E-Book, Deutsch, Band 4, 432 Seiten
Reihe: Die Mordclub-Serie
Osman Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt
23001. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8437-3056-3
Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kriminalroman | diese Bestseller-Reihe hält nicht nur Rekorde, sondern auch jung
E-Book, Deutsch, Band 4, 432 Seiten
Reihe: Die Mordclub-Serie
ISBN: 978-3-8437-3056-3
Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Richard Osman ist Autor, Produzent und Fernsehmoderator. Seine Serie über die vier scharfsinnigen und liebenswerten Ermittlerinnen und Ermittler des Donnerstagsmordclubs hat ihn über Nacht zum Aushängeschild des britischen Krimis und Humors gemacht. Für sein Debüt Der Donnerstagsmordclub wurde er bei den British Book Awards 2020 zum »Autor des Jahres« gewählt. Er lebt mit Frau und Katze in London.
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15
Nur die ersten beiden Bankreihen im Krematorium sind besetzt. Kuldesh war kein praktizierender Hindu oder Anhänger sonst eines Glaubens und hat als Einziges verfügt, dass er eine schlichte Einäscherung will, unter Leitung des örtlichen Pfarrers, den seine verstorbene Frau einmal bei einem Achtsamkeits-Schnellkurs kennengelernt hat und sehr nett fand (»Vorname John, aus Hove, das lässt sich bestimmt herauskriegen«).
In der vordersten Reihe sitzen Joyce, Elizabeth, Ron und Ibrahim. In der Reihe dahinter Chris, Donna, Bogdan und ein Mann mit Hut, der sich bisher nur als Big Dave vorgestellt hat. Der Pfarrer, der selbst nicht recht weiß, wie er zu der Ehre kommt, gibt sein Bestes.
»Kuldesh war ein Ladenbesitzer, ein Mann, der Antiquitäten liebte. Er kam aus Brighton, also wird er auch das Meer geliebt haben …«
Elizabeth beschließt, dass sie sich diesen Teil schenken kann, und dreht sich zu Chris um.
»Kurzer Informationsaustausch?«, flüstert sie.
»Wir sind bei einer Trauerfeier«, zischelt Chris zurück.
»Er lebte in einem Bungalow in Ovingdean«, so der Pfarrer weiter. »Mit Treppen hatte es Kuldesh also offenbar nicht so.«
»Na gut«, sagt Chris mit einem Nicken. »Sie zuerst.«
»Ich denke, wir haben mehr zu bieten«, sagt Elizabeth. »Fangen also besser Sie an, wenn’s recht ist.«
»Und wenn es uns nicht recht ist?«, fragt Donna verstockt.
»Das wäre in diesem Fall unklug von Ihnen«, schaltet sich nun auch Ibrahim ein. »Wir haben ein wichtiges Puzzleteil, das Ihnen fehlt.«
»Ach ja?«, sagt Chris. »Meinen Sie? Wir machen recht gute Fortschritte.«
»Lasst uns beten«, fordert der Pfarrer sie auf. »Wenn Kuldesh gläubig war, dann hat er über seinen Glauben nicht viele Worte verloren, aber man kann ja nie wissen. Vater unser im Himmel …«
Während der Pfarrer das Vaterunser spricht, setzen Elizabeth und Chris ihre geflüsterte Unterhaltung fort, beide nun mit gesenkten Köpfen.
»Haben die Videos etwas ergeben?«, fragt Elizabeth. »Wissen Sie schon, von wem Kuldesh am Tag seines Todes Besuch hatte?«
»Noch nicht«, muss Chris gestehen.
»Interessant, wir wissen es nämlich.«
»Gar nichts wissen Sie«, sagt Donna, Augen geschlossen, Hände gefaltet. »Chris, die bluffen nur.«
»Amen«, sagen alle im Chor, als das Gebet endet.
»Und nun«, fährt der Pfarrer fort, »lasst uns in der Stille unseres Freundes Kuldesh gedenken. Oder tuscheln Sie einfach weiter. Sie haben ihn besser gekannt als ich, auch wenn ich seine Frau bei unserer Begegnung damals sehr mochte.«
Chris wartet ein paar Anstandssekunden, bevor er den Faden wieder aufnimmt.
»Glauben Sie mir«, sagt er, »wir haben die Sache im Griff. Es sind erst neun Tage. Wir haben ein Team darauf angesetzt, gute, bodenständige Leute, und die Auswertung der Spurensicherung kommt auch bald. Was immer vorgefallen ist, wir werden es herausbekommen. Nicht indem wir den Zauberstab schwingen, sondern durch harte, ehrliche Arbeit.«
»Dann haben Sie mit Louise aus dem Café gesprochen?«, mischt sich endlich auch Joyce in das Gespräch ein. »Das ist gut.«
»Mit wem?«, fragt Chris, kurzfristig überrumpelt.
»Louise«, wiederholt Elizabeth. »Die Dame aus dem Café ein paar Häuser weiter. In das Sie uns geschickt haben, um uns loszuwerden. Mit der haben Sie gesprochen?«
»Natürlich habe ich mit ihr gesprochen«, sagt Donna. »Wie man das als Polizistin eben macht.«
»Da fängt das Problem aber auch schon an«, sagt Elizabeth. »Nicht jeder traut der Polizei, fragen Sie mich nicht, warum. Ich finde, die Polizei macht ihre Sache großartig, ein paar schwarze Schafe gibt es schließlich immer, aber das scheinen manche anders zu sehen. Möglich also, dass Louise sich an mehr erinnert, wenn sie mit zwei älteren Frauen spricht, die in aller Unschuld bei ihr Tee trinken und ein Stück Kuchen essen.«
»Ein Macaron«, berichtigt Joyce. »Die Details sollten schon stimmen, Elizabeth.«
»Und nun«, sagt der Pfarrer, »wollte ein Freund von Kuldesh noch gern ein paar Worte sprechen. Bogdan Jankowski?«
Joyce klatscht entzückt, als Bogdan nach vorne geht. Jetzt tuschelt keiner mehr. Bogdan testet das Mikrofon mit dem Zeigefinger. Das Ergebnis fällt offenbar zu seiner Zufriedenheit aus.
»Kuldesh war ein guter Mann«, beginnt Bogdan. »Und nicht jeder Mann ist ein guter Mann.«
»Hört, hört«, äußert Ron.
»Er war sehr nett zu mir und sehr nett zu Donna, und er war ein guter Freund von Stephen«, sagt Bogdan. »Ich habe Stephen gebeten, mir von ihm zu erzählen. Stephen sagt, er war gütig und loyal. Wenn er auf der Straße angepöbelt wurde, ist er einfach weitergegangen. Stephen sagt, er war ein Schlitzohr, aber im guten Sinn. Immer lustig, immer hilfsbereit. Deshalb will ich etwas geloben, vor Gott …«
Bogdan blickt auf die winzige Trauergemeinde vor ihm.
»Kuldesh, du warst ein Freund von Stephen, und das heißt, du warst auch unser Freund. Und ich verspreche, dass wir die Leute finden werden, die dich erschossen haben. Wir werden sie zur Strecke bringen und töten –«
»Oder einfach verhaften«, schlägt Donna vor.
Bogdan zuckt die Achseln. »Töten oder verhaften. Danke, Kuldesh. Ruhe jetzt sanft.« Bogdan bekreuzigt sich.
Als er an seinen Platz zurückkehrt, stößt Big Dave einen Beifallsruf aus, woraufhin alle zu klatschen anfangen.
Der Rest der Trauerfeier verläuft etwas gesitteter, Joyce, Bogdan und Ron weinen sogar.
Zum Schluss spricht der Pfarrer ein paar letzte Worte: »Ich hatte heute zeitweilig das Gefühl, ein wenig überflüssig zu sein. Aber ich wünsche Ihnen alles Gute, und ich bedauere es sehr, ihn nicht kennengelernt zu haben. Ruhe in Frieden, Kuldesh.«
Die Trauergäste schieben sich dem Ausgang zu.
»Was hat Louise Ihnen erzählt?«, fragt Chris Elizabeth.
»Entschuldigen Sie«, sagt Elizabeth, »aber hatten wir nicht vereinbart, dass wir nicht alles teilen müssen? Egal, zu den Fakten: Wir haben von einer Augenzeugin die Beschreibung eines Mannes geliefert bekommen, der am Todestag von Kuldesh Sharma bei ihm war. Sie auch?«
Chris und Donna wechseln einen Blick, schütteln die Köpfe.
»Darüber hinaus haben wir einen Namen, auf den diese Beschreibung exakt passt, und dieser Name wurde Ibrahim von einer der führenden Drogenimporteurinnen an der Kanalküste genannt …«
»Zu der ich keine weiteren Angaben machen kann«, fügt Ibrahim hinzu.
»Haben einen namentlich bekannten Verdächtigen?«, fragt Elizabeth.
Wieder sehen sich Chris und Donna an, wieder müssen sie verneinen.
»Und, letzter Punkt, mir ist hinterbracht worden, dass die National Crime Agency die Ermittlungen an sich gezogen hat, Sie brauchen hier also nicht den starken Mann zu markieren. Dass Sie es tun, ist zwar verständlich, hält aber den Betrieb doch sehr auf.«
»Woher –«, setzt Chris an, aber Elizabeth winkt ab.
»Was immer für einen Fall Sie gerade bearbeiten«, sagt sie, »es ist nicht der Mord an Kuldesh Sharma.«
»In Benenden wurde ein Pferd gestohlen«, sagt Donna.
»Ojemine!«, kommt es von Joyce.
»Wir haben also eine Menge Informationen für Sie«, sagt Elizabeth. »Können Sie sich mit irgendetwas revanchieren?«
Donna zieht ein Handy aus ihrer Handtasche. »Wir haben sein Telefon, Elizabeth. Wir sollten es nicht haben, aber wir haben es.«
»Schau einer an«, sagt Ron.
Elizabeth klatscht in die Hände. »Großartig, Donna, ganz großartig. Bogdan hat wirklich Glück mit Ihnen. Tut mir leid, wenn ich Sie etwas überrollt habe. Da muss ich mich zukünftig wirklich bremsen. So, unsere Theorie ist, dass ein gewisser Dominic Holt eine Heroinlieferung in Kuldeshs Laden geparkt hat, die Kuldesh, aus Gründen, die nur ihm bekannt sind, an sich gebracht hat, weshalb er im weiteren Verlauf ermordet wurde. Hilft Ihnen das weiter, Chris?«
»Es bestätigt eine Reihe von Dingen, die ich auch schon …«
»Papperlapapp«, sagt Elizabeth. »So, und im Gegenzug, was verrät uns das Handy?«
»Er hat zwei Telefonate geführt«, sagt Chris. »An dem Nachmittag vor seinem Tod, gegen vier.«
»Das erste mit einer Frau namens Nina Mishra«, sagt Donna. »Sie ist Professorin für historische Archäologie in Canterbury.«
»Eine Professorin!«, ruft Joyce aus.
»Professoren«, sagt Ron und verdreht leicht die Augen.
»Waren Sie schon bei ihr?«, will Ibrahim wissen.
»Wir haben die Auswertung erst heute Morgen bekommen«, sagt Donna. »Also nein.«
»Könnte das eventuell eine Aufgabe für uns sein?«, fragt Elizabeth.
»Jawohl, Ma’am«, sagt...