E-Book, Deutsch, 252 Seiten
Müller Die Zeitfalle
2. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7431-3299-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Was wir tun müssen, um unsere Zukunft nicht zu verlieren
E-Book, Deutsch, 252 Seiten
ISBN: 978-3-7431-3299-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Ende der Welt, in der wir leben, ist unvermeidlich. Die Wissenschaft nimmt mit höchster statistischer Wahrscheinlichkeit an, dass die Menschheit früher oder später von einem Asteroidentreffer ausgelöscht wird. Doch es gibt noch andere Risikoszenarien: Supervulkan-Eruption, Mega-Tsunami durch Seebeben, Abschwächung des Erdmagnetfelds, Intensivierung der Sonnenstrahlung. Das langsame Risiko der Kontinentalverschiebung und das womöglich weit schnellere Risiko der alten Erdplatten. Das Risiko durch die Genforschung und sich daraus ergebende Veränderungen unserer Spezies. Die Risiken durch Künstliche Intelligenz. Können wir uns darauf vorbereiten? Die Antwort ist: Ja. Der Ausweg aus der Zeitfalle erfolgt über die Bildung. Das Evolutionsfenster ist ein fundamentaler Wissensbaustein, den alle Menschen erwerben sollten. Wir müssen die Beschränkungen unseres Gehirns überwinden und zu einer neuen Denkweise vorstoßen. Es ist bereits fünf vor zwölf. Wenn wir als Spezies überleben wollen, müssen wir jetzt beginnen zu handeln.
Walter Müller war Geschäftsführer in einem führenden Handelskonzern Deutschlands und Vorstandsvorsitzender der Handelsvereinigung für den selbständigen Einzelhandel, außerdem Vorsitzender einer Volkspartei und Ratsmitglied in der seinerzeit noch selbstständigen Stadt Porz. Als Geschäftsführer des Vorstands »Schiff für Vietnam« leistete er über mehrere Jahre einen Beitrag zur Rettung der »boat people« im südchinesischen Meer. Nach Beendigung der aktiven Zeit als Handelsmanager ist er heute zusammen mit seinem Sohn als Gesellschafter und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Geneve Invest in Genf sowie Geneve Invest (Europe) in Luxemburg tätig. Walter Müller ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt in Köln.
Autoren/Hrsg.
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1. Sind wir schon in Alarmstufe Rot?
Viele Menschen gehen erfahrungsgemäß davon aus, dass die Menschheit als Ganzes nicht in Gefahr ist. Sie sehen das auf jeden Fall so, sofern sie überhaupt darüber nachdenken. Wenn jemand irgendwo ein Risiko erkennt, dass die Dinge sich nicht so entwickeln wie gewünscht, dann ist das viel eher im privaten Bereich der Fall: Ob man es vor dem Urlaub noch schafft, die Dachrinne zu reinigen, oder ob die Tochter oder der Sohn wohl die Abschlussarbeit fertigbekommt, das sind dann Einzelfragen, die man sich in der Art hin und wieder stellen mag. In einem etwas größeren Kontext wird sich mancher um die Zustände in seinem Land sorgen. Darüber hinaus jedoch glaubt die Menschheit gemeinhin, so hat man zumindest vielfach den Eindruck, dass im Gesamtbild für unsere Spezies eher keine Gefahr im Verzug sei. Man sieht vor allem die zur Verfügung stehende Zeit als hinreichend groß und die vorhandenen Risiken als hinlänglich klein, um alles zu erreichen, was man noch vor sich hat: etwa die Weiterentwicklung der Ökonomie und der Wissenschaften und den weiteren Ausbau von Organisationen und Strukturen oder die medizinisch-technologische Verlängerung des Lebens, womöglich sogar die Entwicklung künstlicher Intelligenz (es drängt einen zu witzeln: Wenn schon die natürliche Intelligenz ein so knappes Gut ist …) und insgesamt einen anhaltenden Fortschritt – kurz gesagt, eine glorreiche Zukunft unserer Art. So viel Zeit scheint es dafür zu geben, dass man sich nicht einmal besonders beeilen muss. Für diese sehr beruhigte und entspannte Haltung werden u.a. Argumente wie die Folgenden angeführt – oder sagen wir besser: Annahmen wie die Folgenden, denn Argumente sind es bei genauem Hinsehen nicht unbedingt, geschweige denn besonders gute: „Es gibt immer einen nächsten Tag.“ Die Sonne steht der Erde noch mehrere Milliarden Jahre zur Verfügung, woher also sollte bitte ein Grund zur Eile stammen? „Das Risiko einer wirklich großen Katastrophe geht gegen null.“ Dahinter verbirgt sich die Annahme, die Menschheit würde Katastrophen wie zum Beispiel Meteoriten- oder Asteroiden-Einschläge, Supervulkan-Ausbrüche oder erneut wiederkehrende Eiszeiten nicht einmal durch ihre Intelligenz und Kreativität überleben, sondern schlicht dadurch, dass diese Dinge in überschaubaren und relevanten Zeiträumen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht eintreten. Und dann kommt da noch das Totschlagargument: „Es ist bisher ja auch immer noch alles gutgegangen.“ Dieses Sich-in-Sicherheit-Wiegen klingt plausibel, ist aber exakt so unlogisch und so absolut verquer wie die Aussage: „Mich wird der Tod nicht ereilen, denn bisher bin ich ja auch noch nie gestorben. “ So oder so: Man beruhigt sich lieber selbst, sei es nun in Form mantraartiger Formulierungen, die man ganz einfach so lange wiederholt, bis sie irgendwo in unseren verzwirbelten Gehörgängen und in unseren nicht minder verwinkelten Gehirnwindungen den Anschein ihrer Abwegigkeit verloren haben und zur scheinbaren, indes trügerischen Wahrheit mutieren, oder sei es auch in den Schattenspielen reiner Illusionen, denen ebenfalls von Anfang an die Fakten fehlten. Man tut das alles auf jeden Fall weitaus lieber, als sich mit den oftmals unbequemen wirklichen Fakten auseinanderzusetzen. Es geht dabei gar nicht um die Frage, woher die drohenden Gefahren kommen, ob also etwa der Klimawandel tatsächlich stattfindet, weil er menschengemacht ist, oder ob er andere, natürliche Ursachen hat. Es geht nicht einmal darum, ob eine solche Krise mit absoluter Sicherheit eintreten wird oder nicht. Die einzige Frage ist, ob es ein Risiko gibt, dass sie eintreten könnte, und ob es besser wäre, wir würden alles tun, um einerseits dieses Risiko zu senken und um sich andererseits irgendwie auf diese Krise vorzubereiten, falls das Risiko gegen hundert Prozent tendiert und damit zur nackten Tatsache wird. Die reinen Fakten und die kausalen Verkettungen dieser Welt sind es in jedem Fall, die sich durch unsere argumentativen Schattenspiele noch am allerwenigsten beeindrucken lassen. Das gilt für die bereits bekannten Fakten ebenso wie für die, die sich unserem Wissen entziehen. Und so stehen die Fakten der existenten Bedrohungen auch weiterhin unseren selbstgefälligen Annahmen diametral gegenüber und widersprechen unserer entspannten und sich in Sicherheit wiegenden Haltung grundsätzlicher, als wir es weithin annehmen. So lassen wir wertvolle Zeit ungenutzt verstreichen und tragen dadurch selbst dazu bei, dass die Bedrohungen faktisch eher noch zunehmen als abnehmen. Es gibt daneben noch eine andere und ebenfalls kaum hilfreiche Form der psychologischen Verdrängung. Diese Variation besteht in einem nur scheinbar diskussionsbereiten Aufgreifen unbequemer Wahrheiten, dem dann aber sofort die mit der Inbrunst der Überzeugung vorgetragene Einstellung in der Art folgt: „Ich bin aber daran nicht schuld und die Menschheit auch nicht, und wir können sowieso nichts daran ändern. Wieso sollten wir auch, wenn wir nicht die Ursache sind. Es sind alles die natürlichen Schwankungen. Es hat schon immer Katastrophen gegeben, das ist nun mal so.“ Diese Einstellung trifft man besonders häufig in Foren, in denen es um die Klimaveränderungen geht. Da heißt es dann sinngemäß wie folgt: „Alles Quatsch, die Sonnenkraft pendelte schon immer durch verschiedene Intensitäten, und das Wetter macht auch schon seit jeher, was es will“, oder: „Die zigtausend Klima-wissenschaftler (von denen weltweit über 95 Prozent auf der Basis von tausenden Einzelstudien zur eindeutigen Schlussfolgerung kommen, dass der erhöhte CO2-Gehalt in der Atmosphäre eindeutig durch die mit dem Industriezeitalter der Menschen einhergehende Verbrennung von Kohle, Gas und Öl zur massiven Erwärmung der Erde beiträgt), die haben alle überhaupt keine Ahnung. Ich weiß das besser (denn ich habe nicht Klimawissenschaften studiert und habe auch sonst überhaupt keinerlei wissenschaftliche oder mathematische Kenntnisse, worauf ich besonders stolz bin, und ich bin daher weit besser im Bilde), und deshalb ist mir klar, dass wir Menschen am Klimawandel keine Schuld haben. Es sind die natürlichen Schwankungen.“ Das legendäre Bild vom „Mount Stupid“ (dem „Berg der Dummen“) verdeutlicht hier sehr schön den Zusammenhang zwischen der Bereitschaft von Menschen, sich zu einem Thema zu äußern und der Fundiertheit des Wissens, das sie tatsächlich haben. Dabei ist die Bereitschaft der Nicht- oder Wenigwissenden, sich zu allen möglichen Themen zu äußern, von denen sie eben gar keine Ahnung haben, beklagenswert hoch. Abb. 2: Mount Stupid Die Darstellung, die auf einen Comic von Zach Weinersmith aus dem Jahre 2008 zurückgeht, stammt aus einem Artikel mit dem bezeichnenden Titel „Diese Grafik erklärt endlich, warum es so viele Dummschwätzer gibt“.4 Der Mount Stupid ist eine Darstellung der in der Psychologie als „Dunning-Kruger-Effekt“ bezeichneten Konstellation: Absolute Laien sind in ihrer fundamentalen Inkompetenz die besseren Wissenschaftler und „widerlegen“ auch noch die Erkenntnisse der Evolutionslehre. Und bei großen Fußballturnieren sind natürlich alle Fußballfans bessere Bundestrainer als Jogi Löw. Dunning und Kruger wiesen die Effekte in Studien selbst bei harmlosen Dingen nach, etwa beim Autofahren, beim Kartenspielen oder beim Erfassen von Texten. Das krankhafte „Ich weiß alles besser“ zieht sich unterdessen bis zu den Mittelschulen durch: Lehrer etwa müssen längst zusätzliche Zeit einplanen, um ihren Schülern zu erklären, warum diese den Text nicht bereits bewerten können, bevor sie ihn gelesen, geschweige denn verstanden haben. Sie haben es aber bereits gegoogelt … autsch! Und ist es in dem Kontext nicht auch von einer gewissen Ironie, dass in so vielen Religionen ausgerechnet Berge eine besondere Rolle spielen? Berge, auf denen alle möglichen „Berufenen“ sich wiederfanden, und von denen sie seither lauthals rufen? Dunning-Kruger lässt schön grüßen. Mal ganz ehrlich: Einstein brauchte doch keinen Berg, um zu Wahrheit und Geltung zu gelangen. „Mose stand auf dem Berg Sinai und sprach: E = cm2.“ Und die Physik nimmt ihm das unreflektiert ab, für alle Zeiten, nur weil Mose auf einem Berg stand? Oder weil sich tausende Autoren fanden, die das abdruckten und immer weiter ausschmückten? „Der Prophet stand auf dem Mt. Everest und sprach: E = dm3. Und das ist das Gesetz für alle gläubigen Physiker.“ Und wenn dann einer kommt und beweist, dass E = mc2 ist, kriegt er dafür als Ungläubiger den Kopf abgeschlagen? Sind wir Menschen denn komplett bescheuert? Der „Mount Stupid“ ist scheinbar so alt wie die Unfähigkeit so vieler vom Berg und auf den Berg Berufener, ihr eigenes Gehirn zu etwas Anderem zu nutzen als dazu, ihre faktische Inkompetenz durch rhetorisch geschliffenes Geschwätz zu kaschieren, als ihr Unwissen durch Psalmen und Verse zu...