Buch, Deutsch, 69 Seiten, GEH, Format (B × H): 210 mm x 297 mm
Reihe: INFO
ISBN: 978-3-921221-29-7
Verlag: Bischöfliches Ordin. Limburg
Die Angelsachsen sind Pragmatiker. Wenn sie von „philosophy“sprechen, dann würden wir das eher mit „Leitlinien“ oder „Grundsätze“ übersetzen. Unsere Philosophie für den Religionsunterricht heißt diesmal „Philosophieren mit Kindern“.
Schon Immanuel Kant, der auch für einen feinsinnigen Spaß zu haben war („einer melkt den Bock, der andere hält ein Sieb unter“), stellte in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ klar, dass es die Philosophie eigentlich gar nicht gebe, sondern nur das Philosophieren. Philosophie ist eine Tätigkeit für alle Menschen. Die großen philosophischen Fragen bleiben keinem erspart. Wer gelernt hat, effizient vorzugehen, wird diese großen Fragen, als welche Kant die Fragen nach Gott, Freiheit und Unsterblichkeit bezeichnet, eher umgehen. Denn diese Fragen haben es an sich, dass sie nicht endgültig beantwortet werden können, so wie am Ende einer Rechnung eine befriedigende Lösung steht. Was wir ausrechnen können, darüber brauchen wir nicht zu philosophieren. Aber die Wirklichkeit ist nun einmal keine Rechenaufgabe und die großen Fragen wirken mitten im Leben.
Wer einmal ein ganzes Menschenleben in den Blick nimmt, wird beobachten, dass die philosophischen Fragen eine biographische Hochkonjunktur im Kindes- und Jugendalter haben. Kindern ist das Fragen noch nicht abdressiert worden, sie haben die Lizenz zum Fragen. Große Fragen sind manchmal auch ganz einfach. Es gibt Situationen, wo die Frage: „Glaubst Du an Gott?“ nur mit, „ja“ oder „nein“ beantwortet werden kann. Ausweichmanöver helfen da nicht.
Dabei ist die Hochschätzung der Philosophie und der Vernunft keine Spezialität von uns Katholiken, sie reicht bis in die Ursprünge des Monotheismus zurück, der
ohne die Kritik an selbst gemachten Göttern kaum seinen Weg gemacht hätte. Biblische Aufklärung und Weisheit gehören zum Kernbestand nicht nur des Christentums. Sie weisen zurück bis tief ins Alte Testament. Inzwischen sehen wir auch, dass der Gegensatz einer jüdischen und einer griechischen Tradition weitgehend einem künstlichen Abgrenzungsdenken zu verdanken ist. Das Bemühen, den Glauben und die Vernunft in einen gemeinsamen Horizont
zu bringen, kennt viele Höhepunkte in der Kirchengeschichte, von Anselm von Canterburys Devise: „fides quaerens intellectum“, der Glaube sucht die Vernunft, über das „lumen naturale“, das „Licht der natürlichen Vernunft“, das allein schon ausreicht, um zu einer Gotteserkenntnis vorzudringen (Vatikanum I), bis zur Enzyklika „Fides et ratio“ lässt sich eine lange Linie durchziehen. Das ist alles nicht neu.
Ungewohnt ist freilich für viele der Versuch, schon mit jüngeren Kindern in der Grundschule erste Gehversuche im Philosophieren zu machen. Das Philosophieren mit Kindern ist außerhalb der Religionspädagogik inzwischen schon eine eigene Disziplin geworden, die auch ihren „Sitz im Leben“ hat. Sie hat sich an den Universitäten etabliert. Neben der Perspektive auf eine „Mystagogie“, d.h. Alphabetisierung und Einweisung in die besondere Sprache, die für den Umgang mit dem göttlichen Geheimnis gelernt werden kann, stellen wir sehr bewusst die komplementäre Perspektive auf das Philosophieren mit Kindern im Religionsunterricht. Ähnlich wie beim Stichwort Mystagogie gibt es keine großen didaktischen Traditionen, aber ein Experimentierfeld, das sich zu betreten lohnt.
Zielgruppe
Religionslehrer/-innen, Pfarrer, Pastorale Mitarbeiter/-innen, Studierende