Neuhäuser / Himmelrath | Amokdrohungen und School-Shootings (E-Book) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Reihe: Preselect

Neuhäuser / Himmelrath Amokdrohungen und School-Shootings (E-Book)

Vom Phänomen zur praktischen Prävention
1. Auflage, Ungekürzte Ausgabe 2014
ISBN: 978-3-0355-0101-8
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Vom Phänomen zur praktischen Prävention

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Reihe: Preselect

ISBN: 978-3-0355-0101-8
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.

Tausende von Amokdrohungen gab es seit 2005 gegen Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz – meist inspiriert von School-Shootings in den
USA und dem restlichen Europa. Für Schulen und Lehrkräfte ist es oft schwierig, die Bedeutung solcher Drohungen einzuschätzen, vage Gerüchte von echten Alarmsignalen zu unterscheiden und dann in angemessener Weise aktiv zu werden, ohne entweder zu verharmlosen oder aber in Hysterie zu verfallen. Die Psychologin Sarah Neuhäuser und der Bildungsjournalist Armin Himmelrath haben erstmals flächendeckend die School-Shooting-Drohungen der letzten Jahre im deutschsprachigen Raum analysiert. Welche Regelmässigkeiten gibt es bei denen, die drohen? Was treibt sie an? Wie und was planen sie, wen weihen sie ein? Die Autoren zeigen, dass es im Vorfeld häufig wiederkehrende Muster gibt, und vermitteln in ihrem Buch das Wissen, das Lehrerinnen und Lehrer brauchen, um sich in Präventionsteams auf konkrete Bedrohungsszenarien an der eigenen Schule vorbereiten zu können. Ein Buch, das als Leitfaden gelesen werden kann und dessen Botschaft klar ist: Gerade weil es sich bei School-Shootings in aller Regel nicht um spontane Amokläufe, sondern um vorbereitete Aktionen handelt, kann rechtzeitig präventiv interveniert werden.

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2.Hundertfaches Drohpotenzial
– Ein fast alltägliches Phänomen
Keine Stille vor dem Sturm – Wer mit schwerer Gewalt droht, will seine Schule, die Lehrer und Mitschüler maximal einschüchtern. Doch beim genaueren Blick auf Amokdrohende wird klar: So unberechenbar, wie sie sich inszenieren, sind sie nicht. 2.1Der Begriff der schweren zielgerichteten Gewalt – School-Shooting
Wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, versuchen die Begriffe Delinquenz, Amoklauf und School-Shooting, das zu umreißen, was unter schwerer zielgerichteter Gewalt zu verstehen ist. Nachfolgend soll auf diese Begriffe noch einmal eingegangen werden. Delinquenz ist das zugrunde liegende Verhalten einer schweren Gewalt. Während Delinquenz nur den strafrechtlich relevanten Teilausschnitt sozial abweichenden Verhaltens im Blick hat – die Neigung, rechtliche Grenzen zu überschreiten –, wird unter schwerer zielgerichteter Gewalt jeder gezielte Angriff auf mehrere Opfer verstanden, bei dem ein schulisches Umfeld (oder eine ähnliche Einrichtung) bewusst als Tatort ausgewählt wird. Die intentionale Tötung und/oder Verletzung mehrerer Personen – ohne Abkühlungsperiode und mit einzelnen Tatsequenzen im öffentlichen Raum – ist die engere Definition des Amoklaufs. Das Wort Amok stammt ursprünglich vom malaiischen Begriff meng-amok ab, der eine im indonesischen Kulturkreis kriegerische Aktion bezeichnet, die beinhaltet, den Feind in blinder Wut anzugreifen und zu töten. Die „Amoucous“, Krieger, stürzten sich dabei auf ihre Gegner und kämpften ohne Rücksicht auf das eigene Leben, um die Schlacht zu gewinnen. Es wird vermutet, dass die Krieger eine Elitetruppe des Nayros-Volkes bildeten, die den Feind auf Befehl des Königs bedingungslos und blindwütig attackierte. Der Amokbegriff erreichte die westlichen Kulturkreise erst im Zeitraum vom 17. bis 19. Jahrhundert und erfuhr einen Bedeutungswandel, denn ursprünglich handelte es sich dabei um keine persönliche Einzeltat, sondern eine unter Raserei stattfindende kriegerische Handlung. Amok ist immer eine psychische Extremsituation, welche durch ungetrübte Gewaltbereitschaft und Unberechenbarkeit des Täters gekennzeichnet ist. Heute bezeichnet der Begriff meist eine plötzliche, willkürliche, nicht provozierte Gewaltattacke mit starkem fremdzerstörerischem Verhalten. Oft folgen ein fehlendes Erinnerungsvermögen, Erschöpfung des Täters und Suizid. Täter, die in einer solchen Ausnahmesituation Straftaten begehen, nennt man Amokläufer oder auch Amokschützen (bei Gebrauch von Schusswaffen). Der Amokläufer fällt in die Kategorie Massenmörder und handelt „in der Regel in einem plötzlichen, einmaligen und rauschähnlichen Akt der Verzweiflung oder Rache, der die Opfer teilweise zufällig trifft, und kann darin münden, dass sich der Täter am Ende selbst tötet oder von der Polizei töten lässt“11. Er muss von dem Begriff Serienmörder abgegrenzt werden. Lediglich die Anmaßung, über Leben und Tod entscheiden zu können, ist beiden gemein. Allerdings gilt es, den Begriff Amok zu spezifizieren, da er den Charakter des Plötzlichen/Eruptiven trägt. Er lässt sich mit folgendem Satz präzise beschreiben: Jemand war blind vor Wut. Nach der Definition des ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) handelt es sich um Amok, wenn eine willkürliche, anscheinend nicht provozierte Episode mörderischen oder erheblich destruktiven Verhaltens, gefolgt von Amnesie oder Erschöpfung stattfindet.12 Dadurch wird diese Definition den Taten an Schulen mit schwerer zielgerichteter Gewalt nicht ganz gerecht, denn diese zeichnen sich durch Planungs- und Entwicklungsvorgänge aus. Die Öffentlichkeit und die Medien werden in erster Linie als Publikum gesehen, um Rache und Aufmerksamkeitstaten entsprechend zu inszenieren. Da es sich vorwiegend um jugendliche Täter handelt, wird oft die Schule zum Ort des Geschehens. In der Wissenschaft wurde deshalb in jüngster Zeit eine neue Begrifflichkeit eingeführt, in der der Amoklauf an Schulen durch die Bezeichnung School-Shooting ersetzt wurde. Dieser Begriff beinhaltet den Ankündigungscharakter, der typisch für diese Art des Amoks ist. Er schließt den Aspekt, blind vor Wut zu sein, aus, gleichwohl es in der Tat selbst zu einer Raserei oder einem Blutrausch kommen kann. Deswegen ist die Bezeichnung des Amokläufers auch bei School-Shootings in den westlichen Industrienationen im allgemeinen Sprachgebrauch immer noch präsent – unter dem Gesichtspunkt, dass es sich dabei um Personen handelt, die schwere Gewalttaten scheinbar wahllos gegen andere Personen begehen. Im Vergleich gab es im Jahr 2009 in Deutschland ca. 11.000 Suizide und 100.000 Suizidversuche, 4.500 Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang und 720 Morde.13 School-Shootings sind dagegen sehr selten. Sie haben jedoch überproportional weitreichende und schreckliche Folgen, die über die Anzahl der Opfer der jeweiligen Tat hinausragen. Neben den Morden und Verwundungen an Lehrern und Schülern werden bei solchen Anschlägen viele psychische Wunden hinterlassen, deren Heilung im Vergleich zu Schuss- oder Stichverletzungen viel aufwendiger und oft irreparabel ist. Sie sind ein wahrgewordenes Zeichen für den unverhofften Einbruch in die heile Welt, geschehen an als sicher geglaubten Orten wie Schulen, Behörden, Gerichtssälen. Dort verbreiten sie Angst und Schrecken und können zu Nachahmung einladen. Die Klärung der Frage, ob solche Gewalttaten im Zusammenhang mit einer Psychose, einer Störung der Impulskontrolle, einer narzisstischen oder einer Borderline-Störung stehen, ist schwer zu beantworten und wirft erhebliche Probleme auf, da sich die Täter nach der Tat oft selbst töten. Im allgemeinen Sprachgebrauch, in den Medien und in den Schuldrohungen wird fortwährend das Wort Amok gebraucht, deshalb ist eine klare, konstante begriffliche Unterscheidung schwer möglich. Obwohl die Begriffe Amok an Schulen­ und School-Shooting synonym verwendet werden, sind sie auf der Bedeutungsebene klar abzugrenzen: Amok beinhaltet im eigentlichen Sinne immer eine spontane, eruptive Handlung. School-Shooting versteht jedoch im Gegensatz dazu einen zielgerichteten, geplanten Anschlag. Wird im Folgenden der Begriff Amok als Synonym für School-Shooting gebraucht, ist er als gleichbedeutend anzusehen – als ein geplanter, zielgerichteter Anschlag auf eine Schule. Amok = spontane, eruptive Handlung School-Shooting = zielgerichteter, geplanter Anschlag 2.2Darstellung des Phänomens: Leaking
Leaking [likin:] kommt aus dem Englischen und bedeutet Leck sein, etwas durchsickern lassen, eine undichte Stelle. Leakings sind Vorzeichen, die immer der Tat voranschreiten. Eine Vorplanung ist Teil des Ganzen, Teil des School-Shootings und somit der Weg zur Handlung selbst. School-Shootings sind nie impulsiv, sondern immer konstruiert und vorbereitet. Leaking = Vorzeichen einer Tat Die Aufarbeitung vergangener Schulanschläge zeigt, dass es in der Vorplanung immer zu diesen undichten Stellen (engl.: lecks) durch Informationen, Schriftstücke und Provokationen gekommen ist. Es wird davon ausgegangen, dass die Absicht, eine derart schwere Gewalttat zu begehen und damit im negativen Sinn berühmt zu werden, gegenüber Gleichaltrigen erstaunlich oft angedeutet wird – sowohl ungewollt als auch bewusst. Leider liegt dem School-Shooting eine gewisse Faszination für Nachahmer zugrunde, die aus der Unfassbarkeit einer solchen Tat in all ihrer Schrecklichkeit entsteht. Ein Amoklauf, insbesondere an einer Schule mit jungen Schülern, ist der Albino unter schwerer zielgerichteter Gewalt: selten, mysteriös, umgeben von einer außergewöhnlichen Aura, beobachtet und gefürchtet zugleich. Zur Einführung in die Darstellung des Phänomens sollen einige aktuelle empirische Befunde aufgezählt werden. Tendenziell sind eher Männer dazu geneigt, Konflikte mit Gewalt zu lösen. Auch empfinden Jungen, besonders im schulischen Umfeld, soziale Aberkennung als unangenehmer und bewältigen diese Art von Krisen eher mit Gewalt. 2.2.1Ungewollte Vorankündigungen Wie in Kapitel 1 bereits angedeutet, existiert keine Checkliste, mit deren Hilfe ein potenzieller Schulattentäter frühzeitig identifiziert werden kann. Es lassen sich jedoch wiederkehrende Muster erkennen, die sich beispielsweise in Form unbewusster Vorankündigungen zeigen. Ein typischer Kleidungsstil wird von der Gruppe der Amokaffinen bevorzugt. Der schwarze, meist militärische Look ähnelt dem der Helden aus den bekannten Kinofilmen, wie Terminator und Matrix, und wird mit T-Shirts kombiniert, die mit aussagekräftigen Sprüchen bedruckt sind. Einige der Täter trugen Shirts mit dem Spruch „The World is overrated“ oder „Natural Selection“. Dies ist kein Zufall, sondern bewusste Identifikation mit Vorbildern und deren Stil. Kennzeichnend sind Zurückgezogenheit, Waffenaffinitäten, bestimmte Überzeugungen und...


Himmelrath, Armin
Armin Himmelrath ist freier Bildungs- und Wissenschaftsjournalist und Moderator. Nach seinem Lehramtsstudium (Deutsch und Sozialwissenschaften) arbeitet er heute u. a. für Spiegel/SpiegelOnline, Deutschlandradio sowie für den WDR. Himmelrath hat bereits mehrere Bücher zu Bildungsthemen veröffentlicht.

Neuhäuser, Sarah
Sarah Neuhäuser ist Psychologin und lebt in ihrer Heimatstadt Bergisch Gladbach. Nach dem abgeschlossenen Hochschulstudium wurde sie im klinischen und wissenschaftlichen Bereich tätig. 2012 veröffentlichte sie ihre erste Studie zum Thema «School Shooting und Früherkennungen». Aktuell befindet sie sich in einem Promotionsverfahren an der Universität zu Köln und möchte weiterhin in der Wissenschaft aktiv bleiben.

Sarah Neuhäuser ist Psychologin und lebt in ihrer Heimatstadt Bergisch Gladbach. Nach dem abgeschlossenen Hochschulstudium wurde sie im klinischen und wissenschaftlichen Bereich tätig. 2012 veröffentlichte sie ihre erste Studie zum Thema «School Shooting und Früherkennungen». Aktuell befindet sie sich in einem Promotionsverfahren an der Universität zu Köln und möchte weiterhin in der Wissenschaft aktiv bleiben.Armin Himmelrath ist freier Bildungs- und Wissenschaftsjournalist und Moderator. Nach seinem Lehramtsstudium (Deutsch und Sozialwissenschaften) arbeitet er heute u. a. für Spiegel/SpiegelOnline, Deutschlandradio sowie für den WDR. Himmelrath hat bereits mehrere Bücher zu Bildungsthemen veröffentlicht.



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