E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Pade Viel mehr als eine Sommerliebe
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7337-7387-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Digital Edition
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-7387-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
So unerfahren sie auch als Nanny ist: Seit Bailey ihm und seinen verwaisten Nichten und Neffen hilft, fühlt Gib sich weniger allein mit der Verantwortung für die Kinder. Zwar spürt er, dass sie etwas verheimlicht, dennoch empfindet er immer mehr für Bailey ...
Victoria Pade ist Autorin zahlreicher zeitgenössischer Romane aber auch historische und Krimi-Geschichten entflossen ihrer Feder. Dabei lief ihre Karriere zunächst gar nicht so gut an. Als sie das College verließ und ihre erste Tochter bekam, machte sie auch die ersten schriftstellerischen Gehversuche, doch es sollte sieben Jahre dauern, bis ihr historischer Debütroman veröffentlicht wurde. Um die Trennung von ihrem Mann zu verarbeiten und aktuelle Themen aufzugreifen, wechselte sie schließlich zu modernen Geschichten, die im Hier und Jetzt spielen. Victoria lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrer jüngsten Tochter, die Psychologie studiert, in Colorado. Ihre älteste Tochter studiert in Michigan Medizin.
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2. KAPITEL
Es war ein älteres, holzverkleidetes Haus mit einer großen überdachten Veranda und einer lang gezogenen Grünfläche, die das Haus auf angenehme Weise von der Straße trennte. Das Einzige, was Bailey in Wheatridge, einem Vorort nordwestlich von Denver, kannte, war das Krankenhaus. Als sie mit Gib Harden am Telefon sprach, hatte sie sich den Weg von dort aus beschreiben lassen. An diesem Samstagnachmittag nun saß sie, anstatt in einem Flugzeug nach Afrika, in ihrem dunkelgrünen Jaguar und betrachtete das Haus.
Es war nicht luxuriös, machte aber einen gepflegten Eindruck, obwohl auf dem Rasen ein roter Puppenwagen, ein Dreirad, knallbunte Rollschuhe, Bälle und diverse andere Spielzeuge verteilt waren.
Bailey parkte den Wagen vor dem Haus und verglich die Adresse mit der auf dem Papier, das auf ihrem Beifahrersitz lag. Sie war richtig.
Zum wiederholten Male las sie die Annonce.
Gesucht: Kindermädchen und Haushälterin für einen Haushalt mit drei Kindern. Zimmer wird gestellt. Erfahrung nicht erforderlich. Verzweifelter alleinstehender Vater braucht dringend Hilfe.
Erfahrung nicht erforderlich war das Schlüsselwort für sie. Deswegen hatte sie aus allen Anzeigen diese ausgewählt. Okay, wer auch immer sie anstellen würde, würde nicht gerade das große Los ziehen. Aber Gib Harden hatte geschrieben, dass Erfahrung nicht erforderlich wäre, also würde er auch keinen Hauptgewinn erwarten. Trotzdem war ihr nicht ganz wohl bei der Sache. Es war nicht ihre Art, Menschen zu täuschen und eine Stelle unter Vorspiegelung falscher Tatsachen anzunehmen. Aber die Gelegenheit war einfach zu günstig, um nicht ihren Plan schnell in die Tat umzusetzen.
Die Tage seit dem Telefongespräch hatte sie noch etwas anderes beunruhigt. Unaufhörlich versuchte sie sich vorzustellen, was für ein Gesicht sich wohl hinter der Stimme am Telefon verbarg. Ein tiefer, voller Bariton mit einem weichen, melodischen Klang. Diese Stimme erschien ihr ruhig, sicher, geduldig, sehr männlich und auf unerhörte Weise erotisch.
Nicht, dass Letzteres etwas zur Sache täte. Es waren die anderen Eindrücke, die sie von ihm gewonnen hatte, die wichtig waren. Positive Aspekte, hoffte Bailey. Nicht etwa, weil der Klang seiner Stimme sie überflutet hatte wie heiße Lava, sondern weil sie hoffte, mit einem gutmütigen, ruhigen und geduldigen Menschen rechnen zu können, der über eventuelle Anfangsschwierigkeiten hinwegsehen würde.
Falls sie den Job überhaupt bekäme.
Womit kaum zu rechnen wäre, wenn sie im Auto Wurzeln schlug.
Sie warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel und bahnte sich den Weg durch die herumliegenden Spielsachen zum Haus. Durch die Scheibe in der Eingangstür konnte sie niemanden sehen. Statt dessen war lautes Geschrei zu hören. Ein kreischendes Baby und sich zankende Kinder. Darüber ein tiefer Bariton. „Du sollst doch mit deiner Schwester teilen, Kyle!“
Sie erkannte die Stimme vom Telefon, und ein heißer Schauer lief ihr über den Rücken. Bailey wunderte sich, dass allein der Klang der Stimme eines fremden Mannes sie mit solch einer Wucht treffen konnte.
Sie beschloss es zu ignorieren.
Wieder überkam sie dieses Gefühl der Unehrlichkeit. Selbst zu ihren Patientinnen war sie immer ehrlich gewesen, sogar wenn sie eine schlechte Nachricht zu überbringen hatte. Aber wenn sie bei der Wahrheit blieb, würde er sie niemals einstellen.
Und überhaupt. Wie schlimm konnte es schon werden? Selbst Teenager konnten babysitten. Wenn eine Dreizehnjährige dazu in der Lage war, würde auch sie damit keine Probleme haben. Mehr würde es ja auch nicht sein. Ein bisschen auf die Kinder aufpassen, ein bisschen aufräumen. Was war schon dabei?
Selbst wenn es am Anfang nicht gleich laufen würde; Lernen war ihr schon immer leichtgefallen. Ein oder zwei Tage, und sie hätte alles unter Kontrolle. Er würde nichts merken, und sie würde den Rest der drei Monate ihr Bestes geben, bevor er sich jemand anders suchen müsste.
Nicht, dass sie ihm sagen wollte, dass sie vorhabe, nur drei Monate zu bleiben – noch etwas, das sie ihm verschweigen würde. Aber sie würde ihn nicht im Regen stehen lassen. Wenn die Zeit vorbei war, würde sie ihm jeden Pfennig zurückzahlen und ihm helfen, jemand zu finden, der ihren Platz einnehmen könnte. Bis dahin würde sie natürlich die Stellung weiter halten. Das schien ihr eine gerechte Gegenleistung für ihre Ausbildung und ihre Unaufrichtigkeit zu sein.
In dem Moment, als sie auf die Klingel drückte, hörte sie drinnen ein lautes Krachen. Eine andere Männerstimme rief: „He, Gib, sieh dir diesen Schlamassel einmal an!“
Da sie sich nicht sicher war, ob man die Klingel überhaupt gehört hatte, läutete sie nach einer Weile noch einmal.
„Moment. Ich komme ja schon!“ Das klang leicht gereizt.
Die Tür wurde aufgerissen. „Was ist?“, fragte der hochgewachsene, breitschultrige Mann.
„Tut mir leid, wenn ich ungelegen komme“, sagte sie automatisch.
Er stand vor ihr, knapp zwei Kopf größer als sie und betrachtete sie misstrauisch.
„Ich bin Bailey Coltrain. Ich habe am Mittwoch mit Gib Harden telefoniert. Wir hatten ein Vorstellungsgespräch vereinbart.“
Seine braunen Augen weiteten sich, als er auf die Uhr an seinem breiten Handgelenk sah. „Ist es schon eins? Ich wusste nicht, dass es schon so spät ist.“
Er hatte ein unscheinbares weißes T-Shirt an, das gar nicht so unscheinbar schien, wie es sich so um seine breiten Schultern und seine unübersehbar muskulöse Brust schmiegte. Und das, obwohl er darüber noch ein offenes Hemd trug. Die Ärmel hatte er bis an die Ellbogen hochgekrempelt. Dazu trug er alte blaue Jeans, die eng genug saßen, um ihm nicht über die Taille zu rutschen. Um die Hüften trug er einen Werkzeuggürtel.
Nur, dass sich darin kein Werkzeug befand. Aus den Taschen und Schlaufen des Gürtels ragte hier eine zerlumpte Stoffpuppe, dort eine unbenutzte Windel, eine Reisepackung Papiertücher, eine Schleuder, einige saubere Stofftücher, ein Plastikbecher und eine Nuckelflasche.
Bei diesem Anblick hätte Bailey fast laut losgelacht. Der Mann war groß und kräftig, seine Handgelenke so breit wie ihre Fußknöchel. Seine Haut war von der Arbeit im Freien sonnengebräunt. Feine Linien umspielten seine Augenwinkel, und an seinem kantigem Kinn ließ sich der Schimmer eines Bartes erkennen. Sein kräftiges Haar hatte die Farbe von Zartbitterschokolade und fiel locker in seine Stirn. Alles an ihm strahlte eine raue, pure und natürliche Männlichkeit aus. Er bemerkte nicht, dass sie Schwierigkeiten hatte, ihn direkt anzuschauen. „Kommen Sie herein, ich bin Gib Harden!“
Er deutete ihr den Weg ins Haus. Drinnen lagen überall Spielzeug, Klamotten, Schuhe, nasse Badeanzüge und halb aufgegessene Kekse herum.
„Sie sehen, warum ich eine Haushälterin brauche.“ Das war alles, was er dazu sagte.
Nach einem Blick ins Wohnzimmer dachte Bailey, dass er wohl eher eine Mannschaft Möbelpacker und einen Gabelstapler gebrauchen könnte. Aber sie sagte nichts.
Gib Harden ging um sie herum zur Treppe, die nach oben führte und rief: „Jack? Die Frau, die sich auf die Anzeige gemeldet hat, ist hier.“
„Stell sie ein!“
„Kommst du einen Augenblick alleine zurecht?“
„Jaja, kein Problem.“
Gib Harden schloss eine Schiebetür auf und bat sie hinein. „Hier können wir uns ungestört unterhalten. Das ist mein Büro. Wenn ich es nicht abschließe, sind meine Papiere im Nu mit Erdnussbutter verschmiert.“
Höflich ließ er sie vorgehen, in das geordnete Büro, in dem ein Sofa und mehrere Ledersessel standen. „Entschuldigen Sie, wenn ich die Tür zumache, aber ich weiß nicht, ob mein Cousin die Kinder oben lange halten kann.“ Er zeigte auf das Sofa, und sie setzte sich hinein. Er nahm einen Umschlag zur Hand, in dem sie ihre Bewerbungsunterlagen erkannte, rollte mit einem Bürostuhl an ihre Seite und begann zu lesen. So nah bei ihm, in diesem geschlossenen Raum, hätte sie fast vergessen, weswegen sie eigentlich hier war. Um sich abzulenken, begann auch sie ihre Bewerbung noch einmal im Geiste durchzugehen. Ihre Sekretärin hatte ihr ein Zeugnis ausgestellt, in dem sie als ausgesprochen verantwortungsvoll und vertrauenswürdig dargestellt wurde. Ihr Lebenslauf war eher vage und verriet nichts über ihren eigentlichen Beruf. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht allzu viele Fragen stellen würde.
„Haben Sie schon einmal als Kindermädchen oder Haushälterin gearbeitet?“, fragte er plötzlich.
„Nicht beruflich“, antwortete sie.
„Sind Sie verheiratet?“
„Nein.“
„Haben Sie eigene Kinder?“
„Nein. Ich bin völlig frei und stehe zu Ihrer Verfügung.“ Klang das etwa zweideutig? Sie hatte es jedenfalls nicht beabsichtigt und so fuhr sie hastig fort. „Ich bin vielleicht etwas eingerostet, aber in Ihrer Anzeige stand, dass Erfahrung nicht erforderlich sei.“
„Ja, so stand es da wohl drin“, sagte er, als würde er es bereuen, redete dann aber unbeirrt weiter. „Lassen Sie mich kurz erklären, worum es mir geht. Ich bin alleine mit drei kleinen Kindern – die Jüngste ist zwanzig Monate alt, der Älteste ist jetzt fast fünf. Ich bin Bauunternehmer, und bei der gegenwärtigen Auftragslage habe ich einiges zu tun. Ich brauche jemand, der sich um die Kinder kümmert, kocht, putzt, die Wäsche macht, und was sonst noch so im Haushalt anfällt. Jemand, der sozusagen vierundzwanzig Stunden im Dienst ist, ob ich hier bin...