Müller | Chronik eines bürgerlichen Lebens in Nürnberg | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 152 Seiten

Müller Chronik eines bürgerlichen Lebens in Nürnberg

Teil 1: 1931 bis 1939 (Kriegsanfang)
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7528-5366-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Teil 1: 1931 bis 1939 (Kriegsanfang)

E-Book, Deutsch, 152 Seiten

ISBN: 978-3-7528-5366-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was war in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Nürnberg schick und schicklich? Dieses Buch gibt Auskunft darüber, denn es beruht auf Tagebüchern, die Tag für Tag auflisten, womit sich eine junge Frau aus gutem Hause in dieser Zeit beschäftigte. Der Besuch von Konzerten, Varietés und Motorradrennen gehörte genauso dazu wie das Aufsuchen diverser gutbürgerlicher Lokale oder der wöchentliche Sonntagsausflug. Eine Beschreibung oder gar Bewertung politischer Verhältnisse findet nicht statt, denn dies lag (nicht nur damals) außerhalb des traditionellen Rollenverständnisses. Gerade deshalb aber geht aus den Aufzeichnungen auch hervor, mit welcher Unbekümmertheit, ja Naivität die politischen Verhältnisse als gegeben hingenommen wurden und wie leicht es war, sich darin einzurichten.

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Das Jahr 1931 (ab 25. März)
Die erste Seite Die Tagebücher sind in der nach dem Pädagogen und Grafiker Ludwig Sütterlin (1865-1917) benannten Schrift geschrieben, die dieser zusammenfassend aus verschiedenen Formen der deutschen Kanzleischrift entwickelte. Die Sütterlin-Schrift wurde in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts an deutschen Schulen als Schreibschrift gelehrt, erhielt aber zunehmend Konkurrenz durch die heute übliche lateinische Schrift. Die Nationalsozialisten propagierten die Schrift ab 1933 als wahrhaft deutsch, überraschenderweise wurde sie jedoch 1941 verboten. Dem Vernehmen nach unterstellten die Nazis dem Erfinder Sütterlin jüdische Vorfahren, weshalb seine Schrift in ihren Augen unmöglich dem deutschen Wesen entsprechen konnte. Die erste Seite in zugänglicher Schrift (Von der Fahrkarte verdeckte Datumsangaben stehen in Klammern!) 1931. Dieses Werk beginnt mit dem 25. März! 25.3.1931 Ereignisreicher Tag – Wanner Freitag, 27.3. Wegen Konzert angerufen, leider konnte ich nicht Dienstag, 31.3. Treffpunkt bei Leykauf. Mit Ponti im Fürstenzimmer –
Posthorn Karfreitag, 3.4. Abfahrt nach Italien bezw. Pasing Ostersonntag, 6.4. Heimreise meinerseits Dienstag, 14.4. Tschatschewa – Heimweg über die Messe
(Ein sehr netter Abend) Die erste Seite der Tagebücher Samstag, 18.4. 2x angerufen wegen Sonntag (beim ersten Anruf war „Er“ sich noch nicht klar, ob er mich am Sonntag dabei haben will) Sonntag, 19.4. Zum 1.x auf dem Appelsberg mit Heinz Kemane –wunderbarer Spaziergang auf den Zankelstein – nachm. auf der Veranda (spazierengehen will ich) – Abend im Bratwurstherzle Mittwoch, 22.4. Spaghetti-Essen im Posthorn – Wettessen Sonntag, (26.4) Familientag am Appelsberg Donnerstag (30.4.) Ausgang: Posthorn Sonntag (3.5.) Appelsberg Donnerstag (7.5.) Ausgang: Dutzendteich Sonntag (10.5.) Appelsberg mit Hansi Näpflein + Fritz Germann Donnerstag (14.5.) Himmelfahrt: mit Fam. Näpflein Ausflug nach Gräfenberg-Hilpoltstein Die Eintragungen genauer betrachtet Ein Ereignis von Rang 25. März, ereignisreicher Tag - Wanner Diese bescheidene Zeile wird dem Ereignis, auf das sie sich bezieht, in keiner Weise gerecht. Allerdings kommt gleich zu Anfang der Tagebücher deutlich zum Ausdruck, in welchem Stil sie abgefasst sind: sogar die Bezeichnung lakonisch greift zu kurz. Am 25. März 1931 nämlich beschlossen das damals 18-jährige Fräulein Hopp und ihr späterer Mann Julius Müller, ihr künftiges Leben gemeinsam zu verbringen. Zu Feier des Tages wurde das Tanzcafé Wanner aufgesucht, denn dort hatten sich die beiden kennen gelernt. Einige Zeit zuvor war Marthl in Begleitung ihrer Mutter (wie es sich gehörte!) dort gewesen, und der Familienüberlieferung nach hatte die Mutter das Töchterchen mit folgenden Worten auf Julius aufmerksam gemacht: „Schau mal, wie der immer rüberschaut!“ (Damals existierten in Nürnberg zwei Lokale, die als „Wanner“ bezeichnet wurden - eines am Dutzendteich und eines am Rathenauplatz, ungefähr dort, wo heute das frühere Verwaltungsgebäude der Post steht. Hier ist von letzterem die Rede.) Eine junge Dame unterwegs Aber auch ohne den oben erwähnten Entschluss waren die folgenden Tage nicht ereignislos: (Worum es sich bei den erwähnten Personen handelte, ist heute nicht mehr von Belang. Wichtiger erscheint, was Marthl mit ihnen alles unternahm.) Wegen Konzert angerufen... Konzertbesuche gehörten für Marthl schon damals zu den Selbstverständlichkeiten. Außerdem hatte man natürlich Telefon. Treffpunkt bei Leykauf: Der Juwelier Leykauf befand sich an der Ecke Königsstraße und Karolinenstraße. Es handelte sich um einen standesgemäßen Treffpunkt, weil man beim Warten die Auslagen im Schaufenster betrachten konnte. Die nahegelegene Wetterstation mit großer Uhr vor der Mohrenapotheke hingegen diente eher dem einfachen Volk als Treffpunkt. (Eine detailgetreue Nachbildung steht seit 1978 an gleicher Stelle.) Das Juweliergeschäft Leykauf existierte bis in die 80er Jahre. Fürstenzimmer: Eine Räumlichkeit mit dieser Bezeichnung befand sich damals im Hauptbahnhof. Die bessere Gesellschaft verabredete sich dort und trank einen Kaffee. Posthorn Die Gaststätte Goldenes Posthorn am Weinmarkt galt als gehoben bürgerlich. Das Lokal entwickelte sich sozusagen zu Marthls Stammkneipe, denn auf fast jeder Seite des Vorkriegstagebuches wird es erwähnt. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zerstört, in den 70er Jahren aber restauriert und neu eröffnet. Abfahrt nach Italien bzw. Pasing: Was mit Abfahrt nach Italien gemeint ist, entzieht sich der Kenntnis des Herausgebers, denn Marthl war erst im Sommer 1939 in Italien. Aber vielleicht ist der ominöse Herr Ponti gemeint; der Name klingt jedenfalls italienisch. Marthl jedoch fuhr nach Pasing bei München. Dort lebten Verwandte ihrer Mutter. Tschatschewa: Dabei handelte es sich um eine Mischung aus Café und Tanzbar an der Ecke Luitpoldstraße/Vordere Sterngasse, benannt nach einem heute vergessenen bulgarischen Stummfilm-Star namens Manja Tschatschewa. Wie man sieht, war die Luitpoldstraße bereits damals die sündige Meile Nürnbergs. Das Tschatschewa wird übrigens noch öfter aufgesucht. Heimweg über die Messe ... Ein sehr netter Abend: Mit „Messe“ ist die Ostermesse gemeint, ein Ostermarkt, der jedes Jahr in der Zeit vor Ostern auf der Insel Schütt stattfand. Dort waren Buden mit österlichen Leckereien und sonstigem verlockendem Krimskrams aufgebaut und luden zum Vorbeiflanieren und Einkaufen ein. Der Heimweg führte Marthl also von der Luitpoldstraße aus über die Insel Schütt und durch das Wöhrder Tor in die Wollentorstraße in Wöhrd, wo sie bei ihren Eltern wohnte. Sie hat ihn höchstwahrscheinlich nicht alleine zurückgelegt. 2x angerufen: Obwohl „Er“ sich nicht klar war, dürfte klar sein, wer gemeint ist! Appelsberg: Zum 1.x heißt „Zum ersten Mal“. Heute ist Appelsberg ein Ortsteil von Pommelsbrunn, und damals war es ein beliebtes Ausflugsziel für die feinere Gesellschaft – vor allem wegen des dort befindlichen Cafés. Der „wunderbare Spaziergang auf den Zankelstein“ wird in Pommelsbrunner Prospekten immer noch empfohlen. Verwandte von Marthls Eltern wohnten in der Nähe von Pommelsbrunn. Zankelstein: Dabei handelt es sich um einen 547m hohen Felsen bei Pommelsbrunn, von dem aus sich eine sehenswerte Aussicht in den Pegnitzgrund bietet; heutzutage ist der Zankelstein besonders bei Kletterern beliebt. Bratwurstherzle: Dieses Lokal befand sich in der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Herzgasse, woher auch sein Name rührte. Es stand ungefähr dort, wo heute die Schalterhalle einer Großbank am Heiliggeistspital prangt und wurde in der Brunnengasse neu eröffnet. Spaghetti-Essen: Es ist tatsächlich die Rede von Spaghetti, und sogar vom Wettessen derselben – gelinde gesagt eine Blasphemie in der treudeutschen Bratwurststadt Nürnberg. Wie ungeheuer schick muss das damals gewesen sein! Die Fahrkarte: Es handelt sich um eine Sonntagsrückfahrkarte 3. Klasse. So etwas gibt es heute nicht mehr, und es dürfte auch kaum noch bekannt sein, was es damit auf sich hatte. Die Karte war doppelt ermäßigt: einmal wegen des Sonntags und zum zweiten wegen der mitgebuchten Rückfahrt. Die dritte Klasse (die sogenannte Holzklasse) gibt es auch nicht mehr. Das Angebot verbilligte den Sonntagsausflug...



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