikation in Esperanto übersetzt und ist das vorliegende Lehrbuch ein Esperanto-Kurs für die Leserschaft mit Platz für eigene Übungen.
Parzival’, der Mahner, der auch den Bahá’í angehört, ist überzeugt, dass die Welt dem Weltfrieden längst näher wäre, wenn sie sich auf einer Ebene, in einer Sprache verständigen würde. Daher lädt er auch immer wieder zerstrittene politische GegnerInnen, ReligionsvertreterInnen oder Personen unterschiedlicher Kulturen zum gemeinsamen Esperanto-Kurs ein. Überall, aber bevorzugt vor dem Sitz der UNO in Genf, baut Parzival’ seinen «Kleinen Tisch der Weltregierung» auf, um als Repräsentant der Weltregierung unmittelbar auf aktuelle Geschehnisse der Weltpolitik zu reagieren und mit Einladungen an seinen «runden Tisch» zum Esperanto-Kurs zu interve-nieren. Zur weiteren Verbreitung ist diese Publikation zudem in Englisch übersetzt, der Sprache der internationalen Kunstwelt. Für ein besseres Verständnis Parzival’s folgen im Anschluss an dieses Vorwort Erläuterungen ausgewählter, für sein Schaffen relevanter Begriffe. Die HerausgeberInnen verstehen dieses Buch nebst seiner kunsthistorischen Verortung auch als Werkzeug zur Würdigung eines Utopisten und Dissidenten, der sich souverän und unvernünftig ausschliesslich seinem Werk unterwirft. Parzival’s grosses Thema einer neuen humanistischen Ordnung spottet jeglichen Zwangs zur Integration in ein Kunstsystem. Sein radikales Werk zeigt dessen Grenzen auf, indem es sie aufhebt.
Dr. Monika Jagfeld und Edition Haus am Gern