E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten
Reihe: Like Us
Niebler We Are Like the Wind
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7457-0339-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten
Reihe: Like Us
ISBN: 978-3-7457-0339-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hast du den Mut, deiner Sehnsucht zu folgen?
Der Profisportler Ethan droht unter dem Leistungsdruck zusammenzubrechen, weshalb er kurz vor der Kitesurf-Weltmeisterschaft in ein Ferienhaus auf Malcolm Island flieht. Doch auch auf der kleinen kanadischen Insel kommt er nicht zur Ruhe. Die Erwartungen seiner Fans und das Pflichtgefühl gegenüber seiner Familie verfolgen ihn, und in ihm wächst die Angst zu versagen. Nur wenn er mit der zurückhaltenden, aber dennoch schlagfertigen Bibliothekarin Laina zusammen ist, verstummen die quälenden Gedanken. Je mehr Zeit er mit ihr verbringt, desto stärker spürt er, dass er etwas ändern muss. Doch findet er die Kraft dazu, bevor er an seiner einstigen Leidenschaft zerbricht? Und kann Laina ihm beistehen?
Eine Liebe, so ungezähmt wie der Wind - das Finale der »Like Us«-Trilogie
»Ich bin verliebt in die atmosphärische Stimmung und die authentischen Charaktere. Eine Reihe, die man unbedingt lesen muss!« SPIEGEL-
»Von Mut, Liebe und Träumen, die selbst die stärksten Stürme überstehen. Die Reihe nimmt das Leser*innenherz von der ersten bis zur letzten Seite im malerischen Kanada gefangen. Eine Empfehlung für alle, die sich nach Ruhe und Hoffnung sehnen.«
Gischt auf den Wangen, Wind im Haar - so ist Marie Niebler am glücklichsten. Aufgewachsen im Süden Deutschlands, träumt sie sich schon ihr ganzes Leben an raue Küsten. Ihre Sehnsucht stillt sie mit Geschichten, nicht selten mit ihren eigenen. Gemeinsam mit ihren Figuren steht sie auch die schwersten Zeiten durch und verliebt sich dabei mit jedem Roman neu in ihre Charaktere.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
ETHAN
Ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Ein Kamerateam? Die Presse? Eine Horde von Fans mit gezückten Smartphones? Alles, bloß keinen leeren Parkplatz. Das Fischerdorf Sointula empfängt uns mit offensichtlichem Desinteresse.
»Die Siebziger haben angerufen«, witzelt Phil hinter mir. »Sie wollen ihre Häuser zurück.«
Chance gluckst belustigt, doch ich ignoriere ihre Scherze und ziehe unbeirrt meinen Koffer von der Fähre. Zugegeben, der geteerte Platz direkt am Meer wirkt alles andere als modern. Unkraut kämpft sich an einigen Stellen durch den Asphalt, und ein paar Meter weiter befindet sich ein Gebäude, das dringend einen neuen Anstrich bräuchte. Brenda’s Choice steht in altmodischen bunten Lettern auf der Schaufensterscheibe. Die Holzhäuser an der Straße sehen nicht viel besser aus. Zu unserer Linken jedoch, direkt am Kiesstrand, gibt es ein schickes Café mit gläserner Fensterfront und frisch gestrichener Fassade. Die Chocolate Dreams Bakery wirkt, als hätte sie sich mit allen Mitteln dagegen gewehrt, sich an den Rest des Dorfes anzupassen. Fast sieht es aus, als hätte man sie nachträglich mit Photoshop eingefügt.
»Wie in Stranger Things«, behauptet Phil weiter. »Wenn’s hier Schattenmonster gibt, bin ich aber angepisst, E. So hab ich mir unseren Urlaub nicht vorgestellt.«
Schnaubend werfe ich einen Blick über meine Schulter. »In dem Fall hoffe ich, dass es dich als Erstes frisst. Dann ist wenigstens endlich mal Ruhe.«
Phil schürzt beleidigt die Lippen. Chance lacht und boxt ihm freundschaftlich in die Seite. Kopfschüttelnd wende ich mich wieder dem Dorf zu.
Ich habe im Moment keine Energie für ihre Späße. Die ganze Anreise habe ich damit verbracht, meine Mauern hochzufahren und mich für unsere Ankunft zu wappnen. Nachdem ich bei der Buchung meinen echten Namen angegeben habe, war ich der festen Überzeugung, es heute zu bereuen. Dass dem nun nicht so ist, fühlt sich merkwürdig an. Entgegen meinen Erwartungen hat sich offenbar nicht herumgesprochen, dass ich heute hier aufkreuze. Entweder das, oder es interessiert wirklich niemanden. Den Gebäuden nach zu urteilen, wohnen hier ohnehin nur Senioren, die nicht mal wissen, was Social Media ist. Und Scheiße …
Diese Realisation ist so endlos befreiend.
Zum ersten Mal seit Monaten habe ich das Gefühl, wieder unbeschwert atmen zu können.
Endlich ein bisschen verdammte Freiheit.
»Wo ist jetzt diese Lavender?«, will Phil wissen und strubbelt mir über die kurz geschorenen Haare. »Holt sie uns mit ihrem Rollator ab? Ich hoffe, sie hat uns Kekse gebacken.«
Ich wehre seine Hand ab und wende mich den beiden zu. Hinter ihnen trennt uns das Meer von Vancouver Island. Die bewaldeten Berge heben sich bei diesem Wetter klar vom Horizont ab. »So alt wird sie schon nicht sein«, behaupte ich. Dabei bin ich mir da selbst nicht so sicher. Wir haben nur per Mail geschrieben, und dieses Kommunikationsmittel traue ich einer Rentnerin gerade noch zu.
»Schön, aber wehe in dem Ferienhaus mieft es nach Mottenkugeln und alter Oma.«
Ich hebe eine Braue und verschränke die Arme vor der Brust. »Wie war das, einem geschenkten Gaul …? Du kannst auch gerne wieder zurückfahren. Auf eigene Kosten, versteht sich.«
Phil verdreht die Augen. »Boah, war doch nur ein Scherz!«, behauptet er. »Spielst du jetzt eigentlich zwei Wochen lang diese Gönnerkarte?«
»Nur wenn du mich nervst«, erwidere ich grinsend.
Chance grunzt. »Also immer.«
»So ungefähr.« Widerwillig hole ich mein Smartphone aus der Hosentasche und schaue darauf. Fünf verpasste Anrufe von Roy, und das allein in den letzten zwei Stunden. Aber keine Nachricht von unserer Gastgeberin. Ich stecke das Handy wieder weg.
»Sie hat mir nicht geschrieben«, lasse ich die anderen wissen. »Ich würde sagen, wir warten fünf Minuten, und wenn sie dann noch nicht da ist, rufe ich …«
Ich bringe den Satz nicht zu Ende. Ein uralter Golf hält direkt neben uns auf dem Platz. Eine junge Frau steigt aus, etwa in unserem Alter, Anfang zwanzig. Sie hat helle Haut, Sommersprossen, lange lilafarbene Haare und die blausten Augen, die ich jemals gesehen habe. Ein Lächeln breitet sich auf ihren Lippen aus, als sie mir eine Hand entgegenstreckt. Verwirrt ergreife ich sie.
»Hi«, grüßt sie uns und schüttelt auch den anderen beiden die Hände. »Tut mir leid, wartet ihr schon lange? Der Wagen ist mal wieder nicht angesprungen.«
»Hä?«, macht Phil und fasst damit auch meine Gedanken erstaunlich treffend zusammen. Das ist Lavender Whitcomb? Die Besitzerin unseres Ferienhauses? Ich hatte zwar nicht wirklich mit einer Oma gerechnet, aber dass sie so jung ist, überrascht mich dann doch.
»Äh, nein, kein Problem«, versichere ich ihr. »Es waren nicht mal fünf Minuten.«
»Okay, ein Glück. Dann aber jetzt nichts wie los.«
Wir verstauen das Gepäck im Kofferraum ihres Wagens. Ich steige auf der Beifahrerseite ein, Phil und Chance beanspruchen die Rückbank. Als Lavender den Motor startet, gibt dieser ein bedenkliches Grollen von sich, und es dauert einige Sekunden, bis wir uns ruckelnd in Bewegung setzen.
»Nette Karre«, kommentiert Phil, und ich werfe ihm über meine Schulter hinweg einen finsteren Blick zu.
»Sie tut uns einen Gefallen. Du kannst gerne auch laufen.«
»Mann, war doch nur ein Witz!« Er fährt sich durch die kurzen dunklen Haare. »Spielverderber …«
»Schon gut«, lacht Lavender. »Der Wagen ist leider nicht mehr der Jüngste. So, wie es aussieht, muss ich mich bald von ihm verabschieden. Mein Freund wollte ihn ein bisschen auf Vordermann bringen und ist dabei zu der Überzeugung gelangt, dass er eine Todesfalle auf Rädern ist. Angeblich kann ich froh sein, dass er überhaupt noch fährt.«
»Sehr beruhigend«, witzelt Chance. »Falls wir in Flammen aufgehen, rettet den Koffer mit der Konsole!«
Phil lacht. Ich verdrehe belustigt die Augen. Irgendwie sind die beiden seit der Highschool nicht erwachsener geworden. Daran werde ich mich erst wieder gewöhnen müssen. Bisher hatte ich nicht viel Zeit, um mich mit der Tatsache auseinanderzusetzen.
»Keine Sorge«, beteuert Lavender. »Letztes Jahr hat er mich sogar noch von Edmonton bis hierher gebracht. So schlimm, wie Jonne tut, kann es gar nicht sein. Wie war euer Flug?« Sie wirft mir einen verstohlenen Seitenblick zu, und ich verkrampfe mich ungewollt. Sie weiß genau, wer ich bin, oder? Sie überspielt es nur, vermutlich aus Höflichkeit. Hoffentlich gibt es auf dieser Insel keinen geheimen Ethan-Gold-Fanclub, der nur darauf wartet, dass ich mich hier sicher fühle.
»War angenehm«, erwidere ich ruhig. »Ist ja nur eine Stunde von Vancouver hier hoch, und das Wetter ist gut.«
»Stimmt. Ausnahmsweise mal nicht so windig.« Sie nickt und biegt von der Straße, die uns am Meer entlanggeführt hat, auf einen Schotterweg ab. Am Ende der Einfahrt kommt das Haus in Sicht, das ich bereits aus dem Internet kenne. Die Fassade ist frisch gestrichen, auf der Veranda steht ein gemütlich wirkendes Outdoorsofa.
Unsere Gastgeberin parkt im Hof und hilft uns dabei, das Gepäck auszuladen. Dann sperrt sie uns die Haustür auf, und wir betreten das Erdgeschoss.
Es ist ein offener Raum mit einer kleinen, aber gemütlichen Küche auf der linken und einem Wohnzimmer auf der rechten Seite. Hinten führt eine Treppe nach oben zu den Schlafzimmern. Eine Terrassentür gibt den Blick auf einen ordentlichen Garten frei, in dem unzählige Rosen blühen. Live ist es noch schöner als auf den Bildern, die ich gesehen habe.
»Gefällt es euch?«, will Lavender wissen und beißt sich auf die Unterlippe. Als hätte sie gemerkt, was sie tut, gibt sie sie schnell wieder frei.
»Ja, es sieht toll aus«, erwidere ich, bevor meine Freunde anderes behaupten können. Es ist keine Luxusunterkunft, wie sie es sich vielleicht von mir erhofft hätten. Doch ich wollte etwas … Heimeliges. So wie das hier. Schick, aber nahbar. Nicht altbacken, wie Phil befürchtet hat.
Eine der Wände ist in hellem Salbeigrün gestrichen, das sich auch in den Vorhängen wiederfindet. Die dunkelgrüne Couch und die gleichfarbigen Küchenfronten verbinden die hellen Wände stilvoll mit dem dunklen Holzparkett. Über das Sofa sind einige Kissen und Decken drapiert, und gegenüber davon steht ein Flachbildfernseher, der in den nächsten Wochen vermutlich im Dauerbetrieb sein wird. Das hier ist ein Urlaub für vier. Phil, Chance, ich und die Nintendo Switch.
»Das freut mich.« Wieder lächelt Lavender. »Dann lasse ich euch mal in Ruhe. Hier sind die Schlüssel. Wo der Laden und die Bäckerei sind, habt ihr ja gesehen. Bis zum Hafen ist es auch zu Fuß nicht weit, aber es steht noch ein altes Fahrrad im Schuppen, das ihr gern benutzen könnt. Und falls ihr sonst irgendwas braucht, schreibt mir einfach, okay? Ihr seid unsere ersten Gäste, das Haus ist gerade frisch renoviert. Also … Das ist alles noch neu für mich, aber ich denke, wir kriegen das schon zusammen hin.« Ein Stück weit schwingt Unsicherheit in ihren Worten mit, doch gleichzeitig wirkt sie auch überzeugt.
»Bestimmt«, grinst Chance. Er legt mir einen Arm um die Schultern und zieht mich an sich. »Wir sind total pflegeleicht. Nicht wahr, E?« Er reibt mir mit den Knöcheln über den Kopf, und ich schiebe ihn schnaubend von mir.
»Ja, total. Danke, dass du uns hergebracht hast.« Ich nehme den Schlüsselbund von Lavender entgegen...




