Olderdissen | Genderleicht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten, EPUB

Olderdissen Genderleicht

Wie Sprache für alle elegant gelingt
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-411-91425-8
Verlag: Duden ein Imprint von Cornelsen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie Sprache für alle elegant gelingt

E-Book, Deutsch, 240 Seiten, EPUB

ISBN: 978-3-411-91425-8
Verlag: Duden ein Imprint von Cornelsen Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Gendern ja - aber dabei nicht verkrampfen: Mit diesem Anspruch gibt Christine Olderdissen einen Einblick in die vielfältigen sprachlichen Möglichkeiten, die uns im Deutschen zur Verfügung stehen, und verschafft Orientierung auf dem Weg zu einer fairen Sprache. Wie geschlechtergerecht sind Wörter wie „Nerd“, „Hacker“ und „Profi“? Warum funktionieren Genderstern & Co. am besten im Plural? Wo hat das maskuline Genus seine Berechtigung? – Alle, denen eine geschlechtergerechte Sprache am Herzen liegt, finden hier Anregendes und Lehrreiches, damit sie künftig selbst geschlechtergerecht und stilvoll schreiben.
Olderdissen Genderleicht jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Schreibregeln verzweifelt gesucht


Wer gendert, will eigentlich alles richtig machen. Doch für den Einsatz von Gendersternchen, Genderdoppelpunkt und Gendergap gibt es keine Regeln. Keine amtlich anerkannten jedenfalls. Denn der Rat für deutsche Rechtschreibung besteht bisher darauf, dem Gendersternchen die Anerkennung zu verweigern. Für den Rechtschreibrat sind Genderstern & Co. lediglich typografische Zeichen, die mitten im Wort nichts zu suchen haben. Es wird der Moment kommen, da der Sprachgemeinschaft Regeln für Genderzeichen an die Hand gegeben werden müssen. Es führt kein Weg daran vorbei. So oder so dienen die allgemeinen Rechtschreibregeln als Grundlage für eine geschlechtergerechte Sprache. So wird das Beste daraus gemacht.

Verbieten verboten


Über die Lust, dem Gendern ein Ende zu setzen

In der Genderdebatte träumen einige davon, das Gendern zu verbieten, insbesondere Politiker und Politikerinnen, die mit dieser Forderung auf Wählerstimmen aus dem konservativen Lager schielen. Der Freistaat Sachsen hat ihnen zum Ende der Sommerferien im August 2021 den Gefallen getan und Schulen untersagt, Genderzeichen zu verwenden. Beim kurzen Rauschen im Blätterwald klang es wie ein Verbot, dass in Unterrichtsmaterialien, offiziellen Schreiben der Schulleitung und Briefen an die Eltern Genderstern & Co. nicht auftauchen sollen.

Ein Erfolg für die Gendergegner*innen? Nicht doch, es ist lediglich eine Klarstellung, auf die auch die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) pocht: 2006 hat die Kultusministerkonferenz den Beschluss gefasst, dass die amtlichen Regelungen der deutschen Rechtschreibung verbindliche Grundlage für den Schulunterricht sind. Die Kinder sollen erst mal ordentlich schreiben lernen. Die normgerechte Schriftsprache ist Schulstoff. Im Deutschaufsatz darf das Gendersternchen als Fehler angestrichen werden.

In Berlin ist das genauso. Die dortige Bildungsverwaltung hat auf Nachfrage der Zeit erklärt, dass Gendersternchen, Unterstrich oder andere Varianten im Unterricht jedoch als gesellschaftliches Phänomen behandelt werden dürfen. »Im Sinne eines zeitgemäßen Unterrichts ist das Aufgreifen von Genderfragen ausdrücklich erwünscht«, wird die Bildungsverwaltung zitiert.

Bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Bei dem Schreiben an die sächsischen Schulleitungen geht es um eine »Handlungsempfehlung«. Gezielte Kontrollen oder Sanktionen soll es nach Ministeriumsangaben nicht geben. Ein Verbot sieht anders aus.

Deutschland ist ein liberales Land, eine Bastapolitik wird es beim Gendern nicht geben. Jede und jeder darf sprechen und schreiben, wie er oder sie will. Es sei denn, sie drücken gerade die Schulbank. Das ist ein sehr wichtiger Grundsatz. Und dennoch gibt es eine Institution, die aufpasst, dass das mit der Rechtschreibung nicht komplett aus dem Ruder läuft. Nein, dies ist nicht der Duden, falls Sie das geglaubt haben sollten. Der Dudenverlag gibt lediglich das meistverkaufte Rechtschreibbuch und weitere Nachschlagewerke zur deutschen Sprache heraus. Damit ist der Duden ein Sprachrohr für die allgemeinen Rechtschreibregeln, die er genauestens beachtet. Diese haben ihre Grundlagen im amtlichen Regelwerk, das beim Leibniz-Institut für deutsche Sprache verwahrt wird.

Beim Gendern schauen seit Herbst 2018 alle Sprachinteressierten auf den Rat für deutsche Rechtschreibung. Der sagt nämlich von Zeit zu Zeit Entscheidendes zum Genderstern. Im Rat versammelt sind 41 kluge Köpfe aus der Linguistik, aus dem Verlagswesen, den Medien, der Pädagogik und zwar aus allen sieben (!) Ländern, in denen Deutsch Amtssprache ist. Hätten Sie es gewusst? Es sind Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Bozen-Südtirol, Belgien und Luxemburg. Deren Sprachtraditionen unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach. Interessant ist, dass sich das Gremium nicht als zentrale Instanz staatlicher Sprachenpolitik versteht. Es begleitet dennoch wirkmächtig die sprachpolitische Meinungsund Willensbildung über Sprachgebrauch und Sprachveränderung.

Was das heißen soll? Bislang befanden die versammelten Expertinnen und Experten: Die gesellschaftliche Diskussion um Schreibweisen zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Geschlechter sei nicht abgeschlossen, die Sprachentwicklung müsse weiter beobachtet werden. Wir können also mit dem Genderstern machen, was wir wollen. Heißt es an anderer Stelle »der Markt regelt das«, so gilt das auch bei der Sprache: Die Sprachgemeinschaft regelt das. Auch wenn sie sich dabei mächtig auf die Rübe haut, findet doch ein Klärungsprozess statt. Wir alle lernen unsere Sprache besser kennen und testen deren Möglichkeiten.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist dabei an unserer Seite. Er gibt uns mit auf den Weg:

Geschlechtergerechte Texte sollen

» sachlich korrekt

» verständlich und lesbar

» rechtssicher und eindeutig

» sowie gut vorlesbar sein.

Dennoch haben wir vom Rat für deutsche Rechtschreibung eine zentrale Ansage: Genderzeichen entsprechen nicht der amtlichen Rechtschreibung. Bisher nicht.

In seiner Pressemitteilung vom 26. März 2021 weist der Rat, wie schon 2018, darauf hin, dass Zeichen wie der hochgestellte Stern, der Doppelpunkt oder der Unterstrich in der geschriebenen Sprache andere Bedeutungen haben, z.B. als Satzzeichen, typografische und kommunikationstechnische Zeichen oder auch in der Informatik.

»Ihre Nutzung innerhalb von Wörtern beeinträchtigt daher die Verständlichkeit, Vorlesbarkeit und automatische Übersetzbarkeit sowie vielfach auch die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten. Deshalb können diese Zeichen zum jetzigen Zeitpunkt nicht in das Amtliche Regelwerk aufgenommen werden.«

Ob sich diese Einstellung zu Genderstern & Co. jemals ändern wird? Vielleicht, wenn ein gezielter und bedachter Einsatz der Zeichen beweist, dass sie funktionieren und dass die Sprachgemeinschaft den Informationsgehalt versteht und akzeptiert.

Beugeübung mit dem Genderstern


Eine Schulstunde Grammatik

Das Gendersternchen macht Probleme. Ja! Und zwar im Singular. Wenn wir uns Texte anschauen, in die munter viele, viele Sternchen eingefügt sind, geraten wir beim Lesen ganz schön ins Stolpern. Warum der Genderstern diese unerfreuliche Wirkung entfaltet, ist am besten mal im Detail zu erklären. Was jetzt kommt, klingt sehr nach Deutschunterricht in der 4. Klasse. Aber es hilft nichts, wir müssen da durch.

In der deutschen Sprache werden alle Hauptwörter, auch Substantive genannt, gebeugt. Das heißt: Sie werden dekliniert. Sie erinnern sich vielleicht an diese Fachwörter: Nomen, Deklination, Akkusativ usw., die jetzt hier im Text auftauchen. Auch der vorangestellte bestimmte Artikel wird dekliniert, also: der, die, das, oder der unbestimmte Artikel: ein, eine, einer. Die gleiche Beugerei findet bei vorangestellten Pronomen statt wie jede und jeder etc. und bei den Possessivpronomen: mein, dein, sein. Und das alles passend zur Einzahl oder Mehrzahl des Hauptwortes, also sowohl im Singular als auch im Plural.

Können Sie noch folgen? Wer Deutsch als Fremdsprache lernen will, hat mit der Deklination mächtig zu kämpfen. Muttersprachler*innen haben damit keine Probleme. Wir machen alles automatisch richtig. Nur beim Verwenden des Gendersternchens müssen wir nachdenken.

Bei Genderdoppelpunkt und Gendergap entstehen dieselben Probleme, sie sitzen schließlich an derselben Stelle. Auch beim Binnen-I passiert im Grunde dasselbe. Aber das können wir getrost außen vor lassen. Weil es nur Männer und Frauen in einem Wort berücksichtigt, ist »das große i« in die Abstellkammer der Genderzeichen geraten.

Zurück zu Genderstern & Co.: Jedes Genderzeichen will richtig platziert sein. Gar nicht so einfach, weil es bisher keine Regeln dafür gibt. Der Rat für deutsche Rechtschreibung sagt: »Der Genderstern ist nicht regelkonform.« Ein typografisches Zeichen mitten im Wort sei der Rechtschreibung fremd. Deshalb kann er auch keine Regeln entwickeln. Die entstehen quasi organisch daraus, wie Genderfans nach Gutdünken Sternchenstaub über ihre Texte streuen. Mit den allgemeinen Regeln der Rechtschreibung als Anhaltspunkt lässt sich jedoch ganz gut entscheiden, was richtig sein könnte und was nicht. Das Gendern muss sich schließlich in die Sprachlogik des Deutschen einfügen.

Die Tücke der deutschen Grammatik liegt darin, dass sich beim Deklinieren von femininen und maskulinen Wörtern die Artikel je nach Fall verändern. Nominativ, Genitiv, Dativ … Sie wissen schon. Richtig kompliziert wird es beim Genitiv. Da erhält meist das maskuline Hauptwort ein -s oder ein -n angehängt: die Meinung des Reporters, die Ansicht des Experten.

Anschaulich wird dies beim Vergleichen einer maskulinen mit einer femininen Berufsbezeichnung, einmal durchdekliniert von Nominativ bis Akkusativ:

»  der Reporter – die...


Christine Olderdissen, geboren 1960, ist studierte Juristin mit einem Faible für schöne Texte.
Nach dem Besuch der Deutschen Journalistenschule München wurde sie freie Fernsehautorin.
Gendersensibilität war von Beginn ihrer journalistischen Laufbahn an die Maxime
ihrer Arbeit in Worten und Bildern. Seit Januar 2019 leitet sie für den Journalistinnenbund e.V. das Projekt Genderleicht.de, das vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wurde. Sie vermittelt dort und in Veranstaltungen, wie unbeschwert und schön geschlechtergerechte Sprache sein kann.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.