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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 59, 64 Seiten

Reihe: Lore-Roman

Orloff Lore-Roman 59

Ihre barmherzige Lüge
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-8376-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ihre barmherzige Lüge

E-Book, Deutsch, Band 59, 64 Seiten

Reihe: Lore-Roman

ISBN: 978-3-7325-8376-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ihre barmherzige Lüge
Aus Liebe brach sie ihren Schwur
Von Wera Orloff

Christa wuchs im Kloster Marienberg auf, nachdem sie ihre Eltern bei einem Brand verlor. Sie erwies sich als sehr anstellig, fromm und liebenswert und wurde im Lauf der Jahre von den Schwestern ins Herz geschlossen. Nun soll Christa dieses schützende Haus verlassen, um eine Aufgabe zu übernehmen, die jenseits der Klostermauern auf sie wartet.
Der Neffe der Äbtissin, Camillo Baron von Lindenheim, lebt seit einem Autounfall mit seiner Frau zurückgezogen auf seinem Schloss. Er ist gelähmt und muss sein Dasein im Rollstuhl fristen. Christa soll ihn pflegen und den Haushalt führen. Sie ist noch zu jung, um sich vor dem Ungewissen, das auf sie wartet, zu ängstigen. Doch sie merkt schnell, dass in diesem Schloss etwas nicht stimmt, will aber dem Getratsche der Dorfleute keinen Glauben schenken. Erzählt man sich doch, die überaus schöne Baronin setze ihrem armen Mann die Hörner auf.
Aber als Christa selbst Zeugin einer eindeutigen Szene wird, schwört sie, dass sie den Baron für das, was hinter seinem Rücken vorgeht, entschädigen will: mit Menschlichkeit, Liebe und Hilfsbereitschaft. Und sie muss ihn anlügen, er darf es nicht erfahren, ist doch die Baronin sein einziger Halt. Christa hasst Lügen, doch in diesem Fall ist eine barmherzige Lüge angebracht ...

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Ihre barmherzige Lüge

Aus Liebe brach sie ihren Schwur

Von Wera Orloff

Christa wuchs im Kloster Marienberg auf, nachdem sie ihre Eltern bei einem Brand verlor. Sie erwies sich als sehr anstellig, fromm und liebenswert und wurde im Lauf der Jahre von den Schwestern ins Herz geschlossen. Nun soll Christa dieses schützende Haus verlassen, um eine Aufgabe zu übernehmen, die jenseits der Klostermauern auf sie wartet.

Der Neffe der Äbtissin, Camillo Baron von Lindenheim, lebt seit einem Autounfall mit seiner Frau zurückgezogen auf seinem Schloss. Er ist gelähmt und muss sein Dasein im Rollstuhl fristen. Christa soll ihn pflegen und den Haushalt führen. Sie ist noch zu jung, um sich vor dem Ungewissen, das auf sie wartet, zu ängstigen. Doch sie merkt schnell, dass in diesem Schloss etwas nicht stimmt, will aber dem Getratsche der Dorfleute keinen Glauben schenken. Erzählt man sich doch, die überaus schöne Baronin setze ihrem armen Mann die Hörner auf.

Aber als Christa selbst Zeugin einer eindeutigen Szene wird, schwört sie, dass sie den Baron für das, was hinter seinem Rücken vorgeht, entschädigen will: mit Menschlichkeit, Liebe und Hilfsbereitschaft. Und sie muss ihn anlügen, er darf es nicht erfahren, ist doch die Baronin sein einziger Halt. Christa hasst Lügen, doch in diesem Fall ist eine barmherzige Lüge angebracht …

Aus der gewölbeartigen Klosterküche drang das Geschwätz der Küchenschwestern, vermischt mit dem Geklirr und Geplapper, das die mittägliche Abwascharbeit verursachte.

Die alte, knöchern aussehende Dame hinter dem mächtigen Schreibtisch hatte sich endlich zu einem Entschluss durchgerungen. Sie schob den Brief, den sie mehrmals gelesen hatte, mit einer ruckartigen Bewegung zur Seite und betätigte den Klingelknopf. Wenige Augenblicke später erschien eine junge Nonne unter der Tür.

„Frau Oberin haben geklingelt?“, fragte die Schwester des Marienordens.

„Wo ist Christa?“

„In der Küche, Frau Oberin.“

„Bitte, schicken Sie sie mir her, Schwester Getraut.“

Die Ordensschwester verschwand wieder.

Frau von Lindenheim, die Äbtissin vom Kloster Marienberg, geliebt und wegen ihrer Strenge manchmal auch gefürchtet, seufzte.

So sei es denn, dachte die Äbtissin. Ich will ihm den Wunsch erfüllen. Das Schicksal hat ihn hart genug gestraft.

Die Frau versank in Nachdenken und überhörte das schüchterne Klopfen an der Tür. Erst als es noch einmal pochte, rief sie in gewohnt herrischem Ton: „Ja, bitte!“

Ein etwa achtzehnjähriges Mädchen, blond, mit tiefblauen Augen, bekleidet mit einem weiß-blau gewürfelten Arbeitskittel, trat ein und knickste ehrfurchtsvoll.

„Sie haben mich rufen lassen, Schwester Oberin?“

Die Frau nickte. „Seid ihr fertig mit der Küchenarbeit, Christa?“

„Fast, Schwester Oberin“, lautete die Antwort. „Schwester Esmeralda lässt fragen, ob sie Walter in die Stadt schicken kann, um den neuen Kühlschrank zu holen.“

„Ich spreche dann selbst mit Schwester Esmeralda, mein Kind. Nimm Platz.“ Die Äbtissin deutete auf den Besucherstuhl, der in einiger Entfernung vor dem Schreibtisch stand.

„Ich habe dich rufen lassen“, sagte sie in mütterlichem Ton, „weil ich mit dir etwas Wichtiges zu besprechen habe, Christa.“ Ihre grauen Augen ruhten eine Weile wie prüfend auf dem hübschen jungen Ding.

„Du bist jetzt seit neun Jahren bei uns“, begann Frau von Lindenheim mit gedämpfter Stimme. „Wir waren immer bemüht, dir eine Heimat zu bieten, Christa. Du hast uns diese Mühe stets durch Fleiß und ein gottesfürchtiges Benehmen gelohnt. Hier bei uns bist du zu einem sehr hübschen und liebenswerten Mädchen herangewachsen, hier hast du etwas gelernt, und hier warst du allzeit sicher und geschützt vor der Unruhe dieser Welt.“ Die Äbtissin beugte sich etwas vor.

„Höre weiter, was ich dir zu sagen habe, mein liebes Kind. Niemand von uns hat dich jemals zu überreden versucht, den Schleier zu nehmen und dein junges Leben Gott zu weihen. Wir haben dich gelehrt, was ein junges Mädchen wissen muss, und es war stets mein Bestreben, dir trotz der Abgeschiedenheit, in der wir hier leben, Wissen, Benehmen und Umgangsformen beizubringen. Nun soll dir die erste wirklich große Aufgabe gestellt werden.“ Die Äbtissin räusperte sich. „Kurzum, Christa: Du wirst Marienberg für einige Zeit verlassen.“

Frau von Lindenheim lehnte sich wieder zurück und legte ihre Hände auf die Armstütze des Schreibsessels.

„Ich erhielt heute einen Brief von meinem Neffen Camillo von Lindenheim. Er erlitt vor drei Jahren einen schweren Autounfall und ist seither an beiden Beinen gelähmt. Seit diesem Unglück wohnt er mit seiner Frau Renate auf Schloss Lindenheim. Camillo braucht jemand, der ihn pflegt und der gleichzeitig auch etwas von Hauswirtschaft versteht. Deshalb habe ich mich entschlossen, dich nach Lindenheim zu schicken und dich zu bitten, dich dort nützlich zu machen.“

Das Mädchen saß auf dem Besucherstuhl und war ganz blass geworden. Es nagte an seiner Unterlippe, so, als müsse es die Tränen niederkämpfen.

Christa war neun Jahre alt, als sie ihre Eltern durch eine Brandkatastrophe verlor und von den nächsten Angehörigen nach Marienberg ins Kloster gebracht wurde. Seither war ihr Marienberg zur zweiten Heimat geworden. Die Schwestern liebten das junge anstellige Ding, das in der Klosterschule die besten Noten erhielt, sich als fromm und arbeitswillig erwies und im Laufe der Zeit insbesondere von der Äbtissin ins Herz geschlossen wurde. Nun sollte Christa dieses schützende Haus verlassen, eine Aufgabe übernehmen, die draußen in der Welt auf sie wartete? War es da ein Wunder, dass zwei blaue Augen verdächtig nass wurden?

„Schwester Oberin, warum ausgerechnet ich?“, fragte Christa.

Die alte Frau hinter dem Schreibtisch lächelte nachsichtig.

„Weil ich weiß, dass du diese Aufgabe in meinem Sinn lösen wirst“, erklärte sie. „Ich wüsste niemand, den ich sonst nach Lindenheim schicken könnte, Christa. Du stehst mir am nächsten von allen, die hier sind.“

Christa nickte. Die Tränen ließen sich wieder verdrängen. Was soll’s, dachte sie. Ich muss dankbar sein, und ich werde das tun, was die Schwester Oberin von mir verlangt.

„Ich wusste gar nicht, dass Sie einen Neffen haben, Schwester Oberin.“

Das Lächeln in dem alten Frauengesicht erstarrte. Der Kopf mit der großen Haube senkte sich.

„Camillo ist der einzige Sohn meines verstorbenen Bruders Clemens von Lindenheim, Christa. Ich habe, als Camillo noch ein Knabe war, versucht, sein Leben in eine bestimmte Richtung zu dirigieren, weil mein verstorbener Bruder …“ Sie brach ab und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Ein Seufzer ertönte.

Die alte Frau gab sich plötzlich einen Ruck. Das Mädchen musste alles wissen! Zumindest das Hauptsächliche.

„Hör zu, Christa“, begann die Äbtissin. „Wenn du nach Lindenheim kommst, wirst du nicht nur einen gelähmten Mann, sondern auch ein merkwürdiges Verhältnis vorfinden, das dich erstaunen oder vielleicht sogar erschrecken wird. Mein verstorbener Bruder war das, was man einen Luftikus, einen Taugenichts nennt. Er hat es glänzend verstanden, das, was uns unsere Eltern hinterließen, abzuwirtschaften. Camillo, sein einziger Sohn, mein Neffe also, verlor die Mutter bei der Geburt, und ich versuchte, seine Erziehung in die Hände zu nehmen. Aber Camillo hat viele Charaktereigenschaften seines Vaters geerbt. Es war mein Wunsch, dass Camillo Priester wird. Er studierte Theologie, aber kurz vor der Priesterweihe gab er das Studium auf und trieb sich jahrelang in der Welt herum. Dies war der Grund, warum ich meine Hand von ihm abzog. Er heiratete eines Tages eine Tänzerin. Vor drei Jahren verunglückte er auf einer Autofahrt in Spanien und verbrachte mehr als ein Jahr in verschiedenen Krankenhäusern und Spezialkliniken. Er blieb an beiden Beinen gelähmt.“

„Schwester Oberin“, erklärte Christa Howald mit leiser, aber fester Stimme, „ich bin bereit, nach Lindenheim zu gehen. Wann soll es geschehen?“

Die alte Frau hinter dem Schreibtisch hob langsam den Kopf.

„Bald schon“, erwiderte sie, „in drei Tagen wirst du uns verlassen. Du wirst mir, du wirst uns allen fehlen, mein Kind.“

„Ich habe es hier immer so gut gehabt, dass ich auch einmal die andere Seite des Lebens kennenlernen muss, Schwester Oberin.“

Die Frau hinter dem Schreibtisch nahm den Krückstock und erhob sich schwerfällig.

„Ich danke dir, Christa“, bekannte sie. „Wir werden dich wirklich sehr vermissen.“

Das Mädchen stand ebenfalls auf.

„Marienberg wird immer meine Heimat bleiben“, versicherte es mit bebender Stimme.

***

Es war die erste größere Reise, die Christa antrat. Sie war noch zu jung, um sich vor dem Ungewissen, das auf sie wartete, zu ängstigen. Mit einer gehörigen Portion Neugier traf sie drei Tage nach...



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