In der „Genealogie der Moral“ nimmt Friedrich Nietzsche eine radikale Kritik der abendländisch-christlichen Moralvorstellungen in Angriff: der Wert dieser Werte soll infrage gestellt werden. Zur Voraussetzung hat eine solche Kritik der Werte eine historische Betrachtung der Moral, die Kenntnis darüber verschafft, unter welchen Umständen besagte Werte einstmals entstanden sind. Allerdings ist Nietzsches Engführung von Moralkritik und Moralgeschichte schwer verständlich, denn auf den ersten Blick kann man den Wert moralischer Überzeugungen auch dann prüfen, wenn man keine Kenntnis von der Geschichte dieser Überzeugung hat: wie es dazu kam, sie als wertvoll zu erachten. Fragen nach dem Wert eines Gegenstandes scheinen in eine andere Richtung zu weisen, als Fragen nach der Geschichte eben dieses Gegenstandes – um so mehr, da Nietzsche selber an einer exponierten Stelle innerhalb der „Genealogie der Moral“ eben jenen Unterschied zwischen Wert- und Herkunftsfragen herausstellt. (II, 12) Wie aber kann er dann behaupten, für eine Kritik der Moral seien Kenntnisse der Moralgeschichte unabdingbar? Auf diese Frage versucht die vorliegende Arbeit eine Antwort zu finden, um darauf aufbauend den Gehalt der Nietzscheanischen Moralkritik zu erfassen.
Niehaus
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