Pade | Spricht dein Blick die Wahrheit? | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 130 Seiten

Reihe: Nächte in Northbridge

Pade Spricht dein Blick die Wahrheit?

Digital Edition
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7337-7383-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Digital Edition

E-Book, Deutsch, Band 6, 130 Seiten

Reihe: Nächte in Northbridge

ISBN: 978-3-7337-7383-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ist eine Frau wie die andere? Immer wieder fragt Luke Walker sich, ob er seiner hübschen jungen Schwägerin Karis wirklich trauen kann. Sein Herz sagt Ja zu ihr, aber sein Verstand warnt ihn, sich noch einmal auf eine der Pratt-Schwestern einzulassen. Denn Lea Pratt, seine verstorbene Frau, hat ihn belogen und betrogen. Doch die Sehnsucht nach Liebe siegt: In zärtlichen Stunden mit Karis erlebt Luke eine Wärme und Leidenschaft, die er bei Lea immer vermisst hat. Er träumt von einer gemeinsamen Zukunft, bis Karis ihm gesteht, was sie bisher verschwiegen hat ...



Victoria Pade ist Autorin zahlreicher zeitgenössischer Romane aber auch historische und Krimi-Geschichten entflossen ihrer Feder. Dabei lief ihre Karriere zunächst gar nicht so gut an. Als sie das College verließ und ihre erste Tochter bekam, machte sie auch die ersten schriftstellerischen Gehversuche, doch es sollte sieben Jahre dauern, bis ihr historischer Debütroman veröffentlicht wurde. Um die Trennung von ihrem Mann zu verarbeiten und aktuelle Themen aufzugreifen, wechselte sie schließlich zu modernen Geschichten, die im Hier und Jetzt spielen. Victoria lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrer jüngsten Tochter, die Psychologie studiert, in Colorado. Ihre älteste Tochter studiert in Michigan Medizin.
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1. KAPITEL

„So, meine Süße, jetzt haben wir’s geschafft. Wir sind da“, sagte Karis Pratt und drehte sich zu dem kleinen Mädchen um, das auf der Rückbank in einem Babysitz saß. Normalerweise schlief die fünfzehn Monate alte Amy um diese Zeit längst, aber im Moment schaute sie gerade aus dem Seitenfenster. Dabei lutschte sie am Daumen und strampelte mit den Beinen – ein deutliches Zeichen dafür, dass sie müde war.

Alles in allem wirklich kein trauriger Anblick, trotzdem schossen Karis die Tränen in die Augen. Schnell legte sie den Kopf in den Nacken und blinzelte. „Am liebsten würde ich sofort wieder umkehren“, sagte sie zu der Kleinen. „Einfach vergessen, warum ich überhaupt hergekommen bin. Und wenn ich wüsste, was ich sonst tun könnte …“ Karis versagte die Stimme, und sie musste sich räuspern. Dann fuhr sie fort: „Aber es gibt keine andere Möglichkeit, sonst wären wir nicht hier.“

Die letzten zwei Stunden lang waren sie im Schneckentempo durch einen Schneesturm gefahren, bis sie den Ort erreicht hatten, den Karis’ Schwester Lea als „hinterwäldlerisches Provinzkaff“ bezeichnet hatte: die Kleinstadt Northbridge im dünn besiedelten Bundesstaat Montana.

Es war der letzte Freitag im Oktober und schon nach neun Uhr abends. So spät hatte Karis hier eigentlich nicht ankommen wollen. Wenn man vorhatte, unangemeldet bei einem völlig fremden Menschen zu klingeln, suchte man sich normalerweise einen günstigeren Zeitpunkt dafür aus – den späten Nachmittag vielleicht oder den frühen Abend. Aber das ging jetzt nicht mehr, denn die Uhr ließ sich nicht zurückdrehen. Und Karis konnte auch schlecht mit der kleinen Amy im Auto schlafen – eine andere Möglichkeit gab es nämlich nicht.

Seufzend löste sie den Gurt. „Keine Angst“, murmelte sie und fragte sich dabei, ob sie damit wirklich ihre Nichte oder eher sich selbst beruhigen wollte. „Das wird schon.“ Sie stieg aus dem Kleinwagen und sah zu dem Einfamilienhaus aus rotem Backstein hinüber, das sie durch den dichten Schneefall nur schwer erkennen konnte. Das zweistöckige Gebäude hatte einen überdachten Eingangsbereich. Die Hausnummer an der Tür bestätigte Karis, dass sie ihr Ziel erreicht hatte. Der einzige Brief, den Lea ihr aus Northbridge geschickt hatte, hatte diese Absenderadresse gehabt.

Ein warmes Licht erleuchtete das Fenster zur Straße, die Vorhänge waren zugezogen. Wie gut – der Mann, mit dem ihre Schwester gerade mal zehn Monate lang verheiratet gewesen war, war also höchstwahrscheinlich zu Hause.

Karis klappte den Kragen ihres Mantels hoch und strich sich das kinnlange kastanienbraune Haar hinter die Ohren. Danach holte sie Amy aus dem Auto. Die Kleine sah sie aus ihren großen blauen Augen vertrauensvoll an, und Karis zog sich das Herz zusammen.

Wie soll ich das bloß schaffen …?

In diesem Moment erfasste ein eisiger Wind sie von hinten, und ihr wurde klar, dass sie mit Amy unmöglich die Nacht im Wagen verbringen konnte. Entschlossen zog sie der Kleinen die Kapuze über die kurzen rotbraunen Locken, löste den Gurt und hob den Babysitz von der Rückbank.

So schnell wie möglich lief sie zum Haus, kletterte die vier Stufen zum Eingang hoch und klingelte. Dann wartete sie. Dabei beugte sie sich über Amy, küsste sie auf die Stirn und wiederholte, was sie vorhin schon gesagt hatte: „Keine Angst … es wird alles gut.“

Kurz darauf wurde die Tür geöffnet. Karis hob den Kopf, drückte die Schultern durch und betrachtete den Mann, der ihr jetzt gegenüberstand. Er war sehr groß und breitschultrig, eine stattliche Erscheinung – mehr konnte sie nicht erkennen, weil er das Licht im Rücken hatte.

„Guten Abend, ich möchte gern zu Luke Walker“, sagte sie.

„Das bin ich.“ Er sah sie fragend an.

„Sie kennen mich nicht, aber …“ Sie brach ab. Woher sollte er sie auch kennen? Immerhin waren sie sich noch nie begegnet. Am liebsten hätte sie ihm gar nicht gesagt, wer sie war. Die letzten Wochen waren für Karis wie ein Albtraum gewesen, und noch immer war kein Ende abzusehen.

Amys wegen nahm sie schließlich doch ihren Mut zusammen: „Ich heiße Karis Pratt“, sagte sie. „Und ich bin Leas Schwester.“

Zuerst hatte es den Anschein, als wollte der Mann ihr sofort die Tür vor der Nase zuknallen, aber dann hielt er inne und senkte den Blick. Obwohl Karis sein Gesicht nicht sehen konnte, wusste sie, dass er jetzt den Kindersitz mit Amy betrachtete, den Karis mit beiden Händen am Henkel festhielt.

Der Mann murmelte leise ein paar Worte, die sich wie ein Fluch anhörten, trat aber ein Stück zurück. „Dann kommen Sie mal raus aus der Kälte.“ Es klang alles andere als freundlich, aber Karis durfte jetzt nicht überempfindlich sein. Schnell trug sie Amy in den warmen Hausflur, damit Luke Walker die Tür schließen konnte.

Als er sich zu ihr umdrehte, sodass sie nun sein Gesicht sehen konnte, war sie etwas erleichtert. Ihre Schwester hatte manchmal eine seltsame Vorliebe für leicht verwahrloste Typen gehabt. Wenn Luke Walker auch einer von dieser Sorte gewesen wäre, hätte Karis ihren Plan nicht in die Tat umsetzen können.

So, wie sie ihn jetzt erlebte, kam Luke ihr jedoch alles andere als verwahrlost vor. Zunächst einmal sah er umwerfend gut aus: Das schwarzbraune Haar trug er ganz kurz, und sein kantiges Gesicht wirkte sehr männlich. Seine Nase war etwas länger, aber vollkommen, seine Lippen waren weder zu schmal noch zu voll. Der Blick aus seinen grünblauen Augen war wach und intelligent, kritisch und entwaffnend zugleich.

Und dann sein Körper … breite Schultern, schmale Hüften und dazu lange, muskulöse Beine.

Luke Walker arbeitete für die Polizei in Northbridge, das wusste Karis. Darum hatte sie gehofft, dass er anders sein würde als die anderen Männer, mit denen sich Lea gewöhnlich abgegeben hatte. Und tatsächlich wirkte er so vertrauenswürdig und zuverlässig auf sie, dass sie gleich etwas ruhiger wurde. Aber auch nur etwas.

Sie stellte den Babysitz auf dem Boden ab und betrachtete Luke Walkers dunkelblaue Uniform. Offenbar war er gerade vom Dienst gekommen. Er funkelte sie an und vermied es dabei, zu Amy herüberzuschauen.

„Was wollen Sie hier?“, fragte er, verschränkte die Arme vor der Brust und stellte sich Karis in den Weg, damit sie ja nicht auf den Gedanken kam, noch weiter ins Haus zu gehen.

Offenbar war Luke Walker überhaupt nicht gut auf ihre Schwester zu sprechen, und das völlig zu Recht.

Daher beschloss Karis, gar nicht erst um den heißen Brei herumzureden. „Lea ist tot“, sagte sie geradeheraus. „Sie ist vor sechs Wochen bei einer Explosion ums Leben gekommen, zusammen mit unserem Vater und dem Mann, mit dem sie von hier verschwunden ist.“

Luke runzelte die Stirn und kniff die Lippen fest aufeinander – das war seine einzige Reaktion.

„Es gibt noch eine lange Geschichte dazu, aber die wollen Sie bestimmt nicht hören“, fuhr Karis fort. „Jedenfalls kann ich unmöglich …“ Sie brach ab, denn sie konnte die Worte nicht aussprechen. Aber ich muss es ihm sagen, ermahnte sie sich. Es geht nicht anders! Sie schluckte. „Amy kann nicht bei mir bleiben. Jedenfalls im Moment nicht, weil …“

„Sie ist nicht mein Kind.“ Luke Walker sprach die Worte mit Bestimmtheit aus. „Als sie geboren wurde, waren Lea und ich zwar noch verheiratet, aber bevor sie mich verlassen hat, hat sie mir deutlich zu verstehen gegeben, dass …“

„Ich weiß, was sie Ihnen erzählt hat“, unterbrach Karis ihn hastig – aus Angst davor, dass er sie vor die Tür setzen würde, bevor sie ausgesprochen hatte, was sie ihm zu sagen hatte. „Sie hat Ihnen erzählt, dass Abe Amys richtiger Vater ist. Das ist der Mann, mit dem sie Northbridge verlassen hat. Mir hat Lea aber später gesagt, dass sie sich überhaupt nicht sicher war. Sie behauptete, sie hätte Ihnen das bloß erzählt, damit Sie sie gehen ließen, damit sie wieder zu Abe konnte, um sich mit ihm den Drogen hinzugeben. So war sie eben. Ich würde aber nicht ausschließen, dass Amy Ihre Tochter ist.“

„Quatsch.“

„Glauben Sie, dass Lea mich angelogen hat, oder sind Sie der Ansicht, dass ich Sie jetzt anlüge? Ich wäre jedenfalls nicht hier, wenn ich es nicht für möglich halten würde …“

„Dann sind Sie sich also selbst unsicher. Sie sagen zwar, dass es möglich ist, aber Gewissheit haben Sie nicht.“

Karis sah ihm direkt in die Augen. „Das stimmt.“

„Na ja, die Wahrscheinlichkeit ist wohl eher gering.“

Dem wollte Karis nicht einfach zustimmen. „Ich weiß, wie meine Schwester war“, sagte sie. „Sie hat zwar oft gelogen, wenn sie sich davon etwas versprochen hat, aber was hätte sie davon gehabt, mir zu erzählen, dass Sie vielleicht doch Amys Vater sein könnten?“

Auf jeden Fall war Luke Walker Karis’ letzte Hoffnung.

„Lea hätte nichts davon gehabt, Sie aber sehr wohl“, warf er nun ein.

„Mr. Walker“, sagte Karis. „Meine Schwester hat mich vor ihrem Tod in schreckliche Schwierigkeiten gebracht. Ich musste alles aufgeben – und das meine ich wirklich wortwörtlich –, um die Menschen, die sich auf mich verlassen haben, vor dem Ruin zu bewahren. Alles, was ich jetzt noch besitze, steckt in dem Auto da draußen. In meinem Portemonnaie habe ich gerade mal zwölf Dollar und eine Kreditkarte, mit der ich noch zweimal tanken kann, dann wird sie gesperrt. Im Moment bin ich praktisch obdachlos und arbeitslos, und ich habe auch keine Zeugnisse oder Empfehlungsschreiben für...



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