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E-Book, Deutsch, 210 Seiten, E-Book

Reihe: Systemisches Management

Orthey Systemisch Führen

Grundlagen, Methoden, Werkzeuge

E-Book, Deutsch, 210 Seiten, E-Book

Reihe: Systemisches Management

ISBN: 978-3-7910-6114-6
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Durch einen souveränen Umgang mit Unsicherheiten, dem Denken in Szenarien und Möglichkeiten, aber auch durch individuelle Führungsstile. Das von Frank Michael Orthey entwickelte Modell berücksichtigt diese Anforderungen: In dem systemischen Führungspentagramm wirken fünf Dimensionen zueinander und miteinander: - Aufgaben - Organisation - Beziehung - Kultur - PersonDarüber hinaus erläutert der Autor, was das Fünfeck für Führungskompetenz und -stil bedeutet. Mit anschaulichen Beispielen und Tools.

Frank Michael Orthey, Diplom-Pädagoge; Trainer und Berater für Lern-, Führungs- und Modernisierungsprozesse in Organisationen, Konzeptentwicklung und -beratung, Einzel- und Gruppencoaching, Zeitberatung, Autor, Lehrbeauftragter an der Hochschule für Philosophie München.
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1. Veränderungen im Kontext von Führung


In diesem Kapitel erfahren Sie …

… zunächst ganz grundsätzlich

  • wie systemisches Denken und Handeln begründet werden kann,
  • welche Auswirkungen dies praktisch hat,
  • wie sich der Rahmen für Führung durch systemische Rationalisierungsformen ändert,
  • wie sich der situative Rahmen für Führung verändert hat,
  • wie sich diese Veränderungen im Fünfeck unterbringen lassen
  • und was dies für Führung bedeutet.

Unsere Lebensbedingungen verändern sich unablässig: Die Komplexität nimmt zu, die Veränderungsdichte ebenfalls – und die Halbwertszeit des Neuen und immer Neueren, das schon morgen zum alten Eisen gehört, sinkt. So oder so ähnlich verkünden es die Beobachter der neuen Unübersichtlichkeit seit Jahrzehnten mit zunehmender Berichterstattungsdichte und Dramatik. Als überkommen angesehene Organisationsprinzipien werden als Schreckgespenst an die Wand gezeichnet, um Verständnis für das Unverständliche zu entwickeln. Die sprachlichen Etiketten dafür heißen »(über-)komplex«, »uneindeutig«, »unsicher«, »volatil«, »ambivalent«, »fraktal«, »virtuell«, »selbstgesteuert«, »prozess-, mitarbeiter-, teamund kundenorientiert« usw. Vorbehaltlich dessen, dass sich die Beobachter durch solche Beschreibungen selbst mit Anfragen von den Verstrickten und Verzweifelten versorgen wird dieser Dynamik tendenziell mit »ganzheitlichem« Blick und Ansatz begegnet. Dies geschieht in der Hoffnung, der wahrgenommenen Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit angemessener begegnen zu können.

Aktuelle Steuerungsund Rationalisierungsstrategien in Organisationen kommen deshalb heute meist systemisch ausgerichtet daher. Das »Systemische« hat seit den 1980er-Jahren bis heute – obschon gelegentlich auch schon wieder verabschiedet – einen gewissen Mainstreamwert. Manchmal wirkt es allerdings auch wie ein hoffnungsüberladener Universalsack für allerlei Undurchsichtiges und erhöht den kommunikativen Anschlusswert. Viele reden darüber, ohne den Begriff geklärt zu haben. Das erhöht die Kommunikationsdichte, nicht aber deren Klarheit. Abgesehen von solchen – systemisch verständlichen – Tendenzen steht das Wörtchen zuallererst inhaltlich dafür, dass in den vergangenen Jahren Ansätze der Systemtheorie ihre pragmatisch motivierte Verdichtung im »systemischen Denken« gefunden haben.

Der legendäre Inspektor Colombo mit seinem zerknautschen Mantel und seinem alten Peugeot 403 Cabriolet hat vieles von dem, was mit »systemisch« gemeint ist, in ein zutreffendes – in der Sprache der Systemtheorie hieße es: in ein »anschlussfähiges« – Bild gebracht. Mit feiner Beobachtungsgabe ausgestattet, in seinem Auftreten das verbrecherische System irritierend, die eigene Verwirrung als Ressource nutzend, taucht er auf und ins Milieu ein, saugt alles auf, was ihm in den Blick kommt – und besonders, was nicht. Er weiß, dass auch zunächst unwichtig Erscheinendes wichtig werden kann, achtet besonders auf Widersprüche und Doppelbödigkeiten. Deshalb nimmt er alles auf und mit. Er stellt mögliche und unmögliche Verknüpfungen her und versucht sich ein Bild zu machen, das er permanent anpasst und revidiert. Er lässt sich überraschen und überrascht. Und er dreht sich immer nochmals um, auch wenn er eigentlich schon weg und vermeintlich schon alles klar war. Das alles macht er sehr gelassen und äußerst beharrlich. Bis sich ein Muster abzeichnet. Er umkreist das verbrecherische System weiter, fragt zirkulär und andersherum und treibt die Gejagten in die selbst gestellten Fallen ihrer mäßig konstruierten Ausreden und Alibiszenarien. Er regt über die Störungen und Verunsicherungen, die er hinterlässt, die Selbstorganisation der Gauner und Gangster an, die sich letztlich selbst auf die Schliche kommen. Nur anders als gedacht.

Colombo teilt zufrieden schmunzelnd und sich an die Stirn tippend die Freude darüber mit seinem Hund. Ein Hund war übrigens auch der treue Begleiter des systemtheoretischen Vordenkers Niklas Luhmann, dessen verzweigtes Theoriegebäude (z.B. Luhmann 1997) den hier angebotenen Zugängen zu Grunde liegt. Angesichts dieser Parallele zieht Colombo erstaunt an seiner Zigarre – ohne dass ihn sein Erstaunen zu erstaunen vermag. Er liebt diesen Zustand. Und an Zufälle glaubt er auch nicht.

1.1. Systemische Grundlagen


Systemisches Denken, Handeln und Gestalten beinhaltet vor allem die Verab schiedung jeglicher Vorstellung von Objektivität zugunsten der Verantwortung des Beobachters und der Brauchbarkeit von Kommunikationen.

Zentral für diesen Ansatz ist zunächst die Beobachterabhängigkeit aller Weltsich ten und »Wirklichkeiten«. Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt. Beobachter und Beobachtetes sind damit untrennbar verknüpft (von Foerster 1992, S. 44). Führungskräfte sind insofern selbst Teil, Teilhaber und Teil nehmer ihrer Beobachtungswelt (ebd., S. 43), die da Führung heißt. Die Sichtweisen und Konstruktionen von Wirklichkeiten, die es streng gedacht nur im Plural gibt, ist abhängig von denjenigen Unterscheidungen, die ein Beobachter verwendet. Es macht einen Unterschied, ob ich eine Führungssituation mit der Unterscheidung »richtig – falsch« oder »brauchbar – unbrauchbar« beobachte. Je nachdem ändert sich der Sinn, den ich einer Situation zuschreibe. Dies gilt auch für das, was über Führung gesagt wird. Auch das ist beobachterabhängig. Flotte ManagementberaterInnen bringen einen vermeintlich anderen »Sinn« von Führung zur Sprache, als es grundsolide Führungspragmatiker oder theorieverliebte Elfenbeintürmler tun – ganz zu schweigen von dem, was »Geführte« dazu sagen.

Das, was über Führung allgemein gesagt wird, stammt zunehmend auch von solchen Beobachtern, die andere Beobachter beim Beobachten beobachten. Das ist kein Lektoratsfehler, sondern heißt konkret, dass das, was als Führung beobachtet wird, dadurch (eine bestimmte Form von) Führung »wird«. Die Beobachter, z. B. MitarbeiterInnen, ziehen ins Kalkül der Beobachtung mit ein, dass Führung – u. a. von Führungskräften – als solche beobachtet werden soll. In großangelegten Kompetenzentwicklungsprogrammen oder Führungsoffensiven erfährt die Beobachtung auf diese Weise schon vorab eine Justierung auf Führung hin. Die entstehenden beobachterabhängigen Realitätskonstruktionen von Führung sind somit reflexiv hinterlegt. Sie entstehen nicht mehr nur – und manchmal gar nicht mehr – aus dem, was die intendierte Führungsaktion hergibt, sondern mehr daraus, dass das Geschehen reflexiv auf Führung hin interpretiert wird. Etwa so, wie Träger bestimmter Uniformen auf »Ordnungskraft« hin beobachtet werden. Die dadurch frei gesetzten Zuschreibungen machen sich nicht nur Karnevalisten, sondern auch Gauner zu Nutze. Die Voreinstellung bestimmt die Sinngebung der Beobachtung.

»Systemisches Denken = systemtheoretisches Erklären« – so überschreibt Fritz B. Simon (2008, S. 11) seine Definition systemischen Denkens. Es »verwendet Erklärungen, die sich aus der Systemtheorie ableiten lassen« (ebd., S. 11). In deren Denkund Theorietradition verwehrt sich systemisches Denken gegen eindimensionale Ursache-Wirkung-Erklärungen und stellt stattdessen zirkuläre Erklärungen, Relationen, Vernetzungen, die systemeigene Komplexität, Kommunikationscodes und die Sinnfrage in den Mittelpunkt des Verstehens. Ein solches »Systemdenken«, wie es heute gerne gefordert und proklamiert wird, ermöglicht es, die Welt durch eine andere Brille zu sehen. Peter Senge benennt es in seinem gleichnamigen Klassiker als eine (damals) neue »fünfte Disziplin«. Diese zielt darauf ab, dass man »Ganzheiten« erkennt, dass Wechselbeziehungen statt unbeweglicher Dinge und Veränderungsmuster statt statischer »Schnappschüsse« wahrgenommen werden können (Senge 1996, S. 88). Der eingangs des Kapitels skizzierte Inspektor Colombo ist dafür ein treffliches Beispiel.

Ein weiterer Aspekt, der das Projekt »Systemdenken« für Unternehmen attraktiv macht, ist seine Unabhängigkeit von exklusiv an den Menschen gekoppelten Mach barkeitshoffnungen. Denn: Nicht Menschen »machen« Systeme, sondern diese »entstehen«, indem sie in Kommunikationen von allem anderen (ihrer Umwelt) unterschieden werden und sich dann funktional weiter ausdifferenzieren. Menschen gehören damit in die Umwelt des sozialen Systems. So entsteht beispielsweise durch die Kommunikationen und den dadurch anschlussfähig werdenden SystemSinn das soziale Interaktionssystem eines Unternehmens. Und es wird durch Kommunikationen des sozialen Systems weiter ausdifferenziert. Die beteiligten Menschen (MitarbeiterInnen) werden »nur« als Umwelt (z. B. als Rezeption ihrer Individualität durch das System) intern sinn-haft...


Orthey, Frank Michael
Frank Michael Orthey, Diplom-Pädagoge; Trainer und Berater für Lern-, Führungs- und Modernisierungsprozesse in Organisationen, Konzeptentwicklung und –beratung, Einzel- und Gruppencoaching, Zeitberatung, Autor, Lehrbeauftragter an der Hochschule für Philosophie München.

Frank Michael Orthey

Frank Michael Orthey, Diplom-Pädagoge; Trainer und Berater für Lern-, Führungs- und Modernisierungsprozesse in Organisationen, Konzeptentwicklung und –beratung, Einzel- und Gruppencoaching, Zeitberatung, Autor, Lehrbeauftragter an der Hochschule für Philosophie München.

Astrid Orthey


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