Morgan | Aus dunklem Blut | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 461 Seiten

Reihe: Wendy Morgan Thriller

Morgan Aus dunklem Blut


2. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8412-1908-4
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 3, 461 Seiten

Reihe: Wendy Morgan Thriller

ISBN: 978-3-8412-1908-4
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein schöner Ort zum Leben, ein perfekter Ort zum Sterben.

In Woodsbridge, New York, ist die Welt noch in Ordnung. Wunderschöne Häuser, gepflegte Vorgärten - hier lebt es sich ruhig und idyllisch. Kathleen Carmody zieht mit ihrer Familie zurück an den Ort, an dem sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hat. Aber mit diesem Ort verbindet sie nicht nur schöne Erinnerungen, sondern auch dunkle Geheimnisse, die sie seit dieser Zeit schwer belasten. Geheimnisse, die so dunkel sind, dass sie noch nicht einmal ihrem Mann davon erzählt hat. Als plötzlich mehrere Teenager verschwinden wird Kathleen klar: Ihr Geheimnis birgt eine tödliche Gefahr ...



Wendy Morgan hat englische Literatur mit dem Schwerpunkt kreatives Schreiben studiert. Nach ihrem Studium hat sie zunächst als Lektorin und Journalistin gearbeitet, um sich dann ganz ihrem Traumberuf der Schriftstellerin zu widmen. Wendy Morgan lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in New York. 

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1. KAPITEL


»Mrs. Carmody?«

Erschrocken hebt Kathleen den Blick und schaut hinüber zu der blondierten Arzthelferin am Empfang der kieferorthopädischen Praxis.

»Ja?«

»Wir brauchten noch mal Ihre Versicherungskarte.«

Seufzend legt Kathleen die Ausgabe der Rosie beiseite – Relikt einer verflossenen Epoche, als es eine Zeitschrift dieses Namens noch gab –, nimmt ihre Handtasche von der Lehne ihres unbequemen Stuhls und windet sich durch das proppenvolle Wartezimmer. Ihr zehnjähriger Sohn Curran, der in sein Gameboy-Spiel vertieft ist, ist der einzige Patient, der ihr nicht hinterher guckt.

Kathleen kramt ihr Kärtchen aus der Handtasche, reicht es der Zahnarzthelferin und wartet, während die Blondine das Ding stirnrunzelnd betrachtet, dann fotokopiert und nochmals die Stirn in Falten legt.

»Neue Krankenversicherung?«, fragt sie.

»Die haben wir schon seit Mai, seit wir hierherkommen.« Ob die neu ist an der Rezeption? Kathleen hat sie vorher noch nie gesehen.

»Keine neue Gruppennummer?«

»Nee.« Kathleen seufzt innerlich. Dauernd das Theater mit den Versicherungen! Mittlerweile ist es ein halbes Jahr her, seit Matt den Job gewechselt hat und sie in den Westen des Bundesstaates New York zogen. Trotzdem gibt es bei jedem Arzt-, Zahnarzt- oder Kieferorthopädentermin Komplikationen.

Die Blondine rollt mit ihrem Drehstuhl zum Computer und bearbeitet, die Versicherungskarte in der Linken, mit der Rechten die Tastatur. Die Festplatte surrt los. »Dauert ein paar Sekunden«, bemerkt die Arzthelferin. »Ich muss nur was kontrollieren, Mrs. … Katie?«

Katie …

Ein Name aus der Vergangenheit. Was nur bedeuten kann, dass die Blondine gleichfalls jemand aus jener Vergangenheit ist, eine Stimme, ein Gesicht.

Nun ist es an Kathleen, die Stirn in Falten zu legen, und zwar auf jene höfliche, seit dem Umzug perfektionierte Weise, ganz so, als wolle sie fragen: Kennen wir uns?

»Sie sind doch Katie Gallagher, nicht wahr?«

Gottlob nicht mehr!

»Das war einmal.« Sie ringt sich ein freundliches Lächeln ab. »Inzwischen heiße ich Kathleen Carmody.«

»Und ich bin Deb! Deb Duff – beziehungsweise, so hieß ich früher. Heute Mahalski.«

Der Name sagt ihr nichts. Ist auch kein Wunder. Kathleen hat versucht, so ziemlich alle Bekannten von früher aus ihrem Gedächtnis zu streichen. Es ist leichter so.

»Ich dachte, du wärst schon vor Jahren weggezogen«, plappert die Blondine weiter.

Am liebsten würde Kathleen sich ihren Filius samt Gameboy schnappen und blitzartig die Flucht ergreifen. Das aber kommt nicht infrage. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass ihr jemand über den Weg läuft, der sie von früher kennt. Außerdem hat die Zahnarzthelferin noch ihre Versicherungskarte.

»Ich … äh … war ich auch. Aber jetzt bin ich wieder da«, nuschelt Kathleen, wobei sie gedankenversunken die unfassbar langen, gebogenen, knallroten Fingernägel dieser Deb Mahalski bemerkt. Wie kann sie damit bloß tippen?, fragt sie sich.

»Wo wohnst du denn jetzt?«

»In Woodsbridge.«

Kathleen sieht, wie Deb zu der auf dem Schreibtisch liegenden Patientenakte schielt und dabei die übertrieben gezupften und nachgemalten Brauen hebt. »Orchard Hollow? Ganz schön weit gekommen seit Saint Brigid’s.«

Aha, da liegt also der Hund begraben! In einem anderen Leben waren wir zusammen auf einer katholischen Bekenntnisschule!

»Hast du das eigentlich mitgekriegt? Vor ’n paar Jahren haben sie Kirche und Schule abgerissen und einen neuen Supermarkt dahingesetzt.«

»Hab ich gehört.«

»Ist das dein Sohn?«, fragt Deb, mit dem Kopf auf Curran deutend.

»Ja.«

»Ich hab zwei Mädchen. Drei und fünf Jahre alt.« Sie deutet jetzt mit ihrer kunstvoll hochtoupierten, hinten mit einem Plastikschmetterling zusammengeklammerten Frisur in Richtung des gerahmten Fotos auf ihrem Tisch. »Hast du noch mehr Kinder?«

»Einen jüngeren Sohn noch. Und eine Tochter. Die ist … schon älter.«

»Und du bist verheiratet?«

»Hm.«

Sie kann den Fragen ja doch nicht ausweichen. Ein bisschen Recherche im Internet, und diese neugierige Person hätte im Handumdrehen alles heraus, was es über ihr Leben zu erfahren gab.

Stopp! Alles nicht!

Niemand weiß alles. Nicht einmal Matt. Oder die Kinder. Und sie werden’s auch nie erfahren!, denkt sie, die zitternden Hände in den tiefen Taschen ihres cordgefütterten Wachsmantels zu Fäusten verkrampft.

»Bin wieder zu Hause! Entschuldige die Verspätung, Jen!«, ruft Stella Gattinski. Von der angebauten Garage aus geht sie direkt in die Küche und streift sich die braunen Lederpumps ab, die ihre Füße schon den ganzen Nachmittag über malträtiert haben.

»Halb so wild, Mrs. Gattinski.«

Jen Carmody, nach Ansicht von Stellas dreijährigen Zwillingstöchterchen die »liebsteste und schönsteste Babysitterin von der ganzen Welt«, schaut lächelnd auf. Gemeinsam mit den beiden Mädchen kauert sie vor dem gemauerten Kamin nebenan im Familienzimmer, in dem die Kuscheltiere gerade ein Kaffeekränzchen abhalten.

Für Stella erwies sich jener Tag im April, an dem die aus dem Mittleren Westen stammenden Carmodys nach Woodsbridge umzogen, als ausgesprochener Glückstag. Jen kommt mit Mackenzie und Michaela hervorragend klar und ist zudem im perfekten Alter: dreizehn. Zwar alt genug, um für zwei Kleinkinder die Verantwortung zu übernehmen, aber doch noch zu jung fürs Daten, Autofahren und für die meisten Schulveranstaltungen außerhalb des Unterrichts.

Sie rückt jeden Mittwoch an und nimmt die Zwillinge in Empfang, wenn der Bus der Tagesstätte die beiden zu Hause absetzt. An diesem Tag ist Stellas langer Tag in der Schule: Sie leitet die Französisch-AG, und die trifft sich nun mal immer am Mittwochnachmittag.

Bevor Jen ihren Dienst als Babysitterin antrat, musste Stella mittwochs immer gezwungenermaßen auf Elise Gattinski zurückgreifen, »die Schwiegermutter aus der Hölle« nennt sie sie. Sie hatte sonst niemanden, der die Kinder beaufsichtigen konnte. Früher übernahm das ihre eigene Mutter, doch seit ihr Vater im vorigen Jahr starb, bittet Stella sie nur äußerst ungern. Ihre Mutter wirkt zunehmend hinfällig; zwei Kleinkinder zu beaufsichtigen, dem ist sie einfach nicht mehr gewachsen.

Kurts Mutter dagegen ist alles andere als gebrechlich. Sie bietet sich oft an, doch Stella ging es eigentlich immer gegen den Strich, ihre Schwiegermutter regelmäßig zum Babysitten einzusetzen. Es verging nie eine Woche ohne irgendeinen Seitenhieb von Elise, vornehmlich gegen berufstätige Mütter, die ihre Kleinen und deren Bedürfnisse vernachlässigen, oder, schlimmer noch, die Bedürfnisse ihrer Göttergatten. Gottlob ist Stella mittlerweile nicht mehr auf Elises Hilfe angewiesen, es sei denn, es ist mal wirklich Not am Mann.

»Mommy? Jen muss doch jetzt noch nicht weg, oder?«

Prompt stimmt Michaela in Mackenzies Gequengel ein. »Ja, Mommy! Sie hat gesagt, wir können noch mal Candyland spielen. Kannst du nicht wieder zur Schule fahren?«

Stella muss schmunzeln. »Pech gehabt, Schätzchen. Ihr werdet mich nicht mehr los.«

Kurzes Protestgeheule hebt an. Dann bricht Michaela mittendrin ab und verkündet: »Mommy, weißt du was? Jen hat einen Marienkäfer gerettet!«

»Ja!«, wirft ihre Schwester dazwischen. »Er ist direkt auf ihrem Arm gelandet. Ich wollte ihn tothauen. Aber Jen hat’s verboten.«

»Sie sagt, man darf kein Tier totmachen«, fügt Michaela hinzu. »Nicht mal so eklige Käfer. Weil ihre Mommy sie dann vermisst.«

»Da hat sie Recht«, betont Stella lobend. »Und, Jen? Hat irgendjemand angerufen?«

»Nur Ihr Mann.« Offenbar macht es dem Mädchen nicht das Geringste aus, dass Mackenzie versucht, ihr das lange blonde Haar zu einem Zopf zu flechten. »Ich soll Ihnen bestellen, er hat noch ’ne späte Besprechung. Sie sollen schon ohne ihn essen.«

Stella vergeht das Schmunzeln. Wieder so ein spätes Meeting! Schon das zweite diese Woche. Dabei ist die erst halb rum.

»Kenz!«, mahnt sie zerstreut. »Lass deine Hände aus Jens Haaren!«

Mit wem er sich heute Abend wohl trifft?

Seine Beförderung zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden bei seiner Bank erschien Stella damals wie ein Segen, erfolgte der Aufstieg doch genau am Ende ihres verlängerten Mutterschaftsurlaubs. Das war indes vor fast zwei Jahren, als zwar das Geld noch knapp, der Familiensinn dafür aber umso ausgeprägter war. Ihr Haushalt hatte sich gerade zahlenmäßig verdoppelt, und eine völlig benommene...



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