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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 9, 336 Seiten

Reihe: Luc Verlain ermittelt

Oetker Wolfstal

Luc Verlains Fall am Jakobsweg
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-455-02032-8
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Luc Verlains Fall am Jakobsweg

E-Book, Deutsch, Band 9, 336 Seiten

Reihe: Luc Verlain ermittelt

ISBN: 978-3-455-02032-8
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Schäfer, der Wolf und der Tod Umgeben von sanften Pyrenäenausläufern und berühmt für seine Gewürzpaprika, lädt das malerische Espelette alle zu einer Rast ein, die hier auf dem Jakobsweg vorüberwandern. Doch ein Schatten fällt auf das Idyll, als ein Schäfer aus dem Dorf brutal getötet wird. Dem von der baskischen Polizei zu Hilfe gerufenen Luc Verlain kommen die schweigsamen Dorfbewohner seltsam mitleidlos vor, und bald schon stößt er auf so einige schlüssige Mordmotive. Waren die vom Schäfer abgegebenen Luftschüsse, wenn Pilger seinen Weiden nahekamen, den Hoteliers ein zu großer Dorn im Auge? Hat sein Einsatz für den Wolf, der in der Gegend umgeht, seine Schäferkollegen zu sehr aufgebracht? Und weshalb war er ein so menschenscheuer Einzelgänger? Mord in der Aquitaine - Luc Verlain ermittelt: - Band 1: Retour - Band 2: Château Mort - Band 3: Winteraustern - Band 4: Baskische Tragödie - Band 5: Rue de Paradis - Band 6: Sternenmeer - Band 7: Revanche - Band 8: Wilder Wein - Band 9: Wolfstal Alle Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Alexander Oetker, geboren 1982, berichtet als Frankreich-Experte von RTL und n-tv seit 15 Jahren über Politik und Gesellschaft der Grande Nation. Er ist zudem Kolumnist und Restaurantkritiker der Gourmetzeitschrift Der Feinschmecker. Seine Krimis stehen regelmäßig auf der Bestsellerliste. Mit seiner Familie pendelt er zwischen Brandenburg, Berlin und der französischen Atlantikküste.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Cover
Titelseite
Prolog Miniatures
Dimanche, 6 avril – Sonntag, 6. April Malheur sur la montagne – Unheil am Berg
Lundi, 7 avril – Montag, 7. April Étape difficile – Schwere Etappe
Mardi, 8 avril – Dienstag, 8. April Ombres sombres – Dunkle Schatten
Mercredi, 9 avril – Mittwoch, 9. April Vengeance tardive – Späte Rache
Epilog rois mois plus tard – Drei Monate später
Hinweis des Autors
Auf Lucs Spuren – Tipps und Empfehlungen
Merci beaucoup
Über Alexander Oetker
Impressum


Col des Trois Croix, Espelette, Frankreich


, fluchte sie immer wieder auf Baskisch, », wo steckst du nur?«

Es war schon spät am Abend, die Pyrenäen im Süden waren nur noch schemenhafte Schatten, weil die Sonne vor einer halben Stunde untergegangen war.

Elorri hatte ihren Stock dabei und ging schnurstracks und ohne zu stolpern gen Westen, immer steil bergauf. Sie hatte keine Angst vor dem felsigen Untergrund, sie kannte diesen Weg seit ihrer Kindheit, sie würde nicht stolpern, auch wenn schon fast nichts mehr zu sehen war. Das hier war ihre Welt, ihr Vater hatte sie schon mit in die Berge genommen, als sie noch nicht einmal lesen oder schreiben konnte, und nun war sie seit zwei Jahren allein für die Herde verantwortlich. Die Herde, die sie eben bei ihm unten gelassen hatte; er würde die Tiere versorgen und für die Nacht in den Stall bringen.

Und sie musste sich nun beeilen. Sie fürchtete die Dunkelheit nicht um ihrer selbst willen, aber sie wollte das kleine Lamm finden, bevor die Nacht vollends hereinbrach. Das Wetter sollte nämlich bald umschlagen, und ein Unwetter in den Pyrenäen war nun wirklich kein Vergnügen. Wenn sie das Kleine nicht in den nächsten zwanzig Minuten finden würde, müsste sie ihn zurücklassen – und das wäre sein Todesurteil. In der Dunkelheit lauerten nämlich echte Gefahren, die Wölfe suchten genau nach so einer Gelegenheit: ein Lamm, getrennt von seiner Herde, ohne Zäune und ohne wachsamen Hund, wäre ein gefundenes Fressen. Sie hatte das Kleine vorhin schon gesucht, deshalb war sie später unten gewesen. Sie hatte erwartet, dass Papa wütend sein würde, aber er hatte ganz abwesend gewirkt und die Schafe einfach so entgegengenommen. Aber sie hatte nicht länger darüber nachgedacht, sie war sofort wieder losgegangen, zurück auf den Berg.

Natürlich, Elorri wusste, dass es war. Sie führte eine Herde mit dreihundert Tieren, die, nun von ihrem Schäferhund bewacht, schon unten auf dem Hof waren. Aber Papa hatte ihr immer beigebracht, dass sie nie eines ihrer Tiere zurücklassen solle. Hier im Baskenland sorgten Mensch und Tier füreinander – auch für ein einziges verlorenes Lamm. Und sie würde dieses Mantra befolgen, auch heute Abend und auch in der hereinbrechenden Dunkelheit.

Der Anstieg war steil, und ihr Atem ging stoßweise. Die warme Luft entwich ihrem Mund in weißen Wolken. Sie hielt inne und versuchte sich auf die Umgebung zu konzentrieren. War da ein Geräusch? Oder war es nur ihr eigenes Keuchen?

Sie sah sich um. Doch da war nichts, nur dunkle Schatten in der Einöde. Hier oben gab es keine Bäume mehr, der Weg war karg und schroff. Eigentlich war es gar kein richtiger Weg mehr, sie musste sich ihren Pfad durch die Felsen bahnen. Elorri wollte gerade wieder loslaufen, da hörte sie es. Sie legte den Kopf schief und schloss die Augen. Tatsächlich, von oben war leises Blöken zu hören.

, flüsterte sie, »hab ich dich.« Sie stieg nun noch steiler bergan, das Blöken wurde lauter. Und dann, hinter dem nächsten Felsvorsprung, sah sie das weiße Etwas, fünfzig Meter weiter südlich stand es, sah irgendwie verkrampft aus und gab so hohe Töne von sich, dass es Elorri beinahe das Herz zerriss.

Sie ging näher heran und sagte ganz leise: »Ich bin da, ich bin da.« Dann sah sie es: Das kleine Lamm hatte nur drei Beine auf den Felsen, die aber krumm und schief standen – es sah aus, als wäre es gerade geboren worden. Das lag aber daran, dass das vierte Bein in einer Felsspalte klemmte. Immer wieder versuchte das kleine Tier sich zu befreien, aber es steckte einfach zu fest.

, flüsterte Elorri beruhigend und trat vorsichtig näher. Das Kleine sollte keine Angst haben, damit es sich nicht das Beinchen brach. Aber das Lamm stand nun sowieso schon ganz ruhig da, die Ohren angelegt, den Blick fest auf Elorri gerichtet. Sie hatte ihre Hirtin erkannt. Nun würde alles gut.

Nach vier Schritten war sie bei dem Kleinen und kniete sich hin, um es zu streicheln, sie fühlte sein Herz heftig schlagen und strich mit ihren Fingern über die Nasenspitze des Tieres, damit es ein wenig ruhiger wurde. Dann besah sie sich das Bein. Es steckte tief in einer Spalte im Fels, irgendwo musste es sich verhakt haben. Sie beugte sich hinunter und fasste nach dem Beinchen. Sie ging etwas in die Hocke, dann löste sie den Stein ab, der das Bein dort eingeklemmt hatte. Sie hörte, wie er sehr tief fiel und irgendwo aufschlug. Das Tier hob das Bein an, zog es aus der Lücke, und dann machte es einen Satz, der so heftig war, dass Elorri ins Taumeln geriet. Sie musste sich mit der Hand auf dem Boden abstützen, doch dabei glitt ihr Bein weg, und sie trat ins Leere, ausgerechnet in die Spalte, die nun durch den fehlenden Stein breiter geworden war. Es krachte, und sie spürte den Schmerz.

»Au«, schrie sie, »verdammt!«, und dann war es wie ein Messer, das ihren Unterschenkel durchschnitt. Sie versuchte ihr Bein herauszuziehen, aber es steckte fest, so fest, dass sie vor Schmerzen aufschrie, als sie es noch einmal versuchte.

, fluchte sie noch einmal, aber diesmal war es vor Schmerz und Wut und nicht vor Sorge. Sie sah sich um. Das Lamm lief schnell davon, es war schon auf dem Weg Richtung Tal. Dass die Sonne verschwunden war, schien für das Tier das wichtige Zeichen, dass es nun schnell in den Stall musste.

Aber … was würde sie hier oben machen? Elorri verzog das schmerzverzerrte Gesicht und betrachtete die Dunkelheit über ihr und die Schatten, die sie umfingen. Ihr Handy fiel ihr ein. Als sie in ihre Tasche griff, bewegte sich ihr eingequetschtes Bein, und sie stöhnte vor Schmerzen. Dann sah sie auf das Display und schrie auf. Verdammt. Kein Netz. Das geschah oft hier oben – die spanische Grenze war nah, die beiden Netze, das französische und das spanische, griffen irgendwie ineinander, und es konnte auch passieren, dass man an mancher Stelle gar kein Netz mehr hatte. Ein paar Meter weiter war dann alles wieder gut, aber sie konnte sich im Moment eben keinen Meter wegbewegen. Was für ein Albtraum.

Zu dem Schmerz, der ihr den Atem raubte, gesellte sich nun eine kalte und klare Angst. Nein, es war nicht Winter, sie würde hier oben nicht erfrieren, auch wenn es nachts noch sehr kalt werden konnte. Aber es waren die Feinde, die es hier oben gab, die Füchse und … die Wölfe. Ihr Unterschenkel blutete, daran hatte sie keinen Zweifel. Und Blut lockte die Jäger an. Sie spürte die Gänsehaut auf ihrem Rücken.

Hatten die Wölfe schon Witterung aufgenommen?

Sie war noch nie in der Nacht allein in den Bergen gewesen. Natürlich in ihrer Hütte an der Sommerweide, aber nicht draußen und ungeschützt. Sie zog noch einmal und versuchte den Fuß aus der Spalte zu ziehen, aber der Schmerz bohrte sich sofort wieder in ihr Fleisch. Sie schrie, weil er sich bis in die Nervenbahnen zog und sie regelrecht in ihr pulsierten.

Elorri sah ins Tal hinab, das von hier so weit entfernt schien. Dort, wo sich die grünen Hügel aneinanderreihten und es einzelne Höfe gab, die ganz verstreut lagen, waren die Fenster hell erleuchtet, und sie stellte sich vor, wie ihre Freunde und ihre Familie jetzt dort in der Küche standen und kochten. Niemand hatte eine Ahnung von ihrer Situation. Wann würden sie anfangen, nach ihr zu suchen? Am nächsten Morgen? Aber wo sollten sie suchen? Niemand wusste, dass ein Lamm entlaufen war. Sie war gefangen. Ihr kamen die Tränen, weil der Schmerz so schlimm war und die Verzweiflung sie lähmte.

»Hilfe!«, rief sie auf Französisch, dann auf Baskisch, »« Wieder und wieder rief sie es, bis die Tränen ihre Worte erstickten. Sie spürte ihr Herz in der Brust und das Blut, das durch ihre Adern rauschte. Doch dann war da noch etwas. Ein Geräusch wie ein Klopfen. Wie …? Kamen jetzt etwa die Wölfe?

Aber dann vernahm sie es, es waren Schritte. Feste Schritte auf hartem Stein. Es klang nach schweren Stiefeln. Sie rief noch einmal: »Hilfe, helfen Sie mir!« Hoffnung keimte in ihr auf. Und dann trat er aus den Schatten, dieser große Mann, der ein wenig gebückt ging, ein Gewehr über seiner Schulter. Sie kniff die Augen zusammen und erkannte ihn, wollte noch etwas rufen, aber dann ließ sie es, weil sie irgendwie nicht wusste, wie diese Situation ausgehen würde. Er kam näher, zügig, aber ganz still, seine Füße steckten tatsächlich in schweren Bergstiefeln, und sie schwor sich, künftig auch nur noch mit echter Ausrüstung in die Berge zu gehen.

Er kam immer näher, sah sie nicht an und sprach kein Wort. Sie sah auch zu Boden, ihr Herz schlug nun noch schneller. Hatte sie Angst? Sie hatte um alles in der Welt gerettet werden wollen, aber sie hätte nie gedacht, dass er es wäre, der kommen würde. Das Gewehr baumelte dort, sie wusste, was sich die Leute über ihn erzählten.

Nun war er bei ihr, kniete sich nieder und griff nach ihrem Bein. »Psst«, machte er einmal, und dann zog er nicht, sondern drehte ihr Knie. Es war eine feste und doch ganz einfache Bewegung, sie hatte nicht einmal Schmerzen. Er drehte es so weit, dass ihr Fuß auf einmal frei war, dann zog er mit der fließenden Bewegung seiner starken großen Hand ihren Unterschenkel heraus, und sie war in Freiheit. Ihr Bein brannte, aber Elorri spürte keinen Schmerz mehr, jetzt kamen ihr die Tränen vor Freude – und weil die Anspannung einfach rausmusste. Sie sah das Blut an ihrem Schenkel, es war nicht viel, keine schlimme Verletzung, nur eine Schürfwunde, Gott sei Dank.

Er stellte ihren Fuß wieder auf den Felsen,...


Oetker, Alexander
Alexander Oetker, geboren 1982, berichtet als Frankreich-Experte von RTL und n-tv seit 15 Jahren über Politik und Gesellschaft der Grande Nation. Er ist zudem Kolumnist und Restaurantkritiker der Gourmetzeitschrift Der Feinschmecker. Seine Krimis stehen regelmäßig auf der Bestsellerliste. Mit seiner Familie pendelt er zwischen Brandenburg, Berlin und der französischen Atlantikküste.

Alexander Oetker, geboren 1982, berichtet als Frankreich-Experte von RTL und n-tv seit 15 Jahren über Politik und Gesellschaft der Grande Nation. Er ist zudem Kolumnist und Restaurantkritiker der Gourmetzeitschrift Der Feinschmecker. Seine Krimis stehen regelmäßig auf der Bestsellerliste. Mit seiner Familie pendelt er zwischen Brandenburg, Berlin und der französischen Atlantikküste.



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