E-Book, Deutsch, 268 Seiten
Parthen / Robben-Beyer Szenenwechsel
2. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-9370-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das erste Frauenbuch (auch) für Männer
E-Book, Deutsch, 268 Seiten
ISBN: 978-3-7557-9370-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Es läuft ganz gut für Amelie Bachmann, 49, die kickboxende Schokoliebhaberin, Vorständin und Mutter - bis auf den ganz normalen Wahnsinn mit der pubertierenden Tochter oder auch dem ihrer Kollegen. Da hilft manchmal nur noch eines: Atmen! Und wenn gar nichts mehr hilft, kann sie sich zumindest auf ihr Verhandlungsgeschick und Freundin Florence verlassen. Hier und da ein Frauenabend oder ein Trip in die Berge und schon sieht die Welt wieder anders aus. Eines ist ihr dabei schon länger klar: Als Mutter ist man einfach die geborene Leaderin. Denn ob Amelie nun einen Teenie bändigt oder die Männer im Büro: In beiden Fällen sind so ziemlich dieselben Kompetenzen gefragt.
Ulrike Parthen - Autorin, Ghostwriterin, waschechte Schwäbin: Durch das intuitive Schreiben erschafft sie für sich und andere Geschichten in heiterer Romanform. In Workshops führt sie zudem interessierte Menschen an das intuitive Schreiben heran. Wenn sie nicht gerade schreibt, steht sie garantiert vor der Kamera ihres fotografierenden Ehemanns oder streift durch die Wälder der näheren Umgebung.
Autoren/Hrsg.
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WOHIN
MIT
IHM?
Huch, was mache ich denn in der U-Bahn? Ich bin noch nie U-Bahn gefahren! Vor meinen Füßen sitzt Benno und grinst mich an. Seit wann können Hunde grinsen? Plötzlich steht Philipp vor mir, offensichtlich schlafwandelnd. Selbst dabei schnarcht er so laut, dass sich alle anderen Fahrgäste die Ohren zuhalten und schimpfen wie die Rohrspatzen. Benno fängt indes laut zu bellen an. Der Schaffner vermutet einen Notfall und leitet eine Notbremsung ein. Ich purzle dabei aus meinem Sitz, lande unsanft auf dem Boden und kriege keine Luft mehr. Irgendwer hockt über meinem Gesicht, um mich per Mund-zu-Mund-Beatmung zu retten. Igitt, wie eklig! „Hilfe, Hilfe!“, rufe ich verzweifelt und reiße die Augen auf. Dabei stelle ich fest: Ich lebe noch. So weit, so gut. Da bin ich wirklich sehr erleichtert. Erst jetzt merke ich, dass ich sogar relativ quietschlebendig auf meinem eigenen Sofa liege anstatt in der U-Bahn und es gar keinen Lebensretter braucht. Ach so, ist nur der Benno, der mich gerade sabbernd abknutscht. Damit wäre meine Bettwäsche im Eimer und Teile der Sofalandschaft auch. Hundespeichel überall. Knutschen grundsätzlich finde ich ja schon schön. Allerdings doch bitte nicht von einem sabbernden Benno. Wenn ich dagegen an die Anfänge von Philipp und mir zurückdenke – oh, oh, da werden sogleich Erinnerungen wach. Vor lauter Knutschen hatte ich tagelang puterrot entzündete Haut um meine Mundwinkel herum. Das lag bestimmt an seinem Dreitagebart, den er damals ziemlich schick und männlich fand. „Na, Amelie, wieder mal `ne heiße Nacht verbracht?“, neckten mich meine Kollegen auf der Arbeit deswegen. „Ist doch bloß ein Ausschlag“, erwiderte ich verschämt. Nicht ohne dabei mindestens genauso rot zu werden wie meine entzündete Haut. Mein Selbstbewusstsein ließ damals sehr zu wünschen übrig. Ich wäre am liebsten im nächsten Mauseloch verschwunden vor Peinlichkeit. Heute würde ich ganz anders darauf reagieren und keck antworten: „Neidisch?“ Das Argument mit dem Ausschlag damals war ja nicht mal gelogen, weil ich Lügen schon immer hasste. Von Dreitagebart kannst du als Frau richtig fetten Ausschlag bekommen, wenn du die Dinge übertreibst. Wir hatten es eindeutig übertrieben! So ändern sich die Begebenheiten im Laufe des Lebens. Scheinbar zählt leidenschaftliches Küssen nicht mehr zu Philipps Vorlieben. Er bevorzugt neuerdings das „Küsschengeben“. Also Mundwinkel leicht anspitzen und ein schnelles Bussi auf meine Lippen hauchen, das so zaghaft ist, dass ich es kaum spüre. Doch Leidenschaft ist jetzt nicht das vorrangige Thema an diesem Morgen. Erst mal habe ich drei andere wichtige Herausforderungen zu lösen: Mein Äußeres in Richtung konferenztauglich zu verwandeln, danach mit Herrn Bankdirektor Hartnuß zu verhandeln, um am Abend nahtlos in die Verhandlungen mit Marie einzusteigen. Die 10 Millionen zu kriegen, wird im Vergleich dazu sicher ein Klacks. „Amelie, Kaffee ist fertig, kommst du?“, ruft Philipp herzallerliebst aus der Wohnküche, als sei nichts gewesen. Der hat vielleicht Nerven! „Ich komme gleich“, antworte ich so erschöpft, wie ich es von mir gar nicht kenne. In der Küche scheppert es, als fände ein Polterabend statt. Wenn ich richtig vermute, räumt Philipp aber nur die Spülmaschine aus. Er hat dabei sein eigenes System, und das macht für gewöhnlich Lärm. Stört mich ansonsten überhaupt nicht. Heute morgen bin ich allerdings schon recht empfindlich, denn mein Kopf platzt vor Schmerzen. Ich schleppe mich die Treppen ins Bad hinauf. Hoffentlich nicht schon wieder stundenlang von Marie besetzt. Ich brauche erst mal eine kalte Dusche, danach einen Kaffee, gemeinsam mit einer Kopfschmerztablette. Dann … ja dann bin ich eventuell wieder ansprechbar. Ohne Kaffee geht bei mir morgens nichts. „Morgen Mama, gut geschlafen?“ Marie kommt freudestrahlend aus ihrem Zimmer. Sie schaut aus wie das blühende Leben. Diesen Zustand werde ich heute wohl nicht mehr erreichen, egal, wie sehr ich mich im Badezimmer auch bemühe. „Die drei Stunden, die von der Nacht dann noch übrig waren, schon!“, antworte ich leicht gereizt. „Guten Morgen Amelie.“ Philipp mischt sich in die Runde. Habe ihn gar nicht die Treppen hochkommen hören. Liegt bestimmt an dem Hammer in meinem Hirn, der unaufhörlich gegen die Schädeldecke klopft. „Gut geschlafen, mein Energiesternchen?“ An diesen Kosenamen habe ich mich inzwischen gewöhnt. Allerdings halte ich ihn heute Morgen für unpassend. „Ne, nicht wirklich!“, antworte ich wahrheitsgemäß. Schwindeleien aus Gründen der Höflichkeit liegen mir fern. Ob im ehelichen Verhältnis oder in der Firma. „Mama sagte zu mir eben was anderes“, protestiert Marie. Ich verlasse die schöne Zusammenkunft. Die Unterhaltung führen wir besser an einem geeigneteren Ort fort. Erst mal ins Bad. Die Schrankschublade meiner gestrigen Ohrstöpsel-Suchaktion steht noch offen. Hat scheinbar niemanden bis jetzt gestört. Ich schließe die Lade, in der wild durcheinander Krimskrams liegt. In dieser hier sammeln sich inzwischen zwei Großpackungen Ohrstöpsel, Philipps Nassrasierer, ein Stück unbenutzte Seife – Weihnachtsgeschenk von Mutti, aber sie riecht ekelhaft. Außerdem einige Flasche ausgetrocknete Nagellacke, zwei Feuerzeuge, eine Kerze, ein paar Wattestäbchen und mindestens sechs verschiedenfarbige Kajalstifte. Allesamt von Marie. Sie befindet sich derzeit in der Ausprobierphase, inwieweit grellbunte Farben ihr Gesicht verschönern könnten. Aus den Augenwinkeln heraus fiel mir beim Schließen etwas auf, das mir komisch vorkam. Als ob in so einer Chaos-Schublade überhaupt irgendwas komisch anmuten könnte. Ich öffne sie erneut. Tatsächlich! Hinten links neben einer Packung Tampons liegen zwei Kondome. Glücklicherweise unbenutzt. „Was machen die in meiner Schublade?“, frage ich mich verwirrt. Völlig sinnlos, denn die Antwort darauf kann ich ja nicht wissen. Dafür sind andere hier im Haushalt lebende Personen zuständig. Ich tippe auf Marie. Wer auch sonst? Philipp ja sicher nicht. Oder doch? Da er im erotischen Eheleben mit mir ganz sicher keine braucht, geht plötzlich meine Phantasie mit mir durch. Das funktioniert, wie ich sehe, auch bei Kopfscherzen und Schlafmangel phänomenal. Ich bin zeitweise auf Geschäftsreise. Nie länger, aber für eine Übernachtung, das kommt schon gelegentlich vor. Was, wenn er eine andere hat? Eifersucht war bisher kein Thema für mich. Heute scheinbar schon. Ich fühle mich innerlich wie eine Furie. „Bleib ruhig, Amelie, die Kondome gehören Marie!“, versuche ich meine Emotionen wieder in normale Bahnen zu lenken. „Außerdem bist du nur übermüdet, sonst nichts.“ Ich atme dreimal tief durch. Atmen hilft. Die meisten meiner gedanklichen Dämonen lassen sich damit wieder verscheuchen. Ein paar ganz hartnäckige von ihnen spüle ich unter der Dusche mit eiskaltem Wasser den Abfluss hinunter. Weg damit! Mit klappernden Zähnen und Handtuch um den Kopf gewickelt, komme ich aus der Dusche. Ich streife meine weiße Spitzen-Unterwäsche über. Die Kälte hat einige meiner Lebensgeister erweckt. Ich kann mich nun also der optischen Verschönerung zuwenden und suche mein Make-up. Es liegt sonst immer an derselben Stelle. „Marie, hast du mein Makeup gesehen?“ Ich stecke meinen Kopf zur Badezimmertür raus und hoffe auf eine schnelle Antwort. Die Zeit drängt. „Liegt auf meinem Nachttisch“, kriege ich prompt zur Antwort. Nur mit Unterwäsche bekleidet, flitze ich hurtig in Maries Zimmer. Nebenbei sammle ich von ihrem Nachttisch diverse andere Utensilien mit ein, die ich eindeutig als die meinen identifiziere. „So langsam siehst du einigermaßen salonfähig aus“, beruhige ich mich selbst, als ich die erste Schicht Make-up aufgetragen habe. Etwas Puder und Wimperntusche vollenden das Werk. Ich nutze selten mehr, da bin ich ganz unkompliziert. Und ehrlich gesagt auch etwas faul. „Ameeeeeelllllieeee, Kaffee wird kalt!“ Meine Güte, was für eine Hektik heute. Ich komme ja schon. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel und ich stelle fest: Zwar nicht perfekt, aber annehmbar. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese feinen Nuancen einem Mann sowieso nie auffallen würden. Meine Vorstandskollegen und Herr Hartnuß sind durchweg Männer. Die haben zwar durchaus ein Auge für schöne, gepflegte Frauen. Aber die Details? Um Himmels willen! Für die kleinen Dinge fraulicher Schönheitsgeheimnisse fehlt ihnen doch wirklich der Blick. „Da bist du ja endlich“, begrüßt mich Philipp ungeduldig und gießt mir netterweise den Kaffee ein. „Endlich“ ist gut. Ich war höchstens 15 Minuten im Bad. Eine Zeitspanne, die wenig Frauen so hinbekommen würden. „Fällt dir nichts auf?“, frage ich ihn direkt. Ich wundere mich, dass er zu Benno noch keinen Piep sagte. Der sitzt unmittelbar neben ihm und sabbert vor sich hin. „Was meinst du?“ Unschuldiger Blick von links. „Ja, Mama, was meinst du denn?“ Unschuldiger...