Papke | Erinnerungen II | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 398 Seiten

Reihe: Erinnerungen

Papke Erinnerungen II

Freitag der Dreizehnte
2. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7357-5415-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Freitag der Dreizehnte

E-Book, Deutsch, Band 2, 398 Seiten

Reihe: Erinnerungen

ISBN: 978-3-7357-5415-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



ERINNERUNGEN II: Hier ist nun bereits der zweite Teil, meine Kinder ermutigten mich dazu. Ich möchte darin erzählen, was mir in der damaligen DDR so alles begegnete. Wie ich mich aus den Fängen der Stasi befreien konnte und mir letzlich die Flucht nach Westdeutschland gelang. Anstatt 350 Meter über die Mauer , musste ich einen Umweg von 3500 Kilometer machen, um in die Freiheit zu gelangen. Nur wenn man es selbst erlebt hat kann man ermessen, wieviele Fallstricke es manchmal im Leben gibt. Wer will, mag es lesen.

Weder bin ich bekannt wie etwa Goethe, Schiller oder Dieter Hildebrandt, noch habe ich den Beruf des Schriftstellers erlernt. Da ich bisher durchaus ein recht bewegtes und interessantes Leben hatte, baten mich meine Kinder, dies doch einmal aufzuschreiben. Dabei merkte ich, dass man dadurch unangenehme Erlebnisse auch ohne fremde Hilfe viel besser verarbeiten und vergessen kann. Geboren bin ich in Mackensen in Hinterpommern, dem jetzigen Polen, am 16. Februar 1934. 1945 mussten wir alles stehen und liegen lassen und unsere Heimat verlassen. In Anklam beendete ich die Grundschule; Gymnasien gab es zu der Zeit nicht. Anschließend lernte ich den Beruf des Bau-und-Möbelschreiners. 1952 holte ich das Abitur nach und studierte in Weimar an der Hochschule für Architektur und Bauwesen. Seit 1960 arbeitete ich als Architekt an der Hochschule für Architektur in Leipzig, bei einem Baubetrieb in Ostberlin und nach meiner Flucht 1963 in Reutlingen. Seit 1997 bin ich in Rente, aber keineswegs Im Ruhestand. Denn nun begann ich mit ehrenamtlicher Tätigkeit und besuchte viele ferne, fremde Länder. Nach meiner Scheidung fand ich ein neues und sehr zufriedenes Leben.

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1.00 Anklam
1.01 Unser Neustart
Unsere Flucht aus Pommern vor den Polen endete im Oktober 1945 in Anklam. Denn natürlich hatte Mama die nächsten Verwandten angesteuert. Und das waren Onkel Willi und Tante Trude Raschke in Anklam. Onkel Willi war gelernter Elektriker und während des Krieges von Mackensen nach Anklam versetzt worden, weil er bei den ARADO-Flugzeugwerken beschäftigt war. Hier bewohnten sie mit ihren Kindern Ingrid, Gerhard, Gertrud und Hannelore eine Doppelhaus-Hälfte, die gerade für ihre Familie ausreichend groß war. Bernhard war noch vor 1945 zum Krieg eingezogen worden und noch nicht wieder zurück. Zunächst kam unglaubliche Freude auf - sogar auf beiden Seiten. Wir wurden herzlich empfangen und freundlich aufgenommen. Doch bald stellte sich heraus, dass wir viel zu viele Leute waren für das kleine Haus. Ganz abgesehen von der Versorgung. Denn Onkel Willi war der einzige Verdiener. Darauf rückten die Nachbarn, Familie Westschal, etwas näher zusammen und nahmen Onkel Franz, Tante Martha , Horst, Anneliese und Günther bei sich auf. Onkel Franz fand auch bald selbst Arbeit. Oma mit Arno und Manfred Reffke machten sich bald auf nach Dortmund zu Tante Elly. Dort gab es eine weitere Gruppe Verwandtschaft. Tante Elly mit ihrem Udo und Klaus Reffke, der Jüngste von der verstorbenen Tante Anna, waren hier schon gelandet. Und Bernhard Raschke wohnte inzwischen auch in der Nähe. So hatte sich die Lage bei uns etwas entspannt. Aber trotzdem waren täglich immer noch zehn Mäuler zu stopfen! Das Essen war rationiert, reichte aber vorne und hinten nicht. Das war für uns eine schreckliche Zeit. Wer was zu tauschen hatte, konnte sich auf dem Schwarzmarkt wenigstens Lebensmittel besorgen. Die Bauern verdienten sich dabei goldene Nasen, sogar im Kuhstall lagen schon Perserteppiche – erzählte man sich! Aber wir Flüchtlinge hatten ja nichts anzubieten, also konnten wir auch nichts tauschen. Zu essen gab es bei uns morgens eine Suppe aus einer geriebenen Kartoffeln, dazu eine trockene Scheibe Brot. Die Suppe schmeckte grausam! Zu Mittag war meistens auch nur eine dünne Gemüsesuppe auf dem Tisch. Und am Abend ein paar Pellkartoffeln mit Soße. Besser wurde unsere Versorgung erst, als Onkel Willi Arbeit bei der russischen Kommandantur bekam, die in der Mühle direkt neben Onkel Willis Schrebergarten einquartiert war.Es gab bei den Russen fast immer Graupen mit Fleisch. Da staubte er täglich eine 10-Liter- Kanne Essensreste von den Russen ab. Obwohl in den Resten, die wir bekamen natürlich kein Fleisch mehr war, schmeckte es wenigstens noch danach. Die schwere Kanne musste ich dann immer jeden Abend nach Hause holen. Onkel Willi hatte im Laufe des Tages geschickt die volle Kanne in seinen Schrebergarten geschmuggelt. Der Weg war mindestens 2 km bis nach Hause. Und die volle Kanne war schwer, aber zwischendurch konnte ich wenigstens schon mal naschen, das entschädigte. Der Weg von der Mühle führte am Friedhof vorbei. Genau gesagt, war der Weg über den Friedhof etwas kürzer, den nahm man gewöhnlich. Natürlich wählte ich zuerst den längeren Weg, aber das ging über meine Kräfte. Darauf probierte ich es über den Friedhof zu gehen, aber das war sehr unheimlich. Wenn es stockdunkel war und der Wind durch die Bäume wehte, war es richtig gruselig. Zudem hatte ich in einem Anklamer Heimatbuch von Geistern gelesen, die nachts auf dem Friedhof ihr Unwesen treiben sollten. So war es jedes Mal eine neue Mutprobe für mich. Aber ich nahm mir vor, mich einfach nicht einschüchtern zu lassen und keine Angst zu haben. Tatsächlich stellte sich jedes Mal heraus, dass ein Schatten eben nur von einem Grabkreuz und ein eigenartiger Schrei von einem Kauz stammte. Jedenfalls war ich hinterher immer stolz auf meinen Mumm und - dass ich noch lebte! So behielt ich meine Route über den Friedhof bei. 1.02 Flüchtlinge
Anklam war also nun unsere neue Heimat. Das war schon eine enorme Umstellung von einem Bauernhof mit allen Freiheiten nun hier beengt zur Untermiete unter einer Dachschräge! Hier verbrachte ich die nächsten 7 Jahre. Außerdem bin ich hier von der 5. bis zur 8. Klasse zur Grundschule gegangen. Das war eine schreckliche Zeit. Unsere Mutter war mit uns 3 Kindern alleine, denn unser Vater war noch bis 1947 in Gefangenschaft in Frankreich. Wir wohnten im nicht isolierten Dachboden, wo es im Winter immer sehr kalt wurde. Morgens war Raureif an der Decke über dem Bett! In die Schule ging ich in Holzpantoffeln, denn Lederschuhe hatten wir keine. Damit bekam man jedes Mal nasse Füße vom Schnee im Winter. Mit der Zeit machte ich aus der Not eine Tugend. ich befestigte mir einen dicken Draht längs unter die Sohlen und so konnte ich wie auf Schlittschuhen gleiten. Meine Schlittschuhe waren leider bei den Polen geblieben. Langsam ging es auf das erste Weihnachtsfest 1945/46 zu. Aber an Geschenke war nicht zu denken. Eines Tages fand ich auf einer Müllkippe eine glasierte und mit Blumen bemalte 5 cm große Keramikscheibe. Die brachte mich auf einen glorreichen Gedanken. Wie schön würde die in einer Puppenstube als Tisch wirken!? Und Marlies, meine kleine Schwester würde sich bestimmt darüber freuen. Gedacht, getan! Im Keller bei Onkel Willi fand ich viel Schreinerwerkzeug und auch so manches Material. Regelmäßig ging ich nun heimlich in den Keller und Schnell hatte ich eine Puppenstube von etwa 70 x 70 cm zusammen gebaut. Alle Wände wurden nun tapeziert mit alter Tapete, die ich bei Onkel Willi entdeckt hatte. Auch ein Fenster baute ich ein. Es bestand aus einer Plexiglasplatte, auf die ich dünne Holzstäbchen geleimt hatte als Rahmen. Sah schon richtig gut aus! Natürlich fand ich auch Tüll-Abfälle, aus denen ich Gardinen schnitt. dann ging es an die Möbel. Zum Schluss hatte ich zu dem runden Keramiktisch mit Mittelfuß auch noch ein paar Sessel geschnitzt und zusammen geleimt . Ein Schrank ergänzte das Mobiliar. Genau zum Heiligen Abend war ich fertig und stellte die Puppenstube unter den Weihnachtsbaum. Nicht nur meine Schwester, auch alle anderen, besonders aber meine Mutter, wunderten sich. Denn keiner hatte etwas von meiner Bastelei mit bekommen. Nur mit Onkel Willi bekam ich Zoff! Hatte ich doch sein Werkzeug stumpf gemacht und auch einige seiner Materialien verarbeitet. Aber das steckte ich locker weg. Letztlich musste aber auch er feststellen, dass das für mich, einem 11-jäjrigen eine tolle Leistung sei. Und natürlich fehlte es immer noch am Essen und an der Kleidung. In Holzpantoffeln gingen wir das ganze Jahr sogar in die Schule. Zur Freizeitbeschäftigung nagelte ich mir einen dicken Draht längs unter die Pantoffel und so hatte ich sogar einen Schlittschuh-Ersatz. Aus einem Hosenbein einer alten Damenhose von Tante Hermine aus Berlin nähte Mama mir eine ganze Hose. Man kann sich vorstellen, wie sie aussah. Sie saß zwar sauber, aber sie war aus vielen Kleinteilen zusammengeflickt. So hatten wir den strengen Winter doch noch einigermaßen überstanden Besser war der Sommer zu ertragen. Wenigsten fror man nicht. Dafür konnte ich etwas zur Versorgung der Familie beitragen. Ein Schulfreund hatte mir eine Angel geliehen. Der zeigte mir auch die besten Stellen an der Peene, wo man gut angeln konnte. So war ich jeden Tag unterwegs, um zu angeln. Meine Mutter war froh, dass es auch mal etwas anderes auf den Tisch gab. Am unangenehmsten war, dass wir als Flüchtlinge überall als Fremde angesehen wurden. Von den Nachbarjungen wurden wir mit Peitschen gejagt und man beschimpfte uns als „Flüchtlinge“, die hier nichts zu suchen hätten. Das Wort „Flüchtling“ werde ich nie vergessen!!! Es ist für mich das schlimmste Schimpfwort, das ich mir vorstellen kann, denn es ruft in mir sofort alte unangenehme Erinnerungen wach. . Dann kam der Herbst und meine Mutter lief mit den anderen Frauen auf jedes abgeerntete Getreidefeld, um Ähren zu sammeln. Ich hatte entdeckt, dass es in der Peene viele essbare Fische gab. Ein Freund lieh mir eine Angel und so brachte ich eine Zeit lang ganze Fisch-Mahlzeiten nach Hause. Das bereicherte den kargen Speiseplan etwas. Im Herbst wurden dann an den Wochenenden, wenn die abgeernteten Kartoffelfelder freigegeben waren, Kartoffeln nach gesammelt. Man nannte das „Stöpseln“. Sonntag schon morgens um 4 Uhr fuhr man im Dunkeln mit einem alten Handwagen los. So wie es leicht hell wurde stürzte man sich auf den Acker.Doch wenn man sich dann bei Licht umsah bemerkte man, dass bereits mehrere 100 Leute ebenso schnell gewesen waren. Da wir uns einigermaßen auskannten, wussten wir wie man an die Sache heran gehen muss. Zuerst wurde quer zu den ehemaligen Reihen gehackt, bis man eine einträgliche Reihe gefunden hatte. Denn wenn man eine Reihe erwischte, wo jemand nicht gründlich gehackt hatte, gab es einen ganz schönen Ertrag. In ein bis zwei Stunden war der ganze Acker wie umgegraben. Leute die später kamen gruben ihn dann glatt noch einmal um und fanden tatsächlich auch immer noch ein paar einzelne...



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