OSB | Alles in allem – was letztlich zählt im Leben. | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

OSB Alles in allem – was letztlich zählt im Leben.

Über Glück, Sehnsucht und die Kraft der Spiritualität
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-451-83730-2
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Über Glück, Sehnsucht und die Kraft der Spiritualität

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-451-83730-2
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Er ist seit über 60 Jahren Mönch. »Glückspater« nannte ihn die Boulevardpresse. Als weltweit erfolgreicher Bestsellerautor, charismatischer Redner und erfolgreicher Manager wurde er berühmt. Und doch ist er immer nah bei den Menschen geblieben.  Jetzt wird er 80 und ist immer noch aktiv - offen, zugewandt und neugierig. Was ist Kern seiner Lebensweisheit? Was sind die Quellen, aus denen er lebt? Im Gespräch mit Rudolf Walter blickt er auf sein Leben zurück und auf das, was ihm auf dem eigenen Weg wichtig wurde. Was gibt ihm Hoffnung in unruhigen Zeiten? Wieso ist er der Meinung, dass der Mensch zum Glück geboren ist und dass es - für alle - einen Weg dahin gibt? Es geht um Fasten und Genießen, Stille und Einfachheit, um das Älterwerden und Erfahrung von Krankheit, um Freude und Trost, Konflikte und Dialog. Wie hängt die Suche nach dem guten Leben zusammen mit seiner lebenslangen Gottsuche? Und wie sieht er die Gottesvergessenheit der Gegenwart und die Krise der Tradition? Eine ungewöhnliche Bilanz: nicht nur erzähltes, sondern reflektiertes Leben.

Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller - in über 30 Sprachen. Sein einfach leben-Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser.
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Den Wandel annehmen: Im Blick zurück


Einleitung


In den 80 Jahren meines Lebens habe ich einen tiefen Wandel in der Gesellschaft, in der Kirche, im Kloster und im Selbstverständnis der Menschen erlebt. Geboren in einer Zeit, die die geistigen und materiellen Folgen einer Diktatur und eines verlorenen Weltkriegs zu verarbeiten hatte, und aufgewachsen in einer Umgebung, in der religiöse Werte und eine weithin geschlossene kirchliche Wirklichkeit mein Leben bestimmten, sehe ich im Rückblick Umbrüche, Abschiede und Neuanfänge, auch Diskontinuitäten. Auch ich selber bin in all den Jahren nicht der Gleiche geblieben. Wenn ich auf die Zeit zurückschaue, die ich bisher leben durfte, dann ist zumindest in meinem Leben aber auch die Erfahrung einer großen Kontinuität. Die bleibende zentrale Erfahrung war, mein Leben lang – wie es der hl. Benedikt sagt – Gott zu suchen. Diese Suche ist immer auch zugleich die Suche nach mir selbst gewesen, nach dem Geheimnis meines Lebens und meiner selbst. Gott zu suchen hält lebendig, aber es ist immer auch ein Prozess. Es wandelt sich im Laufe eines Lebens nicht nur das Gottesbild; meine Erfahrungen ändern sich, mein Verständnis vom Leben und auch das, was mir wichtig ist. In der Jugend kam es mir vor allem darauf an, etwas zu leisten: für Gott und für die Kirche. Jetzt im Alter ist für mich etwas anderes zentral: einfach zu sein – aber zugleich durchlässig zu werden für den Geist Christi, für seine Liebe, für seine Kraft. Aber dabei geht es mir nicht nur darum, mit mir selbst im Einklang zu sein. Ich will auch jetzt aufmerksam bleiben: für die Menschen, die heute andere Bedürfnisse und Sehnsüchte haben als zu Beginn meines Lebens. Ich verstehe mein Leben in Solidarität mit ihnen: Die Bewegungen, die ich da wahrnehme, sind ja auch in mir selbst. Wer sich wandeln will, darf nie stehenbleiben. Auch wenn der hl. Benedikt die stabilitas, die Beständigkeit, als wesentliche Haltung des Mönchs versteht, widerspricht das nicht dem Sich-Wandeln. Im Gegenteil, gerade weil ich beständig in dieser Lebensform als Mönch geblieben bin, konnte ich mich innerlich immer weiter wandeln, ohne Angst zu haben, meine Wurzeln oder den Halt zu verlieren. Ich bin überzeugt: Mein Leben als Mönch heute kann für andere nur dann von Bedeutung sein, wenn ich in dieser Beständigkeit bleibe und im Hören darauf lebe, was die Menschen bewegt.

Wie ich die Entwicklungen in der Gesellschaft erfahren habe

Nach dem Krieg und der Erfahrung des Zusammenbruchs ging es in unserem Land für viele in erster Linie um einen Neuanfang, um neue Sicherheit und darum, eine feste Grundlage für ihr Leben zu schaffen. Im Verlauf der Jahre wandelte sich viel. War man in den ersten Jahren nach dem Krieg mit wenig zufrieden, so wurden mit wachsendem wirtschaftlichem Wohlstand und steigenden Konsummöglichkeiten die Ansprüche an den Lebensstandard immer höher. Der Sinn für die Gemeinschaft ließ nach. Die Individualisierung nahm zu. Es wuchs die Zerstörung der Natur, aber auch das Verständnis für den Wert der Umwelt. Als in der Zeit meines Studiums die Studentenrevolte 1968 durch das Land fegte, haben wir viele Autoritäten in Frage gestellt, darunter manches, was für unsere Elterngeneration heilig war. Bei all den negativen Folgen – der generellen Infragestellung von Institutionen oder der Respektlosigkeit vor ihren Vertretern wie Professoren, Lehrern, Politikern oder Polizisten – entstand in dieser Zeit aber auch ein neues Gespür für Wahrhaftigkeit und Authentizität. Da war ein Impuls, die Zukunft besser und die Gesellschaft menschlicher zu machen.

In den siebziger und achtziger Jahren wuchs in unserer Gesellschaft der Wohlstand weiter, und gleichzeitig haben wir uns auch an den Frieden gewöhnt. Die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands hat viele überrascht und ganz unterschiedliche, bei manchen auch euphorische Erwartungen geweckt. Doch durch den Krieg in der Ukraine ist schlagartig wieder in unser Bewusstsein getreten: Wir haben keine Garantie auf 100 Jahre Frieden. Wir hatten lange gemeint, durch den Austausch mit allen Staaten und Kulturen Frieden zu schaffen und glaubten an »Wandel durch Handel«. Jetzt spüren wir: Frieden braucht eine tiefere Grundlage. Die globale Corona-Endemie hat zudem klargemacht: Auch die Verflechtungen durch die Globalisierung bringen keine Sicherheit. Und die weltweiten Fluchtbewegungen und die Migration zeigen: Durch das Zusammenwachsen der Welt sind politische und soziale Krisen nicht mehr regional beschränkt, sie betreffen uns mit. Technologische Neuerungen, das Internet, die sozialen Medien und die Möglichkeiten der KI verändern die Gesellschaft zudem in raschem Tempo. Alles ist unsicher geworden: Planten Unternehmen früher zehn bis 15 Jahre voraus, kann man jetzt nicht wissen, was in zehn Jahren wichtig ist und worauf man sich verlassen kann.

Auch was Ziele und Hoffnungen der Menschen angeht, hat sich in der Zeit, auf die ich zurückblicke, viel verändert: War für die Generation nach dem Krieg weithin das Bestreben wirksam, durch solide Leistung das Land und auch die eigene Existenz aufzubauen, so ist für eine neue Generation das Privatleben viel stärker in den Blickpunkt gerückt. Viele Führungskräfte, die sich für ihre Firma mit voller Kraft eingesetzt haben, vermissen bei der jüngeren Generation heute die Leidenschaft, sich für gute Ziele einzusetzen. Sie erleben, dass sich der Wertekanon, der für die Generation nach dem Krieg klar war, immer mehr auflöst. Auch die Offenheit für Religion schwindet bei der jungen Generation. Für mich als alten Mann ist es eine ständige Herausforderung, die jungen Menschen nicht zu bewerten, sondern sie zu verstehen. Sie stellen ja unsere einseitige Leistungsorientierung in Frage. So gilt es für mich, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und auch von ihnen zu lernen. Bei diesen Gesprächen frage ich mich immer, was ihre tiefste Sehnsucht ist. Und da glaube ich nach wie vor, dass in allen Menschen, auch in denen, die sich auf den ersten Blick nicht für Religion und Spiritualität interessieren, eine Sehnsucht ist nach etwas, das größer ist als wir selbst, nach dem Geheimnis, das uns umschließt und das wir mit keinem anderen Wort besser beschreiben können als mit »Gott«. Auch wenn der Gottesbegriff vielen heute fremd zu sein scheint, er öffnet doch einen Spalt für das, was uns alle umgibt und herausfordert.

Was der Wandel für die Kirche bedeutet

Ich bin in der katholischen Kirche aufgewachsen und wurde in meiner Kindheit geprägt von der auch sozial geschlossenen Welt des Katholizismus. Natürlich gab es auch da Schattenseiten, und nicht alles, was sich damals »christlich« nannte, war vom Geist Jesu durchdrungen. Auch da hat sich ein großer Wandel vollzogen. In meiner Jugend war es etwa selbstverständlich, am Sonntag in den Gottesdienst und im Mai täglich in die Maiandacht zu gehen. Kirchliche Freizeitprogramme, die Gruppenstunden, die Zeltlager und Ausflüge: Alles das machte Kirche für uns zur Heimat. Die Jugendlichen glaubten an die Kirche, aber zugleich wollten sie sie modernisieren, so dass sie auf ihre Fragen Antwort geben konnte. Die Enge der Kirche, die vor allem fortschrittliche Theologen zu spüren bekamen, haben wir damals kaum wahrgenommen. Für uns war Kirche ein Ort der Freiheit und Lebendigkeit. Natürlich war da auch ein gewisser Stolz, katholisch zu sein. Das Gespür für die Ökumene war in den 50er Jahren kaum ausgeprägt, obwohl mein Vater immer gute Beziehungen zu den evangelischen Nachbarn pflegte.

Nach dem Konzil war in vielen Gemeinden ein Aufbruch, es gab neue Formen im Gottesdienst, kreative Impulse in der Pastoral. Doch der Schwung des Aufbruches ging bald verloren. Viele Ehrenamtliche, insbesondere viele Frauen wurden enttäuscht, weil die Pfarrer sie nicht genug wirken ließen und ihnen zu wenig Zuwendung und Anerkennung schenkten. Heute geht der Kirchenbesuch immer mehr zurück. Viele Gemeinden sind kraftlos. Es sind vor allem alte Menschen, die die Gottesdienste besuchen. Auch in unserer Klosterschule erleben wir, dass die Schüler und Schülerinnen durchaus offen sind für den Glauben und für kirchliche Rituale. Aber nur wenige sind in ihren Pfarreien engagiert. Das ist für viele junge Menschen heute nicht mehr der Ort, an dem sie sich aufgehoben und wahrgenommen fühlen.

Statt zu jammern gilt es mit Blick auf solche Erfahrungen, den Wandel nicht nur wahrzunehmen, sondern zu akzeptieren und aktiv zu gestalten. Ich sehe meine Aufgabe darin, in einer gegenwärtig eher depressiven Stimmung Hoffnung zu vermitteln. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Christen eine wichtige Aufgabe für die Menschen haben, ihnen Hoffnung zu vermitteln, ihnen einen Raum anzubieten, in dem sie Gemeinschaft erfahren und zugleich spirituelle Erfahrungen machen können. Denn ich glaube, dass in allen Menschen eine Sehnsucht nach Spiritualität da ist. Ich bin überzeugt, dass es in der Kirche auch in unserer Zeit Neuaufbrüche gibt und dass sie auch in Zukunft ein Sauerteig der Hoffnung für die Gesellschaft sein kann.

Umbrüche und Aufbrüche im Klosterleben

Als ich 1964 ins Noviziat der Abtei Münsterschwarzach eintrat, zählte unsere Gemeinschaft zusammen mit Missionaren, die in Afrika, Korea und Südamerika wirkten, 450 Mönche. In der Abtei selber lebten etwa 250 Mönche. Heute sind wir in der Abtei noch 75 Mönche. Der Wandel hat aber nicht nur negative Aspekte. In den 50er und 60er Jahren herrschte ein autoritäres Klima. Der Abt und die Oberen bestimmten alles. Gehorsam war gefragt. Das Klima hat sich auch im Kloster gewandelt: Nach dem Konzil kam eine Öffnung im Umgang miteinander. Patres und (nicht als Priester geweihte) Brüder bildeten eine stärkere...


OSB, Anselm Grün
Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller – in über 30 Sprachen.
Sein einfach leben-Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser.

Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller – in über 30 Sprachen.
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