E-Book, Deutsch, Band 6, 224 Seiten
Müller 24-Schultage mit Liebe und Herz
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7693-7241-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 6, 224 Seiten
Reihe: 24-Adventskalendergeschichten
ISBN: 978-3-7693-7241-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Schule ist so viel mehr als nur Lernen und HÜs, auch wenn es durchaus witzig sein kann, beim Vokabelpauken vom Tag der Schneekugel und verrückten Verkupplern unterbrochen zu werden und wenn ein winterliches Liebesgedicht von einem Lehrer vorgelesen wird. Es kann ganz schön peinlich und chaotisch sein und hinter jedem Türchen wartet eine neue Geschichte mit Liebe und Herz.
Wilma Müller, geboren 2003, hat gerade ihr duales Studium im Bereich Physiotherapie begonnen. Mit 13 Jahren fing sie an ihre Ideen zu Papier zu brin-gen und das Schreiben ist aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken. 24 Schultage mit Liebe und Herz ist ihre sechste Kurzgeschichtensammlung. Außerdem stammen diverse Fantasyromane und die Kinderbuch-Reihe Bougoslavien - eine Kat-zenwelt aus ihrer Feder.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1 X-mess
Wie von selbst flossen die Worte aufs Papier. Er nahm gar nichts anderes mehr wahr. Er war völlig versunken in der endlosen Welt der Worte, in der einfach alles möglich war. Verträumt schrieb er Wort um Wort bis sie sich zu einem wunderschönen, unerreichbaren Traum zusammenfügten: „In deinen Augen spiegeln sich die Lichter und wecken in mir gleich den Dichter ich würd so gern über dein Haar streichen und dein Herz mit Worten erweichen denn mein Herz schlägt längst für dich mit deinem Lächeln verzauberst du mich hätte ich einen Weihnachtswunsch frei wäre es ein Moment nur für uns zwei wir würden lachen, du würdest mich sehen du könntest mich endlich verstehen du bist so funkelnd wie eine Schneeflocke in warmem Braun deine Haarlocke dein Gesicht so friedlich weltvergessen denkst du vielleicht ans Plätzchenessen? An eine wilde Schneeballschlacht? Die klaren Sterne in eiskalter Nacht? Ich will all diese Momente mit dir teilen und…“ Fest spürte er einen Ellenbogen in seiner Seite und nur eine Sekunde später wurde ihm das Blatt weggezogen. Abrupt wurde er aus seiner Traumwelt gerissen. Oh nein! Ihre strenge Deutschlehrerin hatte jetzt sein Liebesgedicht! Das war der Weltuntergang! Hatte er ihren Namen geschrieben? Xenia… So ein schöner Name… Aber jetzt wäre es schrecklich! Nicht so! Das würde einfach nur peinlich werden! Erniedrigend! Katastrophal! Schadenfroh fing die Schreckschraube von Lehrerin an: „Na was war denn so wichtig?“ Und dann ging der Alptraum richtig los. Beschämt rutschte er immer tiefer in seinem Stuhl. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Alle hörten seine verliebten Worte. Es war ein Fehler gewesen! Er hätte damit rechnen müssen! Nie bei Frau Marenzahn unaufmerksam sein. Verdammt! Schließlich war sein gedankenloses Gedicht beendet. Jetzt würden ihn alle auslachen und er würde fast sterben vor Scham. Doch es blieb beim Konjunktiv. Statt grenzenloser Demütigung gab es einen Moment der Stille. Jetzt fehlte eigentlich nur noch ein Grillenzirpen, um diesen Moment zu einem vollständigen Klischee zu machen. Wusste Xenia, dass sie gemeint war? Braune Haare waren zum Glück kein eindeutiges Erkennungsmerkmal. Nach diesem schrecklichen, undefinierbaren Moment der Stille ging der Unterricht endlich weiter, doch er war immer noch nicht ganz da. Was dachten die anderen jetzt? Und Xenia! Aus dem Augenwinkel sah er sie immer mal wieder rüber gucken, doch er traute sich nicht, sie direkt anzusehen. „Sehr romantisch“, raunte sein Sitznachbar ihm hochriskant zu. Frau Marenzahn würde sie sicher heute verschärft beobachten. „Sei still!“, zischte er nur angespannt. Er wollte diesen Tag nur hinter sich bringen, morgen würden die anderen nicht mehr an seine peinliche Lyrikeinlage denken, spätestens nach einer Woche. So lange musste er einfach durchhalten. Endlich klingelte es zur Pause, doch das interessierte ihre liebe Frau Lehrerin reichlich wenig. Eiskalt überzog sie noch fünf Minuten und drückte ihnen zur Krönung einen ordentlichen Berg Hausaufgaben auf. Heute war echt kein guter Tag, ein wirklich mieser Start in die Weihnachtszeit. Gemeinsam mit seinem Kumpel zog er sich in die hinterste Ecke des Schulhofs zurück. Es war so kalt, dass ihr Atem weiße Wolken bildete und in seinen Fingern und seinem Gesicht verlor er fast sofort das Gefühl. Die meisten ihrer Klassenkameraden waren jetzt im warmen Aufenthaltsraum, aber er hatte Angst vor ihrem möglichen Gespött. Außerdem passten die grauen Wolken und die Kälte ausgezeichnet zu seiner Stimmung. „So schlimm war es doch nicht“, versuchte sein Freund ihn zu trösten. „Doch“, beharrte er niedergeschlagen. „Steffen! Du bist ein Poet! Lass es raus!“, forderte dieser verrückte Brillenträger ihn auf. „Und du bist ein Idiot, aber das musst du nicht raus lassen!“, erwiderte der Dichter gereizt. Plötzlich lachte sein Freund auf und enthüllte abgehackt seinen neusten Gedanken: „Das war ein richtiges X-mess! Weißt du X wie Xenia und mess wie Chaos! X-mess! Wie X-mas für Weihnachten!“ „Du bist so lustig Peter“, genervt verdrehte Steffen die Augen. „Dafür hat man doch Freunde“, immer noch hemmungslos kichernd legte er dem hoffnungslos Verliebten die Hand auf die Schulter. Genau. „Ähm… Steffen?“, meldete sich auf einmal eine melodische Stimme, von der er schon Gedichte geschrieben hatte. Mit rasendem Herz fuhr sein Kopf herum. Xenia stand da! Ihre Nase und ihre Wangen waren vor Kälte gerötet und der Blick ihrer warmen, braunen Augen war direkt auf ihn gerichtet. „Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass dein Gedicht wunderschön war. Du solltest deine Texte veröffentlichen“, ihre lieben Worte sorgten in seinem Inneren für einen regelrechten Zuckerschock und auch sein Gehirn fühlte sich an wie mit Süßigkeiten vollgestopft. Zuckerstangen, Dominosteine, Zimtsterne, Spekulatius… Kein Wort kam über seine Lippen, in seinem Kopf lief nur diese dämliche Aufzählung von Weihnachtsschnausereien weiter. Dabei mochte er noch nicht einmal Dominosteine! Er war voll überfordert! Sie mochte sein Gedicht. Weiter kam sein Verstand nicht und seine Gefühle waren vollauf damit beschäftigt, jeden Herzschlag liebevoll wie ein Plätzchen zu verzieren. „Ich hoffe, du findest die Peron aus deinem Gedicht für dich“, wünschte sie ihm so offen freundlich. Ihre Art war einfach zauberhaft! „Ja“, gedankenlos nickte er einfach nur. Das wäre jetzt seine Chance zu sagen, dass seine Worte von ihr gehandelt hatten und dass er sie wundervoll fand und halt die ganze poetischromantische Palette, die sein glühendverliebtes Herz widerspiegelte. Doch davor hatte er zu viel Angst. Xenia mochte sein Gedicht, sie hatte ihm einen glänzenden Moment mit ihrem lieben Herz geschenkt, das war ihm schon Weihnachtswunder genug. Er war glücklich und er wollte es nicht zerstören. „Du bist es“, verkündete Peter ohne Vorwarnung: „Das Gedicht ist über dich.“ Wie ein Reh im Scheinwerferlicht erstarrte der ertappte Romantiker. So hätte das nicht laufen sollen! Er sollte nicht wie der letzte Idiot keinen Satz rausbringen können! Er sollte witzig und philosophisch und romantisch sein! Es sollte ein perfekter Moment sein! Und wie sie ihn auch ansah! So überrascht! War das eine gute Überraschung? Eine schlechte Überraschung? Überlegte sie gerade wie sie ihm möglichst schonend das Herz brechen konnte? „Stimmt das?“, fragte sie schließlich immer noch so undefinierbar verwundert. „Ähm…“, setzte er unruhig an. Jetzt hatte er eine letzte Gelegenheit die mögliche Katastrophe abzuwenden, indem er einfach alles leugnete. Aber irgendein irrwitziger Anflug von Mut ließ ihn statt dem sicheren Rückzug nach vorne preschen: „Ja. Du bist ein wundervoller Mensch und du inspirierst mich. Ich könnte tausend Gedichte über dich schreiben.“ „Hast du das nicht schon?“, warf sein Freund wenig hilfreich ein. Na toll! Damit wirkte er wie eine Art verrückter Stalker! Zerknirscht und auch eine Spur ängstlich lächelte er. Wie würde sie darauf jetzt reagieren? Seine Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Jede Sekunde zog sich ewig in die Länge. Wie in Zeitlupe öffnete sie ihren Mund… „Warum hast du nie etwas gesagt?“, wollte sie wissen und drückte sich damit vor einer echten Antwort. „Ich… Ich bin mehr ein…Gedankenmensch… Schreiben ist leichter“, brachte Steffen irgendwie hervor. „Ich würde gerne noch mehr deiner Gedichte lesen“, warm lächelte sie ihn an: „Wir könnten uns ja mal treffen. Zum Beispiel zum Plätzchen backen und lesen. Oder für eine wilde Schneeballschlacht.“ Bei dem letzten Satz stockte sein Herz ungläubig. Xenia hatte sich seine Worte sogar gemerkt! Konnte es noch besser werden?! „Heute?“, war das ein Vorschlag, eine ungeduldige Erwartung, etwas Anderes? Er wusste es selbst nicht. Alles war so überwältigend! „Nach der Schule?“, ihr Gesicht war nicht nur von der Kälte rot. „Ja“, er schwebte irgendwo da oben in den grauen Wolken, die schon gleich viel fröhlicher und wärmer wirkten. Schrill brach die Schulglocke in ihren schwerelosen, wunderschönen Moment ein. „Ich freu mich schon“, sagte Xenia noch mit einem umwerfenden Lächeln und er schaute ihr selig grinsend hinterher, während sie zurück ins heizungswarme Schulgebäude schritt. „Wohl doch kein X-mess sondern ein Weihnachtswunder“, kommentierte Peter frech. Steffen hatte total vergessen, dass sein verrückter Kumpel ja auch noch da war. „Ich liebe Weihnachten!“, verkündete der Dichter strahlend: „Das ist der Anfang von meinem Glück, ich geh voran und nicht...