Myers | Mord in Cannes | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 287 Seiten

Reihe: Didier & Rose ermitteln

Myers Mord in Cannes

Kriminalroman
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-8412-1240-5
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 4, 287 Seiten

Reihe: Didier & Rose ermitteln

ISBN: 978-3-8412-1240-5
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Chefkoch Auguste Didier hat beschlossen, endlich Urlaub zu machen - in Cannes, wo er zu Hause ist und wo nichts und niemand in zwingen kann, wieder Detektiv zu spielen. In London verfolgt Inspektor Rose unterdessen eine Serie aufsehenerregender Juwelendiebstähle: Jedes der sechs gestohlenen Schmuckstücke war in einem der sagenumwobenen Fabergé-Eier aufbewahrt, die der russische Großfürst Igor seinen Ex-Geliebten zu schenken pflegte. Ein einziges dieser unendlich kostbaren Kunstwerke ist noch übrig - das siebte Fabergé-Ei, und dessen Besitzerin hält sich zur Zeit ausgerechnet in Cannes auf ...



AMY MYERS wurde 1938 in Kent geboren. Sie studierte an der Reading University englische Literatur, arbeitete als Verlagslektorin und war bis 1988 Direktorin eines Londoner Verlages. Seit 1989 ist sie freischaffende Schriftstellerin. Sie ist mit einem Amerikaner verheiratet und wohnt in Kent. Amy Myers schreibt auch unter dem Namen Harriet Hudson und Laura Daniels.In ihren ersten Ehejahren arbeitete ihr Mann in Paris, und sie pendelte zwischen London und der französischen Hauptstadt hin und her. Neben vielen anderen Dingen mußte sie nun lernen, sich auf französischen Märkten und den Speisekarten französischer Restaurants zurechtzufinden. Dabei kam ihr die Idee, einen französischen Meisterkoch zum Helden eines klassischen englischen Krimis zu machen: Auguste Didier war geboren. Alle Kriminalromane von Amy Myers erscheinen im Aufbau Taschenbuch Verlag.

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2. Kapitel


Die Villa Russe stand in ihrer ganzen weißleuchtenden Pracht an der Chemin de Montrouge hoch oben auf dem Hügel von La Californie im Osten Cannes. Sie bot eine herrliche Aussicht auf das Mittelmeer unterhalb ihres Parks, auf die gesamte Bucht von Cannes – von dem vorspringenden Teil der Halbinsel Croisette mit der Ile Ste Marguerite dahinter bis hin zum Esterel im Westen. Darunter, über den Dächern der sehr viel weniger prächtigen Villen lag der Boulevard de la Croisette und der Park der Hesperiden, wo zur Freude jedes hiverneurs, der bereit war, fünfzig Centimes zu bezahlen, vor mehr als vierzig Jahren zehntausend Apfelsinenbäume gepflanzt worden waren.

Während der gefährlich heißen Sommer war La Californie beinahe völlig verlassen, doch jetzt war der Höhepunkt der Saison. Während der kalten Monate November bis Januar war es in Mentone am angenehmsten, doch im Februar und März, und in diesem Jahr auch im April, war Cannes unvergleichlich. Obgleich die Engländer aus ihrer Enklave nach dem Osten von Cannes in die höheren Teile von La Californie vorgedrungen waren (in der Villa Nevada war sogar ein Prinz von königlichem Geblüt gestorben) und einen entschiedenen Ansturm auf die östlichen Hänge des Berges unternahmen, hielt sich der russische Hochadel fest im Zentrum und im Süden verschanzt. Hierher kamen während der Saison aus England, Paris und Wien alle diejenigen, die so unglücklich – oder so glücklich – waren, sich den kaiserlichen Unwillen zugezogen zu haben, weil sie nicht standesgemäß oder überhaupt nicht geheiratet hatten. Hier pflegten sie die Wintersaison zu verbringen. Oft gesellten sich noch diejenigen hinzu, die sich zwar noch in der kaiserlichen Gunst sonnten, jedoch während ihres Urlaubs eine kurze Ruhepause vor den Intrigen des russischen Hofes suchten und dann im großem Stil mit dem Express St. Petersburg-Wien-Nizza-Cannes nach Cannes reisten. Etwa hundert Meter von der Villa Russe entfernt lebten der Großfürst Michail und seine nicht standesgemäße Frau, die Gräfin Torby, auf großem Fuße in der Villa Kasbek (im Winter natürlich), und ungefähr zweihundert Meter östlich die Schwester des Großfürsten, die Großfürstin Anastasia. In wenigen Wochen würde die russisch-orthodoxe Kirche die Hochzeit ihrer Tochter mit Prinz Christian von Dänemark festlich begehen und so die Saison entgegen der Mode weit in den April hinein ausdehnen.

Die Villa Russe war in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts, als La Californie zum großen Teil noch ein kahler Berghang war, von einem unternehmenden Gärtner erbaut worden, der dann Grundstücksmakler wurde und jetzt britischer Vizekonsul war: John Taylor. Unter der Schirmherrschaft von Sir Thomas Woolfield hatte er den Park von Cannes geschaffen und die Palmen und Eukalyptusbäume eingeführt, für die die Stadt jetzt berühmt war. Nachdem dann ein Romanow dort eingetroffen war, fügte man noch einige russische Skulpturen auf dem Dach und Portiken hinzu, die ihn an das Winterpalais erinnern sollten. Damals hatte die Villa auch ihren gegenwärtigen Namen erhalten, da man meinte, Villa Palmerston sei kein würdiger Name für einen Wohnsitz der Romanows. Der Großfürst hatte im Park noch ein grandioses Belvedere errichten lassen, das einen Blick auf die Bucht von Cannes gewährte. Entschlossen, ein weiteres zu tun und mit der Villa Kasbek des Großfürsten Michail zu wetteifern, hatte er sämtliche Eisenverzierungen vergolden lassen, sodass sie über den Bergabhang leuchteten, als zollten sie dem alten russischen Sonnen- und Fruchtbarkeitsgott Yarilo Tribut.

Die Villa stand dort noch immer in prächtiger Abgeschiedenheit, doch mit dem Emporschießen weiterer Villen, Kirchen und Arztpraxen auf dem umgebenden Land wurden ihre Mauern immer höher. Zugegeben, es gab jetzt fünf britische Ärzte in Cannes und nur einen russischen und mehrere englische Kirchen und nur eine einzige russische, aber der Lebensstil der extravaganten Russen machte das wieder wett.

»Kricket, Kricket«, rief Großfürst Igor dem französischen Polizeiinspektor aufgeräumt zu, der um sieben Uhr morgens, einer sehr unfranzösischen Zeit, in die Villa Russe gerufen worden war. Die Romanows waren spartanisch erzogen worden.

»Aber Kaiserliche Hoheit, wer sollte Sie denn töten wollen?« Es war eine rhetorische Frage. Inspektor Fouchard wusste die Antwort.

Der Großfürst sah sich rasch im Raum um, als könnten die Samoware einen Eindringling verbergen.

»Die Nihilisten«, zischte er verschwörerisch.

Der Inspektor seufzte. Das hatte er alles schon mal gehört. »Es tut mir leid, Votre Altesse Imperiale, aber es ist nicht möglich, Ihnen eine ständige Wache zur Verfügung zu stellen.«

Die Augen des Großfürsten traten hervor. Nicht war kein Wort, das man Fürsten gegenüber gebrauchte, ganz zu schweigen von Großfürsten. Das joviale Lächeln wurde von einem Donnerwetter abgelöst.

»Sie können das nicht! Sie wollen einen Mord an einem. Romanow?«

Das wollte der Inspektor nun keineswegs. Aber noch weniger wünschte er eine Wiederholung jenes unglücklichen Vorfalls von vor einigen Jahren, bei dem ein anderer russischer Adliger einen wachhabenden Polizisten getötet hatte, in der Meinung, er sei ein Nihilist. Dieser Vorfall war als entschuldbares Versehen abgetan worden, denn schließlich waren diese Nihilisten sehr hinterhältig. Fouchard war unschlüssig.

»Wenn der Prinz von Wales eine Wache hat, müssen die Romanows auch eine Wache haben«, sagte der Großfürst herausfordernd.

Das Gesicht des Inspektors heiterte sich auf. »Ah, das match. Das ist etwas anderes. Natürlich werden wir da sein. Wir möchten schließlich nicht, dass der Prince de Galles einem Mordanschlag zum Opfer fällt.« Zu spät erkannte er, dass er das taktvoller hätte ausdrücken sollen.

Die ganzen ein Meter fünfundneunzig beleidigter Romanow konzentrierten sich auf ihn. Dann erfüllte plötzlich schallendes Gelächter den Raum, und der Großfürst haute dem unglücklichen Fouchard auf die Schulter. »Es gibt nur einen Prinzen von Wales, aber eine Menge Großfürsten, wie?«

Noch eine Lachsalve, und der Inspektor, dankbar, entkommen zu sein, schlüpfte hinaus und wischte sich die Stirn. Er freute sich ganz und gar nicht auf die bevorstehende Woche. Zuerst den Prinzen von Wales bewachen, der am Donnerstag den Grundstein für den neuen Hafendamm legte, dann während des übrigen Tages versuchen, mit den Unternehmungen Seiner Königlichen Hoheit Schritt zu halten – mit seinem Rein und Raus bei den verschiedenen Klubs und/oder Betten. Dann am Freitag dieses Kricketspiel, wo er sowohl den Prinzen von Wales als auch den Großfürsten zu bewachen hatte. Kricket? Manchmal fragte er sich, wer diese Stadt verwaltete. Da gab es eine Menge, wofür sich dieser Lord Brougham zu verantworten hätte – oder vielmehr dieser Halunke, der Seine Lordschaft daran gehindert hatte, 1834 nach Italien weiterzureisen, wie er es beabsichtigte – mit dem Ergebnis, dass er gezwungen war, in einem schmutzigen kleinen Fischerdorf haltzumachen, das im Übrigen ganz gut ohne ihn zurechtgekommen war: Obendrein hatte ihn Paris davon in Kenntnis gesetzt, dass ein Inspektor von Scotland Yard herkommen würde. Die Engländer. Pah!

Großfürst Igor, einer der vielen Söhne des ermordeten Zaren Alexander II., der eine unbedeutende Stellung zwischen dem ältesten und dem jüngsten einnahm, hatte sich das Missfallen seines Vaters zugezogen, weil er die geschiedene Frau eines entfernten Verwandten geheiratet hatte; während sein Vater seiner Gattin kaum den Status einer Großfürstin vorenthalten konnte, konnte er aber immerhin dem Großfürsten die Erlaubnis verweigern, in Russland zu leben. Und das tat er. Großfürst Igor war sehr froh darüber. Sein Charakter war nicht ernsthaft genug beschaffen, um seinem gestrengen Vater zu gefallen, und da die erforderliche Zahl von Söhnen übrigblieb, um die Schlüsselpositionen in der Armee zu besetzen, galt Igor im ganzen genommen als zu leichtfertig, als dass man ihn seinen Neigungen hätte folgen lassen können. Freudig hatte er seine neue Fürstin, hundertzwanzigtausend Rubel anstelle eines Hofhaltungsgeldes für seine Frau, seinen Koch Boris und seinen kleinen Kater Mischa, an dem er am meisten hing, genommen und war zu seinen kaiserlichen Verwandten nach Paris abgereist. Hier lebte er ohne Sorgen bis zur Ermordung seines Vaters 1881.

Nach dem Begräbnis verließ Igor Russland in der Überzeugung, dass die Nihilisten hinter jedem Baum lauerten. Es erwies sich, dass er recht hatte, als sich 1890 herausstellte, dass eine kleine Gruppe ausgewiesener Russen in Paris Nihilisten waren. Sie lebten ihrer Gewohnheit nach ganz unauffällig und warteten geduldig auf eine Gelegenheit, weitere Romanows zu liquidieren. Trotz der Versicherung der Sûreté, dass man sie sich vom Hals geschafft habe, blieb Igor äußerst misstrauisch, und als 1893 und 1894 Anarchisten Paris mit Bomben terrorisierten, packte er seine Koffer und die seiner Großfürstin und brach, begleitet von Boris, jedoch nicht von Mischa, nach London auf, wo bisher noch keine Anarchisten ihre revolutionären Häupter öffentlich erhoben hatten. Die kleine Gruppe, die existiere, so wurde ihm vom Sicherheitsdienst von Scotland Yard mitgeteilt, stehe unter sorgsamer Beobachtung, und die bombenliebenden Fenier hätten nichts, aber auch gar nichts...



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