Moore | DER GEHEIMNISVOLLE GAST | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Historical

Moore DER GEHEIMNISVOLLE GAST


1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95446-775-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Historical

ISBN: 978-3-95446-775-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Es ziemt sich nicht für eine Dame, einen unbekannten Mann mit ins Haus zu nehmen! Grace denkt es sofort, als sie einen geheimnisvollen Fremden reglos im Straßengraben findet. Aber weil ihr Herz sie so drängt, nimmt sie ihn als Gast auf - ohne zu ahnen, dass es sich bei ihm um den berüchtigten Verführer Elliot handelt ...



Margaret Moore ist ein echtes Multitalent. Sie versuchte sich u.a. als Synchronschwimmerin, als Bogenschützin und lernte fechten und tanzen, bevor sie schließlich zum Schreiben kam. Seitdem hat sie zahlreiche Auszeichnungen für ihre gefühlvollen historischen Romane erhalten, die überwiegend im Mittelalter spielen und in viele Sprachen übersetzt wurden. Sie lebt mit ihrem Mann, mit dem sie seit über 20 Jahren verheiratet ist, ihrer Familie und zwei Katzen in Toronto, Kanada.

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1. KAPITEL


Lincolnshire, April 1868

Oh, Miss Barton, wie reizend, Sie zu sehen! Ist es nicht einfach schrecklich?“, fragte Myrtle aufgeregt.

Grace lächelte matt, drehte sich um und schaute Miss Hurley und deren schweigsame Zwillingsschwester Ethel an, die ihr den Weg verstellten. Die betagten Damen trugen die gleichen Kleider aus schwarzem Grenadine, graue Wollmäntel, abgestoßene Muffs, die offenbar schon seit sechzig Jahren in ihrem Besitz waren, und passende Schuten. Auch das volle weiße Haar war auf die gleiche Weise frisiert. Auf einen Fremden musste sie wie die doppelte Ausgabe ein und derselben reizenden älteren Frau wirken.

Leider wusste Grace aus langer Erfahrung, dass weder der frische, über die Niederungen wehende Wind, der an ihrem dünnen Wollmantel und Rock zerrte, noch der Gestank des nahe gelegenen Fischgeschäftes die beiden Frauen bewegen konnte, ihr die Straße freizugeben, bis sie ihr gesagt hatten, was ihnen auf den Zungen brannte.

„Guten Tag“, erwiderte sie gelassen und fragte sich, welchen Klatsch die beiden ihr heute berichten würden.

„Guten Tag“, sagte Myrtle.

Sie war fünf Minuten älter als ihre Schwester und sprach immer, als sei sie außer Atem. Sie lächelte stets, gleich, wie schrecklich die Geschichte war, die sie verbreiten wollte, oder wie scharf die von ihr geäußerte Kritik ausfiel. Grace war der Meinung, dass die ledigen Damen auf diese Weise vermieden, selbst Kritik einstecken zu müssen. Falls irgendjemand, der nicht wie die Sittsamkeit in Person aussah, die Dinge weitererzählt und dieselben Geheimnisse verraten hätte wie die Zwillingsschwestern, hätten sie ihn bestimmt gemieden.

„Es ist einfach zu bekümmernd“, sagte Myrtle, „zwar nicht für uns, aber für sehr viele andere Leute!“

„Was ist geschehen?“, wollte Grace in gleichgültigem Ton wissen.

Sie nahm den Korb in die linke Hand, einerseits, weil sie ungeduldig war, andererseits, weil Miss Ethel Hurley versuchte hineinzusehen. Grace wollte jedoch nicht, dass Miss Hurley bemerkte, was darin war. Es ging sie nichts an, dass der von Grace erstandene Fisch der preiswerteste war, den sie hatte auftreiben können.

„Es geht um die Pachten!“, erklärte Myrtle wichtigtuerisch. „Sir Donald erhöht sie, das ist ganz sicher. Das habe ich vor noch nicht zwei Stunden von Mrs Banks gehört.“

Grace schluckte. Sir Donald Franklin war nicht nur der Eigentümer des größten Landsitzes in der Gegend, ihm gehörte auch der Bauernhof, auf dem sie, Grace, lebte. Ausnahmsweise war die von den Zwillingsschwestern vermeldete Neuigkeit wichtig und entsprach gewiss der Wahrheit, wenn Sir Donalds Haushälterin die Quelle war.

„Ich hasse es, schlechte Nachrichten zu überbringen“, fuhr Myrtle eifrig fort und lächelte freundlich. „Aber früher oder später wird sich das überall herumgesprochen haben. Sir Donald ist gestern nach Haus gekommen und hat bereits mit einigen seiner Pächter geredet.“

Es war typisch von den Geschwistern Hurley, dass die Pachterhöhung nur eine weitere faszinierende Neuigkeit für sie war. Grace bemühte sich, das Missvergnügen nicht zu zeigen. Die beiden Frauen hatten nichts zu befürchten, da deren Eltern im Wollhandel ein beträchtliches Vermögen erworben hatten, das ihnen vererbt worden war. Selbst wenn die Pacht von Sir Donald um das Dreifache erhöht worden wäre, hätte ihnen das nicht viel ausgemacht.

Für sie und ihre Schwester sah die Sache jedoch ganz anders aus. Seit mehr als drei Jahrhunderten hatte ihre Familie zu den größten Grundeigentümern der Gegend gezählt. Sogar der Ort Barton-by-the-Fens war nach ihren Vorfahren benannt worden. Leider hatte der Großvater eine Reihe von Fehlinvestitionen getätigt. Der Vater hatte sein Bestes getan, um den Schaden zu beheben, jedoch ohne Erfolg. Stück für Stück war das Land an Sir Donald gefallen, bis Grace und ihre Schwester nach dem Tod der Eltern vor drei Jahren nur noch das Haus und einen Acre Land besaßen. Den Lebensunterhalt bestritten sie aus den mageren Zinsen der mütterlichen Mitgift.

„Ist Ihnen bekannt, welches Ausmaß die Pachterhöhung haben wird?“, erkundigte Grace sich ruhig, wenngleich sie innerlich sehr aufgeregt war.

„Nein, das weiß ich nicht“, antwortete Myrtle etwas spitz. „Für eine Dame schickt es sich nicht, über geschäftliche Dinge zu reden.“

„Das ist unschicklich“, murmelte Ethel.

Grace unterließ es, die Geschwister darauf hinzuweisen, dass sie im Moment über geschäftliche Dinge redeten. Und was sie betraf, so war sie der Ansicht, dass die beiden Frauen, wenn sie schon die inoffiziellen Stadtrufer abgaben, auch damit rechnen mussten, ausgefragt zu werden.

„Wissen Sie, wann die Pacht erhöht wird?“

„Das geht uns nichts an“, antwortete Myrtle gleichmütig. „Vielleicht wird Sir Donald, sobald er die Erhöhung vorgenommen hat, mehr Geld für die öffentliche Sicherheit ausgeben. Der Hauptkonstabler behauptet, er sei nicht imstande, etwas gegen die Landstreicher zu unternehmen, es sei denn, er bekommt Hilfe.“

Mit einem Nicken wies Myrtle auf den Gasthof, eines der kleinen Backsteingebäude, die um den Marktplatz standen. Eine Gruppe zerlumpt und unterernährt aussehender Männer lungerte dort herum.

Alle Frauen zogen gleichzeitig die Mäntel fester vor der Brust zusammen, als wollten sie sich so gegen die aufdringlichen Blicke der Männer schützen.

„Erst neulich habe ich gehört, meine Liebe, dass einige Reisende auf der Straße nach Grantham von einer Horde Straßendiebe ausgeraubt wurden. Selbst in unserer Gegend ist man nicht mehr sicher.“

„Nicht mehr sicher!“, wiederholte Ethel mit Nachdruck und lächelte freundlich.

Falls die beabsichtigte Pachterhöhung zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit beitragen würde, hätte Grace sich nicht so aufgeregt, obwohl die Mehrausgabe ein Problem geblieben wäre. Sie bezweifelte jedoch, dass der Baronet die Absicht hatte, die auf diese Weise eingenommenen zusätzlichen Gelder nur in die eigene Tasche fließen zu lassen. Nachdem er zur Überraschung aller Dorfbewohner geadelt worden war, hatte er festgestellt, das Haus, in dem seine Vorfahren seit drei Generationen gelebt hatten, sei für einen Baronet nicht mehr repräsentativ genug. Sogleich hatte er mit dem Umbau und der Erweiterung des Herrenhauses begonnen.

„Ich muss weiter …“, begann Grace und hoffte, die Geschwister Hurley stehen lassen zu können, ehe sie noch eine schlechte Nachricht zu hören bekam.

„Es heißt, Sir Donald habe die Absicht, sich zu vermählen“, vermeldete Myrtle.

„Mit einer reichen Erbin“, warf Ethel ein.

„Falls er eine gute Partie macht, wird er die Pachten vielleicht nicht erhöhen müssen“, erwiderte Grace hoffnungsvoll.

Ihre Hoffnung bezog sich jedoch nicht allein darauf, die beabsichtigte Pachterhöhung könne im Falle einer vorteilhaften Heirat ausbleiben.

„Bitte, entschuldigen Sie mich“, fuhr sie fort. „Ich muss heim.“

„Wie geht es Ihrer lieben kleinen Schwester?“, fragte Myrtle besorgt.

„Sehr gut“, log Grace. „Danke der gütigen Nachfrage.“

Sie hatte gelogen, weil die Zwillingsschwestern, falls sie herausfanden, dass Mercy krank war, zu den ungelegensten Zeiten mit Suppe oder Arzneien, die sie von Hausierern oder Zigeunern erstanden hatten, erscheinen und sich erkundigen würden, wie es der Ärmsten erginge. Später würde Grace dann von anderer Seite zu hören bekommen, dass die Geschwister Hurley sich über ihre Haushaltsführung, den Zustand des Gartens und ihre Kochkunst mokiert hatten. In einem Augenblick wie diesem war sie froh, dass sie kein Personal hatte, das herumtratschen konnte, ihre Schwester sei an diesem Morgen erkrankt.

„Hoffentlich leidet sie nicht zu sehr unter der Abwesenheit unseres Neffen“, bemerkte Myrtle mit unschuldigem Augenaufschlag.

„Im vergangenen Monat hat sie ihn kein einziges Mal erwähnt“, erwiderte Grace gelassen. „Schließlich sind sie und er doch nur Bekannte.“

Jedenfalls hoffte Grace, dass dem so sein möge. Mercy hatte kein Geheimnis aus ihrer Schwärmerei für den gut aussehenden jungen Marineoffizier gemacht, der während seines Landurlaubes bei den Tanten zu Besuch gewesen war. Er war fast einen Monat dort gewesen, doch in dieser Zeit schien die Schwester das Herz an ihn verloren zu haben.

„Nur Bekannte“, wiederholte Ethel und nickte nachdrücklich.

Zweifellos waren die beiden Frauen bei dem Gedanken, ihr kostbarer Neffe könne ein armes Mädchen heiraten, ganz gleich welcher Herkunft, einer Ohnmacht nahe.

„Ich glaube, Ihre Schwester war gewiss nur charmant, nichts weiter“, meinte Myrtle. „Und Adam ist ein so stattlicher junger Mann, dessen Gesellschaft jeder genießen möchte, der nur einigermaßen scharfsinnig ist.“

Grace wusste, die Bemerkung war als Vorwurf zu verstehen, weil sie dem Leutnant nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Sie hatte ihn attraktiv gefunden, doch nicht mehr, und reichlich eingebildet. Sie rang sich jedoch zu einem zustimmenden Lächeln durch.

„Er ist gut in Gibraltar angekommen und in der Offiziersmesse bereits sehr beliebt“, fuhr Myrtle fort.

„Sehr beliebt“, wiederholte Ethel.

„Das kann ich mir vorstellen. Nun muss ich mich jedoch wirklich entschuldigen. Der Wind ist sehr kalt.“ Grace fröstelte, nickte den Damen zu und wandte sich zum Gehen.

„Auf Wiedersehen, Miss Barton“, rief Myrtle ihr fröhlich hinterher. „Versuchen Sie, sich der Pachterhöhung wegen nicht zu viele...



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