Morgan / Dürr | Profit | E-Book | sack.de
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Morgan / Dürr Profit

Roman
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-14714-3
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

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ISBN: 978-3-641-14714-3
Verlag: Heyne
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Die schöne neue Welt, in der wir leben
Was geschieht, wenn die Globalisierung außer Kontrolle gerät? Es entstehen internationale Konzerne, die die Konflikte in der Dritten Welt, mit denen sie Aktiengewinne erzielen, selbst anzetteln. Konzerne, die in ihrer Gier nach Profit ganze Regierungen und Staaten kaufen. Und Konzerne, deren Manager das Wort 'Konkurrenzkampf' allzu wörtlich nehmen. Chris Faulkner hat vor, ganz weit oben mitzuspielen, als er seine Stelle bei Shorn Associates antritt - und versinkt zusehends in einem Sumpf aus Krieg, Duellen und Intrigen ...


Richard Morgan wurde 1965 in Norwich geboren. Er studierte Englisch und Geschichte in Cambridge und arbeitete viele Jahre als Englischlehrer im Ausland, bevor er sich entschloss, sein Geld als freier Schriftsteller zu verdienen. Sein Roman 'Altered Carbon - Das Unsterblichkeitsprogramm', ausgezeichnet mit dem Philip K. Dick Award, wurde ein internationaler Bestseller. Morgan lebt und arbeitet in Glasgow.
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EINS


         Wach.

Quer im Bett liegend, schweißgebadet.

Bruchstücke des Traums hielten noch den Atem in der Kehle fest, drückten ihm das Gesicht ins Kissen, während seine Wahrnehmung durchs abgedunkelte Zimmer torkelte.

Die Wirklichkeit legte sich über ihn wie ein frisches Laken. Er war zu Hause.

Er seufzte schwer und tastete nach dem Wasserglas neben dem Bett. Im Traum war er gefallen, in einem Supermarkt, war voll auf die Fliesen geschlagen und dann sogar hindurch.

Auf der anderen Bettseite rührte sich Carla, fasste nach ihm.

»Chris?«

»Schon gut. War nur ein Traum.« Er nahm einen Schluck. »Hab schlecht geträumt, weiter nichts.«

»Murcheson mal wieder?«

Er zögerte, seltsam unwillig, ihrer Vermutung zu widersprechen. Von Murchesons himmelschreiendem Tod träumte er gar nicht mehr so oft. Er zitterte ein bisschen. Seufzend rückte Carla näher an ihn heran. Sie nahm seine Hand und drückte sie auf ihre volle Brust.

»Mein Vater wäre begeistert. Schwere Gewissensbisse. Er hat immer gesagt, du hättest gar kein Gewissen.«

»Genau.« Chris nahm den Wecker in die Hand und spähte auf die Anzeige. Drei Uhr zwanzig. Na toll. Er wusste, dass er lange brauchen würde, um wieder einzuschlafen. Wirklich ganz toll. Er ließ sich ins Kissen zurücksinken. »Aber wenn’s darum geht, die Miete zu bezahlen, leidet dein Vater bequemerweise unter Gedächtnisverlust.«

»Geld regiert die Welt. Was glaubst du, warum ich dich geheiratet habe?«

Er drehte seinen Kopf und boxte ihr sanft auf die Nase. »Willst du mich verschaukeln?«

Als Antwort griff sie nach seinem Schwanz und rollte ihn zwischen den Fingern.

»Nein, ich nehm dich hoch«, flüsterte sie.

Als sie zusammenrückten, spürte er, wie das heiße Verlangen nach ihr den Traum wegblies, aber es dauerte etwas, bis er unter ihren Händen steif wurde. Und erst in den letzten Zuckungen des Höhepunkts gelang es ihm loszulassen.

Fallen.

Es regnete, als der Wecker klingelte. Sanftes Zischen drang durchs offene Fenster, wie ein empfangsgestörter, ganz leise gedrehter Fernseher. Er schaltete das Piepen ab, blieb noch eine Weile, dem Regen lauschend, liegen und glitt dann aus dem Bett, ohne Carla zu wecken.

In der Küche setzte er die Kaffeemaschine in Gang, ging dann unter die Dusche und war rechtzeitig wieder da, um die Milch für Carlas Cappuccino aufzuschäumen. Er brachte ihn ihr ans Bett, weckte sie mit einem Kuss und machte sie auf die Lieferung aufmerksam. Wahrscheinlich würde sie wieder einschlafen und den Kaffee später kalt trinken. Er holte sich verschiedene Sachen aus dem Kleiderschrank – ein schlichtes weißes Hemd, einen der dunklen italienischen Anzüge, die argentinischen Lederschuhe – und nahm sie mit nach unten.

Angekleidet, aber mit noch ungebundener Krawatte, trug er seinen doppelten Espresso zusammen mit einer Scheibe Toast ins Wohnzimmer, um die Sieben-Uhr-Nachrichten zu verfolgen. Wie üblich war die Auslandsberichterstattung sehr ausführlich, und es wurde Zeit aufzubrechen, noch bevor Prom & App, der Spot über Beförderungen und Ernennungen, an der Reihe war. Achselzuckend schaltete er den Fernseher aus, und erst als er an dem Spiegel im Flur vorbeilief, dachte er daran, sich die Krawatte zu binden. Carla gab erste Aufwachgeräusche von sich, als er aus der Haustür schlüpfte und die Alarmanlage des Saabs deaktivierte.

Einen ausgedehnten Moment lang stand er im leichten Regen da und betrachtete den Wagen. Weiche Wassertropfen glänzten auf dem kalten grauen Metall. Schließlich grinste er.

»Conflict Investment, wir kommen«, murmelte er und stieg ein.

Im Radio liefen noch die Nachrichten. Als er die Auffahrt aufs Elsenhamer Kreuz nahm, begann der Beförderungen und Ernennungen-Teil. Liz Linshaws rauchige Intonation, ein beigemischter Hauch von Sperrzone, um die ansonsten überaus kultivierte Stimme aufzurauen. Im Fernsehen kleidete sie sich wie eine Kreuzung zwischen einer Schlichterin in Regierungsdiensten und einer exotischen Partytänzerin, und in den vergangenen zwei Jahren hatte sie die Seiten sämtlicher Männer-Lifestyle-Magazine geschmückt. Objekt der Begierde für den anspruchsvollen Manager und Königin der nationalen Einschaltquoten.

» ... sehr wenige Herausforderungen auf den Straßen in dieser Woche«, teilte sie ihm heiser mit. »Das Kongo-Angebot-Playoff, auf das wir alle gewartet haben, ist auf nächste Woche verschoben. Man könnte die Wettervorhersage dafür verantwortlich machen, aber wenn ich hier aus meinem Fenster schaue, sieht es doch eher so aus, als hätten es die Jungs mal wieder vermasselt. Es fällt weniger Regen vom Himmel, als wir seinerzeit bei Saunders/Nakamura hatten. Wir haben immer noch nichts zu der No-Name-Herausforderung gegen Mike Bryant von Shorn Associates. Keine Ahnung, wo Sie sich rumtreiben, Mike, aber falls Sie mich hören können: Wir sind gespannt, von Ihnen zu hören. Und damit zu den Neuernennungen dieser Woche – Jeremy Tealby wird Partner bei Collister Maclean; ich glaube, das haben wir alle schon lange kommen sehen; und nach ihrem spektakulären Auftritt gegen Roger Inglis letzte Woche steigt Carol Dexter zur leitenden Marktaufseherin bei Mariner Sketch auf. Noch mal zurück zu Shorn, denn hier ist über einen starken Newcomer in der Conflict-Investment-Abteilung zu berichten ...«

Chris’ Blick schweifte von der Straße kurz aufs Radio. Er drückte den Lautstärkeregler eine Einheit höher.

» ... Christopher Faulkner, abgeworben vom Investmentriesen Hammett McColl, wo er sich in der Schwellenländer-Abteilung bereits einen Namen gemacht hat. Wer unsere Sendung regelmäßig verfolgt, wird sich vielleicht an Chris’ bemerkenswerte Erfolgsserie bei Hammett McColl erinnern, angefangen mit der Beseitigung seines Rivalen Edward Quain, der ihm seinerzeit immerhin zwanzig Jahre Leitungserfahrung voraus hatte. Die Rechtfertigung dieses eher ungewöhnlichen Vorgehens folgte auf dem Fuß, als ...« Erregung schnitt messerscharf in ihre Stimme: »Oh, und das kommt gerade von unserem Hubschrauber-Team herein. Die No-Name-Attacke auf Mike Bryant ist gelaufen, zwei der Herausforderer liegen jetzt kurz hinter der Abfahrt 22, während der dritte seinen Rückzug signalisiert hat. Bryants Fahrzeug hat offenbar nur kleine Schäden davongetragen, und er dürfte in nächster Zeit eintreffen. Ein ausführlicher Bericht und ein Exklusivinterview erwarten Sie in unserer Mittagsausgabe. Sieht nach einem guten Einstieg in die Woche für Shorn Associates aus, und leider ist unsere Zeit für heute Morgen auch schon abgelaufen; damit gebe ich zurück zur Tagespolitik. Paul.«

»Danke, Liz. Sinkende Produktionsziffern im verarbeitenden Gewerbe gefährden weitere zehntausend Arbeitsplätze im Gebiet der NAFTA, wie die Analyse einer unabhängigen Nachrichtengruppe mit Sitz in Glasgow besagt. Ein Sprecher der Handels- und Finanzkommission bezeichnete den Bericht als ›negativ und zersetzend‹. Mehr zu diesem ...«

Chris schaltete aus, ein bisschen verärgert darüber, dass Bryants No-Name-Scharmützel seinen Namen von Liz Linshaws purpurroten Lippen gefegt hatte. Der Regen hatte aufgehört, die Scheibenwischer begannen zu quietschen. Er stellte sie ab und warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Er lag gut in der Zeit.

Der Annäherungsalarm sprang an.

Er nahm einen sich beschleunigenden Umriss im ansonsten leeren Rückspiegel wahr und schwenkte instinktiv nach rechts. In die nächste Spur, leicht abbremsend. Als das andere Fahrzeug neben ihm auftauchte, entspannte er sich. Das Auto war verbeult und hatte einen gesprenkelten bräunlichen Grundierlackanstrich, eine Spezialanfertigung wie sein eigenes, aber gefertigt von jemandem, der keine Ahnung von Straßengefechten hatte. Schwere Stahlwiderhaken waren auf die vorderen Stoßstangen geschweißt, klotzige Außenpanzerung zog sich um die Vorderräder herum bis zu den Türen. Die Hinterräder hatten breite Reifen, um die Straßenlage zu stabilisieren, aber dennoch ließ die Fahrweise des Autos deutlich erkennen, dass es viel zu viel Gewicht mit sich herumtrug.

Ein Namenloser.

Ähnlich wie fünfzehnjährige Sperrzonenganoven waren diese unter Umständen besonders gefährlich, weil sie am meisten zu beweisen und am wenigsten zu verlieren hatten. Der Fahrer war hinter einem mit Metallstreifen geschützten Seitenfenster verborgen, aber Chris konnte seine Bewegungen ausmachen. Er glaubte den Schimmer eines blassen Gesichts zu erkennen. Auf der Seite des Wagens prangte die Fahrernummer in gelber Leuchtfarbe. Seufzend griff er nach der Freisprechanlage.

»Fahreraufsicht«, sagte eine anonyme männliche Stimme.

»Hier ist Chris Faulkner von Shorn Associates, Fahrerlizenz 260B354R, auf Anfahrt auf der M11 hinter der Abfahrt 10. Ich hab hier einen möglichen No-Name-Herausforderer mit der Nummer X23657.«

»Ich prüf das. Einen Moment, bitte.«

Chris nahm wieder Geschwindigkeit auf, aber ganz allmählich, damit der Namenlose das Tempo mitgehen konnte, ohne schon aus Versehen in den Kampfmodus zu verfallen. Als die Aufsicht sich zurückmeldete, trieben sie einander mit etwa hundertvierzig Stundenkilometern voran.

»Hier ist die Bestätigung, Faulkner. Ihr Herausforderer ist Simon Fletcher, freiberuflicher Rechtsanalyst.«

Chris grunzte. Arbeitsloser Jurist.

»Herausforderung um 8:04 Uhr registriert. Auf Höhe von Anschlussstelle acht befindet sich ein Großtransporter auf der rechten Spur, läuft auf Automatik. Schwer beladen. Sonst kein Verkehr. Sie haben Genehmigung, zu beginnen.«

Chris...


Morgan, Richard
Richard Morgan wurde 1965 in Norwich geboren. Er studierte Englisch und Geschichte in Cambridge und arbeitete viele Jahre als Englischlehrer im Ausland, bevor er sich entschloss, sein Geld als freier Schriftsteller zu verdienen. Sein Roman »Altered Carbon – Das Unsterblichkeitsprogramm«, ausgezeichnet mit dem Philip K. Dick Award, wurde ein internationaler Bestseller. Morgan lebt und arbeitet in Glasgow.



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