Buch, Deutsch, Band 21, 128 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm
Reihe: Caracol Prosa
Geschichten über Dinge und ihre Menschen
Buch, Deutsch, Band 21, 128 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 205 mm
Reihe: Caracol Prosa
ISBN: 978-3-907296-45-5
Verlag: Caracol Verlag der Autorinnen & Autoren
Diese neue Textsammlung von Matthias Müller ist eine Fibel der Menschlichkeit: 61 kurze, aber eindrückliche Prosastücke, subtile Erzählungen, ausgehend von Dingen, die einer Person etwas bedeuten, ihr wichtig sind, wichtig waren oder werden. Diese Texte sind unaufdringlich human, gut beobachtet und konzentriert geschrieben. Aus stilistischer Kargheit wächst ein innerer Reichtum. Viele Texte zeigen auch philosophisch das Vergehen der Zeit.
Das Heimatmuseum auf einer schwedischen Schäreninsel präsentiert, wie dessen Gründer nach dem Hinweis eines Schweizer Besuchers feststellen muss, Dinge aus aller Welt; es wird umbenannt in Unser Museum der Welt. Dieser erste Text öffnet Raum und Zeit für verschiedenste Dinge, von der Taschenpartitur über einen Gaskocher aus der Mongolei und den Stofftiger einer Seniorin bis zum helvetischen Gummigeschoss. – Die Texte von Matthias Müller sind immer auch ein Nachdenken über das Funktionieren von Sozialstrukturen, ein Plädoyer für eine lebenswerte Welt.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Das Boot
Früher hat er mit der Sjóstjarna Tonnen von Fisch gefangen. Das Boot liegt immer noch im Hafen, und einmal im Monat fährt er damit zur See. Oft nach Grimsey oder auch einfach nach Dalvik. Fast immer sind Delfine und Wale seine Begleiter.
Er beobachtet, wie die Touristen, die den Hafen besuchen, sein Boot besonders oft fotografieren. Eine aufgeregte Amerikanerin sieht ihm zu, wie er die Radaranlage ausrichtet, und sagt voller Euphorie: «Das Boot und der Fjord, es ist so isländisch!»
In Akureyri kauft er jeweils Ersatzteile für den Motor und verschiedenes Zubehör für das Boot ein. Im Zubehör-Geschäft sieht er große Aufkleber mit der isländischen Flagge. Er nimmt zwei davon mit und klebt sie rechts und links der Bugkante auf den weiß gestrichenen Schiffsrumpf.
Sein Schiff wird nun von fast jedem Menschen fotografiert, der daran vorbeigeht. Die Aufkleber wirken wie Magnete für fotografierende Touristinnen und Touristen. Die Apothekerin des Städtchens schlägt ihm vor, ein kleines Schild in englischer Sprache am Holzzaun bei der Anlegestelle zu befestigen. «Hallo: Sjóstjarna heißt Seestern. Wenn dir das Schiff gefällt, dann schick’ uns doch ein Foto per E-Mail.»
Jetzt erhält er in den Sommermonaten bis zu zwanzig E-Mails am Tag. Er zeigt die Bilder, die ihm zugesandt werden, in den sozialen Medien. Die Werke der Fotografinnen und Fotografen werden von Tausenden gesehen. Darunter häufen sich die Herzchen und die Kommentare, die von tollen Ferien und der Schönheit des Ortes erzählen.
«Siehst du», sagt ihm die Apothekerin. «Vor einigen Jahren noch haben du und Sjóstjarna den Menschen Fische gebracht. Heute bringt ihr Freude.»
